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Alarmierende Zahlen

Lehrermangel in NRW - angeblich fehlen 4000 Lehrer/innen 22.05.2009, 21:46

Mehr als 4000 Lehrer/innen fehlen in Nordrhein-Westfalen - das behauptet die SPD. Die regierende CDU weist das als Lüge zurück und spricht von gerade mal 500 nicht besetzten Lehrerstellen. Wer lügt in NRW?

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Die SPD beruft sich bei ihren Angaben (4112 unbesetzte Lehrer/innen-Stellen, dadurch 5 Millionen Schulstunden Ausfall) auf eigene Berechnungen, die auf Anfragen der SPD an die regierende CDU basieren.

Die SPD-Abgeordneten hatten detailliert nach der konkreten Situation an jeder einzelnen Schule in [Kreisen und] Städten des Landes gefragt. Mit den Antworten des Schulministeriums werden 70 Prozent der 6.117 öffentlichen Schulen des Landes erfasst. In weiteren Anfragen will die SPD auch genaue Zahlen über die Situation in den übrigen Regionen erfahren. [...]
Die tatsächlichen Zahlen über fehlende Lehrer, ausfallende Unterrichtsstunden und überfüllte Klassen seien in Wahrheit noch schlechter, weil mit den bisherigen Antworten erst 70 Prozent aller Schulen erfasst seien.

nw-news.de 22.05.2009: In NRW fehlen 4.000 Lehrer

Die regierende CDU weist die “Lügenkampagne” (RP Online) scharf von sich und erklärt, dass die SPD nur Schulen berücksichtigt hätte, an denen zu wenig Lehrer/innen vorhanden seien - jedoch Schulen mit Über- oder Vollbesetzung (wg. bspw. Vertretungsreserve) ignoriert hätten:

Nach Angaben von Schulministerin Barbara Sommer (CDU) unterschlägt die Opposition in den untersuchten 4650 Schulen unter anderem 730 Stellen Grundschulreserve bei den Schulämtern sowie 1000 Stellen für Vertretungsunterricht an Schulen.
Weitere 1790 Stellen würden für die Übermittagsbetreuung „kapitalisiert“. Zudem sind auch nach SPD-Angaben 44 Prozent der NRW-Schulen überbesetzt. [...]
Nach Angaben Sommers sind „bis auf wenige Ausnahmen“ die Schulen auskömmlich mit Lehrerstellen versorgt.

Kölnische Rundschau 20.05.2009: 4112 Lehrer fehlen in NRW

Die SPD hingegen beharrt auf ihrer Berechnung:

Nach Angaben von Fraktionsvize Ute Schäfer gibt es an 57 Prozent der abgefragten Schulen Lehrermangel.

„Auf dem Papier sind zusätzliche Lehrerstellen zwar formal ausgewiesen”, so Schäfer, „aber Stellen geben keinen Unterricht.” [...]

Schäfer rechnete vor, dass 4000 fehlende Lehrer vier Millionen Stunden Unterrichtsausfall produzieren. 280 000 Schüler säßen zudem in zu großen Klassen mit 30 und mehr Mitschülern.

derwesten.de 21.05.2009: SPD: In NRW fehlen mehr als 4000 Lehrer

Opposition und Regierung argumentieren auf einer realitätsfremden formalistischen Ebene, die ohne größeren Aufwand kaum nachvollziehbar ist. Verdächtig sind in der Rechnung der SPD jedoch zwei Dinge:

a) Die Rechnung der SPD besagt, dass 4000 unbesetzte Lehrerstellen zu 4 Millionen Stunden Unterrichtsausfall führen würden. Diese Rechnung stimmt definitiv nicht. Nach der OECD-Studie “Education at a Glance 2007” halten Lehrer/innen in Deutschland zwischen 717 (Sekundarstufe II) und 808 (Primarstufe) Unterrichtsstunden pro Jahr (mehr: Lehrerfreund: Lehrer-Arbeitszeit im internationalen Vergleich). Damit ergeben 4112 unbesetzte Lehrerstellen stark 3 Millionen Stunden Unterrichtsausfall.

siehe Kommentare
b) Die SPD spricht von Lehrer/innen, die Stellen besetzt halten, aber keinen Unterricht geben. Dass deren Zahl so groß sein soll, ist nicht glaubwürdig. Die Zeiten, in denen man als Vertrauenslehrer mehrere Stunden Deputatsnachlass bekommen konnte, sind schon lange vorbei, und auch der Deputatsnachlass bei Schulleitungstätigkeit ist karg. Gerade heute, wo die Bildungspolitik Hände ringend Lehrer/innen sucht, ist die Vision von herumlümmelnden, unbeschäftigten Volldeputatlern befremdlich.

Kein Zweifel: Auch in NRW sind die Klassen zu groß und die Unterrichtsversorgung nicht befriedigend.Durch höchst dubiose Rechnungen macht sich allerdings eher die SPD der Lüge verdächtig als die regierende CDU. Dumm ist nur, dass man jetzt wieder gar nichts weiß - und damit Veränderung hin zum Positiven erschwert wird.

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Kommentare

2

Zum Artikel "Lehrermangel in NRW - angeblich fehlen 4000 Lehrer/innen".

  • #1

    Dass es sich um Zeitstunden handelt, ist ganz richtig - danke für den Hinweis!

    schrieb Der Lehrerfreund am

  • #2

    Zitat: “Die Rechnung der SPD besagt, dass 4000 unbesetzte Lehrerstellen zu 4 Millionen Stunden Unterrichtsausfall führen würden. Diese Rechnung stimmt definitiv nicht. Nach der OECD-Studie “Education at a Glance 2007” halten Lehrer/innen in Deutschland zwischen 717 (Sekundarstufe II) und 808 (Primarstufe) Unterrichtsstunden pro Jahr (mehr: Lehrerfreund: Lehrer-Arbeitszeit im internationalen Vergleich).”

    OECD redet von ZEITstunden! Damit stimmt die Rechnung doch (3 Millionen Zeitstunden = 4 Millionen Unterrichtsstunden).

    Und zudem: Von Lehrern, “die Stellen besetzt halten, aber keinen Unterricht geben” lese ich da nichts. Es kann sich nur um Teilentlastungen handeln. Und an denen ist auch nichts Verwerfliches, da es eine Besonderheit des deutschen Schulsystems ist, dass sich die Lehrkräfte um alle möglichen administrativen und nicht-administrativen (Neben-)Tätigkeiten zu kümmern haben. Es gibt praktisch kein nicht-lehrendes Entlastungspersonal (bei uns ca. 3,5 nicht-lehrende Mitarbeiter für eine Schule mit fast 1300 Schülern). Fragt sich, wer diese ganzen “Zusatz-“Tätigkeiten machen soll, wenn es dafür weder Freistellungen noch nicht-lehrendes Personal (wie anderen Ländern üblich) gibt.

    schrieb Mister M. am

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