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Bertelsmann-Stiftung

Josef Kraus über den Wert von Bertelsmann-Studien 20.04.2013, 11:31

Reinhard Mohn, Gründer der Bertelsmann-Stiftung
Bild: Bertelsmann-Gründer Reinhard Mohn (bertelsmann-stiftung.de)

Die Bertelsmann-Stiftung gehört zu den umstrittensten Kräften der Bundesrepublik. Ist sie gut? Ist sie böse? Was will die Bertelsmann-Stiftung überhaupt? Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, findet dem Lehrerfreund gegenüber deutliche Worte: Bertelsmann bewege sich außerhalb der Rechtsstaatlichkeit.

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Josef Kraus

Josef Kraus ist seit mehr als 25 Jahren Präsident des Deutschen Lehrerverbandes und verfügt über eine entsprechend druckvolle Stimme in der Bildungsdiskussion. Vor allem die Reformpädagog/innen schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie an ihn nur denken: Kraus verweigert sich der Spaßpädagogik - "Bildung geht nur mit Anstrengung" lautet der Titel eines seiner jüngeren Bücher (2011). Wer es unangestrengter als filmische Zusammenfassung haben möchte: Kraus vs. Hüther in der ZDFmediathek kompakt: Ist Schule Zeitverschwendung?.

Bertelsmann-Stiftung

Die Bertelsmann-Stiftung bringt sich häufig in die Bildungsdiskussion ein durch Studien, die sich mit der Bildungslandschaft befassen. Themen sind bspw. "Wirksame Bildungsinvestitionen" oder "Folgekosten unzureichender Bildung". Die Studien werden bundesweit wahrgenommen und von den Mainstream-Medien ohne weiteres Hinterfragen ausgeschlachtet. Im Oktober 2012 beispielsweise publizierte Bertelsmann eine Studie über Bildungsauf- und -absteiger; das las sich im Spiegel Online so:

Allein im Schuljahr 2010/2011 wurden 50.000 Schüler auf eine niedrigere Schulform geschickt, wie die Bertelsmann Stiftung ermittelte. Nur für 23.000 Schüler ging es hingegen aufwärts. Das deutsche Schulsystem produziert demnach doppelt so viele Absteiger wie Aufsteiger. Durchlässig ist es also vor allem in eine Richtung: nach unten.

Spiegel Online 30.10.2012: Studie zum Schulwechsel: Ausgesiebt und abgestiegen

Von allen Seiten wird die Bertelsmann-Stiftung kritisiert: neo-liberal sei sie, sie wolle den Staat unterwandern, sie sei eine Geldwaschanlage am Steuersystem vorbei - etc.

Andererseits: Ist das alles nicht etwas paranoid? Wenn schon die von wirklich integren Leuten betriebenen ZUM als Kooperationspartner der Bertelsmann-Stiftung steht?

Josef Kraus über die Bertelsmann-Stiftung

Wir veröffentlichen einen Teil der Bertelsmann-Kritik von Josef Kraus mit freundlicher Erlaubnis (danke!) und stellen ihm anschließend noch zwei Fragen dazu, was die Bertelsmann-Stiftung eigentlich will.

Quelle der im Folgenden zitierten Textausschnitte: Josef Kraus: Über den Wert von Bertelsmann-"Studien" (PDF)

Die bildungspolitische Debatte ist immer weniger orientiert an den Kriterien Rationalität und Ehrlichkeit, sondern immer mehr geprägt von Schreckensszenarien gewisser Organisationen und Stiftungen. Die jüngste „Meldung“ aus dem Hause Bertelsmann über angeblich jährlich nur 23.000 „Bildungsaufsteiger“ bei angeblich 50.000 „Bildungsabsteigern“ gehört zur letzteren Kategorie.

Damit solche Szenarien ihre Wirkung entfalten können, werden sie als „Studien“ und damit als „Wissenschaft“ verkauft. Wenn der Initiator einer solchen „Studie“ auch noch OECD oder Bertelsmann heißt, dann steht eine solche „Studie“ kurz vor der Heiligsprechung zur apokalyptischen Offenbarung.

