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Schulbücher

Lehrer müssen Schulbücher nicht selbst bezahlen 23.08.2006, 14:26

Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Münster müssen Lehrer in NRW erst mal nicht mehr für die Kosten ihrer Schulbücher aufkommen.

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  • (geändert: )

Der Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts besagt, dass LehrerInnen in NRW für den Unterricht benötigte Schulbücher vorerst nicht selbst finanzieren müssen. Das Urteil wurde u.a. damit begründet, dass Schulbuchverlage zunehmend keine Freiexemplare für Lehrer mehr zur Verfügung stellen (Pressemeldung vom 18.08.2006 weiter unten auf dieser Seite).

Für mich (Baden-Württemberg) hat sich das Problem so noch nicht gezeigt, da in der Regel immer ein Buch aus dem Klassensatz abgezweigt werden konnte. Lektüren und Unterrichtshilfen (Lehrerbände, themenbezogene Unterrichtsmaterialien) kaufe ich selbst: Die 3-6 Euro für eine Lektüre kann ich mir hin und wieder durchaus leisten, zusätzliche Unterrichtsmaterialien muss ich nicht kaufen, sie sparen mir aber Zeit. Und Zeit ist Geld. Nimmt mir ein Lehrerband (z.B. 25,- Euro) die Unterrichtsvorbereitung von 6 Stunden ab, hat er sich schon gelohnt.

Spannend ist nun die Reaktion der betroffenen Lehrpersonen in NRW: In vielen Fällen wird der Aufwand, buchlos zu unterrichten, die Schmerzen der Anschaffungskosten überwiegen. Aus Trotz unvorbereitet in den Unterricht zu gehen würde niemandem schaden außer den unschuldigen SchülerInnen: Auf den Sack schlägt man, den Esel meint man.

Das Problem ähnelt der Diskussion um die steuerliche Absetzbarkeit der Lehrerarbeitszimmer. Hier wird gerne so argumentiert: Der Staat bezahlt mir mein Arbeitszimmer nicht mehr - d.h. mein Arbeitgeber stellt mir keinen Arbeitsplatz zur Verfügung, also arbeite ich auch nichts mehr. Und wieder das Sack-Esel-Problem.



Pressemeldung des Justizministeriums NRW vom 18.08.2006 (Hervorhebungen Lehrerfreund)

Ein Lehrer darf nicht verpflichtet werden, die für den Unterricht benötigten Schulbücher selbst zu finanzieren. Dies hat das Verwaltungsgericht Münster durch Eilbeschluss vom 16. August 2006 entschieden.

Lehrer sehen sich in jüngster Zeit mit der Tatsache konfrontiert, dass Schulbuchverlage nicht mehr wie früher kostenlose Lehrerexemplare zur Verfügung stellen. Ein Englischlehrer an einer Schule in Olfen weigerte sich, die notwendigen Lehrmaterialien nunmehr aus seinem Einkommen zu finanzieren. Seine Bemühungen, die Arbeitsmittel von der Schule gestellt zu bekommen, blieben erfolglos. Schließlich wies ihn die Bezirksregierung Münster per Verfügung an, sich die erforderlichen Englisch-Lehrbücher rechtzeitig zum Schuljahresbeginn 2006 zu beschaffen. [...] Die Bezirksregierung vertrat nach Absprache mit dem Ministerium die Auffassung, es gehöre zum traditionellen Berufsbild des Lehrers, Teile seiner Vergütung für die Beschaffung von Schulbüchern für den von ihm zu verantwortenden Unterricht einzusetzen.

Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag des Lehrers statt, der Verpflichtung zur Beschaffung der Bücher vorläufig (bis zu einer Entscheidung über seine inzwischen erhobene Klage) nicht nachkommen zu müssen. Die angegriffene Verfügung sei offensichtlich rechtswidrig. Der Behörde fehle die Rechtsgrundlage für eine solche Verfügung, die in die Grundrechte des Lehrers eingreife. Die Lehrerbesoldung sei entgegen der Ansicht der Bezirksregierung nicht in Teilen zur Beschaffung von Arbeitsmitteln bestimmt. Es sei auch keine Regelung ersichtlich, die die Behörde ermächtige, Lehrer zu verpflichten, sich Unterrichtsmaterialien selbst zu kaufen. Bestehende Regelungen legten eher den Schluss nahe, die Beschaffung von Lehrmitteln sei nicht Aufgabe des Lehrers. Auch den Versuch der Bezirksregierung, eine entsprechende Verpflichtung aus Gewohnheitsrecht abzuleiten, wiesen die Richter der 4. Kammer zurück. Schon die hierfür erforderliche langjährige Übung, dass die Lehrer die erforderlichen Schulbücher selbst finanzierten, gebe es nicht. Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang unter anderem darauf, dass erst seit jüngster Zeit Schulbuchverlage und Schulbuchhändler mit Rücksicht auf die Buchpreisbindung dazu übergegangen seien, kostenlose Lehrerexemplare nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zur Verfügung zu stellen.

Az: 4 L 471/06 (nicht rechtskräftig)

NRW-Justizportal 18.08.2006: Verwaltungsgericht Münster: Schulbücher: Lehrer muss nicht selbst zahlen, Hervorhebungen Lehrerfreund

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Kommentare

3

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  • #1

    Hallo alle!

