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Medienerziehung

Wie man Schülern erklärt, warum sie keine Pornos schauen sollen 12.04.2011, 12:45

Nackte Frau macht Yoga
Bild: Dieter Robbins / pixabay [CC0 (Public Domain)]

Wenn Sie als Lehrer/in urplötzlich in die Situation kommen, Ihrer Klasse erklären zu müssen, warum Erwachsene Pornofilme schauen dürfen, Kinder/Jugendliche aber nicht - dann hat die Stunde der Wahrheit geschlagen. Nehmen wir uns ein Beispiel am teacher, der in dieser Situation die Latte ziemlich hoch legt.

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  • (geändert: )

Vorbemerkung für die Unbelesenen: Der “teacher” ist ein anonym bloggender Lehrer aus Österreich. Sein Blog niemehrschule ist eines der beliebtesten Lehrerblogs im deutschsprachigen Raum.

Hier also der Prototyp eines offenen Gesprächs zwischen Lehrer und Schüler/innen. Besonders gut gefällt, wenn der teacher Zeit zu gewinnen versucht (“Also ... was denkt ihr?”) - wer kennt das nicht? Letztlich dürfte seine Erklärung aber das Optimum darstellen, was man einer Klasse diesbezüglich erläutern kann. Wie der Protagonist in Tom Sharpes “Puppenmord” ist auch der teacher durch jahrelangen Dienst am Schüler gestählt und argumentativ ungeheuer stark:

Ein Bursche fragt dann locker: “Warum sind eigentlich Pornos illegal?”
Die Reaktionen der Mitschüler zeigen, dass Experten am Wort sind.

“Ahhh, meinst Du bei uns oder in China?”
“Bei uns?”, fragt er verwundert weiter.
Bei uns scheinen sie ihm legal zu sein.
“Hast Du schon einmal versucht, in einen Sex-Shop zu gehen? Hast Du schon einmal im Internet die Zugangssperren gesehen? Eigentlich ist Pornographie unter 18 Jahren verboten.”

Das ist für viele neu, sie können es gar nicht glauben.

“Und warum?”
Aus der Hüfte schieße ich keine tollen Antworten.
“Also ... was denkt ihr?”
Keine Antwort aus der Klasse, das Thema ist heikel - das Alter auch. Ich habe Zeit zum Überlegen gewonnen.
“Ich meine ... “

Österreichische LehrerInnen haben die lehrplanmäßige Verpflichtung, das Thema Sexualität in allen Fächern anzusprechen. Ein Unterrichtsprinzip. Ehrlich gesagt, wir überlassen es lieber den Biologen und Religionskollegen. Aber jetzt muss ich wohl aufs dünne Glatteis.

“... viele von euch werden ja schon einmal herumgesurft sein, oder?”
Einige wenige outen sich durch zustimmendes Lachen. Pokerface bei den anderen.
“Daher wisst ihr ja, wie so Pornos aufgebaut sind. Das hat mit der natürlichen Sexualität der Menschen nichts zu tun. Da geht es ja um Ausbeutung von Frauen, sehr oft um Gewalt, um Missbrauch. Pornos sind reine Lügen, wenn ihr wollt.”
“Und warum dürfen das Erwachsene sehen? Aber wir nicht?”
“Gute Frage ... Erwachsene haben ja meist schon Bekanntschaft mit richtiger Sexualität gemacht, mit Liebe und so weiter. Wenn aber Kinder mit 12 Jahren diese Filme sehen, dann bekommen sie völlig falsche Vorstellungen davon ... und das prägt ihr Gehirn, ihren Charakter. Das kann die Entwicklung stören.”

niemehrschule 11.04.2011: Gesetze aufgehoben

(Ganzer Beitrag hier: niemehrschule 11.04.2011: Gesetze aufgehoben)

Viel besser kann man es wahrscheinlich nicht erklären. Fraglich ist allerdings, ob im vollen Saft stehende Pubertierende die zur Erkenntnis notwendige Einsicht grundsätzlich aufzubringen in der Lage sind.

