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Interview

Spickmich im Lehrerfreund-Interview 06.12.2007, 17:48

Spickmich - Screenshot
Bild: Screenshot von Spickmich.de

Ein Interview mit Bernd Dicks, Kommunikationsleiter des Spickmich-Projekts, über Frustbenotungen, Bewertungskriterien und das Image von Spickmich.

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  • (geändert: )

Im Newsletter vom 22.11.2007 haben wir ein Interview mit den Spickmich-Betreibern angekündigt und den LehrerfreundInnen die Möglichkeit gegeben, ihre Fragen im Vorfeld an uns zu schicken. Diese Fragen bilden das Rückgrat des folgenden Interviews - vielen Dank an alle EinsenderInnen! Auszüge des Interviews sind auch in der taz vom 12.12.2007 zu lesen.
 

''Spickmich'' im Interview


Lehrerfreund: Das Spickmich-Portal boomt ungemein, große Sender und Zeitungen berichten ebenso wie nahezu alle bildungsnahen Online-Angebote. Auf der anderen Seite müssen Sie auch viel Kritik einstecken und sich mit Anwälten und Gerichten herumschlagen. Schlägt das nicht auf die Stimmung im Team?

Spickmich: Nein, im Gegenteil. Unser kleines Team ist hoch motiviert und hat viel Spaß an der Arbeit. Alle hier glauben fest an spickmich und machen da gerne auch mal Nachtschichten. Unterstützung erhalten wir außerdem in vielen E-Mails von Schülern und Eltern, aber auch von vielen Lehrern.

Lehrerfreund: Sehr häufig wird die Frage nach den Bewertungskriterien gestellt: Diese werden von vielen LehrerInnen als "persönlich" und "unprofessionell" wahrgenommen. Sind sie das?

Spickmich: Nein. Die Lehrerbenotung auf spickmich.de bezieht sich auf die Leistungen und das Auftreten eines Lehrers im Unterricht. Was Lehrer Lämpel in seiner Freizeit macht, steht nicht zur Diskussion.
Die Lehrerbenotung auf unserer Seite ist ein Meinungsforum, in dem sich Schüler über die Leistungen der Lehrer austauschen. Lehrer bekommen die Möglichkeit, über den „Lehrer/Eltern-Zugang" sich das Meinungsbild der Schüler anzusehen. Somit ist spickmich auch als Feedbackkanal gedacht, bei dem man sehen kann, ob die Schüler zufrieden sind mit der Lehrerleistung oder nicht.
Wer sich ein detailliertes Feedback für seine pädagogischen und didaktischen Leistungen wünscht, muss eigene Evaluationen anstreben. Die spickmich-Noten können dazu als Anstoß dienen.

Lehrerfreund: Dennoch wird gerade dieser Kritikpunkt sehr häufig geäußert. Woran liegt das? Hat die Öffentlichkeit ein falsches Bild von Spickmich?

Spickmich: Wir machen leider oft die Erfahrung, dass sich viele Kritiker nicht mal ansatzweise mit unserer Seite auseinandersetzen, sondern direkt mit einem Verbotsgeschrei ankommen. Es gibt sogar Politiker und Lehrerverbandsfunktionäre, die sich in TV-Diskussionen setzen, über spickmich diskutieren und nebenbei erwähnen, dass sie sich noch NIE bei uns angemeldet haben.

Lehrerfreund: Auch die Vorgehensweise wird kritisiert: Die Bewertungen sind anonym und werden trotzdem mit namentlicher Nennung des/der Betroffenen im Web veröffentlicht (ohne vorherige Befragung und Zustimmung der Betroffenen). Gesetzlich zulässig ist dieses Vorgehen offensichtlich, wie das jüngste Urteil vom OLG Köln gezeigt hat - ist es aber auch menschlich in Ordnung?