Diese Art von Handwerk versteht die Bertelsmann Stiftung hervorragend – übrigens nicht nur im Bereich Bildungspolitik, sondern auch in den Bereichen Kommunalpolitik, Außenpolitik, Europapolitik, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik usw. Auf all diesen Feldern sieht sich die Stiftung als „Reformwerkstatt“ und als „Politikberatung“.

Die Bertelsmann Stiftung verfügt über enorme Ressourcen. 1977 gegründet, hält sie mittelbar rund 77 Prozent der Aktien der Bertelsmann SE & Co. KGaA. Das erlaubt ihr nicht nur die Beschäftigung von über 300 Mitarbeitern, sondern größte mediale Verbreitung über die in ihrer Hand befindlichen Sender und Printmedien. Weil die Bertelsmann-Familie Mohn rund drei Viertel der Bertelsmann- Aktien auf die Stiftung übertragen hat, sparte sie obendrein vermutlich gut zwei Milliarden Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Bertelsmann Stiftung mit ihrem Jahresetat von rund 60 Millionen Euro und mit einem Gesamtvolumen aller ihrer Projekte seit 1977 in der Höhe von rund 800 Millionen Euro arbeitet so gesehen also de facto mit öffentlichem Geld, ohne dafür gegenüber einer Exekutive oder Judikative Rechenschaft ablegen zu müssen.

Besonders wirksam ist, dass zum Bertelsmann-Konzern die Sender RTL mit seinen verschiedenen Programmen und VOX sowie zahlreiche Printprodukte von Gruner und Jahr gehören, dass Bertelsmann ferner am Politikmagazin „Spiegel“ und an der „Financial Times Deutschland“ beteiligt ist. Über diese ausgedehnten medialen Möglichkeiten dringt Bertelsmann in viele Redaktionsstuben sowie in zahlreiche Politiker- und Ministerialbüros ein. Geadelt wird die Bertelsmann Stiftung bei ihren Auftritten und Kongressen von ehemaligen Bundespräsidenten sowie von amtierenden Regierungschefs und Ministern.

Lassen wir einige Beispiele von Bertelsmann-„Studien“ Revue passieren.

[...]

Beispiel 2
Im März 2012 legte die Bertelsmann Stiftung zusammen mit dem Institut für Schulentwicklungsforschung IFS der Universität Dortmund den „Chancenspiegel“ vor. Der Untertitel lautete: „Zur Chancengerechtigkeit und Leistungsfähigkeit der deutschen Schulsysteme“. Allein der Titel ließ erahnen, was die Kernaussage sein sollte: Deutsche Schulen seien ungerecht, viele Gymnasien seien Biotope für die Kinder der Oberschicht. Auch hier mangelte es wieder an wissenschaftlicher Seriosität. Zum Beispiel wärmte diese „Studie“ zu erheblichen Teilen PISA-Daten auf, die längst diskutiert worden waren. Außerdem erfasste auch diese Bertelsmann-„Studie“ bei der Analyse der sozialen Hintergründe der Gymnasiasten nicht, dass sich das deutsche Bildungswesen (siehe Beispiel 1) durch eine ausgesprochen vertikale Durchlässigkeit auszeichnet. Die „Studie“ legte hier nämlich PISA-Statistiken zugrunde. Mit PISA aber wurden Fünfzehnjährige getestet und befragt; deren tatsächliche Bildungsabschlüsse im 20. oder 22. Lebensjahr kamen in der „Studie“ somit nicht zum Tragen.

PISA ist deshalb als Indikator für die Durchlässigkeit des deutschen Bildungswesens ungeeignet. Jedenfalls hat rund die Hälfte aller Studierberechtigten in Deutschland kein Gymnasium besucht, sondern den Weg zur Studierberechtigung auf anderen Wegen erworben. Man kann ebenso wie der OECD als „oberster“ PISA-Instanz auch der Bertelsmann Stiftung den Vorwurf nicht ersparen, dass sie Bildungswege außerhalb des Gymnasiums implizit als minderwertig diskreditiert.