    Ich habe tatsächlich den Eindruck, dass der Staat Lehrer sehr stiefmütterlich behandelt. Mich würde mal interessieren: Weiß jemand, seit wann das so läuft? Früher waren Lehrer doch angeblich die Dorflieblinge, und man brachte ihnen Käse und Wurst in ihre kleine, geheizte, gemütliche Wohnung im Hinterraum der Kirche.

    Grüße
    Ein Fast-Schon-Lehrer

    schrieb Referendar am

  • #2

    Es ist schon richtig, dass Unterricht, indem nur die Schüler, nicht aber der Lehrer über das Lehrbuch verfügen zu Lasten der Schüler geht. Insofern trifft der Sack-Esel-Vergleich schon zu.

    Aber es gibt noch eine andere Weisheit, die besagt, dass das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist. Ähnlich wie bei den Ärzten, die für die letzten Jahre einen Einkommensrückgang von ca. 30 % kalkuliert haben, stehen auch die Lehrer da. Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld komplett gestrichen. Arbeitszeit durch verpflichtende Altersteilzeitkonten erhöht. Arbeitszeit durch immer mehr Zusatztätigkeiten erhöht. Leistungen der Beihilfe eingeschränkt. Entgeld unterhalb der Inflationsrate erhöht. Pensionsleistungen gekürzt, so dass schon heute mehr Geld für das Alter zurückgelegt werden muss. Und nun auch noch Lehrmaterial komplett selbst bezahlen sowie die kompletten Kosten für das Arbeitszimmer selbst tragen.

    Irgentwann sind zumindest junge Lehrer, die kein Geld von ihren Eltern erhalten haben oder noch erben werden an ihre finanziellen Grenzen gestoßen. Irgentwann kann man auch nicht mehr an der Miete sparen, wenn man nicht in sozialen Brennpunkten leben mag. So mancher lebt mit seinem Partner zusammen und kommt ohne murren für dessen Lebenshaltungskosten mit auf, da dieser nunmehr mit ihr/ ihm zusammen in einer Bedarfsgemeinschaft lebt. Die Lebenshaltungskosten sind im übrigen nach Einführung des Teuros erheblich gestiegen, so dass so mancher Junglehrer aus unbegütertem Hause hauptsächlich die Schoppingfreuden bei Aldi, manchmal aber auch bei Lidl genießen darf.

    Wenn also der Staat aus dem Gewohnheitsrecht die Pflicht der Lehrer ableiten möchte, dass wir auch unsere Arbeitsmittel selbst bezahlen sollen, dann mag er aus der selben Rechtsquelle heraus unsere finanzielle Situation in den alten Stand zurückversetzen.

    Man muss sich auch einmal fragen, weshalb die Lehrer die einzigen Staatsdiener sein sollen, die sowohl ihre Arbeitsmittel als auch ihr Büro komplett selbst finanzieren sollen. Der Richter hat doch neben dem Gerichtssaal (wie wir das Klassenzimmer) auch noch sein Richterzimmer. Der Finanzbeamte könnte doch auch morgens Anträge im Amt entgegen nehmen und Nachmittags zuhause auf dem eigenen Computer mit selbst bezahlter Software, genauso wie die Lehrer auch, bearbeiten. Der Richter könnte sich doch genauso seine Gesetzesquellen wie wir unsere Bücher selbst kaufen.

    Es ist mir weiterhin unbegreiflich, warum die Lehrer als Endverbraucher behandelt werden, wenn sie sich Schulbücher, Akten, Stifte, Folien, Drucker, Papier, Ordner, Computer etc. für den dienstlichen Gebrauch kaufen. Jede andere Berufsgruppe muss diese Kosten gar nicht tragen oder kann sich zumindest die Mehrwertsteuer, wenn man denn als Selbstständiger geführt wird, wiederholen. Nur die bösen Lehrer, die wenn sie auf diese Schieflage hinweisen, gleich gescholten werden, dass dies ja die unschuldigen Schüler träfe, die müssen sämptliche Kosten incl. der Mehrwertsteuer, die eigentlich nur der Endverbraucher, tragen muss, alleine tragen.

    schrieb Gerechtigkeit am

  • #3

    Das Sack-Esel-Problem trifft so ziemlich auf alle kleinen Fiesheiten zu, mit denen Lehrer in der letzten Zeit traktiert wurden, und offensichtlich rechnet die Politik mit unserem Berufsethos und kalkuliert es in ihre zahlreichen und einseitigen Sparmaßnahmen mit ein.
    Ich meine jedoch, trotzdem oder gerade deswegen sollten wir auf die einzige echte Protestmöglichkeit, die uns bleibt, nicht so einfach verzichten. Vielleicht merken die politisch Verantwortlichen dann endlich, dass man dem Esel, dem man beständig mehr Lasten aufbürdet, nicht ebenso beständig das Futter kürzen kann, und erkennen, dass nicht nur Ärzte sich wirkungsvoll und bisweilen mit wenig Skrupeln wehren können.

    schrieb Deiotarus am

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