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Keine faulen Säcke mehr

Lehrermangel: Politikerversagen verbessert Lehrer-Image 24.02.2009, 13:55

Als Nebeneffekt der immer heißer werdenden Diskussion um den Lehrermangel verbessert sich das Lehrer-Image von Tag zu Tag. Denn durch vollkommen absurde Aktionen ("Alles einstellen, was nicht bei 'drei' auf den Bäumen ist.") zeigen Bildungspolitiker/innen der Öffentlichkeit, dass sie selbst für die Defizite unseres Bildungssystems verantwortlich sind. Die Ausrede "faule Säcke" zieht nicht mehr.

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  • (geändert: )

Der immer dramatischer werdende Lehrermangel in Deutschland führt zu teilweise abstrusen Reaktionen seitens der Politik (wir berichteten: Lehrermangel - Maßnahmen der Landesregierungen im Überblick). Kein Tag vergeht, an dem sich nicht ein/e Politiker/in in Bildungsfragen lächerlich macht. Aktuell steht Niedersachsens Kultusministerin Heister-Neumann (CDU) am Pranger, da sie die aktuellen Referendar/innen (die man doch so dringend braucht!) in die Pfanne hauen will:

Statt im Oktober soll er [ein Referendar] schon bis August fertig werden - und sofort helfen, den akuten Lehrerbedarf des Landes zu stillen. [...] Doch im Erlass vom 12. Februar heißt es weiter: “Aus laufbahnrechtlichen Gründen” ende die Referendarzeit weiterhin erst am 31. Oktober. Der Status als Referendar und die Bezüge blieben demnach “unberührt”. Sie würden als vollwertige Lehrer eingesetzt, blieben aber schlecht bezahlte Aushilfskräfte.

Spiegel Online 24.02.2009: Lehrermangel in Niedersachsen - Wulffs Problem-Ministerin vergrätzt Referendare

Warum, um Gottes Willen, will sie sie bei unterirdischen Bezügen (deutlich unter 1000 Euro/Monat) voll arbeiten lassen und nicht anständig bezahlen? Offensichtlich ist ihr nicht klar, dass auf dem Lehrerakquirierungsportal Baden-Württembergs drei Klicks genügen, und die Leute sind weg. Sei’s drum - Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) wird die Verblendete demnächst opfern müssen, denn auch die (ursprünglich von ihm vertretene) Idee des “freiwilligen Verzichts” auf Teilzeit kommt im Volk nicht gut an. Da helfen auch nicht verzweifelte Hinweise auf der Homepage der Ministerin (Screenshot).

Auch Bundesbildungsministern Annette Schavan (CDU) erheitert Volk und Medien: Nach der Veröffentlichung einer Studie von Ludger Wößmann, aus der hervorgeht, dass Lehrer/innen im Schnitt nur ein mittelmäßiges Abitur haben, hat Schavan vorgeschlagen, dass Unternehmen ihre Top-Mitarbeiter für Schulunterricht freistellen sollten. Dass solche (zeitlich befristeten) Quereinsteiger/innen keinerlei didaktisch-pädagogische Ausbildung haben, stört Schavan nicht weiter. Die stellvertretende Vorsitzende der GEW hält das für einen “‘Karnevalsscherz’” (mehr: Spiegel Online).

Was hat das alles mit der Aufwertung des Lehrer-Images zu tun?

In der FAZ mutmaßt Inge Kloepfer, dass auf Grund der hohen Nachfrage nach Lehrer/innen das Ansehen derselben steigen würde (FAZ.NET 24.02.2009: Berufsimage - Das Comeback der Lehrer). Die Nürnberger Zeitung präzisiert: Der aktuelle Mangel führe dazu, dass die Politik Lehrer/innen zuvorkommend behandeln müssen und z.B. in der Berliner U-Bahn plötzlich überall Plakate mit der höflich-unterwürfigen Aufschrift “Sehr guten Morgen, Herr Lehrer.” hängen.

