10 Cent pro Abtritt
Alternative Schulkonzepte 1: Klo-Gebühren für Schüler/innen 04.10.2009, 21:40
In zunehmend mehr Schulen kostet der Klo-Gang für Schüler/innen Geld - oft zehn Cent pro Abtritt. Schulleiter/innen, Eltern und Schüler/innen stehen dem Konzept höchst kontrovers gegenüber. Die Kultus- und Schulministerien dürfen von der Geldeintreiberei allerdings nichts mitbekommen.
Wie die Aachener Zeitung online unter dem griffigen Titel Eine Pipi-Maut für angenehmere Toiletten in der Schule zu berichten weiß, haben mehrere Schulen im nordrhein-westfälischen Düren für Schüler/innen eine Gebühr von 10 Cent für den Klogang eingeführt. Wo die Schüler/innen bezahlen, habe sich der Zustand der Toiletten dramatisch verbessert, berichten die betroffenen Schulleiter/innen übereinstimmend. Überhaupt seien Eltern, Schulleiter/innen und Schüler/innen völlig begeistert von dem Konzept - alle halten die Klogebühr für eine gute Idee, so z.B. die Schulleiterin Sigrid Nather:
«Die Atmosphäre ist deutlich angenehmer und sauberer geworden.» Vorher seien die Toiletten in einem bedenklichen Zustand gewesen, und Eltern hätten immer wieder nach einer Lösung gefragt.
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«Generell finden es alle gut. Der Einzelne mag sich vielleicht über die zehn Cent ärgern, aber es nutzt allen», erklärt der stellvertretende Schülersprecher Maurice Ripp.
az-web.de 02.10.2009: Eine Pipi-Maut für angenehmere Toiletten in der Schule
Die Erkenntnisse sind erstaunlich - könnte man doch vermuten, dass unter den zahlenden Schüler/innen auch solche sind, die auf dem stillen Örtchen heimlich Rache für die Gebühr nehmen.
Ganz so eitel scheint die Wonne dann doch nicht zu sein. Eine aufgrund der Schweinegrippe eingeführte Nutzungsgebühr für die Schultoilette wurde in NRW von aufgebrachten Eltern schon innerhalb eines Tages gekippt. Besonders heftig wird die aus der Gebühr entstehende “Zwei-Klassen-Gesellschaft im WC” (sueddeutsche) kritisiert. Wenn nämlich die Schule die Klo-Gebühr nicht pauschal für alle Schüler bei den Eltern eintreibt (und das könnte schwierig werden, wenn sich Eltern einfach weigern und davon ausgehen, dass die Schule nunmal funktionierende Toiletten kostenfrei anzubieten hätte), dann teilt sich die Schülerschaft plötzlich in zwei Klassen:
Kinder, deren Eltern die Gebühr zahlen, dürfen auf die sauberen, allzeit beaufsichtigten Toiletten, wo eine vom Geld der Eltern finanzierte 400-Euro-Kraft den ganzen Tag über für blitzende Waschbecken sorgt. Schüler, die den Betrag dagegen nicht aufbringen können oder wollen, müssen zum Pinkeln nach nebenan, auf die schäbigeren, verdreckten Klos, für deren Reinigung die klammen Kommunen zuständig sind.
sueddeutsche.de 24.09.2009: Kleine Geschäfte, große Geschäfte
Wer eine unbekannte Gaststätte hinsichtlich ihres Hygieneniveaus beurteilen möchte, der soll - so rät man sich in Provinzen des Schwabenlands und Norddeutschlands - zuerst auf die Toilette gehen. Von ihrem Zustand könne auf den Zustand der Küche geschlossen werden. Kein Wunder also, dass die Kultus- und Schulministerien die Praxis der Toilettengebühr einzudämmen versuchen. Denn sie zeigt, dass den öffentlichen Schulträgern das Geld fehlt, die Toiletten an Schulen sauber zu halten - und dass der schlechte Zustand der Toiletten vielleicht nur die Spitze des Eisbergs darstellt.