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Didaktische Auslagerung 25.11.2021, 23:23

Himbeeren und Brombeeren
Bild: MasterTux / pixabay [CC0 (Public Domain)]

Gestalten Sie Ihren Unterricht motivierend, indem Sie langweilige oder ungeliebte Themen separat behandeln. Dabei geht es weniger um inhaltliche Optimierung als um angenehmen Unterricht.

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Überblick: Darum geht es

Machen wir uns nichts vor: Es gibt fachliche Aspekte, die sich einfach anstrengend oder langweilig unterrichten. Andere dagegen machen richtig Spaß.

In diesem Artikel geht es darum, wie man die unbeliebtere Inhalte separat behandelt und so den Unterricht aufteilt in

  • (längere) Phasen, die motivierend sind und Spaß machen; und
  • (kürzere) Phasen, die nerven - aber sein müssen.

Wenn interessante und ätzende Themen sich mischen, entstehen Motivationsbrüche, denn wir nehmen den guten Themen die Luft. Das Unterrichtsgeschehen wird chronisch zum latenten Lustkiller.

Wann immer es möglich und sinnvoll ist, trennen wir also die »guten« und die »anstrengenden« Themen und unterrichten bzw. lernen sie separat. In der Praxis des Fremdsprachenunterrichts gehört das zum täglichen Brot: Vokabeln werden separat gebüffelt, es gibt sogar ein eigenes Vokabelheft dafür. Würden wir während jeder Textbesprechung die neuen Vokabeln lernen, wäre die Demotivation vorprogrammiert: Der Lesefluss würde dauernd unterbrochen (»Oh, hier eine neue Vokabel! Environment - das bedeutet Umwelt, häufig auch … Aber jetzt frisch weiter mit diesem interessanten Text!«), eine kreative, inspirierende Beschäftigung mit dem Text wäre unmöglich.

Das Konzept des Vokabelpaukens und das Vokabelheft sind sprachdidaktisch sehr umstritten - aber immer noch weit verbreitet.

»Spaß« an Unterricht und Lernen?!

»Spaß« ist in didaktischem Kontext ein umstrittener Begriff - er suggeriert den Spaßfaktor, der sich beim Zocken, Klingelstreichen, Binge Watching und ähnliche Vergnügungen einstellt, bei denen man nicht die durch den Bildungsplan vorgegebenen Kompetenzen erlernt. Wem der Begriff nicht gefällt, der ersetze ihn durch »Motivation«, »Freude« oder gar »Erfüllung«.

Weniger umstritten ist jedoch die Erkenntnis: Unterricht und Lernen sind nur dann erfolgreich, wenn wir motiviert sind. Wenn uns etwas Spaß macht, wenn wir etwas gerne machen oder es uns zumindest relevant erscheint, dann lernen wir intensiver, effektiver, nachhaltiger. Wir sprechen von intrinsischer Motivation.

In der Schule arbeiten wir leider viel zu häufig mit extrinsischen Anreizen: »Wenn du deine Hausaufgaben nicht machst, bekommst du eine 6.«

Wem macht was Spaß?

Wir können niemals erwarten, dass allen alles Spaß macht. Der Eine liest gerne, kapiert aber Mathe nicht, während die Nächste nächtelang Elektronikschaltungen aufbaut, von Goethe indes kein Wort versteht. Es ist eine zentrale Herausforderung des Unterrichtens, dieser Hyperdiversität gerecht zu werden. Dem versucht die Bildungspolitik durch Wahlfächer, Neigungsfächer oder Leistungskurssysteme zu begegnen.

Als Lehrer/in müssen wir jedoch versuchen, alle »mitzunehmen«. Das klappt nicht immer. Viel zu häufig bestreiten wir den Unterricht mit den Leistungsträger/innen der Klasse, während die anderen ihre Zeit absitzen und schlechte Noten kassieren.

Beispiele: Was macht Spaß, was nicht

Die folgenden Beispiele sind als Pauschalisierung zu verstehen. Es gibt Schüler/innen, die mit Lust Jahreszahlen auswendig lernen oder sich Stilmittel in den Kopf klopfen. Das betrifft aber möglicherweise nur eine Minderheit.

Ebenso sind hier einige subjektive Empfindungen im Spiel - was für die Eine langweilig ist, lässt den Anderen vor Spannung schier platzen.

