Gehaltsverlierer
Reallohn von Lehrer/innen in 2011 um 1.4% gesunken 02.01.2012, 23:05
Inflationsbereinigt haben Lehrer/innen 2011 Gehaltseinbußen von 1.4% hinnehmen müssen - so viel war es in keinem anderen Beschäftigungszweig. In den letzten 20 Jahren haben Lehrer/innen beim Reallohn mehr als 20% eingebüßt - und sind damit die neuen Melkkühe der Nation. Muh!
Reallohn und Nominallohn
Unter Reallohn versteht man den preisbereinigten Bruttomonatsverdienst, also die tatsächliche Kaufkraft. Dem gegenüber steht der Nominallohn - der absolut gezahlte Bruttobetrag in Geldeinheiten (in Deutschland also Euro).
Steigt das Preisniveau z.B. durch Inflation, müssen die Nominallöhne erhöht werden, damit die Kaufkraft gleich bleibt.
Statistisches Bundesamt: Reallöhne steigen nur gering
Das Statistische Bundesamt teilt für das dritte Quartal 2011 im Verhältnis zum dritten Quartal 2010 mit: In Deutschland sind die Nominallöhne in diesem Jahr um 3% gestiegen - abzüglich der Inflation bleibt im Durchschnitt ein Anstieg des Reallohns um 0.6% (immerhin, muss man sagen).
Vollzeitbeschäftigte im Verarbeitenden Gewerbe bekamen im dritten Quartal 2011 im Durchschnitt 4,3 % mehr als ein Jahr zuvor [entspricht einem Anstieg des Reallohns von 1.8%] . Auf Ebene der Wirtschaftsabschnitte war dies der stärkste Anstieg der Bruttomonatsverdienste. [...]
Reallohnverluste mussten vor allem die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes hinnehmen. In der Öffentlichen Verwaltung (+ 1,8 %) und im Bereich Erziehung und Unterricht (+ 1,1 %) lag die durchschnittliche Verdienstentwicklung deutlich unterhalb der Preisentwicklung. Auch Beschäftigte bei Banken und Versicherungen (+ 2,0 %), im Bereich Verkehr und Lagerei (+ 2,1 %), im Gastgewerbe (+ 2,2 %) sowie im Handel (+ 2,4 %) mussten Reallohnverluste hinnehmen.
Statistisches Bundesamt: Reallöhne im 3. Quartal 2011 nur noch um 0,6 % gestiegen (Pressemitteilung Nr.481 vom 22.12.2011) - Hervorhebung Lehrerfreund
Beachten Sie bitte, dass für die zitierte Auswertung ausschließlich die Löhne vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer/innen ausgewertet wurden!
Verlierer: Bildungssektor
Der Bildungssektor hat die größten Verluste hinzunehmen. Inflationsbereinigt verdienen Personen, die in Vollzeit in den Bereichen Erziehung und Unterricht arbeiten, 1.4% weniger als ein Jahr zuvor. Ein Blick in die vom Statistischen Bundesamt mitgelieferten Tabellen zeigt, dass Teilzeitbeschäftigte im Bereich Erziehung und Unterricht wesentlich schlechter dran sind: Sie verdienen nominal 1.2% weniger als im Jahr zuvor. Damit ist für Teilzeitbeschäftigte im Bereich Erziehung und Unterricht der Reallohn im Vergleich zu 2010 um 3.7% gesunken.
Im der Kategorie "Vollzeit" liegt der Bereich "Erziehung und Unterricht" mit 1,1% Lohnzuwachs abgeschlagen auf dem letzten Platz, in der Kategorie "Teilzeit" mit 1,2% Lohnverlust auf dem vorletzten (hinter "Kunst, Unterhaltung und Erholung").
Die zum Sparen verdammte Politik zapft zunehmend den Bildungssektor als Melkkuh an. Der Reallohn von Lehrer/innen ist seit 1990 um mehr als 20% gesunken. Und es geht weiter: In Baden-Württemberg werden die nächsten Besoldungsanpassungen erst einmal verschoben. Der Philologenverband Baden-Württemberg findet das "nicht nur 'grausam', sondern 'skandalös'".
Letztlich ist die Jammerei wegen ein paar Euro natürlich nicht konstruktiv, Lehrer/innen gehören immer noch zu den besser verdienenden Schichten. Das durchschnittliche Bruttogehalt (Vollzeit) liegt in Deutschland bei 3.322 Euro monatlich - da können auch die meisten angestellten Lehrer/innen durchaus mithalten. Auch im EU-Vergleich liegen die deutschen Lehrer/innen noch weit vorne.
Allerdings zeigt die Entwicklung, dass die Arbeit von Bildungspersonen in der Politik keinerlei Wertschätzung erfährt. Was hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor wenigen Wochen erst über die Lehrerschaft gelobhudelt?
Meine Damen und Herren, ich bin heute sehr gerne hierher gekommen. Der Philosoph Karl Jaspers hat gesagt: "Das Schicksal einer Gesellschaft wird dadurch bestimmt, wie sie ihre Lehrer achtet." Ich glaube, damit hat er ein wahres Wort gesprochen.