Drogen
Jahrbuch Sucht 2009 veröffentlicht 21.01.2009, 16:28
Das am 20.01.2009 veröffentlichte "Jahrbuch Sucht 2009" zeigt, dass zwischen 10 und 30 Millionen Menschen in Deutschland einer Sucht frönen (Drogen, Glücksspiel usw.). Der Nikotin- und Alkoholkonsum ist weiter rückläufig. Trotzdem saufen und rauchen die Deutschen und ihre Kinder weiterhin überdurchschnittlich viel (Hauptschüler rauchen am meisten von allen Schulformen). Nicht nur das: 1,5 Millionen Deutsche sind medikamentensüchtig.
Gestern (20.01.2009) hat die DHS (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.) das "Jahrbuch Sucht 2009" vorgestellt.
Insgesamt, so schätzt die DHS,sind rund 10 Millionen Deutsche süchtig - nach Drogen, Glücksspiel usw. (Mehrfachabhängigkeiten ausgenommen).
DHS, Pressemitteilung 20.01.2009: Wie süchtig sind die Deutschen? (pdf)
Wesentliche Ursache für viele Süchte: massive Werbung der Hersteller
Als einen wesentlichen Grund für die Süchtigkeit der Gesellschaft sieht die DHS "immer verfeinerte Methoden der Marktforschung und darauf basierende Marketingstrategien, wie z.B. das Neuromarketing [...] Für jede Situation und jede Zielgruppe wird ein passendes Produkt entworfen, jeder Trend auf seine Potenziale abgeklopft: So entsteht ein Bier mit Kaffeegeschmack, weil Cafékultur gerade modern ist; Tabak mit Apfel-, Kirsch und anderen Fruchtaromen, da man damit auch schon Shampoos oder Joghurts verkaufen konnte und außerdem so gut den stinkenden Rauch überdecken kann; Cannabis-Softdrinks, -Bier und - Schnaps, weil das „coolness“ suggeriert [...]". So wurde 2007 in Deutschland 556 Millionen Euro für Alkoholwerbung ausgegeben (mit Sponsoring: > 1 Milliarde Euro). Gerade Jugendliche (als leicht manipulierbare Zielgruppe) stehen im Kreuzfeuer der Werbetreibenden. Solchen Ausgaben seitens der Werbetreibenden "standen im Bundeshalt 2006 6,7 Millionen Euro für suchtpräventive Aufgaben gegenüber. Die finanzielle Relation spricht für sich." (DHS: Werbung beeinflusst Kinder und Jugendliche (pdf).
Welt Online 20.01.2009: Deutsche sind beim Alkoholkonsum Weltspitze
1,5 Millionen Deutsche abhängig von Medikamenten - besonders Frauen betroffen
DHS, Pressemitteiliung 20.01.2009: 'Die Tablette ist wie ein Freund' (pdf)
Zwei Drittel der Arzneimittelabhängigen sind Frauen:
DHS, Pressemitteiliung 20.01.2009: 'Die Tablette ist wie ein Freund' (pdf)
Kritik übt die DHS dabei vor allem an den verschreibenden Ärzten. Aufklärung, Prävention oder die Suche nach alternativen Möglichkeiten stehen für die meisten Ärzte nicht im Vordergrund. Kein Wunder - bei der Verschreibung von Beruhigungsmitteln, Schmerzmitteln und Aufputschern lässt sich die höchste Beratungs-Kosten-Relation erzielen. Wie von anderen pathologischen Süchten ist auch von einer Arzneimittelabhängigkeit kaum alleine loszukommen. "Ambulante Entzugsbehandlungen reichen meist nicht aus, eine stationäre Therapie ist üblicherweise notwendig."
Zahlen
Das folgende Zahlenmaterial ist der DHS-Pressemitteilung Daten, Zahlen und Fakten - Jahrbuch SUCHT 2009 (pdf) entnommen.
Positiv ist hervorzuheben, dass gerade die Zahlen des Alkohol- und Nikotinkonsums rückläufig sind. Die DHS führt das vor allem im Fall des Tabakverbrauchs auf die gesetzliche Werbeverbote und -einschränkungen zurück.
Alkoholverbrauch
Der Alkoholkonsum insgesamt hat in den letzten Jahren abgenommen, allerdings ist eine Zunahme der Extremfälle bei Jugendlichen ("Komasaufen") zu konstatieren. Die Angaben sind reine Liter Alkohol pro Einwohner Deutschlands.
Alkoholverbrauch (reine Liter, je Einwohner) | |||
1990 | 1995 | 2000 | 2007 |
12,1 Liter | 11,1 Liter | 10,5 Liter | 9,9 Liter |
Einnahme aus alkoholbezogenen Steuern
Die Zahlen beziehen sich auf die Steuereinnahmen pro Jahr. Man sollte bei diesen Angaben beachten, dass jeder hier verzeichnete Euro dem Staat es schwerer macht, Werbe- und Abgabebeschränkungen durchzusetzen.
Einnahmen aus alkoholbezogenen Steuern (in Mio. Euro) | ||
1995 | 2000 | 2007 |
3.959 | 3.507 | 3.100 |
Tabakverbrauch: Zigaretten
Die Angaben zeigen, wie viele Zigaretten pro Einwohner pro Jahr in Deutschland verbraucht werden.
Tabakverbrauch (Zigaretten (in Mio.), je Einwohner) | |||
1995 | 2000 | 2005 | 2007 |
135.029 | 139.625 | 95.827 | 91.497 |
Anteil jugendlicher Raucher/innen nach Schulform
Anteil der 11- bis 17-jährigen Raucher/innen nach Schulform | |||
Schulform | Schüler | Schülerinnen | |
Hauptschule | 21,80% | 25,20% | |
Realschule | 19,60% | 20,10% | |
Gymnasium | 11,70% | 15,10% |
Anzahl der Glücksspielsüchtigen
Unterteilt wird in problematische und pathologische Glücksspieler. "Problematischer Glücksspieler" bedeutet, dass bei dieser Person ein Glücksspielverhalten beobachtet werden kann, "das als problematisch betrachtet werden muss und möglicherweise in ein krankhaftes Glücksspielverhalten führen kann." (BZgA: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung untersucht Glücksspielverhalten).
Da die Zahlen unsicher sind, werden drei verschiedene Studienergebnisse angeführt.
Anzahl problematischer und pathologischer Glücksspieler/innen | |||
Bühringer (2007) | Buth & Stöver (2008) | BZgA (2008) | |
problematisch | 149.000 | 340.000 | 225.000 |
pathologisch | 103.000 | 290.000 | 100.000 |