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Kommentare

10

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  • #1

    Das ist ein wichtiger Beitrag.
    Er zeigt, in welches Dilemma wir uns gebracht haben. Wie sollen uns die vielen Leute aufklären, die noch nicht einmal gemerkt haben, dass sie eben diese Probleme verursacht haben?
    Wir haben Jahrzehnte hinter uns, in denen immer alles nur nach dem Prinzip der Steigerung ging: schneller, lauter, teurer,.... Wer sich um Ausgleich kümmerte, wurde verlacht. Es ging ja scheinbar immer noch mehr. So finden wir uns heute alle an Extrempunkten (wieder), an denen wir nicht sein möchten. Da wir nicht wissen, wie wir hingekommen sind, wissen wir auch nicht, wie man wegkommt.- und wohin. Die vordergründigen “Erklärungen” greifen nicht.
    Jeder Mensch ist mit GEIST begabt. Der lässt einen wahrnehmen, wie stumpfsinnig es ist, sich immer nur wieder noch einmal in etwas hineinzusteigern. Es spricht also nur von guten Geistesgaben, wenn Dich Deine Kräfte zunächst von Porno weg auf ein intelligenteres und viel reicheres Feld der Liebe führen. Sie ekeln Dich erst mal weg, behindern Dich aber gar nicht, bedacht und senibel neue Erfahrungen zu machen. In der neuen Ich-kann-Schule würde sich jeder Mensch über so sensible Kräfte freuen und gut mit ihnen im Gespräch bleiben. Mit ihnen kannst Du Dich entwickeln. Ich freue mich auf Deinen Erfolg.
    Franz Josef Neffe

    schrieb Franz Josef Neffe am

  • #2

    Ich persönlich finde es wichtig, über den Unterschied zwischen Porno- und realer Welt aufzuklären. Aufgrund meines Vaters und des Internets hatte ich bereits im Grundschulalter Kontakt zu Pornographie und habe dadurch einen Ekel gegenüber Berührungen und generell Liebe entwickelt - ich dachte, dass das auf Pornoszenarien hinausführt.

    schrieb Schülerin (18) am

  • #3

    Meines Erachtens fehlen heute viel weniger Vermittlungstechniken als glaubhafte Lebensvorbilder, an denen man sichn orientieren kann. Problem ERSCHEINEN nur als SACHprobleme, im Kern SIND sie immer PERSÖNLICHE Probleme, so sehe ich das jedenfalls aus der IKS-Perspektive und meine, wir sollten mehr darauf achten, statt den SCHEIN- die SEINSprobleme zu lösen.
    Guten Erfolg!
    Franz Josef Neffe

    schrieb Franz Josef Neffe am

  • #4

    Pornos und Jugendliche gehen nicht gut zusammen. Sexualität als bloße Triebabfuhr zu zeigen, trifft eben den Kern nicht, es ist, wie oben schon gesagt, eine Lüge. Und auf Lügen sollte man die Kids hinweisen. Aber da ist ja noch die körperliche Komponente. Ich weiß, dass der Kerl mit seinem Megabody, seinem 20cm Prügel und seiner unendlichen Ausdauer nur dadurch entstanden ist, dass man 17 Sezenen hintereinander zusammengeschnitten hat. Aber weiss das auch mein kleines Ego? Hier liegt die Gefahr. Nicht jede Situation im Leben endet im Bett, nicht jeder Blick heißt in Wahrheit “fuck me”, nicht jeder sexuelle Kontakt zieht sich über 30 min in diversen Stellungen hin ... das sollten Jugendliche lernen und wissen, bevors ans Gucken geht. Aber ich glaube, dass auch ein großer Teil der Ü18 das nocht nicht durchschaut hat.
    Porno ist ein Riesengeschäft, warum das so ist, lässt sich nur mit der Natur des Menschen erklären, nicht mit seinem Verstand.