Spickmich: Die Berufsgruppe der Lehrer ist nicht die einzige, die im Internet bewertet wird! Seit Jahren werden Professoren und Dozenten im Internet bewertet. Gleiches gilt für Ärzte, Handwerker und inzwischen auch die Studienseminare.

Wir sehen es außerdem ähnlich, wie es im Juli die Richterin des Kölner Landgerichts sehr treffend formuliert hat: "Im Bereich der Berufsausübung muss man sich öffentlicher Kritik stellen".

Die Anonymität der Bewertungen ist vor dem Hintergrund der Reaktionen mancher Lehrer auch unbedingt notwendig. Hier herrscht einfach ein zu großes Machtgefälle zwischen Schülern und Lehrer, als dass man einfach auf die Souveränität der Lehrer vertrauen könnte.

Lehrerfreund: Ist es vorgesehen, dass die betroffenen Lehrer um Ihre Zustimmung zur "Aufnahme in Spickmich" gebeten/gefragt werden?

Spickmich: Nein, das wäre völlig unpraktikabel. Nicht nur, dass wir dafür einen ungeheuren Aufwand treiben müssten – Recherche der Kontaktdaten und Anschreiben. Eine solche Praxis würde wahrscheinlich dazu führen, dass sich ganze Kollegien geschlossen dagegen aussprechen. Hier kann auch schnell ein Gruppenzwang entstehen.

Lehrerfreund: Viele LehrerInnen finden die Idee eines Lehrerbewertungsportals grundsätzlich gar nicht schlecht - wenn es denn zu einer Verbesserung der Unterrichtsqualität führen würde. Das betont das Spickmich-Team ja auch sehr in den Statements. Es besteht allerdings die Gefahr, dass sich SchülerInnen einfach nur für eine Strafarbeit am Morgen rächen, indem sie ein paar Fünfen verteilen. Also: Wie trägt Spickmich zur Verbesserung der Unterrichtsqualität bei?

Spickmich-GründerSpickmich: Wir nutzen alle technischen Möglichkeiten um Manipulationen zu verhindern und Frust- und Spaßbenotungen auszusortieren. Außerdem haben die Schüler jederzeit die Möglichkeit, Auffälligkeiten zu melden.

Unsere Erfahrungen zeigen eindeutig, dass Lehrerinnen und Lehrer deutlich mehr Vertrauen gegenüber ihren Schülern haben sollten!

Warum sollten Schüler diese Chance, ihre Lehrer anonym zu bewerten, missbrauchen? Es fällt doch auf sie selber zurück, wenn da stehen würde, dass alle Lehrer oder die ganze Schule schlecht ist.

Zum Punkt „Verbesserung der Unterrichtsqualität": Wir haben lediglich ein Meinungsforum eröffnet. Die Umsetzung kann logischer Weise nicht im Internet stattfinden, sondern muss in der Schule geschehen.
Und das geschieht bereits: Eine Direktorin hat z.B. in einem Leserbrief an den Kölner Stadtanzeiger geschrieben, dass sie zwar distanziert zu spickmich sei, ihre schlechte Note sie allerdings nachdenklich gemacht habe. Sie hat daraufhin eine tägliche Sprechstunde für die Schüler eingerichtet, geht öfter durchs Haus und spricht mit den Schülern. Seit dem, so die Direktorin, hat sich ihre Bewertung erheblich verbessert. (Beweis: Diskussion des Kölner Stadtanzeiger, am 26.11.07 https://www.youtube.com/watch?v=V82ABv3Ze7g)

Lehrerfreund: Welche "technischen Möglichkeiten" setzen Sie ein, um Frust- und Spaßbenotungen auszusortieren?

Spickmich: Wir veröffentlichen hierzu keine Details. Das Oberlandesgericht Köln hat aber nach einer umfangreichen Überprüfung festgestellt, dass gegen mögliche Manipulationen ausreichend vorgesorgt ist.

