Einbürgerung
Einbürgerungstest: Alle 300 Fragen als Lernkarten - Unterrichtsvorschlag (Deutsch, Politik) 28.09.2008, 22:36
Seit 1. September 2008 müssen Ausländer deutschlandweit einen "Einbürgerungstest" bestehen. Die lpb-BW hat die 300 Fragen des bundeseinheitlichen Einbürgerungstests als Lernkarten aufbereitet, die unkompliziert als PDF-File heruntergeladen werden können. Im Geschichts-/Politikunterricht, in einer Deutschstunde (Einheit "Erörterung") oder auch in Vertretungsstunden können die Karten sinnvoll eingesetzt werden.
Update 06.01.2013: Immer, wenn man etwas auf einer Ministeriumswebseite verlinkt, kann man davon ausgehen, dass es spätestens nach zwei Jahren im Internet-Nirvana verschwunden ist. So auch die hier vorgestellten Lernkarten. Es gibt sie aber an vielen Orten im Web noch, zum Beispiel hier bei i-punkt.de (Direktlink aufs PDF-File).
Update 19.05.2013: Sehr gut ist auch einbuergerungstest-mobile.de , wo die Fragen interaktiv durchgespielt werden können.
Einbürgerungstest - aktuelles Hintergrundwissen
Seit dem 1. September 2008 müssen Ausländer in Deutschland zur Einbürgerung einen bundeseinheitlichen Einbürgerungstest bestehen. Die Modalitäten des Tests regelt die Einbürgerungstestverordnung (PDF). Hier ist nachzulesen, dass innerhalb von 60 Minuten aus dem Fragenkatalog 33 Fragen beantwortet werden müssen (Single-Choice: 1 aus 4). Bestanden hat, wer mindestens 17 Richtige hat. Für die Teilnahme am Test werden 25 Euro Gebühren fällig. Der Test kann beliebig oft wiederholt werden.
Fragenkatalog/Anzahl der Fragen
Der Fragenkatalog besteht aus zwei Teilen:
- 300 allgemeine Fragen (Teil I) aus den Themenfeldern “Leben in der Demokratie”, “Geschichte und Verantwortung” und “Mensch und Gesellschaft”;
- 10 landesbezogene Fragen (Teil II), die nur für das jeweilige Bundesland zu beantworten sind.
Das Bundesministerium des Innern hat alle Fragen als PDF-Files veröffentlicht, inzwischen aber irgendwohin verschwinden lassen, deshalb hier ein Alternativlink: Einbürgerungstest: Alle 300 bundeseinheitlichen Fragen als Lernkarten (PDF). Den Musterfragebogen zum Einbürgerungstest gibt es immer noch online. Dort findet man auch die bundeslandspezifischen Fragen, jeweils als Nummer 301 bis 310; als Lernkarten sind die aktuell nicht mehr auffindbar. Die Lösungen für den allgemeinen Teil finden sich am Ende der Lernkartei (s.u.) oder z.B. unter rotofo.de; zum Üben gibt es auch eine Lernsoftware zum Üben der Fragen, die wir allerdings nicht getestet haben.
Unterrichtsvorschläge zur Verwendung der Lernkarten/Fragenkataloge
Für die Fachbereiche Geschichte/Politik/Gemeinschaftskunde usw. eignet sich eine genauere Besprechung des Einbürgerungstests sehr, da zu den Aufgaben dieser Fachbereiche die Erziehung unserer Jugend zu mündigen, verantwortungsvollen und politisch mündigen Bürger/inne/n gehört.
Bei der Arbeit mit den Einbürgerungsfragen wird man sich schnell mit Aspekten des Tests beschäftigen müssen, die über den inhaltlichen Bereich hinausgehen, denn der Einbürgerungstest testet ja auch en passant die Bereitschaft, sich mit dem politischen System auseinanderzusetzen, Sprachkenntnisse und das Vorhandensein eines Mindestmaßes an Intelligenz. Dieses Thema kann auch als Grundlage zum Üben erörternd-abwägenden Denkens genutzt werden (s.u. “Erörterung”).
Fragenkataloge zu den einzelnen Bundesländern
Diese bundeslandspezifischen (jeweils zehn) Fragen sind in der Lernkartei der lpb nicht vorhanden. Man kann sie jedoch von der besagten Übersichtsseite des BMI herunterladen und mal kurz mit der Klasse durchspielen. Jeder Fragenkatalog besteht aus vier Seiten, die auf zwei Seiten pro Druckseite verkleinert werden können.
Obwohl die Fragen recht einfach sind, werden sicher viele SchülerInnen nicht alle Fragen beantworten können. Anhand der häufigsten falschen Antworten kann die Frage diskutiert werden, aus welchen Gründen eine Einbürgerungsperson eine Antwort auf die Fragen wissen sollte. Damit gerät man schnell in die oben erwähnten einbürgerungsphilosophischen Gefilde.