Der wahre Grund ist jedoch nicht die Nachfrage nach Lehrer/innen, denn dann müssten in regelmäßigen Abständen Ingenieure, Sprachdidaktikprofessoren und Pflegekräfte eine spürbare Imageaufwertung erfahren; außerdem befindet sich das Lehrer-Image sowieso schon seit einigen Jahren im Aufwind. Aktuell ist es vielmehr das augenscheinliche (und von vielerlei Medien thematisierte!) Versagen der Bildungspolitik, die am zunehmenden Lehrermangel nicht nur Mitschuld trägt, sondern ihm jetzt auf unprofessionelle, kurzsichtige Weise begegnet. Die Bevölkerung der BRD erkennt, dass nicht die Lehrer/innen schuld sind, sondern ihre Arbeitgeber/innen.

Das könnte die Lehrer/innen freuen - außerdem würde im aktuellen bildungspolitischen Hochofen nur ein/e Verrückte/r es wagen, die Stundenzahl des Volldeputats zu erhöhen (was ja ansonsten unweigerlich alle wenige paar Jahre geschieht). Zur Freude allerdings gibt es angesichts der Aushöhlung des Bildungsystems keinen wirklichen Grund.

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Kommentare

6

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  • #1

    Lieber migrantus, ich fürchte, ich “lebe” an einer Mischung aus beiden von dir geschilderten Beispielen mit starker Tendenz zu ersterem. Aber noch bin ich Optimist! Schöne Arbeitswoche wünsche ich!  :-)

    schrieb laventre am

  • #2

    @laventre
    Lieber Laventre
    Da habe ich mich unklar ausgedrückt: Als ich Klassenlehrer war, hatte ich natürlich mehr Stunden in der Klasse, war auch mit 75% an der Schule tätig (somit mindestens 4 Tage wöchentlich). Seit einiger Zeit bin ich mit reduzierten Stunden fach- bzw. projekt- (Theater)orientiert.
    Die von mir geschilderten Lehrermodelle sind zwei unterschiedliche, die sich ergänzen können bzw. sollen.
    Dass reduzierte Stundenzahl (für fachspezifische Einsätze) und Klassenlehrerfunktion nicht wirklich zusammen harmonieren, ist klar. Ich für mich finde beide Modelle sehr sinnvoll und machbar, da in beiden Modellen zu guten Teilen Vorteile der Entflechtung zum tragen kommen.
    Das mit der Administration ist natürlich ein größerer Themenkomplex. Ich kenne aus eigener Erfahrung zwei Gesamtschulen (eine in freier Trägerschaft) an denen es so unterschiedlich läuft wie nur denkbar: An der einen wöchentlich stundenlange Konferenzen, teilweise mit dürftigen Resultaten und deren Sankionierung recht fadenscheinig, an der anderen ca. 4 Gesamtkonferenzen pro Jahr, die schon im Vorfeld (Vorbereitung von Entscheidungsfindungen und dgl.) hervorragend organisiert sind, straff ablaufen und deren Beschlüsse zügig und konsequent umgesetzt werden. Darüber hinaus finden Fachkonferenzen (unter Leitung des jährlich zu wählenden Fachsprechers) nach Bedarf statt, der Schulleitung ist Bericht zu erstatten und wenn die Resultate nicht greifbar sind, schaltet sich die Schulleitung moderierend ein.
    Dazu: Die Schulleiter haben klar zugeordnete Zuständigkeiten, die schon fast militärisch konsequent wirken. Die Folge ist aber eine überwältigende Transparenz für alle, so dass Leerläufe oder Kompetenzgerangel schon fast unmöglich sind.
    Die Schulleiter sind sehr präsent, die Türen sind meistens geöffnet, Kommunikationsregeln klar definiert und der Schulleiter begrüßt oft morgens am Schultor die Schüler (deren Namen er zu einem beeindruckend großen Teil kennt).
    Das kann er auch nur deshalb, weil er andererseits auf die Zuverläßigkeit seiner Lehrer und seiner Abteilungsleiter vertrauen kann.
    Überdies sorgt er dafür, dass das Sekretariat mit 3 ständigen Sekretärinnen besetzt ist, die Orga-Leitung (1 ganze Stelle) für Vertretungsplan etc. so auf 2 Kollegen verteilt ist, dass das Büro während der Schulzeit stets besetzt ist (Krankheit eines Orgaleiters ausgenommen).
    Und last but not least: Indem der gesamte Schreibkram nach aussen über den Schulleiter läuft, (was für ihn nicht immer lustig ist), wird den Kollegen der Rücken zu einem guten Teil frei gehalten.
    D.h.: In der Schulstruktur wird die gleiche Transparenz und Stringenz verlangt, wie sie im UNterrichtsablauf eigentlich selbstverständlich sein sollte. Und dies wird nach aussen (bzw. oben) ggf. auch mit Nachdruck so vertreten.
    Der Schulträger (die Stadt) unterstützt das ganze, ohne diese wäre es gegenüber der schulamtlichen Vorgesetztenstelle (Bezirksregierung) wohl nicht in dem Maße umsetzbar.
    Auch da gibt es Pannen, aber sie halten sich im Rahmen des Zumutbaren, zumal nach meiner Erfahrung kaum ein Fehler 2x passiert (an der erstgenannten Schule dagegen im zuverläßigen Turnus).