Und es gibt natürlich - wie immer in der Didaktik - zirkuläre Widersprüche: Ich verstehe nicht, wozu ich lineare Gleichungen lösen muss und es fällt mir schwer (= kein Spaß). Wenn ich es aber verstanden habe, fühle ich mich erfolgreich (= Spaß; Akzeptanz der Lernziele).

Gute Themen, ätzende Themen

Wenn wir im Folgenden von »guten« und »ätzenden« Themen reden, dann ist das im Rahmen dieser Pauschalisierung zu verstehen.

»Gute« Themen sind: eingängig - relevant - interessant - kreativ

»Ätzende« Themen sind: anstrengend - langweilig - formalisierend/bürokratisch

Beispiel: Geisteswissenschaften, Fremdsprachen

Das macht vielen Schüler/innen Spaß:

  • Gedankenexperimente, Rollenspiele
  • Mit anderen streiten, Meinungen austauschen, überzeugen
  • Stellung nehmen zu einem Text. Wir finden ihn gut oder schlecht und dürfen unsere Ansicht lautstark kundtun.
  • Sachverhalte beurteilen. Wir fühlen uns dabei stark, denn wir lernen, unsere Position selbstbewusst zu vertreten.

Das macht vielen Schüler/innen keinen Spaß:

  • Themen erarbeiten, deren Sinn wir nicht sehen
  • Lange Texte lesen (die wir vielleicht nur teilweise verstehen)
  • Auswendig lernen: Vokabeln, Fachbegriffe, Jahreszahlen, Namen, scheinbar sinnfreie Strukturen …
  • Arbeitstechniken üben und anwenden: Texterarbeitung, Lesetechniken wie die SQ3R-Methode, Einleitungen schreiben

Beispiel: Mathematik, Naturwissenschaften, Technik, EDV/Informatik

Das macht vielen Schüler/innen Spaß:

  • Experimentieren, ausprobieren, untersuchen: Es knallt und raucht; wir gelangen zu einer Erkenntnis über die Welt. Der Klassiker in Mathematik ist GeoGebra. Wir lassen den Stein fallen und schauen, ob er zerspringt. Wir sezieren ein Rinderauge.
  • Ausprobieren, herumspielen: Wir »erschaffen« etwas (ein Kreis und eine Tangente malen, ein Beobachtungsdiagramm zum Experiment entwickeln; ein Schiff bauen; ein Computerspiel programmieren; ein Flugblatt gestalten
  • Erfolgreich komplexe Aufgaben lösen
  • Die Welt verändern: Kresse im Glas züchten, ein Brett zersägen

Das macht vielen Schüler/innen keinen Spaß:

  • Dinge auswendig lernen (Formeln, Fachbegriffe, Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge)
  • Zeichnungen und Diagramme erstellen, deren Sinn wir nicht verstehen
Ein schönes Beispiel aus der Informatik: Im Thema »Grundlagen der Programmierung« sollen auch Ablaufdiagramme (Struktogramme) erstellt werden - eine bei vielen Schüler/innen verhasstes Thema. Jedes Mal, wenn man Lust auf Programmierung bekommt, stoppt einen die Lehrer/in und sagt, jetzt machen wir ein Struktogramm dazu. Die Lösung liegt darin, die Struktogramme separat zu behandeln - 4 Sitzungen nur Struktogramm-Formalismus, die tatsächliche Programmierung dann struktogrammfrei mit intuitiv bedienbarer, Kreativität anregender Software (Scratch) und einer herausfordernden und anregenden Aufgabenstellung (Weltraum-Abenteuer): informatik-bg

Beispiel: Fachübergreifend

Das macht vielen Schüler/innen Spaß:

  • Erfolg erleben (Herausforderungen/Probleme erfolgreich lösen)
  • Schöne/ästhetische Dinge erzeugen oder mit schönen/ästhetischen Dingen arbeiten
  • Provozieren
  • Sich selbst als klug und kompetent erleben
  • In einen Flow geraten.
  • Kreativ sein - die Welt verändern
  • Kalkulierte Herausforderung meistern (Zone der proximalen Entwicklung)

Das macht vielen Schüler/innen keinen Spaß:

  • Misserfolg, an Herausforderungen scheitern; die eigene Unfähigkeit erfahren
  • Stupide Tätigkeiten
  • Auswendig lernen, büffeln
  • Etwas tun, dessen Sinn man nicht versteht (Wozu muss ich Terme umformen?)
  • Langweilige Dinge tun

Die Lösung: »gute« von »ätzenden« Themen trennen

Wie Sie gesehen haben, ist die Unterteilung in »gute« und »ätzende« Themen eine durchaus unscharfe. Doch es gibt klare Tendenzen; die können nur Sie in Ihrem fachlichen Kontext und in Ihrer Klassen-/Unterrichtssituation identifizieren.