[...]

Beispiel 5
Im September 2009 gab es eine Bertelsmann-„Studie“ mit dem Titel „Klassenwiederholungen – teuer und unwirksam“. Darin wird beklagt, dass das Sitzenbleiben in der Schule angeblich jedes Jahr 931 Millionen Euro koste. Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hatte dies der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm berechnet. Eine Leistungsverbesserung bleibe bei den meisten Klassenwiederholern allerdings aus. Tatsächlich handelt es sich hier um statistisch keinerlei belastbare Daten. Die „Studie“ ist nämlich eine Art Sammelreferat zu Sitzenbleiber-Studien überwiegend der Schuljahre zwischen 1962 und 1967. Wissenschaftlich ist eine solche Datenbasis völlig unbrauchbar und für die Schulpolitik ein halbes Jahrhundert später ohne jede Relevanz. Zudem wird die sozialpolitisch und pädagogisch durchaus relevante Frage, ob es denn nicht des Geldes wert sei, Sitzenbleibern ein Jahr zur Konsolidierung zu gönnen, gar nicht erst gestellt.

[...]

Diverse andere Beispiele

Wie sehr die Bertelsmann Stiftung und der hinter ihr stehende Konzern auf bildungspolitischen Klavieren spielen, zeigt eine kurzgefasste Auflistung weiterer Aktivitäten.

  • Über das von ihr mitbetriebene und 1994 mitbegründete Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) war und ist die Bertelsmann Stiftung maßgeblicher Antreiber des umstrittenen „Bologna-Prozesses“. Zudem veranstaltet das CHE regelmäßig das methodisch nicht unumstrittene Hochschulranking.
  • Die Bertelsmann Stiftung unterhält das Programm "SEIS“ (Selbstevaluation in Schulen). Es handelt sich hierbei um ein Instrument zur Evaluation der Schulen mittels Fragebögen. Mitgetragen wird SEIS von einem Länderkonsortium, das aus den Ländern Baden- Württemberg, Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt besteht. Beteiligt sind an SEIS angeblich weit über 5.000 Schulen, die ein „Netzwerk an innovativen Schulen“ bilden. Schulen aus den beteiligten Ländern zahlen für SEIS 100 Euro, Schulen aus Nicht-Konsortialländern rund 500 Euro; detaillierte Ergebnisberichte kosten zwischen 250 und 500 Euro.
    [...]
  • Die Finger dicke im Spiel hatte Bertelsmann bei der Rechtschreibreform. Am 1. Juli 1996 war in Wien ein Abkommen der deutschsprachigen Staaten zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung unterzeichnet worden. Während der Duden-Verlag dann noch sechs Wochen brauchte, um dieses Abkommen in der 21. „Duden“-Ausgabe umzusetzen, konnte Bertelsmann exakt zum Termin der Vertragsunterzeichnung sein neues Rechtschreibwörterbuch auf den Markt bringen. Das Vorwort dazu schrieb Klaus Heller, Mitglied der damals für die Reform verantwortlichen Zwischenstaatlichen Kommission. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Resümee

Es ist höchst fragwürdig, wie sich hier eine private Stiftung in die Bildungspolitik einmischt. Dass die eine oder andere Zeitung Bertelsmann gelegentlich kritisch durchleuchtet, ist nur ein schwacher Trost. Es stimmt aber nachdenklich, wie wenigstens einzelne Zeitungen geurteilt haben: nämlich dass die „Krake“ Bertelsmann eine „Macht ohne Mandat“, die „Nebenregierung in Gütersloh“ und ein „Heimliches Bildungsministerium“ sei.

[...]

