Schwarze Pädagogik
Mechanische Strafarbeiten 06.07.2024, 18:40
Ein kurzer Blick auf sogenannte »mechanische Strafarbeiten«, bei denen sinnlos immer wieder der gleiche Satz abgeschrieben wird.
Strafarbeit - Definition
Wer kann es besser erklären als Wikipedia?
Als Strafarbeit gilt eine im Rahmen einer pädagogischen Maßnahme erteilte schriftliche Aufgabe, die eine erzieherische Konsequenz darstellen soll. Die Brüder Grimm erläutern den Begriff in ihrem Deutschen Wörterbuch mit den Worten, Strafarbeit sei eine „‘kleinere, zur strafe verhängte arbeitsleistung’ … so in heer und schule … dazu sehr häufig in schriftlicher form;“
Grundsätzlich gilt das Verhängen von »Strafen« als der Schwarzen Pädagogik zugehörig, denn Strafen sind in Erziehungskontexten als demotivierende Maßnahmen auf Grundlage einer behavioristischen Weltsicht zu verstehen [alleine für den Nominalstil dieses Satzes sollte man sofort eine Strafarbeit verhängen …]. Deshalb werden Strafarbeiten heute meist im pädagogischen Mäntelchen verkauft - die Schüler/innen schreiben Reflexionsaufsätze über ihr Verhalten, über Unterricht oder über soziale Normen des Zusammenlebens.
Mehr dazu beim halbtagsblog: Besinnungsaufsatz vs. Strafarbeit2
Mechanische Strafarbeiten vs. Besinnungsaufsatz
Der Gipfel Schwarzer Pädagogik ist die sogenannte »mechanische« Strafarbeit, quasi die direkte Vorstufe zur körperlichen Züchtigung. Es wird der immer gleiche Satz mehrfach abgeschrieben. Die Strafarbeit dient ausschließlich dazu, die Delinquenti/in zu bestrafen und - so die Hoffnung - Einsicht und Besserung zu erwirken. Ein schönes Beispiel:
Quelle: Wikimedia Commons »Strafarbeit1 Berlin SlgKiJu.jpg« (Public Domain)
Mechanische Strafarbeiten sind weitgehend ausgestorben. Zum Glück. Denn Schwarze Pädagogik widerspricht vollständig einem humanistischen, aufgeklärten Weltbild. Trotzdem üben mechanische Strafarbeiten eine gruselige Faszination aus. Der Künstler Klaus Illi bspw. hat einige Schwäbisch-Strafarbeiten-Varianten angefertigt, wo »Ich darf nicht schwäbisch sprechen.« oder »Ich darf nicht Schwäbisch reden.« als Siebdrucke realisiert wurden (zu besichtigen hier: Klaus Illi: Schwäbische Strafen).
Der Besinnungsaufsatz hingegen gibt der Delinquent/in vorgeblich Spielräume, sich gedanklich mit dem Thema auseinanderzusetzen und so ein besserer Mensch zu werden:
Quelle: Wikimedia Commons: Strafarbeit2 Berlin SlgKiJu.jpg (Public Domain)
Hat natürlich auch ein bisschen was von einer Gehirnwäsche. Aber immerhin hätte die Schüler/in zumindest theoretisch die Möglichkeit, sich als Freigeist zu geben und das System schulischer Disziplinierung in Frage zu stellen.