    schrieb johnnyPeo am

  • #5

    Also mal im ernst, bei jugendlichen die Pornos schauen werden sie mit Religion nur ein müdes Lächeln ernten.
    Pornographie ist ein zwiespaltiges Thema. Ich für meinen Teil habe auch schon sehr früh angefangen so die Sexualität zu erforschen und schon schnell festgestellt, dass diese plastischen, aufgepumpten Frauen mir in keinster Weise gefallen und dass ihnen jeglicher Bezug zur Realität fehlt. Ich nahm es als sexuelle Fantasie auf. Genauso wie auch später, als ich anfing pornographisches Material zu schauen in dem Frauen eher Mangelware, wenn sie denn nicht als Statisten im Park herumliefen, und muss sagen, dass ich die Vermutung habe, dass die größere Gefahr die von Pornos ausgeht die falsche Vorstellung ans menschliche Aussehen, egal ob Mann oder Frau, als die der Rolle der Frau ist. Man muss aber dazu sagen, dass es natürlich auch Schichten geben mag in denen die Frauenrolle ein Diskussionsthema ist, da werden Pornos aber nur ein Teil des Problems sein und das Kernproblem wir dein anderes sein.

    Ich habe bereits mit 12/13 angefangen Pornos zu schauen, und bin in keinster weise sexuell gestört oder ähnliches. Aufklärung kann nicht schaden, ein striktes Verbot wird das ganze aber bloß schmackhafter machen. (Denn mal ehrlich, was wirkt mehr als Lustverstärker beim Sex und bei der Masturbation, als das Wissen in diesem Moment etwas verbotenes zu tun?) Etwas anderes wäre es, eine Diskussion über das Thema zu eröffnen. Eine wo man nicht direkt als Konsument enttarnt wird vielleicht (also keine Themen à la “Was gefällt uns denn an Pornos und was nicht?”) sondern eher Diskussionsthemen die das ganze als gesamtes und gesellschaftskritisches betrachten -  beispielsweise auch unter den wirtschaftlichen Aspekten. So wird einerseits ein wenig von der Scheu und Distanz zu dem Thema genommen (denn die Pornoindustrie als Wirtschaftszweig wirkt deutlich lockere und enthemmender in diesem peinlichen Moment wenn der Lehrer vom Thema Sex anfängt als der Inhalt der Filme).
    Der Umgang mit den Kindern sollte meiner Meinung nach offen sein, und auch die Kinder sollten einen offenen Umgang damit lernen, denn Sexualität ist in unserer Generation wieder ein sehr heikles aber präsentes Thema, und es sollte mehr als nur der biologische oder “Friede-Freunde-Eierkuchen”-Beziehungsaspekt sein. One-Night-Stands sind schon bei 16-jährigen Realität - nicht nur in sozialen Brennpunkten. Und Dinge auf die Kinder selbst kommen brennen sich eher ein als der Fakt, dass man nicht dafür Reif ist. Das kapieren die meisten Kinder nämlich nicht - Reif genug kommen sie sich meistens für alles vor.

    Ich bin jetzt nicht mehr dazu gekommen meinen Post noch einmal durchzulesen, es ist spät und ich muss morgen noch 2 Referate vorbereiten, aber vielleicht kann der ein oder andere meine Gedankengänge nachvollziehen ;)

    schrieb Robert am

  • #6

    meinem Vorredner, Franz-Joseph Neffe, kann ich in weiten Teilen nur zustimmen. Nicht die “Herausforderungen” fernhalten, sondern u.a. in der Schule lernen, ihnen dort draußen zu begegnen, stark und selbstbewusst.

    Das Argument von “teacher”, man sollte erst genügend gute Erfahrungen sammeln, um dann reif zu werden für die abgrundtiefe Seite der Versklavung des Körpers, kann ich auch nicht zustimmen.

    Wie wär`s zur Abwechslung mal wieder mit etwas Religion?
    Unser Leib gleicht einem Tempel, von Gott gegeben, den wir pflegen und zur Erbauung Gottes einsetzen sollen.