Analogie: Regelwerk eines Brett-/Computerspiels erlernen

Denken Sie - abseits des unterrichtlichen Kontexts - an komplexe Brett- oder Computerspiele. Komplexe Spiele finden wir im Brett-/Gesellschaftsspielbereich bspw. unter dem Label »Kennerspiel des Jahres«, im Computerspielbereich in der Kategorie »Strategiespiele« oder »(Aufbau-)Simulationen«.

Die Regeln zu erlernen ist oft ein anstrengender, ermüdender Prozess. Wenn man die Regeln und Abläufe jedoch verstanden hat, macht das Spiel riesigen Spaß.

Wenn die Regeln während des Spielablaufs erlernt werden müssen, kann das zu vollständiger Frustration und Abbruch des Spiels führen. Denn immer, wenn man gerade den Zombie schlachten will und richtig Lust aufs Spiel bekommt, wird man unterbrochen durch »Lies jetzt in der Anleitung auf Seite 6 nach, wie das Kampfsystem mit den 12-seitigen Symbolwürfeln funktioniert!«

Deshalb haben solche Spiele oft eine vorgelagerte Tutorial-Mission (als vorbildliches Beispiel gilt bspw. das Brettspiel »Die Legenden von Andor«) . Diese Mission ist sehr stark gesteuert, Kreativität oder spielerische Freiheit sind sehr stark begrenzt. Dafür lernen wir die Regeln und können dann in der ersten richtigen Mission Spielspaß erleben.

Dies ist ein Paradebeispiel für didaktische Auslagerung.

Didaktische Auslagerung

Es geht ganz einfach:

Wo immer es möglich ist, trennen Sie die anstrengenden, langweiligen, tristen … (aber notwendigen!) Unterrichtsaspekte von den kreativen, lustvollen, erfreulichen und unterrichten sie separat.

Phase 1: Tristes Pauken

In der Phase des Paukens, Büffelns machen wir nichts anderes. Wir machen keine motivierenden Einstiege, wir versuchen nicht, Spaß zu simulieren. Wir sagen: Leute, da müssen wir jetzt durch. Klopft es euch ins Hirn. Ihr habt keine andere Wahl. Wenn es euch keinen Spaß macht - Pech gehabt. Muss sein.

  • Wir pauken Vokabeln, Fachbegriffe, Jahreszahlen, Grammatik.
  • Wir üben Methoden, Arbeitstechniken, Handgriffe.
  • Wir gehen kleinschrittig vor und arbeiten reduziert.

In dieser Phase machen wir keine halben Sachen. Wir wissen: Das muss jetzt ins Hirn, weil wir es nachher brauchen. Oder weil es im Bildungsplan steht und wir es in der Prüfung ausspucken müssen.

Phase 2: Lernen mit Spaß

Nachdem wir das Handwerkszeug erlernt haben, können wir uns auf die lustvollen Aspekte des Lernens konzentrieren.

  • Wenn wir eine tolle, kreative Geschichte schreiben, müssen wir nicht dauernd aus dem Flow steigen, weil wir die Einleitung vergessen haben oder Charaktereigenschaften von Personen nachschauen müssen. Das haben wir gepaukt.
  • Wenn wir über einen fremdsprachigen Text diskutieren und die Vokabeln vorher eingepaukt haben, können wir uns auf die inhaltliche Diskussion konzentrieren, statt dauernd was nachschauen zu müssen.
  • Wenn wir Geldbeträge zusammenzählen, müssen wir nicht bei jedem Strich, den wir machen, überlegen, in welches Kästchen er muss. Das haben wir nämlich vorher geübt.

