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Klimaprotest

Teachers for Future - Interview 17.12.2022, 09:45

Logo von Teachers for Future auf Umweltkatastrophe
Bild: Teachers for Future Germany e.V. / Nightcafe Studio

Der Klimaprotest ist nun auch in den Lehrerzimmern Deutschlands angekommen. Besondere Aufmerksamkeit erregt Teachers for Future derzeit durch eine Solidaritätsaktion mit der »Letzten Generation«, die für zahlreiche Klebe-Proteste verantwortlich zeichnet. Interview mit der 2. Vorsitzenden Inga Feuser.

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Inga Feuser, Portrait 2022 Inga Feuser ist Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Religion an einem Gymnasium im Kölner Raum und Mutter von zwei Kindern. Seit 2019 ist sie als Aktivistin für Klimagerechtigkeit aktiv und hat sich dafür gerade ein Sabbatjahr genommen. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern von Teachers for Future Germany e.V. und ist seit 2022 die 2. Vorsitzende des Vereins. Bild: Inga Feuser

Der Lehrerfreund: Geben Sie uns kurz einen Überblick: Wer ist Teachers for Future?
Inga Feuser/Teachers for Future:
Teachers for Future Germany e.V. ist 2019 aus der For-Future-Bewegung entstanden und ist inzwischen ein eingetragener, gemeinnütziger Verein. Wir haben 2022 mit 7 Gründungsmitgliedern angefangen, inzwischen sind wir fast 70. Aber man darf auch bei uns mitmachen, ohne Vereinsmitglied zu sein. Insgesamt sind zwischen 150 bis 200 Menschen als Teachers for Future aktiv. Anlass unserer Gründung war es, Fridays For Future zu unterstützen und uns hinter die Schüler/innen zu stellen. Explizit wollten wir auch sagen: Wir als Lehrer/innen finden das Mittel des Schulstreiks der Situation angemessen. Inzwischen ist viel passiert - aber in Bezug auf die drohende Klimakatastrophe viel zu wenig. 

Der Lehrerfreund: Sind nur Lehrer/innen Mitglieder? Kann/darf/sollte man auch als Nicht-Lehrer/in Mitglied werden?
Inga Feuser/Teachers for Future:
Mitglied kann theoretisch jeder werden, sinnvoll ist es aber vor allem für Menschen, die irgendwie im Bildungsbereich aktiv sind. Wer das nicht ist, uns aber trotzdem unterstützen möchte, kann z.B. aber auch Fördermitglied werden. 

Wir finden das Mittel des Schulstreiks der Situation angemessen.

Der Lehrerfreund: Welche Ziele hat der Verein?
Inga Feuser/Teachers for Future:
Unsere Vereinsarbeit hat zwei Säulen: Einerseits demonstrieren wir gemeinsam mit den anderen Gruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens. Wir wollen die Stimme der jungen Menschen, die uns in der Schule ja quasi anvertraut sind, verstärken und an ihrer Seite für Generationengerechtigkeit kämpfen.  Auch wenn die 1,5 Grad Grenze nicht mehr einhaltbar ist - unter 2 Grad zu bleiben ist möglich. Noch. Andererseits fokussieren wir uns darauf, dass gerade die Bildung, genauer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), bei der Transformation zu einer nachhaltigen, fossilfreien Gesellschaft eine wichtige Rolle spielt. Deshalb versuchen wir, unsere Bildungs- und Schulsystem zu transformieren. Wir wollen unsere Schulen zu Orten gelebter Nachhaltigkeit machen und im Unterricht Jugendliche befähigen und ermutigen, ihre Gesellschaft zu transformieren. Viele Kolleg/innen machen schon gelungene BNE-Projekte. Aber wir brauchen viel bessere Rahmenbedingungen. Deshalb haben wir Kontakt zur Bildungsadministration und in die Politik aufgenommen und wollen dort auch Veränderung von oben bewirken.  

Der Lehrerfreund: Was unternimmt Teachers for Future konkret? Gibt es Aktionen, Aktivitäten …?
Inga Feuser/Teachers for Future: Ein großes Projekt war die große Tour „17/17 – Auf dem Weg zur Schule der Zukunft“. Unsere Vorstandsmitglieder Nora und Timo haben 16 Schulen in 16 Bundesländern besucht. Jede dieser Schulen hat während des Besuchs ein Projekt zu einem der 17 Sustainable Development Goals durchgeführt. Die 17. Station war dann das BMBF. Es gibt ein spannendes Video zu der Reise (Startseite von teachersforfuture.org; Alternativlink bei YouTube) Außerdem bieten wir Workshops und Fortbildungen an, die die Kolleg/innen empowern sollen, transformative BNE zu machen.  

