ADS/ADHS
Interview mit Ritalin verschreibendem Kinderpsychiater 13.02.2013, 10:06
Adam Alfred vom ADHS-Zentrum in München-Neuhausen verschreibt Ritalin als "Notlösung". Doch die interessante Aussage im Interview: Wäre unser Schulsystem "stärker auf Unterstützung ausgelegt", könnte man die Ritalin/Methylphenidat stark einschränken.
Adam Alfred vom ADHS-Zentrum in München-Neuhausen spricht sich im Interview mit der Süddeutschen für die Verwendung von Ritalin als "Notlösung" aus - aber nur da, wo andere Maßnahmen nichts helfen. Leider ist nichts zu darüber lesen, wo die Grenze zur "Notlösung" verläuft - denn genau das ist ja immer der Streitpunkt, wenn massenhaft Ritalin bei Kindern verschrieben wird, die eben etwas zappelig sind.
Die Nebenwirkungen seien zwar vorhanden ("Herzklopfen", "häufig ... Appetitprobleme" = all das, "was Erwachsene vom Kaffeetrinken kennen"). Er hat natürlich Erfahrung im Umgang damit, doch das klingt schon ziemlich anders als auf dem Ritalin Beipackzettel (wo die Rede ist von starken Veränderungen der Persönlichkeit, Manie, psychotischen Störungen, Wachstumsverzögerung und vielem anderen Unangenehmem mehr).
Überaus interessant ist diese Passage, in der darüber gesprochen wird, dass wohlhabendere Eltern mehr "Kompensationsmöglichkeiten" haben: Auf die Frage, ob man in vielen Fällen das Ritalin durch "Geld und guten Willen" ersetzen könne (also durch entsprechende pädagogische Konzepte, Förderkonzepte usw.), gibt es ein klares Ja:
Ja, das ist ja das Traurige. Wir bräuchten sicher weniger Medikamente, wenn das Schulsystem stärker auf Unterstützung ausgelegt wäre. Wir machen immer wieder die Erfahrung: Wenn die Kinder auf verständnisvolle und gut informierte Lehrer treffen, ist das schon die halbe Miete.
sueddeutsche.de 02.02.2013: "Kinder brauchen doch Anerkennung und Erfolg" (S. 2 des Interviews)
Das ist wirklich das Traurige. Unsere Gesellschaft gibt die Kohle lieber der Pharmaindustrie als pädagogischen Anstalten.
Ganzes Interview bei der Süddeutschen: sueddeutsche 02.02.2013: ADHS-Medikament Ritalin - "Es kann ein Segen sein"