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Plagiate

Guttenberg-Umfrage-Ergebnis: Wie reagieren Lehrer/innen auf Plagiate? 03.03.2011, 18:12

Diagrammausschnitt zur Lehrer-Umfrage, wie man auf Plagiate reagiert

Während der Plagiatsaffäre um Guttenberg fragten wir Lehrer/innen, wie sie auf einen ähnlichen Fall, bei dem statt Guttenberg ein Schüler eine Hausarbeit plagiiert hatte, reagieren würden. Die Ergebnisse sind erwartbar: Karl hat von Lehrer/innen für seine Abschreiberei keine Gnade zu erwarten. Viele würden ihm das jedoch nicht persönlich nehmen, sondern ihm nach Zuweisung der Note 6 eine neue Chance geben.

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  • (geändert: )

Im Artikel “Wenn Guttenberg Ihr Schüler wäre - wie würden Sie reagieren?” wurde der Fall eines Schülers skizziert, der in einer Hausarbeit ziemlich umfangreich abgeschrieben hatte, vorsätzliche Täuschung aber kategorisch bestritt. Dazu veröffentlichten wir eine kurze Umfrage mit folgenden Fragen:

Wie reagieren Sie?

  • Er kriegt eine Sechs und ist bei mir unten durch.
  • Er muss die Arbeit überarbeiten.
  • Ich verzeihe Karl. Der ist ganz in Ordnung. Er muss die betroffenen Passagen überarbeiten.
  • Sonstiges: _____

Wie fühlen Sie sich?

  • Ich habe Mitleid mit Karl. Wahrscheinlich hat er wirklich den Überblick über die Quellen verloren.
  • Ich bin verwirrt, da ich nicht weiß, was ich glauben soll.
  • Ich bin stinksauer, dass Karl mir mit solchen Lügen kommt.
  • Sonstiges: ____

An der Umfrage beteiligten sich in der KW 9/2011 n=384 Personen. Die Umfrage war nicht repräsentativ, die Antworten nicht unbedingt ausgewogen (dabei hatten jedoch alle Teilnehmer/innen die Möglichkeit einer eigenen Antwort unter “Sonstiges”).

Die überwältigende Mehrheit reagierte außerordentlich verspannt: 85% meinten, dass sie “stinksauer” wären; 78% hätten ihm eine Sechs dafür gegeben. Interessant ist, dass nur 11% die Arbeit überarbeiten lassen würden (im Gegensatz zu den 85%, die direkt eine Sechs für die freche Lügerei geben würden). Den Ausflüchten Karls (”Überblick über die Quellen verloren”) glaubten lediglich fünf Teilnehmer/innen (= 1.3%).

Diagramm: Antworten auf die Frage 'Wie fühlen Sie sich?'
Diagramm: Antworten auf die Frage 'Wie reagieren Sie?'

Durchaus lesenswert sind auch Antworten, die unter “Sonstiges” eingetragen wurden. Viele Personen gaben eine pädagogisch-professionelle Reaktion an (im Gegensatz zu den polaren Antwortvorgaben “ist bei mir unten durch” bzw. “Ich bin stinksauer”):

Er hat sich falsch verhalten, dafür muss er jetzt geradestehen. Das hat nichts mit Gefühlen zu tun.

Keine Rachegefühle, kein Mitleid. Abhaken. Der Schüler bleibt mir ja erhalten.

Arbeit ist ungenügend, neue Chance, neues Thema, neues Glück

So etwas nehme ich nicht persönlich. Wer von uns ist “ohne Schuld”!

Damit ist der Fall für mich erledigt. Ich hoffe, dass Karl daraus lernt; schließlich ist er noch ein Schüler.

Er kriegt eine Sechs, aber das ist nichts Persönliches. Er ist deshalb nicht bei mir “unten durch”.

Er bekommt eine Sechs und muss die Arbeit wiederholen. Ich werde professionell handeln und seine schlechte Leistung nicht in unsere Beziehungsebene einfließen lassen.

Er bekommt eine Sechs, damit ist die Sache aber erledigt.

Er bekommt eine 6 und bei anderer Gelegenheit noch eine Chance.

Er erhält die 6 und ein ernsthaftes Gespräch. Weiterhin ist er ein ganz normaler Schüler.

Einige Lehrer/innen entwickelten gegenüber Karl jedoch (auch) größere Emotionen, die von Enttäuschung bis Rache reichen:

Karl hat mein Vertrauen verspielt.

