Stellung nehmen
Analyse von Argumenten - Arbeitsblätter, Unterrichtsvorschläge 16.03.2008, 17:17
Darf der Staat foltern, um das Leben eines entführten Kindes zu retten? Pro-Argumente werden bewertet und anschließend möglichen Kontra-Argumenten gegenübergestellt. Textvorlage, Arbeitsblatt, Unterrichtsvorschläge für die Sek I/II (Deutsch, Politik, Religion, Ethik).
Inhaltlicher Bezugsrahmen:
Im September 2002 entführte der Jura-Student Magnus Gäfgen den 11-jährigen Jakob von Metzler und ermordete ihn wenig später. Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen kam es zur Festnahme des Entführers Magnus Gäfgen. Dieser gestand zwar die Entführung, war aber nicht bereit, den Ort anzugeben, an dem er das Entführungsopfer Jakob von Metzler festhielt. Der Frankfurter Polizeipräsident Wolfgang Daschner fürchtete um das Leben des Opfers und drohte dem Festgenommenen mit körperlichem Zwang. Magnus Gäfgen führte die Beamten daraufhin zur Leiche des Jungen. Daschner, der sich der rechtsstaatlichen Fragwürdigkeit seines Vorgehens völlig bewusst war, fertigte selbst einen Aktenvermerk über sein eigenes Vorgehen an, der letztlich den Anstoß zur Eröffnung des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens lieferte. (nach: wikipedia: Daschner-Prozess)
Es geht hier also um die Frage: Ist die Folter eines Schuldigen gerechtfertigt, um das Leben eines Unschuldigen zu retten? Das Thema eignet sich gut für den schulischen Unterricht, weil die SchülerInnen meist intuitiv eine dezidierte Meinung haben, die sie auch emotional vertreten. Schreibdidaktisch sinnvoll ist also eine sachliche Analyse der jeweiligen Argumente.
Das Thema ist abstrakt, weil es auch um die Konfrontation zweier rechtsstaatlicher Prinzipien geht (Menschenwürde vs. Recht auf Leben). Trotzdem kann es durchaus auch in Klassen der Sekundarstufe I oder an beruflichen Schulen behandelt werden.
Sie finden hier zwei Arbeitsblätter:
- Argumente zu Daschners Schuld/Unschuld - Arbeitsblatt (pdf) - Hier sind acht Argumente aufgeführt, warum der Staat (stellvertrend: Daschner) foltern darf. Die Argumente können jeweils auf einer Skala von 1 bis 5 in ihrer Überzeugungskraft bewertet werden.
- Artikel “Angriff aufs Tabu” (taz) mit Pro-/Kontra-Argumenten zur Rechtfertigung der Folter (pdf) - Ein kompletter Zeitungsartikel, in dem zu allen acht Argumenten (konträr) Stellung genommen wird.
Vorschläge für Unterrichtsaktivitäten (Schwerpunkt Deutschunterricht)
- Die Lehrperson berichtet den Vorfall, spontane Aussprache. Formulierung der Leitfrage durch Lehrperson: “Darf ein Tatverdächtiger in Ausnahmefällen gefoltert werden?”
- Schüler/innen sammeln in Gruppen Pro- und Kontraargumente, evtl. Fixierung auf Plakat/Folie/Tafel. (Sek I, Sek II)
- (wiederholende) Besprechung: Was kennzeichnet ein starkes/schwaches Argument? (Sek II)
- Bearbeitung des Arbeitsblattes “Argumente” (pdf) in Einzel- oder Partnerarbeit [Aufgabe a)]. Auswertung im Plenum (Gespräch oder für jedes Argument Berechnung des Klassenschnitts). Dabei wird besprochen, aus welchen Gründen die Argumente als stark/schwach empfunden wurden. (Sek I, Sek II)
- In der Aussprache werden die Schüler/innen wahrscheinlich viele Beispiele bemühen. Diskussion um Argumentationskraft von Beispielen (Sek II).
- Jede/r Schüler/in markiert das aus seiner/ihrer Sicht stärkste und schwächste Argument (Sek I, Sek II). Schriftliche Begründung. [Aufgabe b)] Besprechung/Auswertung im Plenum oder Kleingruppen.
- Gemeinsame Lektüre des Artikels “Angriff aufs Tabu” (taz) (pdf). Arbeitsteilige Partner-/Gruppenarbeit zu den einzelnen Argumenten: Ist das Pro- oder Kontra-Argument stärker? Wieso? (Sek II)
- Abschluss: Verfassen einer Erörterung/Stellungnahme zum Thema (auch in Briefform möglich) (Sek II).