Wärmebehandlung von Stahl (3): Das Fe-C-Diagramm 13.09.2010, 11:55

fec-diagramm, Vorschaubild

Das Fe-C-Diagramm ist ein in der Stahlmetallurgie gebräuchliches Schaubild, das Aufschluss über die Vorgänge beim Erhitzen einer Fe-C-Legierung gibt. Ferrit, Perlit, Zementit, Austenit und Martensit sind die Bestandteile, die hier beschrieben werden.

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3. und 4. Ausbildungsjahr

Fortsetzung von »Wärmebehandlung von Stahl (2)«

Das Fe-C-Diagramm

Stahlgefüge bei Raumtemperatur

Um das beschriebene Geschehen übersichtlich darzustellen, hat die Metallurgie-Forschung ein spezielles Diagramm entwickelt: das Eisen-Kohlenstoff-Schaubild. Mit seiner Hilfe lässt sich ermitteln, in welchem Zustand sich ein unlegierter Stahl mit bekanntem Kohlenstoffgehalt bei einer bestimmten Temperatur befindet, und welche Gefügeveränderungen bei Temperaturänderungen zu erwarten sind.

Das Bild »Fe-C-Diagramm, Ausschnitt« zeigt den uns interessierenden Bereich im Fe-C-Diagramm, der im Folgenden beschrieben wird. Betrachten wir zuerst das Bild unten links. Es berücksichtigt den Gefügeaufbau von Stählen bei Raumtemperatur. Stahl mit Null % C: Hier liegt reines Eisen vor. Die Metallurgie hat diesem Gefüge den Namen Ferrit gegeben. Ferrit ist ein relativ weiches Material. Stahl mit minimalen C-Gehalt, z. B. 0,1 %: Die wenigen C-Atome verbinden sich mit Fe-Atomen zu Fe3C = Eisencarbid, das wegen seiner außerordentlichen Härte auch als Zementit bezeichnet wird. Da sich wegen des geringen C-Gehalts nur wenig Zementit bilden kann, bleibt der Stahl insgesamt noch sehr weich. Um die Zementitkerne herum gruppieren sich Fe-Atome. Diese Gruppierung ist abgeschlossen, wenn der C-Anteil 0,8 % beträgt. Betrachtet man ein solches Gefüge unter dem Mikroskop, dann schillert es in vielen Farben; wegen seiner Ähnlichkeit mit Perlmutt erhielt es den Namen Perlit. Perlit ist ein mittelhartes Gefüge.
Stahl mit 0,8 % C: Das gesamte Gefüge besteht aus Perlit.
Stahl mit mehr als 0,8 % C: Der C-Gehalt ist jetzt so hoch, dass immer mehr Zementitkerne vorhanden sind. Sie können kein Fe mehr an sich binden: Das Stahlgefüge wird zunehmend härter.

Stahlgefuege bei Erwaermung

Erwärmung des Gefüges

Was geschieht nun, wenn man die bei Raumtemperatur beschriebenen Gefügebestandteile erhitzt?  
Ferrit: Das α-Eisen wird bei 911 °C in γ-Eisen umgewandelt (Punkt G). Perlit hat die Eigenschaft, dass es sich bei 723 °C in γ-Fe umwandelt und dabei in seinem Innern ein C-Atom aufnimmt. Dieses Gefüge erhielt nach einem englischen Metallurgen den Namen Austenit.
Zementit: Zementit bleibt auch oberhalb der Linie G-S-E Zementit (die Buchstaben G, S und E wurden von den Metallurgen so festgelegt).