Vor allem aber ist es an der Zeit, dass sich Politik und Publizistik gerade im Bereich Bildung ernsthaft an die entscheidenden Punkte der Kritik an Bertelsmann und seiner Stiftung herantrauen:

  • Bertelsmann frönt einer fortschreitenden Ökonomisierung von Bildung. Bildungsqualität wird hier reduziert auf Quantifizierbares, Bildung herunterdekliniert auf das, was sich in Zahlen pressen und in wirtschaftliche Vorteile ummünzen lässt. Bildungseinrichtungen, die sich etwa qua Evaluation den Kriterien dieser Organisationen unterordnen, ordnen sich damit einem Konformitätsdruck unter, denn die „Messinstrumente“ entfalten selbstredend eine normative Wirkung.
  • Höchstbedenklich ist die Art und Weise, wie Bertelsmann-„Studien“ lanciert werden: Die Stiftung liefert selektiv ausgewählte Daten, in gewissen Agentur- und Redaktionsstuben reagiert man marionettenhaft auf diese Zahlen und den damit verbundenen Alarmismus, und schon beginnt die Politik zu rudern. Politiker und Ministerialbeamte hier und die Stiftung dort instrumentalisieren sich zudem immer häufiger gegenseitig. Die Stiftung lässt ihren Kooperationspartnern exklusiv Information zukommen, sie verschafft sich damit Zugang zu vielen Projekten.
  • Im Kern läuft alle Bertelsmann-Politik immer wieder auf eine mehr oder weniger versteckte Propaganda für ein einheitliches Schulwesen hinaus. Allein die Autoren, denen Bertelsmann Aufträge für „Studien“ zukommen lässt, stehen dafür.
  • Besonders seltsam freilich mutet die Doppelbödigkeit der Bertelsmann-Politik an. Hinter der sich bildungsbeflissen gebenden Stiftung steht nämlich ein Konzern, der sich als Hauptanteilseigner bestimmter privater Fernsehsender bislang nicht gerade als Förderer von Bildung profiliert hat.

Es wäre also längst Aufgabe nicht nur der Bildungspolitik, sondern aller Politikfelder, in denen Bertelsmann wildert, sich von den Einflüssen dieser Stiftung frei zu machen, anstatt ständig auf „Studien“ dieses Hauses aufzuspringen oder im günstigen Fall ein halbherziges Ceterum Censeo anzufügen.

Quelle dieses gekürzten Textes ist: Josef Kraus: Über den Wert von Bertelsmann-"Studien" (PDF)

Fragen an Josef Kraus zum Thema 'Bertelsmann'

Lehrerfreund: Während die Stiftungsaufgaben in der Satzung eher abstrakt klingen (§2), wird man auf der Website konkreter: Die Stiftung "versteht sich damit als "Motor", der notwendige Reformen initiiert und voranbringt." (Quelle). Die Ziele sind: "bessere Bildung, eine gerechtere und effiziente Wirtschaftsordnung, ein vorsorgendes Gesundheitswesen, eine lebendige Bürgergesellschaft und wachsende internationale Verständigung." (Quelle). Das sind doch wirklich verfolgenswerte Ziele, müsste man Bertelsmann nicht unterstützen, wo es nur geht?

Josef Kraus: Das hängt davon ab, welche Definition z.B. einer „besseren Bildung“ den Zielen zugrunde liegt. Papier ist geduldig. Die Studien und Rankings der Stiftung suggerieren eine sachliche Beurteilung der Lage nach vergleichbaren Kriterien: Dabei wird übersehen, dass derjenige, der die Kriterien eines Rankings bestimmt, großen Einfluss auf die Reihenfolge und die Bewertung der Situation hat. Tatsächlich propagiert Bertelsmann einen ganz bestimmten Begriff von Bildung – nämlich orientiert an Verwertbarkeit und Messbarkeit, dahinter steht eine betriebswirtschaftliche Sicht auf den Bildungsbereich. Mit den in den Landesverfassungen festgelegten Bildungszielen hat das wenig zu tun.