Abfolgen der Phasen

In den meisten Fällen dürfte es sinnvoll sein, zuerst das Wissen anzuhäufen. Denn wir haben so einen positiven Unterrichtsprogress (»Erst die Arbeit, dann das Vergnügen«), wir können das gepaukte Wissen anwenden (und so vertiefen) und haben auf dieser Grundlage mehr kreative Freiräume.

Verwandtschaft zum Konzept des Flipped Classroom

Das Konzept des Flipped Classroom ist im Wesentlichen nichts anderes als eine Sonderform der didaktischen Auslagerung. Statt die Unterrichtszeit damit zu verschwenden, einen Text zu lesen, machen wir das schon vor dem Unterricht und können dann die Unterrichtszeit sinnvoll nutzen, um darüber zu diskutieren.

Dabei fußt der Flipped Classroom in der Praxis eher auf umfassender inhaltlicher Auslagerung. Bei der didaktischen Auslagerung geht es uns weniger darum, im Unterricht perfekt vorbereitet zu sein, als mehr um die Entfernung anstrengender Themenaspekte aus dem zentralen Unterrichtskern. Der Effekt kann jedoch der gleiche sein.

Ebenfalls ist beim Flipped Classroom die zeitliche Abfolge wesentlich. Phase »Unterricht« baut oft auf Phase »inhaltliche Vorbereitung« auf. Bei der didaktischen Auslagerung ist dieser Zusammenhang nicht so stark. Wir wollen »ätzende« Aspekte isolieren. Wie sehr sie Voraussetzung für Weiteres sind, hängt von der jeweiligen Situation ab.

Und schließlich ist bei der didaktischen Auslagerung die Trennung zwischen »Pauken« und »Lernfreude« explizit. Im Flipped Classroom werde ich selten sagen: »Das, was ihr für morgen vorbereitet, ist der letzte Schrott, aber es muss sein, damit wir das morgige Thema verstehen.« Bei der didaktischen Auslagerung kann ich das so formulieren: »Ich weiß, dass euch das nervt. Aber wir brauchen das einfach. Setzt euch hin und haut es euch in den Kopf, dann müssen wir uns nicht mehr drum kümmern.«

Warum Unterricht und Lernen durch didaktische Auslagerung besser wird

Raum für interessanten Unterricht, der Spaß macht

Wir blockieren die interessanten Aspekte des Unterrichts nicht durch eingestreute Pauk-Schnippsel. Durch kurze, fiese Unterrichtsphasen, in denen stumpf gepaukt wird, erkaufen wir uns kreative, fruchtbare Lernphasen, die Spaß machen.

Erfolgserlebnisse beim stumpfen Auswendiglernen

Der modernen Didaktik ist stumpfes Pauken zuwider. Aber Hand aufs Herz: Machen das Schüler/innen nicht vor jeder Klassenarbeit?

Machen wir aus der Not eine Tugend: Trockenes Pauken kann jede/r leisten. So können auch kleine Erfolgserlebnisse entstehen: »Ich kann jetzt ein Brett gerade absägen.« (vs.: »Ich wollte einen Dreimaster bauen und habe versagt.«)

Lehrer/in: Authentischer Unterricht

Wir suggerieren unseren Schüler/innen, dass alles, was wir im Unterricht machen, wichtig sei - für einen guten Abschluss, fürs Leben, für unsere Persönlichkeit. Und wir suggerieren, dass alles, was wir lernen, irgendwie Spaß machen soll, denn: »Lernen macht Spaß!« Wir praktizieren ja moderne Didaktik.

In den meisten Fällen stimmt das ja. Aber es gibt Unterrichtsthemen, die keinen Spaß machen. Und die weit gehend sinnlos sind. Deshalb glaubt uns inzwischen kein/e Schüler/in mehr, wenn wir sagen: »Das ist wichtig, weil …« oder »Das nächste Thema wird euch Spaß machen!«

Wenn wir didaktische Auslagerung praktizieren, sind wir authentisch. Wir sagen: »Dieses Thema nervt. Wir bringen das hinter uns, und danach machen wir was, was richtig zündet.« Wir müssen nicht rumlügen, wie wichtig und toll alles sei.

