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Doku

TV-Tipp: Lehrer-Doku »Immer am Limit« 09.09.2008, 21:19

Im Dokumentarfilm "Immer am Limit - Lehrer und ihr harter Job" (ZDF, 7.10.2008, 22.15) werden zwei (echte!) Lehrer/innen porträtiert, die an der Grenze zum Burnout stehen und offen über ihren Stress und die damit einhergehenden gesundheitlichen Probleme reden. Wir befragten einen der Macher, Ulf Eberle, über seine beim Dreh gewonnenen Erkenntnisse und die Schwierigkeiten, Lehrer/innen vor die Kamera zu bekommen.

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In der Dokumentation bleiben uns Worthülsen spitzbäuchiger Ministerialbeamter und gehetzter Gewerkschaftsmitglieder erspart. Für die Macher/innen Katharina Gugel und Ulf Eberle stellte sich die schwierige Herausforderung, Schulen und Lehrer zu finden, die bereit waren, ihre Identität im Fernsehen preiszugeben.

“Immer am Limit - Lehrer und ihr harter Job”
ZDF, 07.10.2008, 22.15
In der ZDR-Doku-Reihe 37 Grad

Drei Fragen an (den Nicht-Lehrer) Ulf Eberle

Lehrerfreund: Wann und wie sind Sie auf den Titel “Immer am Limit” gekommen?
Ulf Eberle: Nachdem wir ein paar Drehtage mit unseren beiden Protagonisten hinter uns hatten, drängte sich der Titel geradezu auf. Beides sind sehr engagierte Lehrer, denen aber die Dauerbelastung ihres Berufes deutlich anzumerken ist. Außerdem bekamen wir auch schon in der sehr langen und intensiven Recherchephase mit, dass es sehr viele Lehrer gibt, die bereits unter gesundheitlichen Folgen des Berufsstresses leiden. Und dann ist es, wie der Arzt in unserem Film sagt, meist schon zu spät. Dann liegen nämlich oft schon die ersten Symptome eines Burnouts vor. Gefährlich wird es immer dann, wenn man sich “am Limit” befindet, dies aber gar nicht oder eben zu spät bemerkt - so wie es auch in unserem Film zu sehen ist.

Lehrerfreund: Die Öffentlichkeit kennt Lehrer/innen als Menschen, die viel verdienen und auf hohem Niveau jammern. Erfahren wir in Ihrer Doku eigentlich etwas Neues?
Ulf Eberle: Gerade dieses alte Klischee ist es, dass viele Lehrer heute wirklich ärgert - meist zu Recht, wie wir im Laufe unserer Recherche feststellen konnten. Die beiden Protagonisten unseres Filmes stehen exemplarisch für eine Lehrerschaft, die beruflich stark beansprucht ist: Dauerbelagerung in der Schule, Gespräche mit Eltern, Verwaltungsarbeit, Unterrichtsvorbereitung, Korrekturen - da bleibt im Alltag keine Zeit mehr für den Tennis- oder Golfplatz. Natürlich bleiben etliche Tage Urlaub im Jahr, aber selbst hier gelingt es vielen Lehrern nicht mehr, die nötige Kraft für die nächste Runde zu schöpfen. Natürlich gibt es auch immer noch solche Kollegen, die den Weg des geringsten Widerstandes gehen, seit Jahren den gleichen Unterricht ohne große Vorbereitung machen und ohne starkes Engagement für ihre Schüler. Unserer Beobachtung nach sind das allerdings in der Regel solche Lehrer, die innerlich kapituliert haben und keineswegs glücklicher in ihrem Beruf sind als solche Kollegen, die sich stark einbringen und deshalb immer wieder an ihre Grenzen kommen.

Lehrerfreund: In Ihrer Doku sagen Lehrer/innen öffentlich Dinge wie “Ich bin jetzt echt frustriert” oder reden über ihren beginnenden Burnout. Sie sagen, es war sehr schwierig, Lehrer/innen zu finden, die sich mit solchen Aussagen ins Fernsehen trauen. Woran lag das?
Ulf Eberle: Als Lehrer Schwächen oder Probleme beruflicher oder gesundheitlicher Art zuzugeben, ist ein großes Tabu - diesen Eindruck bekamen wir zumindest während unserer Recherche. Wir haben mehr als einhundert Gespräche mit Lehrern geführt, die es alle großartig fanden, dass wir diesen Film machen wollten, die es begrüßten, dass sich endlich einmal Filmemacher um die Schwierigkeiten des Lehrerberufes kümmerten. Alle berichteten in oft sehr langen Telefonaten von ihren persönlichen Problemen aber auch den Schwachstellen des Systems Schule allgemein - nur wollte Niemand vor der Kamera darüber reden. Und wenn es sich mal jemand vorstellen konnte, dann wollte die Schule oder die Schulbehörde nicht. Nur keine Angriffsfläche bieten, lautet wohl das ungeschriebene Lehrergesetz. Dazu kommt noch der stärker werdende Konkurrenzkampf der Schulen um Anmeldungen. Da möchte man nicht in irgend einer Weise negativ in den Medien erscheinen. Einerseits verständlich, andererseits hat uns diese Haltung auch verwundert. Denn Veränderung, die sich so viele Lehrer dringend wünschen, findet nur statt, wenn Öffentlichkeitsarbeit gemacht wird, wenn Probleme benannt werden. Da kann sich manches Kollegium, manche Schule eine gute Scheibe von der Courage abschneiden, die unsere beiden Protagonisten und ihre Schulen in dem Film bewiesen haben!