Durch die auf den ersten Blick objektiven Ergebnisse ihrer Rankings erzeugt die Bertelsmann-Stiftung erst ein Thema – beinahe jede Studie von Bertelsmann, gerade im Bildungsbereich, wird zu einem großen Teil unreflektiert mit der Deutung der Stiftung in den Medien wiedergegeben, was oft schon in der Ähnlichkeit der Zeitungsschlagzeilen sichtbar ist. Daraus entsteht dann eine Wettbewerbssituation – nach den von der Stiftung gewählten Kriterien, so dass sich die Institutionen mit dem Blick auf das nächste Ranking nach den Maßstäben des Rankings verändern. Das so erschaffene Thema und die Wettbewerbssituation führen außerdem zu politischem Druck.

Besonders stört, dass Bertelsmann sich jeder politischen Kontrolle und damit der Gewaltenteilung entzieht. Was die Exekutive in der Schulpolitik vollzieht, unterliegt nach dem Wesentlichkeitsprinzip dem Parlamentsvorbehalt. Das heißt, die Legislative gibt die Richtung vor und sie kontrolliert die Umsetzung. Exekutive und Legislative zusammen unterliegen der Judikative. Bertelsmann operiert außerhalb dieser rechtstaatlichen Prinzipien.

Lehrerfreund: In Ihrem Text legen Sie dar, dass die Bertelsmann Stiftung sich für eine Ökonomisierung/Quantifizierung von Bildung und für ein einheitliches Schulwesen einsetzt. Aber unklar bleibt: Warum? Welche Interessen und Ziele stecken dahinter?

Josef Kraus: Wem es gelingt, die Kriterien in einem Vergleichsdiskurs, einem Ranking zu bestimmen, an den wenden sich dann auch viele, um Hilfe bei der Messung und der Umsetzung eben jener Kriterien zu erhalten. Das sichert ein hohes Maß an Einfluss und beim Verkauf von Materialien, Büchern, Evaluationsprogrammen auch einen finanziellen Gewinn. Nicht unwesentlich ist dabei natürlich, dass Stiftung und Medienkonzern denselben Namenbestandteil Bertelsmann tragen. Im Fall der Schulen ist auf die Evaluationsprogramme für Schulen zu verweisen, die als Messinstrumente obendrein eine normative Wirkung entfalten.

Zudem ist Bertelsmann ja nicht nur in der Bildungspolitik, sondern in vielen weiteren Politikbereichen tätig, was den Einfluss in vielerlei Weise potenziert.

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Kommentare

12

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  • #1

    Die böse dunkle Welt der Bertelsmänner will uns unser grossartiges Gymnasium wegnehmen, damit die armen gequälten Oberschichtkids endlich wieder Luft zu Atmen bekommt. (Raun, raun, munkel, munkel)

    Dabei wissen wir doch alle, dass das perfekte deutsche aktuelle Gymnasium nur dafür erfunden wurde, dass die depperten Oberschichtkriminellen ihre verzogenen bildungsfernen Schrazen nicht weiterhin und gegen alle eingebildeten Intelligenzvorgaben des deutschen Gymnasiallehrers, auf dieser jeder Kritik fernen Institution durchfüttern.
    Dass dabei die H4-geadelte Prekariatsintelligenzia von vorn herein auf der Strecke bleibt, da diese dort überhaupt nicht ankommen, wird vermutlich als willkommener Seiteneffekt hingenommen.

    Dass jedoch in Großstädten wir München, weder die Unterschicht und noch die Oberschicht aussortiert wird, sondern die von Mutti gut geförderte Mittelschicht und damit ein hohes Potential unserer zukünftigen möglichen Leistungsträger und Steuerzahler, auf der Hauptschule landet, da an Realschulen kein Platz für diese aussortierten Gymnasiasten ist, entgeht dem Tunnelblick der 45 Minuten-Pauker.

    schrieb Munkel, munkel, an der Schule wird es dunkel am

  • #2

    Was die Chancengleichheit betrifft: Kinder aus der Oberschicht sind in Deutschland gegenüber den meisten anderen Ländern benachteiligt. Während dort der Besuch / Abschluss einer Privatschule einen eklatanten Vorteil (sowohl in Kenntnissen als auch im Ansehen des Abschlusses) bringt, ist das in Deutschland nicht so.

