Schweden
Lehrer-Arbeitsraum in der Schule: Bericht aus Schweden 09.12.2006, 14:45
Bericht einer Lehrerfreundin aus Schweden über Arbeitsplätze in der Schule, Anwesenheitspflichten und freie Wochenenden. Mit einigen Fotos aus einer schwedischen Schule.
Im Dezember 2005 berichteten wir über die Unterschriftenaktion der GEW zur steuerlichen Absetzbarkeit von Lehrer-Arbeitszimmern. In den Kommentaren zu diesem Beitrag wurde u.a. der Sinn oder Unsinn von Lehrerarbeitsplätzen an der Schule diskutiert.
Über diese Diskussion kamen wir in Kontakt mit Cecilie Ballin, die - ursprünglich aus Schleswig-Holstein stammend - seit Sommer 2003 in Schweden unterrichtet. Sie war so nett, uns über den Schulaltag in Schweden zu berichten und einige Bilder zu schicken.
Bericht: Lehrerarbeitsplätze in schwedischen Schulen
Ich bin seit 1,5 Jahren Lehrerin in Schweden (eine 7.-9. Klasse - Schule mit 520 Schülern) und kann nur eins sagen: hier ist vieles besser. Zum Beispiel haben alle Lehrer eines Jahrganges (ca. 12) zusammen ein Arbeitszimmer, jeder einen eigenen Schreibtisch. Also 3 Klassenzimmer - große Räume. Zusätzlich gibt es einen großen allgemeinen Personalraum, wo man NUR über nette Dinge reden soll. Und die Trennung funktioniert!
Man hat ungefähre Anweseheitspflicht von 8 - 16.30 Uhr - dafür aber zu Hause wirklich Feierabend. So gut wie nie Wochenendarbeit!
Und noch nie gab es einen Kommentar wie “Lehrer - bestbezahlter Halbtagsjob”...
Ich finde also eine Forderung: “Lehrerarbeitsplätze an Schulen einrichten” WESENTLICH sinnvoller als “Arbeitszimmer sollten absetzbar sein”. Oder zieht nach Schweden um ...
Hm, ich glaube nicht, dass mit so viel Platzverbrauch etc. zu rechnen ist. In unserem Jahrgangsarbeitsraum (ca. 40qm) haben 14 Lehrer je einen Schreibtisch und ein Bücherregal, völlig ausreichend. Es gibt 2 Computer für die Allgemeinheit, 2-3 Laptops und eine Kollegin hat ihren eigenen Computer. Es gibt einen Laser- und einen Farbdrucker pro Arbeitszimmer, Papier, Stifte… Man muss kein Schulmaterial selbst kaufen (die Schüler auch nicht). Selbstverständlich stellt die Kommune Netzwerkadministratoren, die bei Problemen vorbeikommen. Jeder soll den Job machen, den er am besten kann, es wird also nicht von einem interessierten Informatiklehrer erwartet, dass er für eine Freistunde alle Computer wartet.
Die Kehrseite ist, dass Lehrer weniger verdienen (bei langer Dienstzeit allerhöchstens 2900€ brutto bei 33% Steuern; Lohn ist frei verhandelbar). Dafür werden aber auch Fortbildungen etc. bezahlt. Und wie “Lehrerehepartner” [in den Kommentaren zu diesem Beitrag] schon sagt: nicht alle Lehrer verdienen gut in Deutschland.
Und wie ist das z. B. mit deutschen Finanzbeamten? Die verdienen auch gut und niemand würde auf die Idee kommen, dass sie an einem Schreibtisch von zu Hause aus arbeiten sollen ... Ich finde also wirklich nicht, dass ein geeigneter Arbeitsplatz für Lehrer an Schulen eine unmäßige Forderung ist. ...
Also, es gibt ja durchaus die Möglichkeit, sich seinen eigenen Computer auf den Schreibtisch zu stellen. Es arbeiten ja nicht alle Lehrer gleichzeitig in diesem Raum, weil die Stunden nicht unbedingt parallel liegen und auch unterschiedlich lang sind, es gibt keine Pausenklingel. 2 Leute in unserem Raum sind “Schülerassistenten”, sie arbeiten mit schwierigen Schülern und haben deswegen nicht soviel vor- oder nachzubereiten (trotzdem haben sie einen Schreibtisch). Aber alle anderen machen wirklich da ihre Arbeit! Und das funktioniert.
Zu den Bildern
Die ersten beiden Bilder (1, 2) sind der Arbeitsraum der Lehrer von unserer Jahrgangsstufe 9 (leider ein Jahr alt, deswegen fehlen die neuen Laptops), das dritte (3) von dem “netten” Personalraum, in dem man nicht über Schule reden sollte. Auch der wurde mittlerweile etwas ummöbliert, es gibt jetzt 2 neue Sofaecken. Aber im Prinzip… An den netten Personalraum ist eine Küche und ein kleiner Essraum angeschlossen, da es in Schweden nur Ganztagsschulen gibt. Das Mensaessen (für Schüler umsonst) ist in unserer Schule ausgezeichnet. 2x in der Woche muss man “pädogogisch” Essen, d. h. dann bekommt man das Essen gratis und lebt dafür Esskultur vor. Es gibt noch 2 andere ähnliche Arbeitsräume, einen für die 7. und einen für die 8. Klassen - Lehrer. Außerdem noch drei kleine, in denen teilweise die Spezialpädagogen sitzen.
Schweden: Geld, Personal und Deputat
Insgesamt sind an unserer Gesamtschule (gibt nichts anderes) 7.-9. Klasse für 520 Schüler ca. 75 Leute Personal (2 Bibliothekarinnen, 3 Halbtagskräfte Cafeteria, 5 Küchenkräfte, 2 Rektoren, 2 Hausmeister, 3 Reinmachefrauen, 8 Spezialpädagogen, 5 Schülerassistenten, 2 “Schwedisch als Zweitsprache” - Lehrer, 2 “Freizeitlehrer”, ausgebildete und nicht - ausgebildete Lehrer. Letztere unterrichten genauso wie die ausgebildeten, bekommen aber weniger Geld. Wenn sich ein ausgebildeter Lehrer auf eine Stelle bewirbt, muss dieser genommen werden, ansonsten ist es für Schulen eine Möglichkeit, genug Personal zu haben (der Rektor stellt direkt ein…). Die Schule hat einen eigenen Haushalt und kann z. B. Geld damit verdienen, dass sie Techniksaal und Küchen vermietet, aber auch Lehrerstunden. Ich unterrichte z. B. auch einen Kurs am benachbarten Gymnasium, wofür meine Schule Geld bekommt. Die Schülerassistenten sind oft mit im Unterricht, wodurch die Qualität wesentlich besser wird. Auch werden einige Lehrer für mehr Zeit bezahlt, als sie Stunden unterrichten müssen, sie gehen dann als Zweitlehrer mit in schwierige Klassen. Man muss sich natürlich dran gewöhnen, lohnt sich aber.