    schrieb migrantus am

  • #3

    Lieber migrantus, klingt alles ganz toll und auch vernünftig. Aber wie funktioniert Klassenleitertätigkeit, wenn du in deiner Klasse 1 oder 2 Wochenstunden unterrichtest und vielleicht nur an ein oder zwei Tagen in der Woche überhaupt an dieser Schule bist. Ich denke, das funktioniert nur bedingt (vielleicht bei größeren Schülern in einer bereits gut eingespielten Klasse, aber wer hat die schon immer).
    Was die Reduzierung der administrativen Arbeit angeht, gebe ich dir ja durchaus recht. Hast du einen guten Tipp, wie man das durchsetzt? Funktioniert Verweigerung von solcher Arbeit?    ;-) Ich fürchte das Problem liegt z.T. auch darin begründet, dass Lehrer häufig Einzelkämpfer sind bzw. sich auch Schulen nicht gemeinsam gegen bürokratischen Unsinn wehren.

    schrieb laventre am

  • #4

    @ laventre
    Lieber Laventre
    Ich bin in einem solchen Schulsystem großgeworden, es war für uns Schüler meistens sehr interessant und abwechslungsreich.
    Die Arbeitsteilung im Kollegium muss allerdings viel besser strukturiert sein und Abgrenzungen müssen stattfinden.
    Klassenlehrer müssen so arbeiten (und das auch strukturell können und dürfen!) dass sie ihre Klassenlehrerverantwortung gut oder besser wahrnehmen können und durch andere entlastet werden.
    Administration gehört endlich aufs minimale reduziert und alles was darüber hinaus geht muss durch Administrativmitarbeiter übernommen werden. Weshalb muss an gewissen Schulen ein Lehrer Zeugniskopien fürs Archiv kopieren anstelle einer Hilfskraft, nur weil eine solche im Stellenplan (der Bezirksregierung oder eines anderen Wasserkopfes) nicht vorkommt?
    Gerade für Klassenfahrten habe ich selber in meiner damaligen Funktion als Klassenlehrer meine Kollegin sowie zwei begleitende Lehramtsstudenten (eigens von mir angeheuert in von mir initiierter Kooperation mit einem Seminar) frei gehalten von möglichst allem Administrativkram.
    Ich hatte dadurch Zeitinseln, in denen der Betrieb mit den Schülern optimal lief und ich mich vollkommen der Administration / Planung und dgl. widmen konnte.
    Es ist eine grundsätzliche Frage des Systems. Hierzulande wird viel gewürgt. Die meisten erfolgreichen Schulen der letzten Jahre haben aber grundlegende Änderungen im System vorgenommen und die Verwaltungsfeudalherren teilweise hartnäckig dazu gedrängt, mitzuspielen (s. beispielsweise in “Schule kann gelingen”).
    Denkt doch endlich auch systembezogen über den Tellerrand hinaus!
    Und sagt auch einmal NEIN! wenn Ihr Euch verbraten fühlt. Die Büroheinis in den Schulämtern räumen nämlich auch ihren Tisch, wenn es Zeit ist und sagen “Ich muss meinen Sohn vom Kindergarten abholen!” Warum fangen wir denn nicht auch systematisch bei Schulräumen, Ausstattung, Materialkostenübernahme, Klassengrößen etc. an und landen schließlich bei der Einsicht, dass dadurch unsere Energie schon wesentlich freier auf die pädagogischen und thematischen Inhalte (und deren Strukturen) fließen können?