    In Deutschland haben wir eine sehr hohe Chancengleichheit,
    + weil die staatlichen Abschlüsse den privaten nicht nachstehen
    + Weil jedes Kind entsprechend seiner Begabung die Möglichkeit auf optimale Förderung hat.

    Damit sage ich ausdrücklich, dass nicht jedes Kind auf dem Gymnasium optimal gefördert ist Ein einstprechend an Hauptschule und Realschule ausgebildeter Schüler kann reletiv gesehen mehr, als wenn er am Gymnasium frustriert mitgelaufen wäre.

    WAS? Das ist laut Studien nicht so? Die Studien sagen aber auch, dass das Gymnasium relativ zu den anderen beiden Schulen am schlechtesten arbeitet.

    Da ist ein Widerspruch!!!

    Sie sagen, der Widerpruch löst sich auf, wenn man das Differenzieren aufgibt?! Nein - inhomogene Gruppen sind schwieriger zu unterrichten und können nicht optimal gefördert werden, aber obwohl das plausibel ist und den Beobachtungen der meuisten Lehrer entspricht, sagen die Studien etwas anderes, und die macht Bertelsmann.

    An der Benachteiligung der Oberschicht muss sich in Deutschland etwas ändern, deswegen kämpft Bertelsmann für ein gerechters Wirtschaftssystem, in dem jemand, der mehr für Bildung bezalht auch besser ausgebildete Kinder bekommt.

    schrieb kennerderalternative am

  • #3

    Komischerweise ist der Abiturschnitt (nicht einmal die Note für das Studierte Fach) der beste Prädiktor für den Studienerfolg im Anschluss. Das sage nicht ich, sondern Forscher, die sich damit beschäftigt haben. So an der Realität vorbei sind die Noten also auch nicht.

    schrieb GriasDi am

  • #4

    15er Würfel darf man sich als Lehrer selbst basteln, zumindest in Bayern. So wie den Notenschlüssel und das Curriculum.

    Wer, wie Herr Kraus, von Herr Precht das schlüssig erklärt, ein überzeugter Anhänger des tayloristischen Schulsystems ist, das alles in einen 45 minütigen Manufakturtakt presst und auf dumme Weise intelligente Kinder aussortiert, sollte sich lieber mit einer solchen Kritik zurückhalten.

    Jeder nimmt in einer Demokratie Einfluss, auch Bertelsmann. Das ist bestimmt kein Sozialverein. Herr Kraus und sein Verein sind das auch nicht.  Und beide dienen einem zuhinterfragenden Wirtschaftlichkeitsverständnis.

    schrieb Erklärer am

  • #5

    Kann mir jemand den Zusammenhang zwischen der Kritik an Bertelsmann und der Qualität des bayerischen Schulsystems erklären? Muss Bayern ein gutes Schulsystem (Def.: Was ist das eigentlich?) haben, damit Bertelsmann kritisiert werden darf? Auch ein weiterer Zusammenhang erscheint mir nicht nachvollziehbar: Was hat die Notengebung von Lehrern (die übrigens pauschal als Würfeln verunglimpft wird - lieber gido - können Sie mir bitte eine Bezugsquelle für einen 15er Würfel nennen, damit ich in der Oberstufe die Punkte für die Schüler würfeln kann) mit dem Einfluss der Bertelsmann-Stiftung auf das Bildungswesen zu tun? Manche Kommentare sind Schülerantworten in Klassenarbeiten sehr ähnlich, sie verfehlen das Thema, entbehren einer nachvollziehbaren Argumentation und pauschalisieren unzulässig. Da kann ich nur die Note 6 oder 0 Punkte würfeln!

    schrieb rerhel am

  • #6

    Ich finde es auch bedenklich, dass Lehrer so bedenkenlos mit Zahlen hantieren und Noten würfeln, nach Sympathie verteilen oder nach Streberlein und Wohlverhalten und nicht nach Leistung bewerten.