Pressetext für die Doku “Immer am Limit” - 07.10.2008, 22.15, ZDF

Ein Film von Katharina Gugel und Ulf Eberle

“Ich bin jetzt echt frustriert”, sagt Charlotte Hornbostel. Ein Satz, den die Lehrerin der Gesamtschule in Bad-Hersfeld häufig sagt. Genauso wie ihr Kollege Jürgen Liefke aus Duisburg. Nur den Bruchteil des Lehrplans haben die beiden in ihren Englisch-Stunden durch bekommen, den Rest der Zeit mussten sie lärmende Schüler bändigen oder unmotivierte ermutigen. Nach solchen Stunden fragen sich die Lehrer dann, warum sie überhaupt bis spät in die Nacht den Unterricht vorbereiten. Ob in Bad Hersfeld oder Duisburg – überall in Deutschland kämpfen Lehrer mit einer Fülle neuer Aufgaben und damit mit Stress und Überbelastung. Das Bild des faulen Lehrers, der viel Freizeit und Ferien genießen kann, macht Jürgen Liefke richtig wütend. Bis nach Mitternacht korrigiert er oder telefoniert mit ratlosen Eltern. Und bietet den Schülern in den Ferien sogar die Nachbereitung des alten und die Vorbereitung des neuen Schuljahres an. „Das ist es doch, warum wir an diesem Beruf hängen: Dass wir etwas bei den Kindern bewirken können.“ Dass er an den Rand seiner Belastungsgrenze geht, will Jürgen Liefke nicht wahrhaben. Und auch Charlotte Hornbostel ist geschockt, als der Arzt ihr einen beginnenden Burn out attestiert. Als 35jährige hat sie bereits Herzrhythmusstörungen, häufig starke Kopfschmerzen und manchmal ein Rauschen im Ohr. Lehrer sind in den letzten Jahren zu Trainern der Kinder geworden, da die individuelle Förderung von den Ministerien vorgeschrieben und die Erziehungsarbeit häufig von den Eltern an die Pädagogen abgegeben wird. Schüler verbringen inzwischen mehr Zeit alleine vor dem Computer oder Fernseher als beim Spielen mit Freunden. Hausaufgaben werden, wenn überhaupt, nebenbei erledigt. “Ganz schlimm ist es nach dem Wochenende”, sagt Charlotte Hornbostel. “Dann sprechen die nur noch in ihrer Computersprache und haben jede Menge Aggressionen angestaut.” Also sitzen viele Lehrer nach einem prallen Unterrichtstag mit sozial auffälligen Schülern oder deren Eltern zusammen, diskutieren mit Polizei, Jugendämtern, überlegen mit Kollegen, ob man Problemschüler trotz schlechter Noten nicht besser versetzt, nur damit man nachfolgende Klassen nicht zusätzlich belastet. Dazu kommen neue zentrale Prüfungen und ausführliche Bewertungen. Die Folge: Immer mehr Lehrer werden krank. Ulrich Stockem hatte solch einen Zusammenbruch. Und sitzt nun wieder genesen als Schulleiter vor seinem Lehrer Jürgen Liefke und warnt ihn. Wenn er weiterhin so viel arbeite, dann drohe auch ihm der Burn out. Beide wollen einen Plan zur Entlastung erstellen. So viel Unterstützung erfahren nur wenige Kollegen an der Schule. Als Lehrer Schwäche zuzugeben, ist immer noch ein großes Tabu.
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Kommentare

2

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  • #1

    Ich arbeite seit 7 Jahren als Päd. Mitarbeiter in der Lehrerausbildung. An der Uni wurden im Zuge der Modularisierung hier in Hessen die praktischen Elemente abgebaut, es werden mehr “Fachidioten” erzogen, die nichts von Psychologie und dergleichen gehört haben. ADS, LRS oder Konfliktbewältigung gehören nicht zum Repertoire der Ausbildung, gerade im gymnasialen Bereich.
    Zum Teamwork sollen Schüler erzogen werden, von Menschen, die nicht wissen, was das ist. Fehler zugeben, heißt, seine eigene Fähigkeit als Lehrer in Frage zu stellen. Hier täte mehr Ehrlichkeit Not. Bereits im Referendiat werden die Lehreranwärter angehalten, Schaustunden zu halten, die sie in dieser Form nie mehr halten können später, und deswegen immer mit einem schlechten Gewissen, nicht genügend vorbereitet zu sein, behaftet sind. Junge Lehrer kriegen dann immer gesagt: heute sehen sie nichts besonderes, machen wir nicht viel. Also immer entschuldigend, warum man keinen Medienzauber vollführt.
    Wenn man dann noch die Umstände sieht, im Lehrerzimmer 60 Sitze für 120 Lehrer, zwei Toiletten für 50 Lehrer oder wie hier in Hessen werden BAT-ler in den Sommerferien entlassen, damit das Arbeitsamt zahlt für die Zeit, wundert man sich, dass es immer so sehr engagierte Lehrer gibt, die trotz allem das Beste für die Schüler wollen.

    schrieb Heinz-Jürgen Deuster am

  • #2

    Danke für den interessanten Tipp!
    Noch sind keine Vorschau-Infos auf zdf.de zu dieser Sendung zu erhalten, wohl aber zu der vom 30.09.08. Sie scheint ein passendes Gegen-Stück zu sein: Es geht um den durch G8 härter gewordenen Alltag von Schülern (was der hübsch alliterierende Titel nicht sofort erkennen lässt): “Schwere Last auf schmalen Schultern”
    http://37grad.zdf.de/ZDFde/inhalt/14/0,1872,1020910_idDispatch:8006632,00.html

    schrieb Db am

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