Ich bin sauer UND verwirrt, wegen des fehlenden Unrechtsbewusstseins.

Ich bin sauer und sage ihm das auch.

Ich bin enttäuscht.

Den Kerl lasse ich eiskalt runterlaufen, denn er hat nicht zum ersten Mal bschissen.

Er bekommt eine Sechs und muss sich im folgenden anstrengen, um nicht zu unterpunkten.

Ich bin traurig, dass Karl mich über den Tisch ziehen will-

Mir ist es peinlich, dass ich als Prüfer das Plagiat nicht erkannt habe.

Neben der lapidaren Vergabe der Note 6 (bzw. 0 Punkte) wurden mögliche Reaktionen auch differenzierter beschrieben:

Ich zeige ihm die Seiten in Wikipedia und frage ihn, woher die Übereinstimmung kommt. Je nach Reaktion dann die “6”

Ich würde die Eltern von Karl über seinen Täuschungsversuch zu einem persönlichen Gespräch bitten.

Plagiierte Passagen werden wie bei Täuschung nicht gewertet—> 5

Er muss eine weitere Arbeit zu einem neuen Thema anfertigen.

Ein solches Abschreiben wäre mit einer 6 zu bewerten. Er bekäme die Aufforderung, entsprechend dem Auftrag die Arbeit erneut zu bearbeiten.

Die abgeschriebenen Passagen werden nicht gewertet, außerdem gibt es eine Disziplinarkonferenz (meist mit Androhung der Entlassung).

Wegen Täuschungsversuchs eine Verweiskonferenz einberufen. Die plagiierten Passagen streichen und auf dieser Grundlage die Arbeit bewerten.

Ich bin stinksauer und beschließe, meinem Erziehungsauftrag gerecht zu werden. Karl und seine Eltern werden über die Rechtslage (Diebstahl) informiert und mögliche Konsequenzen solchen Handelns aufgezeigt.

Er kriegt eine Sechs und auf einer Klassenkonferenz werden alle Kollegen über den Vorfall informiert. Diese müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben.

Manche konnten sich auch einen direkten Bezug zur Guttenberg-Affäre nicht verkneifen - zur Frage “Wie reagieren Sie?”:

Ich empfehle ihm, in die CDU oder CSU einzutreten.

Ich wähle ihn zum nächsten Bundeskanzler.

Fazit

Da Lehrer/innen tagtäglich mit dem Problem des Täuschens und Plagiierens konfrontiert sind, ist es nicht verwunderlich, dass gerade diese Berufsgruppe eine sehr deutliche Einstellung zum Thema hat. Schön jedoch zu sehen, dass es auch Stimmen gibt, die zu pädagogisch motivierter Mäßigung mahnen. Der Aufruf zur Mäßigung dürfte sich dabei wohl nur auf Schüler/innen beziehen - nicht auf Politiker/innen, die bereits über eine gereifte Persönlichkeit verfügen sollten.

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Kommentare

6

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  • #1

    Ja, richtig, das ist die eine Seite. Die Medien schreiben jemanden genau so schnell hoch, wie sie ihn/sie fallen lassen. Bei Guttenberg ging es in beide Richtungen überdurchschnittlich schnell.

    Aber man sollte bei der Bewertung dieser Vorgänge auch berücksichtigen, wie die Personen damit umgehen, wenn sie mit dem Fehlverhalten konfrontiert werden. In der Regel werden die Vorwürfe mit massiver Dreistigkeit abgestritten. Als Beispiel betrachte man die erste Stellungnahme Guttenbergs zu den Plagiatsvorwürfen (18.02.2011, https://www.youtube.com/watch?v=OpIT_JbmV4Q ). Seine Stirn ist unglaublich. Bei Wulff und Koch-Mehrin war es nicht weniger frech. Das Schavan-Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, doch auch sie ist sich aktuell keines Fehlverhaltens bewusst.

    Politiker sind Leute, die vom Volk gewählt wurden, um es nach bestem Wissen und Gewissen zu vertreten. Wenn sich herausstellt, dass sie einen Fehler begangen haben, ist das etwas anderes, als wenn sich herausstellt, dass sie in heuchlerischer Weise die ganze Welt belügen, nur um ihre Weste weiß zu halten.