    Prostitution und Pornographie sind deswegen eine besonders perfide Sünde, weil sie sich direkt gegen diesen Leib richtet, also unser Innerstes, von Gott zur Vervollkommnung geliehen.
    Deswegen sollen wir keine Pornos anschauen, nicht zu Huren gehen bzw. uns zu solchen machen.
    (nach Paulusbrief an die Galather bzw. Korinther)
    Dies gilt zwar genuin für die “gläubigen Christen”, jedoch wird sicher kein Muslim etwas dagegen haben, wenn er in diesem Punkt christliche Gebote teilen würde. Ähnlich ist es übrigens im Judentum, nur eine sehr lieberale Richtung vor der Zeit Jesu gestand damals mehr Freihiet zu.
    Aufgabe der Schule ist jedoch, die Sicht-Weisen zu schulen und zur kritisch selektiven Wahrnehmung und auch bewussten Wegschauen in dieser überladenen Welt zu erziehen, nicht nur in punkto Pornographie. Gruß boris-caspar

    schrieb boris-caspar am

  • #7

    Was sind denn “völlig falsche Vorstellungen”?
    Was weiß die Pädagogik über die Vorstellungskraft und vor allem: was kann sie damit?
    Wie werden denn Gehirn und Charakter geprägt?
    Wordurch entwickelt sich Entwicklung und was stört und verwickelt sie?
    Was wird denn konkret gestört, wenn Entwicklung gestört wird?
    Weil Erwachsene mit Undsoweiter, mit “richtiger Sexualität”, mit Liebe “schon Bekanntschaft gemacht” haben, sollen sie reif für Pornographie sein? Die Sexualität der Kinder ist also “nicht richtig” oder sie haben etwa gar keine?
    Haben wir nicht Angst davor, wenn Kinder mit 12 Jahren “diese (von Erwachsenen gemachten) Filme” sehen, dass sie eine sehr richtige Vorstellung von uns Erwachsenen bekommen? Haben wir nicht Angst davor, dass - wie in Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern - wir durch Kinder damit konfrontiert würden, a) dass wir nackt sind, b) dass wir Betrüger sind und c) dass wir nicht für unser Amt taugen?
    Nun bin ich keineswegs für “Pornos für Kinder” aber eben auch nicht dafür, dass wir unter dem Deckmäntelchen sozialer Fürsorge Pornos produzieren, um mit Kinderschutzzeremonien von eigener Unreife, eigenen Süchten und eigener Lernunlust abzulenken.
    Wie wäre es denn, wenn wir uns die Kräfte, die im Menschen wirken einmal anschauen? Und wie sich die Wirkung bei unserem Umgang damit konkret verändert? Und wie ich den Umgang damit zum Vorteil verändern kann? In unseren Unterrichtsvollzugsanstalten wird in allen Problemfällen nur der DRUCK gesteigert und damit der Einfluss auf die entscheidenden Kräfte immer mehr verspielt. Mit dem SOG-Prinzip der neuen Ich-kann-Schule geht das genau andersherum. Wenn ich mit meinem alltäglichen Leben erkenne, was mich ZIEHT, und wenn ich mit diesen SOG-Kräften mein Leben gestalten kann, dann kann ich mich auch Themen wie Pronographie souveräner nähern.
    Ich grüße freundlich.
    Franz Josef Neffe

    schrieb Franz Josef Neffe am

  • #8

    Bei der “hohen Latte” musste ich auch mal schmunzeln :-)

    schrieb teacher am

  • #9

    interessanter beitrag, auf jeden fall eine schwere situation , in dem beispiel aber recht gut gelöst !

    schrieb Maik am

  • #10

    Wir sollten auch als Lehrer mal an die eigene Jugend denken und uns fragen, ob wir uns jemals beim Ansehen von Pornos in Gefahr sahen… (und ja: Obwohl ich Horror- und Porno-Filme in jungen Jahren sah, halte ich mich für ganz normal) Deshalb ist es wahrscheinlich auch als Lehrer so schwer, überzeugende Argumente zu finden - so geht es vermutlich auch bei Themen wie Rauchen, Alkohol und anderen Drogen…

    P.S.: Ich kann es mir doch nicht verkneifen: Der teacher “legt die Latte hoch”... ;-)

    schrieb Herr Schwarzmüller am

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