    schrieb migrantus am

  • #5

    Na Klasse migrantus, solche Kollegen lieben wir! Sicher bringen “freie” Lehrer u.U. frischen Wind (meist der Luftzug, der beim Durcheilen der Gänge entsteht)in die Kollegien, allerdings sind sie meist auch nicht da, wenn sie mal außer der Reihe, z.B. für kurzfristige Vertretungsstunden, Konferenzen, ... gebraucht werden (Immer mit dem Verweis auf die Arbeit an der anderen Schule!). Dieser ganze ungeliebte administrative Kram,der einen ja eben oft frustet, bleibt für die anderen Kollegen. Ähnliches trifft zu, wenn es darum geht Verantwortung außerhalb des eigentlichen Unterrichtens zu übernehmen, sprich Klassenleitertätigkeit, Klassenfahrten etc.!

    schrieb laventre am

  • #6

    Ich bin Lehrer und zwar in erster Linie für Musik.
    Musik findet nicht zwangsmäßig innerhalb der Schule statt. So habe ich die Möglichkeit der Kombination freiberuflicher Tätigkeit bzw. Tätigkeit an Musikschulen und als Schulmusiker an der Schule.
    Tatsächlich ist es aber so, dass ich trotz akutestem Musiklehrermangel kaum eine Stelle bekomme, an der Musik unter vertretbaren Bedingungen unterrichtet wird.
    Sobald ich fest drin bin, werde ich mehr und mehr in mein Zweitfach Deutsch abgezogen.
    Nichts gegen 1-2 Deutschkurse (die auf der S-I oft mit weniger Arbeit verbunden sind als Musik).
    Aber mit Qualitätssicherung hat das nichts zu tun, denn mit der Musik muss man sich in Anbetracht ihrer speziellen Anforderungen ständig fit halten. Und dies kann mit 4-6 Stunden/Woche niemals funktionieren.

    Dazu kommt, dass ich als angestellter Lehrer meine “Schulbereitschaft” in Anbetracht der reduzierten Bezahlung (ca. 800 EUR weniger brutto als 2004!) aufs mindestmögliche reduziert habe um zwar in der KV und RV zu bleiben, aber nicht unnötig Abgaben zu leisten.
    Meine freien und gewerblichen Einkünfte sind inzwischen - auch wenn es einmal nicht optimal läuft - mindestens so lukrativ und ich bin weitgehend mein eigener Chef ohne Weisungszwang zu endlosen Konferenzen, “Findungs-” und “Team-Moderations-Gesprächen”.

    Vielleicht dringen wir - wenigstens in den Künsten - eines Tages doch noch dorthin vor, dass “freie” Musiklehrer ihre Arbeit an 2-3 Schulen parallel leisten und so für einen erfrischenden Wind durch Austausch sorgen.
    Bei einem kurzen Blick nach Süden über die Landesgrenze würde sichtbar, dass Musik-, Kunst-, Werk- und Sportlehrer oft nach dem System arbeiten - mit ausgezeichneter Berufszufriedenheit.

    Und wenn die Bezahlung hierzulande genau die gleiche wäre (je Stunde) wie für Vollzeitlehrer, wäre der Unmut auch gleich weg.

    Dazu: Eine Kollegin hat es vor wenigen Jahren gewagt, mit der Schulverwaltung über die Gehaltseinstufung zu verhandeln - im Ton korrekt, sachlich aber äusserst hartnäckig in Anbetracht haarsträubender Ablehnungs-Argumente.
    Resultat: Sie wurde bei nächster Gelegenheit durch das Land gesperrt.

    Rechtsstaat? Nein! Tiefstes Preußen!

    Da gibt es nur eine Lösung: Selbstständige Schulen und die Umwandlung der Schulämter in rein schulleitungs-beratende Kompetenzzentren mit konsultativer Funktion.

    schrieb migrantus am

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