Und wir mischen uns politisch ein und sprechen (Bildungs-)Politiker/innen immer wieder darauf an, was sich ändern muss. Wir veranstalten Podiumsdiskussionen mit Vertreter/innen aus den Ministerien und der Politik, zum Beispiel in BaWü und NRW. Eine unserer ersten Kampagnen war das Diensteid-Dilemma: ein offener Brief, in dem wir uns an die Kultusministerien gewandt haben um deutlich zu machen, wie schwer wir uns damit tun, Staatsdiener/innen zu sein in einem Land, in dem die eigene Regierung gegen das Grundgesetz verstößt (Artikel 20a). Daraus ist zum Beispiel ein Treffen mit Theresa Schopper, der baden-württembergischen Kultusministerin entstanden. 

Aktuell planen wir in Kooperation mit dem Forum Schule der Nationalen Plattform BNE eine große bundesweite Lehrer/innen-Tagung zu der Fragestellung, wie die Klimakrise die Rolle von Lehrkräften verändert. Die wird nächstes Jahr im September stattfinden. 

Der Lehrerfreund: Jüngst hat Teachers for Future Germany e.V. unter dem Label „Klimaschutz ist kein Verbrechen" eine Solidaritätsbekundung mit der Letzten Generation gestartet, die in wenigen Tagen von mehr als 400 Lehrer/innen und Bildungsakteur/innen unterzeichnet wurde. Wahrscheinlich gibt es Lehrer/innen, die gerne unterzeichnen würden, sich aber nicht trauen, weil sie das als Beamt/innen für riskant halten.
Inga Feuser/Teachers for Future:
Ja, das kriegen wir immer wieder zu hören und es erschreckt uns, unter welchem Druck sich viele Kolleg/innen fühlen. Das zeigt doch, dass irgendetwas in unserem Schulsystem nicht in Ordnung ist, wenn Lehrer/innen Angst haben, öffentlich ihre Meinung zu sagen. Das Recht auf Meinungsfreiheit gilt doch grundsätzlich auch für Beamt/innen. Wir haben unseren Eid auf das Grundgesetz geleistet und sind der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und ihren Werten verpflichtet.

Natürlich fordern wir niemanden auf, sich der Letzten Generation anzuschließen, schon gar nicht unsere Schüler/innen. Aber die Kriminalisierung der Aktivist/innen der Letzten Generation finden wir sehr bedenklich und demokratiegefährdend. Deshalb sprechen wir uns dagegen aus. Hier sind verzweifelte junge Menschen, die um den Erhalt ihrer Lebensgrundlagen kämpfen, während die Regierung diese verspielt. Wir hoffen auf viel Unterstützung dafür, unterschreiben kann jede/r, der/die im Bildungsbereich arbeitet unter teachersforfuture.org/aktivitaeten/klimaschutz-ist-kein-verbrechen. Wir glauben, mehr als ggf. eine mahnende E-Mail eines konservativen Schulleiters kann nicht passieren. 

Die Kriminalisierung der Aktivist/innen der Letzten Generation finden wir demokratiegefährdend.

Der Lehrerfreund: Was könnte die Schule aus Sicht des Teachers for Future-Vereins besser machen?
Inga Feuser/Teachers for Future:
So viel – aber dafür brauchen wir Lehrer/innen bessere Rahmenbedingungen von oben: weniger Druck, weniger Leistungsüberprüfung, mehr Zeit, mehr Freiräume. All das ist nicht neu. Aber das Wichtigste ist, dass die Schule anerkennt, dass die Klimakrise so allumfassend ist, dass sie sich einer Auseinandersetzung mit ihr nicht entziehen kann. Wie überall muss auch in der Schule erstmal anerkannt werden, dass das „buisness as usual“ nicht weiter gehen kann. Und dann sollten wir zusehen, dass unsere Schulen zu gelebten Utopien werden, an denen jungen Menschen zu handeln und dadurch zu hoffen lernen.

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