Abitur
Effi Briest: Vergleich Crampas - Lady Milford (Tabelle) 18.04.2007, 10:45
Eine Kollegin, deren SchülerInnen ebenfalls morgen früh Deutschabitur schreiben, hält den Vergleich zwischen Major Crampas und Lady Milford für möglich und hat für ihre Deutsch-Abschlussklasse eine Übersichtstabelle angefertigt.
Die Kollegin Db, selbst praktizierende Deutschlehrerin, hat für Den Lehrerfreund die Beiträge Epilog im Himmel (Rollenspiel zum Vergleich “Kabale und Liebe” / “Effi Briest”) und Deutsch-Abitur 2007: Gewichtung der Aufgabentypen (BW) zur Verfügung gestellt. Zu letzterem Beitrag hat sich eine ausführliche Diskussion unter SchülerInnen entsponnen: Welches Thema könnte bei der schriftlichen Prüfung morgen gestellt werden?
Db hat die Diskussion verfolgt und wurde dadurch inspiriert:
Hoffen wir es mal. Vielen Dank fürs Einsenden!
Vergleich: Lady Milford - Major Crampas
Major von Crampas | Lady Emilie Milford / Johanna Norfolk | |
persönl. Daten (Lebenslauf, Familienstand, Beruf…) | adelig vgl. 116 f: militärische Laufbahn, war mit Innstetten in derselben Brigade Landwehrbezirkskommandeur ca. 45 J. verheiratet (mit eifersüchtiger Frau) 2 Kinder (10, 8 J.) (Ehe-)Leben ‚im Käfig’, aber: viele außereheliche Affairen, hatte schon Duell -> Strafe (Arm) literarisch gebildet (Heine 153) | adelig vgl. II,3: verwöhnte Kindheit bis 14 J., dann Waise, 6 J. lang in Hamburg, vom Herzog aufgenommen kein Beruf (Frau in ihrer Zeit…) ? ca. 23 J. seit 3 Jahren „Favoritin“ des Herzogs keine Kinder Leben ‚im goldenen Käfig’ ihrem Stand entsprechend gebildet („Französisch“ „Filet“ „Flügel“ II,3) |
gesellschaftlicher Status | schlechter Ruf -> „Damenmann“ (117) - wird von ihm noch ausgebaut (Bad in d. Ostsee, Flirt mit Ring-Tochter) | schlechter Ruf -> „Buhlerin“ I,7 - will von ihr verbessert werden, aber nicht durch eine vom Präsidenten erzwungene Ehe, sie will F.s Liebe |
Charakter, Haltung | meist emotional statt rational „alle Gesetzlichkeiten s. langweilig“ (144) „lebt gern und ist zugleich gleichgültig gegen das Leben“ (269) Abenteurer, „Spieler“ (164) egoistisch, „rücksichtslos“ (151) untergräbt Innstettens Autorität (Chinesen-Spuk / „Erzieher“ 193) | emotional, dennoch rational handelnd „ich habe dem Fürsten meine Ehre verkauft, aber mein Herz habe ich frei behalten“ II,1 versucht im Rahmen i. Möglichkeiten den Herzog zum Guten zu lenken; Humanität am Hof, sozial, wohltätig wird durch Kammerdiener gerührt II,2 |
(gewünschte) Beziehung | junge, verführerische Effi -> nur Spielerei, eine von vielen? -> wird nach Verführung Realität | junger, stürmischer Ferdinand -> ihre wahre Liebe II,1 -> bleibt Wunschtraum, F. lehnt ab |
Sicht durch Geliebte(n) | Effi: „Trost- und Rettungsbringer“ aus gesellsch. „Notstand“ (116) “vollkommener Kavalier“ (117) | F.: sieht sich in seiner Ehre gekränkt, später bittet er für seine abwertende Haltung um Verzeihung II,3 |
Zukunftsplanung | eigentlich keine, gibt Familie und Status nicht auf | würde mit Ferdinand fliehen II,1 bietet L. Geld für Verzicht auf F. IV,7 |
Reaktion auf das Ende der (gewünschten) Beziehung | stummes, ernstes Grüßen aus der Ferne, „sichtlich bewegt“ (214), ergibt sich schnell und ohne Protest in sein Duell-Schicksal „wehmütige Resignation“ (269) stirbt (272) | will Ferdinand zunächst zwingen: „Ich lass alle Minen sprengen“ II,3 „Ich habe Kraft zu entsagen“ IV,8 empfindet Freiheit im Verzicht, im selbstgewählten neuen Schicksal reist nach Loretto (Wallfahrtsort) IV,9 in eine unsichere Zukunft, tut Buße |
=> stellt sich zwar in Äußerlichkeiten gegen die Gesellschaft, lebt die Beziehung zu Effi - aber nur heimlich | => stellt sich am Ende offen gegen die Gesellschaft, verzichtet auf Ferdinand, bricht mit dem Herzog |
Gemeinsamkeiten:
- beide adelig, dennoch unkonventionell (-> Individuum vs. Gesellschaft)
- beide stören festgefügt wirkende, eigentlich aber labile Beziehungen
Unterschiede:
- Lady Milford handelt, zieht Konsequenzen, wird positives Gegenbild
- Major v. Crampas ist statt positivem Gegenbild eher extremer Gegenpol