Lernkarten der lpb (Fragenkatalog Teil I) im Unterricht
Die Lernkarten (pdf) können unkompliziert ausgedruckt und (effizient: mit einem Papierschneidegerät) ausgeschnitten werden. Sie sind (entsprechend dem Fragenkatalog) in drei Themenbereiche eingeteilt:
- Politik in der Demokratie (gelb)
- Geschichte und Verantwortung (blau)
- Mensch und Gesellschaft (grün)
Damit könnte man im Unterricht Folgendes anstellen:
Unterrichtsvorschlag: Ziele des Einbürgerungstests
Einstieg/Leitfrage
Lehrperson schreibt “unangekündigter Vokabeltest” an die Tafel. Im Plenum wird diskutiert, aus welchen Gründen LehrerInnen Vokabeltests schreiben. Denkbare Ergebnisse: SchülerInnen zum Lernen zwingen, Kontrolle, Bestrafung usw.
Lehrperson schreibt “Einbürgerungstest” an die Tafel (grobes Hintergrundwissen sollte vorher behandelt oder in einem kurzen LehrerInnenvortrag erwähnt worden sein, s.o.). Frage an die SchülerInnen: Aus welchen Gründen müssen ausländische Personen, die eingebürgert werden wollen, diesen Test machen? Welche Ziele verfolgt die Regierung damit? Nachdem die Schüler/innen einige spontane Antworten gegeben haben, beschließt die Lehrperson, das anhand der originalen Einbürgerungsfragen zu überprüfen.
Einbürgerungstest in der Klasse durchführen
Jede/r Schüler/in bekommt entsprechend der Original Einbürgerungsdurchführung 30 Karten (vorher gut mischen!). Pro 10 SchülerInnen benötigt man also einen kompletten 300er-Satz der Karten. Die SchülerInnen kreuzen die (vermeintlich) richtigen Antworten auf den Karten an. Danach zeigt die LehrerIn die Lösungen auf Folie (letzte Seite der Lernkarten-pdf-Datei); die SchülerInnen korrigieren den Stapel der NebensitzerInnen und ermitteln die korrekte Punktzahl.
Es ist zu erwarten, dass die meisten SchülerInnen den Test (16 richtig von 30) bestehen werden.
Diskussion: sinnlose Fragen/Tafelbild “Ziele des Einbürgerungstests”
Gerade die SchülerInnen mit wenig Punkten werden vehement den Sinn vieler Fragen anzweifeln (“Warum sollte ich wissen, wer der erste Bundeskanzler der BRD war? Wie oft das Europäische Parlament gewählt wird?”). Außerdem nennen die SchülerInnen andere Fragen, die der allgemeinen Erheiterung dienen (“Was ist ein deutsches Gesetz? * Man darf auf der Straße nicht rauchen./ * Frauen müssen Röcke tragen./ * Man darf Kinder nicht schlagen./ * Frauen dürfen keinen Alkohol trinken.”).
Am den genannten Beispielen wird diskutiert, aus welchen Gründen diese Fragen in den Einbürgerungstest gelangten. Darauf aufbauend kann diskutiert werden, welchen Zielen der Einbürgerungstest dient. Mögliche Ergebnisse (Tafelbild als Liste): Es sollen die nicht eingebürgert werden, die analphabetisch oder von minderer Intelligenz sind, die zu wenig (Grund-)Kenntnisse über die deutsche Kultur und Geschichte haben, um sich schneller/besser/? zu integrieren, die völlig falsche Erwartungen an Deutschland stellen usw. usf.
Abschlussdiskussion
Zum Abschluss wird per Abstimmung eruiert, wer den Einbürgerungstest für sinnvoll oder überflüssig hält.
Weitere Unterrichtsschritte im Rahmen einer Einheit “Erörterung”
Da zu diesem Themen die meisten SchülerInnen eine deutliche Meinung haben und entsprechend zur Äußerung motiviert sind, sollte man (nur dieses eine Mal) auf eine stumpfsinnige Pro-Kontra-Argumente-Sammlerei verzichten, sondern die SchülerInnen einen dreiminütigen Kurzvortrag/Rede zum Thema vorbereiten lassen, in dem sie ihre Meinung überzeugend darlegen. Der Vortrag muss so ausgearbeitet sein, dass er wiederholt werden kann.
Die Vorträge werden von den SchülerInnen auf ihre Überzeugungskraft hin untersucht. Dazu wird ein Vortrag gehalten, sofort anschließend tauschen sich die SchülerInnen in Gruppen darüber aus; anschließend wird der Vortrag noch einmal gehört, worauf die SchülerInnen sich inhaltliche Stärken und Schwächen des Vortrags notieren und diesen mit einer Note bewerten. In der Besprechung kommen auch die klassischen Kategorien der Erörterung zur Sprache (Güte der Argumente/des Argumentationsganges, Plausibilität, Glaubwürdigkeit usw.).
Zum Abschluss der Einheit verfassen die SchülerInnen einen Erörterungsaufsatz in Form eines Streitgesprächs zwischen einer Bundesverwaltungsbeamtin (Befürworterin des Einbürgerungstests) und einem Einzubürgernden, der keinen Sinn darin sieht, die Fragen zu lernen.