Lehrerfreund: Besonders unangenehm ist die Vorstellung, dass hetzende, beleidigende oder kompromittierende Beiträge über die eigene Person durchs Web geistern. Wie begegnen Sie diesem Problem?

Spickmich: Es gibt auf spickmich keine Möglichkeit, Beleidigungen oder Kommentare auf die Seite der Lehrer einzutragen. Die Meinungsäußerung erfolgt lediglich durch die Abgabe einer Note, die, wie das OLG deutlich bestätigte, keine Beleidigung oder Schmähkritik ist. Bei der Funktion „Zitate" werden alle Einträge redaktionell geprüft, bevor sie zu sehen sind. An dieser Stelle sollen ausschließlich witzige Zitate erscheinen, die auch in einem Abschlussheft oder einer Abizeitung stehen könnten.

Die Lehrernamen auf spickmich sind zudem absichtlich nicht Google-suchbar. Jeder, der die Benotung einsehen will, muss mindestens den Schulnamen korrekt angeben können. Es besteht also auch nur eine begrenzte Öffentlichkeit der Noten.

Lehrerfreund: Wie kontrollieren Sie, dass die Schülerinnen und Schüler tatsächlich auf die angegebene Schule/in die angegebene Klasse gehen? Könnte ein/e Schüler/in sich unter mehreren Pseudonymen anmelden? Oder: Könnte sich eine Lehrperson mehrfach anmelden, um sich selbst in der Bewertung zu pushen?

Spickmich: Eine 100%ige Überprüfung ist im anonymen Internet nicht möglich. Dies hat aber auch das OLG in seiner Urteilsbegründung erkannt und gleichzeitig festgestellt, dass die Sicherheitsmechanismen, die spickmich hat ( s.o.), ausreichen um Manipulationen vorzubeugen.

Lehrerfreund: Wie viele angemeldete NutzerInnen haben Sie zur Zeit? Wie viele davon sind als "aktiv" einzustufen?

Spickmich: Wir haben derzeit über 500 000 Schüler, die regelmäßig auf der Seite sind. Es gibt aber auch viele Lehrer, die über den extra eingerichteten „Lehrer/Eltern"-Zugang regelmäßig ihre Noten abrufen.

Lehrerfreund: Was bedeutet "regelmäßig"? Wie viele SchülerInnen sind insgesamt angemeldet? Und: Als Webmaster interessiert mich persönlich auch der technische Aspekt eurer Analyse: Kommt die Zahl durch Auswertung der Logfiles zustande (wenn ja: mit welcher Software?) oder habt ihr eine andere (z.B. skriptbasierte) Lösung am Start?

Spickmich: Dazu kann ich im Moment keine Aussage treffen.

Lehrerfreund: Spickmich expandiert ja nun nach Österreich, auch die schweizer TLD ist angemietet. Welches sind eure Pläne für die Zukunft?

Spickmich: Die Lehrerbenotung ist nur ein kleiner Teil von spickmich. Wir sehen uns eher als Schülernetzwerk mit vielen Angeboten: z.B. Freunde treffen, Kontakte knüpfen, chatten und Spaß haben. In dieser Richtung werden wir uns auch in den nächsten Wochen und Monaten weiterentwickeln. Gerne wollen wir dabei unser Angebot auch für die Schweizer und die österreichischen Schüler öffnen – am Besten noch vor der EM.

Lehrerfreund: Vielen Dank für das Interview.

 

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Kommentare

8

Zum Artikel "Spickmich im Lehrerfreund-Interview".

