Unsicherheit
Indirekte Rede mit »dass« im Indikativ? 29.01.2006, 09:14
Eine gewisse Unsicherheit herrscht - auch unter Lehrpersonen - im Umgang mit der indirekten Rede: Ist die Verwendung des Indikativs bei Konstruktionen mit "dass" erlaubt?
Es ist erlaubt, in der indirekten Rede oder Meinungswiedergabe mit “dass” auch den Indikativ zu verwenden, ohne sich strafbar zu machen. Das gilt für alle Schreibformen - also neben den unten angeführten Beispielen auch für Interpretationsaufsätze.
Beispiel 1: Indirekte Rede in der Inhaltsangabe
Sehr schwachen SchülerInnen und MigrantInnen, die das Deutsche nur teilweise beherrschen, empfehle ich beim Einüben der Inhaltsangabe immer, den Konjunktiv in der indirekten Rede durch “dass”-Konstruktionen zu umgehen.
Aus
Martin verkündete: “Ich bin kein Liebhaber des Konjunktivs!”
wird also entweder
Martin verkündet, dass er kein Liebhaber des Konjunktivs sei.
oder
Martin verkündet, dass er kein Liebhaber des Konjunktivs ist.
(oder natürlich)
Martin verkündet, er sei kein Liebhaber des Konjunktivs.
Beispiel 2: Indirekte Rede/Meinungswiedergabe im Essay
Ein ähnlicher Fall liegt vor beim Essay (Sternchenthema Baden-Württemberg). Sowohl in den Abstracts wie auch im Essay selbst ist die Wiedergabe von Meinungen aus dem vorgegebenen Dossier ein wichtiger Bestandteil.
In den Handreichungen “Essay” des LS BW (Landesinstitut für Schulentwicklung Baden-Württemberg, vormals Landesinstitut für Erziehung und Unterricht) wird explizit darauf hingewiesen, dass die SchülerInnen im Abstract und im Essay selbst Meinungen mit “dass” + Indikativ wiedergeben dürfen. Dies hat auch unter gestandenen DeutschlehrerInnen schon zu erbitterten Diskussionen am Kopierer geführt, da solche Konstruktionen irgendwie dem Sprachempfinden zuwiderlaufen:
Florian Rötzer sagt, dass die USA geostrategische Pläne haben.
Horst Seehofer fragt sich, ob der Kultusminister verrückt ist.
Amtliche Informationen von der Duden-Redaktion: Indikativ in dass-Konstruktionen erlaubt
Im aktuellen Duden-Newsletter wird genau dieses Thema angesprochen: In der indirekten Rede "und ähnlichen Nebensätzen, die durch eine unterordnende Konjunktion (dass,ob) oder ein Fragewort (was, wann, wie u. ä.) eingeleitet werden" dürfen sowohl Konjunktiv I als auch der Indikativ verwendet werden. Ausnahmen bilden Verben, die einen unzweifelhaften Sachverhalt anzeigen, z.B. "Er war überzeugt davon, dass seine Frau ihn betrügt." Dazu gehören auch
[...] die Verben des Wissens (wissen, erfahren,einsehen): »Die Schüler haben eingesehen, dass es so nicht weitergehen kann.« »Der Vater erfuhr nie, dass sein Sohn ein Dieb geworden war.«
Was das wieder Rotstift spart ...