    In solchen Fällen ist Mitleid nur selten angebracht.

    schrieb Der Lehrerfreund am

  • #2

    Ich finde Plagiate generell nicht richtig, vor allem nicht, wenn die Regeln klar definiert sind. - Es stört mich allerdings, wenn ein Mensch wegen dieses Fehlverhaltens in Grund und Boden (!) vernichtet wird. Die Menschen sind sehr schnell dabei, jemanden zum Star werden zu lassen; aber ebenso schnell dabei, jemanden fallen zu lassen. Da steckt geile Sensationslust dahinter.
    Ich finde auch, der Mensch fällt überaus schnell Urteile. Wir sollten uns besser darin üben, uns in die Situation eines Menschen hineinzudenken, welche Beweggründe jemand zu seinem Handeln hatte. - Ich meine, man sollte bei Fehlern Chancen einräumen. Erst, wenn sich jemand nicht als lernfähig zeigt, sollte strengstens gehandelt werden.
    Man frage sich: Was ist besser: Einen Fehler bewusst begangen zu haben (aus welchen Beweggründen auch immer!) – oder die geile Sensationslust unserer Zeitgenossen.
    WER NOCH   N I E   EINEN FEHLER BEGANGEN HAT, SOLLTE SICH JETZT MELDEN UND ZUM STAR GEKÜRT WERDEN !!!

    schrieb Renate Forschner am

  • #3

    Zur Zeit bin ich noch Schülerin, daher schockiert mich die Einstellung der Lehrer zutiefst, Plagiate nicht zu tolerieren ist eine Sache (eine wichtige!) aber eine persönliche Ebene einzuschlagen geht gar nicht. Jeder schreibt irgendwann einmal ab, auch wenn es nicht zu rechtfertigen ist, aber als Lehrer sollte man so professionell sein und dem/den Schüler/n erklären, warum geistiger Diebstahl nicht in Ordnung ist und ihm eine neue Chance lassen (egal in welcher Form). Ist es jedoch ein “Wiederholungstäter” können noch andere Sanktionen folgen. Bei dieser Angelegenheit muss man vorsichtig und je nach Situation handeln.

    schrieb Lin am

  • #4

    Sicherlich war Guttenberg ein Blender und wurde maßlos überschätzt. Schuld daran waren nicht nur die Medien die ihn zur Lichtgestalt geschrieben haben sondern auch der Wunsch der Massen zu solch einer Lichtgestallt aufblicken zu dürfen.

    Absolut Verlogen ist jetzt aber die die doppelte Moral derer die nie in ihrem Leben abgeschrieben haben wollen.

    ICH HABE ALS SCHÜLER ABGESCHRIEBEN.

    Muss ich jetzt mein Staatsexamen oder mein Abitur zurückgeben ?

    schrieb Michael am

  • #5

    Interessante Ergebnisse auf jeden Fall :)

    Klar ist das nicht repräsentativ, denke die Umfrage dürfte in einer Zielgruppe mit weniger akademischen Hintergrund deutlich andere Ergebnisse liefern.

    Über die Führungsqualitäten von zu Guttenberg kann man natürlich geteilter Meinung sein. Beliebt war er auf jeden Fall. Allerdings sagen Führungskraft und Präsentationskünste halt noch nichts darüber aus, ob man ein guter Wissenschaftler ist ...

    schrieb Oliver am

  • #6

    Karl-Theodor zu Guttenberg hat sein Ministerium vorbildlich geführt, hat die Reform der Bundeswehr eingeleitet, war den Soldatinnen und Soldaten im fernen Afghanistan immer präsent und hat in seiner Zeit als Minister viel Verständnis für die Bedürfnisse und Bedarfe der Truppe gezeigt.
    Seine Verfehlungen im wissenschaftlichen Bereich sind vorhanden und werden auch nicht beschönigt, im Gegenteil er hat mit seinem Amt dafür gerade stehen müssen.
    Verwerflich ist, dass nun plötzlich Menschen auftauchen, die aus nicht immer lauteren Gründen gegen ihn Front machen und sich dabei so edel und gut vorkommen.
    Als Lehrer lässt sich am Beispiel des Schicksals dieses Mannes verdeutlichen :
    1. Viele Hunde sind des Hasen Tod
    2. Wer nicht stromlinienförmig ist wird niedergewalzt
    3. Recht auf Individualität und Entgegenkommen ist eine Frage der Opportunität.

    schrieb Sartorius am

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