  • #1

    Das deutsche Schulsystem bringt immerhin von Zeit zu Zeit ein paar Abiturienten hervor, die clever US-Konzepte dreist nachahmen (und ein paar Monate später die Bude für ein paar Millionen weiterverticken) Nach alando/ebay und facebook/studivz jetzt halt das ratemyteacher-plagiat. So bleibt mymuesli.de weiterhin der einzige wirklich neuartige Beitrag aus Deutschland zum Internet. LOL!

    schrieb Holzi am

  • #2

    Ich habe mir gerade eben die Bewertungen unseres Kollegiums angesehen und war doch sehr verwundert, an dritter Stelle unseren Hausmeister zu entdecken, der zwar sicherlich ein netter Kerl ist, aber eben Hausmeister und kein Lehrer!!! Als Fächer wurden “Hausmeister” und “Astronomie” (????)angegeben. Er hat die Gesamtnote 1,8 erreicht, sein Unterricht wird mit 1,8 :-) bewertet. Wer sich einmal die Kriterien zur Bewertung angesehen hat, weiß, dass es um Punkte wie guter Unterricht, fachliche Kompetenz, faire Notengebung etc. geht. Da frage ich mich doch nun wirklich, wie ernst dieses Bewertungssystem zu nehmen ist, wenn der HAUSMEISTER des Gymnasiums nach diesen Kriterien beurteilt wird!!! Anscheinend sind die im Interview angegebenen Sicherheitsmaßnahmen wohl doch nicht ausreichend, um Manipulationen vorzubeugen!!!!!!!

    schrieb Kerstin am

  • #3

    Gut verkaufen können sich die jungen Männer ja. Klingt alles sehr freundlich und konstruktiv (man muss ja nicht immer gleich Schlechtes denken…).

    schrieb laempel am

  • #4

    So, jetzt wird es Zeit, dass Lehrer die “Kickmich”-Seite einrichten. Was da neu dran ist? Die Lehrer bewerten Schüler ihrer Klassen. Sicher sind Schüler dafür genauso aufgeschlossen, wie Lehrer gegenüber Spickmich sein sollen. Oder ist da was in der Erziehung falsch gelaufen?

    schrieb Peter Müller am

  • #5

    Ich frage mich, nach 25jähriger Erfahrung, wirklich, wie ein Sechstklässler die fachliche Kompetenz eines Lehrers beurteilen soll und kann. Dann auch noch das Äußere und Auftreten eines Menschen öffentlich zu bewerten, grenzt für mich n die Verletzung der Menschenrechte.

    schrieb maria am

  • #6

    @Meier:
    Sie schreiben: “... über den Lehrer/Eltern-Zugang sei das Einsehen der Noten möglich. Ich habe das versucht. Ich gelangte jedoch nicht auf die Benotungsseiten.”

    Ich habe mich ebenfalls angemeldet (als Lehrer) - und hatte keinerlei Schwierigkeiten damit, die Namen der an meiner Schule unterrichtenden Lehrkräfte samt Note (falls bereits genügend Beurteilungen vorliegen) einzusehen. Oder meinen Sie mit “Benotungsseiten” etwas Anderes?

    schrieb rip am

  • #7

    In dem Interview behauptet der Spickmich-Sprecher, über den Lehrer/Eltern-Zugang sei das Einsehen der Noten möglich. Ich habe das versucht. Ich gelangte jedoch nicht auf die Benotungsseiten. Natürlich kann man ja nicht erwarten, dass sich jemand mit vollem Namen anmeldet, wie auch die Schüler nicht ihren gesamten Stammbaum hinterlegen. Schliesslich will man ja vermeiden, dass noch zusätzlich zur Schmähkritik eine Art Profil über die Internet-Gepflogenheiten des betreffenden Lehrers oder des betreffenden Elternteils angelegt wird, so etwa nach dem Motto, wer vor 17:00 Uhr abends sich anmeldet, hat den Beleg erbracht, sich nicht ordentlich vorzubereiten, sondern im Internet zu surfen, oder was sonst noch alles wirkliche oder eingebildete Psychologen sich über Menschen ausdenken mögen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Meier

    schrieb Ernst Meier am

  • #8

    Auch von mir an beide ein Danke für das Interview.

    schrieb Hokey am

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