Härtegefüge

Beim Härten (= Glühen + Abschrecken) geschieht folgendes: Man erhitzt das Stahlteil, das ja einen bestimmten C-Gehalt besitzt, so, dass sich alle Gefügebestandteile in Austenit umwandeln. Die Zementitanteile müssen nicht umgewandelt werden, weil sie bereits hart genug sind. Besitzt der Stahl z. B. 0,9 % C, dann muss er entsprechend dem Fe-C-Diagramm über 723 °C hinaus erhitzt werden, damit sein Perlit zu Austenit wird. Im γ-Kristall des Austenits hat sich, wie wir schon erfuhren, ein C-Atom eingenistet. Beim normalen, langsamen Abkühlen würde es wieder herauswandern, wobei sich der γ-Würfel in einen α-Würfel zurückbilden würde. Schreckt man das Gefüge jedoch plötzlich ab, dann hat das C-Atom keine Zeit, das γ-Fe zu verlassen: Es bleibt eingesperrt. Da sich beim Abschrecken γ-Fe in α-Fe umwandelt, steckt nun das C-Atom im kleinen α-Würfel und verspannt diesen nach allen Seiten. Diese Verspannung macht sich nach außen hin als Härte bemerkbar. Das neue Härtegefüge hat auch einen Namen: es wird als Martensit bezeichnet. Pate dieser Gefügebezeichnung ist Martens.

(Anmerkung: Zugunsten des besseren Verständnisses wurde die obige Beschreibung ebenso stark vereinfacht wie die Darstellung der Schaubilder und Gitter).

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Kommentare

7

Zum Artikel "Wärmebehandlung von Stahl (3): Das Fe-C-Diagramm".

  • #1

    Hallo,

    vielen Dank für Ihre Zuschrift zum tec.LF-Thema »Das Fe-C-Diagramm«. Falls Sie Metallurge sind, können und wollen wir mit Ihrem Hintergrundwissen nicht mithalten.

    In der Antwort möchten wir zuerst Ihre Bemerkung am Textende erwähnen: Ich weiß, komplexe Dinge vereinfacht verständlich zu machen ist nicht einfach .... Und:
    Der Artikel erklärt Neues mit Fremdem, ...
    Wir stimmen zu: Komplexes verständlich erklären, ist die Kunst, deren Beherrschung man jedem Lehrer wünscht. Das Fe-C-Diagramm fordert uns da ganz besonders heraus. Deshalb müssen wir manches extrem reduzieren.
    Wo wird Neues mit Fremdem erklärt?
    Das Neue ist offensichtlich das Fe-C-Diagramm. Die vier Abschnitte der Wärmebehandlung von Stahl glauben wir zusammenhängend aufgebaut zu haben. So finden Sie in »Das Fe-C-Diagramm« hoffentlich nichts, was nicht schon in der »Wärmebehandlung von Stahl (1) und (2)« vorbereitet wurde. Im dritten Beitrag wurde also Neues mit Bekanntem erklärt, so, wie Sie es gerne hätten.
    Dann: Zementit ... tritt erst über 0,78% C auf. Sehen Sie doch einmal bei WIKIPEDIA nach, ob Sie es da verständlicher ist. Am Ende von »Eigenschaften«, wo noch keine Rede vom C-Gehalt war, heißt es dort: »Zementit ist sehr hart (HV = 800) und verschleißfest, aber spröde und daher schlecht plastisch verformbar.«

    Schließlich ganz grundsätzlich zu dem Thema. Es scheint so zu sein, dass es in Metalltechnik-Klassen, z. B. bei Mechatronikern, völlig aus dem Stoffplan geworfen wurde. Das ist schade, denn Menschen, die laufend mit Stahl umgehen, auch wenn sie jeden Tag Mengen von Kunststoffen in den Händen haben, sollten etwas über die Wärmebehandlung von Stahl wissen, auch wenn sie nie in die Verlegenheit geraten, selbst zu glühen, zu härten, anzulassen usw.