    Diese Notenzahlen im Zeugnis sagen so wenig aus wie alle anderen Zahlen.
    Sitzenbleiben bringt nichts und hat nichts mit Qualität zu tun. Trotzdem ist Bayern Europameister im Sitzenbleiben. 

    Herr Precht erklärt das schlüssig in seinem neuen Buch. Ob der bayerische Gymnasiallehrer das aber versteht?

    schrieb gido am

  • #7

    Mal einige Fragen:
    <ul>
    <li> Ist eine niedrigere Abiturientenquote gleichzusetzen mit schlechtem und unzeitgemäßem Unterricht?</li>
    <li> Sagt die Abiturientenquote etwas über den mit dem Abitur erreichten “Bildungsstand” aus?</li>
    <li> Wofür ist die Quote der “Auf- und Absteiger” ein Maß?</li>
    </ul>
    Ich finde es wirklich bedenklich, dass (nicht nur hier) mit Zahlen - sowohl von der Bertelmannstifung als auch von anderen “Experten” - so völlig Zusammenhangslos argumentiert wird.

    schrieb Tom am

  • #8

    @Vater

    Wer wie Kraus ein glühender Verteidiger eines Bildungssystems des 19. Jahrhunderts ist und selbst solche Zahlen produziert, sich gleichzeitig selbst nicht benoten lassen will, der ist unglaubwürdig:

    Bayern hat die höchste Quote an Wiederholern in Deutschland und Europa aber die niedrigste Quote an erfolgreichen Abiturienten und Studenten, sagt der Bildungsmonitor:

    AKADEMISIERUNG UND MINT (BM 2012: JEWEILS 13. PLATZ)
    24,4 Prozent eines Altersjahrgangs erwarben im Jahr 2010 ihre Studienberechtigung an allgemeinbildenden Schulen – an den beruflichen Schulen waren es 17,1 Prozent. Damit liegt Bayern sowohl bei den allgemeinbildenden als auch bei den beruflichen Schulen unter dem Bundesdurchschnitt (31,0 bzw. 19,5 Prozent). Zugleich gab es in Bayern im Jahr 2010 gemessen an der akademischen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter relativ wenige Absolventen von Hochschulen (Akademikerersatzquote BY 4,1 Prozent; Schnitt: 4,5 Prozent). Dies führt auch dazu, dass vor allem der Ingenieurbedarf der bayerischen Wirtschaft nicht ausreichend durch die Ausbildungsleistung bayerischer Hochschulen gedeckt werden kann. Auf 100 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Ingenieure kamen in Bayern im Jahr 2010 lediglich fünf Ingenieurabsolventen – der zweitniedrigste Wert in Deutschland (Bundesdurchschnitt: sieben).

    Schulnoten lügen…und Zeugnisses ganz besonders!

    15. Eine Note beschreibt den Ist-Zustand. Sie hat aber zwei zeitliche Komponenten: den Blick zurück auf den Lernfortschritt und den Blick in die Zukunft, auf die Leistungsentwicklung. Der prognostische Wert von Noten ist gering. Fast die Hälfte der Übertrittsgutachten der 4. Klassen ist falsch. Der Bildungsbericht München 2006 nennt 40 Prozent der Gymnasiasten, also auch die knappe Hälfte, die bis zum Abitur verloren gehen.

    16. Mädchen werden besser bewertet als Jungen.

    19. Noten sind unlogisch.

    http://www.uni-online.de/artikel.php?id=5272


    Der Verein von Herrn Kraus ist übrigens nicht weniger privat, als es die Bertelsmänner privat sind. Beides sind Lobbyorganisationen, leider stimmen die Zahlen der Bertelsmänner meist, die von Herrn Kraus sind oft eher weniger vollständig. Da wird sich die Statistik gerne schöngesoffen, wie der Bayer so gerne sagt.

    schrieb Josefs krause Gedanken sind leider von Gestern! am

  • #9

    Sonderfall Bayern?
    Eine Überraschung halten die Forscher mit der Statistik zu Bayern bereit. Es sei das einzige Bundesland, in dem mehr Kinder den Aufstieg in Realschule oder Gymnasium schafften als jene Kinder, die eine höhere Schule wieder verlassen mussten. 13 000 Kinder wurden von Gymnasium oder Realschule nach unten befördert, 14 500 von Mittel- oder Realschule nach oben.