    Mit den besten Grüßen
    tec.LF

    schrieb tec.LEHRERFREUND am

  • #2

    Hallo Herr Daab,

    die Ebene, auf der der tec.LF arbeitet, bezieht sich auf den in Berufsschulen behandelten Stoff.
    Weil im Maschinenbau unter den vielen dort verwendeten Metallen und Legierungen der Stahl eine herausragende Rolle spielt, werden seine Gefügeveränderungen bei Wärmeeinflüssen beispielhaft herangezogen, um zu zeigen, wie sich Fe-C-Gefüge bei einer Wärmebehandlung verändern. Stahl ist aber innerhalb der Eisenwerkstoffe nur der bis zu 2,06% C gehende Vertreter. Mit anderen Worten: Man ist schon froh, wenn Auszubildende verstehen, was sich in diesem kleinen Ausschnitt der Eisenwerkstoffe abspielt. Zur Abschreckung können Sie ja mal bei
    http://de.wikipedia.org/wiki/Eisen-Kohlenstoff-Diagramm
    nachsehen.
    Mit Ihren Kenntnissen wissen Sie, wie viel Sie geschwitzt haben, bis Ihnen alles einigermaßen klar war. Sind Sie also froh, wenn Sie nicht noch mehr darüber wissen müssen. Sollten Sie es aber doch müssen, sind wir nicht mehr der richtige Ansprechpartner.

    Ähnliche Vorgänge wie im Stahl spielen sich auch in den Gittern der anderen Metalle ab, wenn sie als Mischkristalle vorliegen und erhitzt werden bzw. abkühlen; entsprechend gibt es deshalb auch die zugehörigen Zustandsschaubilder. Sie versteht man leichter, wenn man das Fe-C-Diagramm kennt.

    Wir hoffen, Ihnen eine zufriedenstellende Antwort gegeben zu haben.

    Mit den besten Grüßen
    tec.LF

    schrieb tec. LEHRERFREUND am

  • #3

    Hallo, mal eine Frage…
    Undzwar würde es mich interessieren was es alles für wichtige Diagramme bei der Wärmebehandlung gibt .Ich kenne bis jetzt nur von den Wichtigen das Eisen-Kohlenstoff Diagramm, ZTU-Schaubilder und Abkühlkurven. Gibt es da noch irgendetwas anderes Wichtiges an Diagrammen.

    Über eure Hilfe würde ich mich sehr freuen MFG

    Stefan

    schrieb stefan Daab am

  • #4

    Hallo Maximilian,

    diese Frage überfordert uns, denn damit haben wir keinerlei Erfahrung.
    Wir stellen uns aber vor, dass der Hersteller für seine Öfen Temperatur-Geschwindigkeits-Kurven liefert, aus denen - abhängig vom eingesetzten Werkstoff - die Durchlaufzeit bestimmt werden kann.

    Mit den besten Grüßen
    tec.LEHRERFREUND

    schrieb tec.LEHRERFREUND am

  • #5

    Hallo, mal eine frage aus der Arbeitswelt.
    Wie bestimm ich bei einem Durchlaufglühofen, die Teperatur und die Geschwindigkeit? Ich weiß das jeder Ofen unterschiedlich, aber ich will eine Formel oder einen Punkt woran ich anknöpfen kann.

    z.B. Werkstoff 1.4310 o. 14404

    über eure Hilfe würd ich mich freuen, es soll eine Formel geben das weiß bereits.

    schrieb Maximillian am

  • #6

    Hallo Herr Freitag,

    vielen Dank für Ihre Anmerkungen: Wir geben Ihnen in jedem Punkt Recht. Wenn Sie einmal versucht haben, das Thema Berufsschülern verständlich nahezubringen, führt kein Weg an fast gewalttätiger Vereinfachung vorbei. Dass in unserem Gitter die Fe-Atome zu klein geraten sind, können wir verkraften, werden verwirrende Textstellen aber richtig stellen.
    Gruß
    tec.LEHRERFREUND

    schrieb tec.LEHRERFREUND am

  • #7

    Die bildliche Darstellung der Atomgitter für AUSTENIT und MARTENSIT kann als didaktische Vereinfachung zwar akzeptiert werden, ist wissenschaftlich aber falsch.
    1. Sind die Fe-Atome viel größer als die C-Atome
    2. Der Kohlenstoff lagert sich im Austenit nicht in der Würfelmitte sondern in der Kante zw. 2 Eisenatomen ein. (Einlagerungsmischkristall)
    3. Beim raschen Umwandlung in das Alpha-Gitter (Martensit) wird das Kohlenstoffatom zw. den Eisenatomen eingeklemmt. (Erklärung für Härte)

    schrieb Freitag Hubert am

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