    Nach Zahlen des Kultusministeriums folgen viele Eltern in Bayern den Übertrittsempfehlungen der Grundschullehrer nicht: Die Hälfte der Kinder verlässt die Grundschule mit Gymnasialempfehlung, aber nur gut 40 Prozent werden von ihren Eltern tatsächlich auf einem Gymnasium angemeldet. Fast jeder zweite Schulaufsteiger im Freistaat wechselt dann nach der fünften Klasse einer Haupt- oder Realschule auf eine höhere Schule – wiederholt dort aber die fünfte Klasse.

    Lässt man nämlich die Besonderheit in der fünften Klasse außer Acht, übersteigt die Zahl der Schulabsteiger in Bayern die der Aufsteiger bei weitem: In den Jahrgängen sieben bis neun werden doppelt so viele Schüler in Bayern nach unten befördert wie nach oben.

    schrieb Sonderfall Bayern? Spitzenplatz? Reine Propaganda! am

  • #10

    “Dass Bayern besonders erfolglos ist, was den Bildungserfolg und die Durchlässigkeit nach oben anbelangt,”

    Das ist natürlich schlichter Unsinn, denn:

    “Am ungünstigsten ist das Verhältnis in Niedersachsen, wo mehr als zehn Absteiger auf einen Aufsteiger kommen. Den Spitzenplatz belegt Bayern, nur hier gibt es etwas mehr Auf- als Absteiger. (http://www.tagesschau.de/inland/bildungsstudie110.html)”

    “Ein Buch übrigens, das jeder ambitionierte Lehrer gelesen haben muss!”

    Ein Buch, dass kein gut ausgebildeter Lehrer lesen muss, denn was darin steht, ist bekannt. Es handelt sich um Wesentlichen um ein Potpourri aus den üblichen reformpädagogischen Versatzstücken. Die von Precht sogar in besonders plumper Weise verwurstet werden.

    schrieb Storb am

  • #11

    @Revolutionspädagoge:
    Worin besteht Ihrer Ansicht nach die Faktenarmut in der Argumentation von Herrn Kraus?

    Ist es nicht—unabhängig von der konkreten Ausrichtung—generell hoch problematisch, dass eine private Organisation erheblichen Einfluss auf die Bildungspolitik zu nehmen versucht? Soweit finde ich in der Argumentation von Herrn Kraus wenig Problematisches.

    schrieb EIn Vater am

  • #12

    Verwunderlich, dass Kraus so gegen die Bertelsmänner und deren negative Zensuren zum gymnasialen Bildungsversagen, besonders des bayerischen Gymnasium, wettert.
    Er, der selbst ein glühender Anhänger des Aussortierend durch negative Bewertungen ist und kein Problem damit hat, 40% der Schüler am Gymnasium, wie der Münchner Bildungsbericht sagt, auszusortieren, jammert wenn seine überholte Bildungsinstitution, für die er seit 25 Jahren zweifelhafte Lobby-Arbeit macht, von aussen kritisiert wird.

    Dass Bayern besonders erfolglos ist, was den Bildungserfolg und die Durchlässigkeit nach oben anbelangt, versucht er durch faktenarmes Lautsprechen auszugleichen.

    Er müsste das neue Buch von Precht dazu lesen. Das Kapitel zur Ökonmisierung würde ihm besonders gefallen. Ein Buch übrigens, das jeder ambitionierte Lehrer gelesen haben muss!

    schrieb Revolutionspädagoge am

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