Schüler/in: Veränderte Einstellung zu Schule und Unterricht

Für viele Schüler/innen ist Schule und Lernen eine sinnlose Zeitverschwendung. Alles ist quälend langweilig, alles machen wir nur für die guten Noten. Durch didaktische Auslagerung erfahren die Schüler/innen die Wahrheit: Es gibt Zeugs, das wir halt einfach lernen, weil es sein muss. Es gibt aber auch Dinge, die uns Spaß machen und uns weiterbringen.

Ist diese Trennnung didaktisch immer sinnvoll?

Verständlich, dass gerade Fremdsprachendidaktiker/innen beim Lesen des Artikels oft nach Luft schnappen mussten. Grammatik rein technisch und ohne Anwendungskontext pauken - haarsträubend. Zumindest theoretisch.

Man muss das ja auch nicht immer machen. Aber wir können darüber nachdenken, wo es sich anbietet, und ob wir von den Vorteilen der didaktischen Auslagerung nicht doch an der ein oder anderen Stelle profitieren können.

Probieren Sie es einfach mal aus.

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Kommentare

2

Zum Artikel "Didaktische Auslagerung".

  • #1

    @Hanspeter
    Ja. Ich stimme dir grundsätzlich zu. Aber ich glaube, dein Anspruch ist zu total. Ich glaube, beim Lernen gibt es zwangsläufig Pauk-Aspekte.
    Ich mache dir ein Beispiel: Du lernst ein Instrument, meinetwegen Klavier. Du packst ein neues Stück an und fängst an, Fingersätze zu lernen und dir technisch schwierige Stellen ins motorische Zentrum deines Kopfes zu klopfen.
    Dann kommt einer daher und sagt dir, dass du das falsch übst. Du musst von Anfang an die Strukturen verstehen, die Harmonien, die Architektur. Wenn du am Anfang nur Technik knüppelst, wird das Stück scheiße, selbst wenn du es nach einiger Zeit technisch perfekt beherrschst. Lang Lang hat diesen Ruf: technisch perfekt, aber keine Seele (keine Ahnung, ob das so stimmt).

    Frage jemanden, der ein Instrument lernt (ich rede nicht von Profis, die sich ein neues Stück draufschaffen, sondern von Anfänger/Intermediate). Jeder wird dir sagen, dass es ohne Technik knüppeln und Fingersätze auswendig lernen nicht geht.

    Natürlich (und hier finden wir zusammen): Kommt der Klavierlehrer und sagt dir, jetzt lernen wir das Stück erst mal, Fingersätze, Technik, und DANN erst beschäftigen wir uns mit Phrasierung, Melodieführung, Dynamik und Struktur, dann ist das wirklich schlechter Unterricht und du solltest den Mann sofort feuern.

    Um ein tolles Stück spielen zu können, MUSST du büffeln. Um eine Fremdsprache zu sprechen, MUSST du Vokabeln pauken. Wenn du die Vokabeln völlig sinnfrei paukst, geht dir die Motivation voll aus. Aber ohne pauken geht es nun mal nicht.

    schrieb Becherov am

  • #2

    Der Artikel “Didaktische Auslagerung” schlägt eine strikte Trennung vor von “anstrengenden, langweiligen, tristen … (aber notwendigen!) Unterrichtsaspekte(n) von den kreativen, lustvollen, erfreulichen” und empfiehlt, Unterricht in “blöde Stunden” und “tolle Stunden” zu trennen.
    Das ist für den Fremdsprachenunterricht dampfender bullshit. Lehrer, und natürlich ihr weibliches Pendant, zwingen Schüler, und natürlich auch ihre weiblichen Pendants, traditionell wegen Abwesenheit intelligenter Ideen und mangelnder Bereitschaft sich auch mal was methodisch Kreatives auszudenken dazu, Worte und Grammatik sinnfrei und realitätsfern ohne jede Anwendungsrelevanz zu pauken. Und wenn sie brav auswendig gelkernt haben, dürfen sie das Gelernte in Form einer Klassenarbeit auch mal anwenden.
    Müssten Kleinkinder mit dieser Methode ihre Muttersprache lernen, würden sie auch im Rentenalter noch nicht über fundamentale Kommunikations- und Sprachkompetenzen verfügen. Eine Trennung von “langweiligem Vokabellernen” und “spannendem Sprachunterricht” verstärkt und zementiert den alltäglichen Schwachsinn im Unterricht.
    Hilfreicher ist ein Fremdsprachenunterricht, der bei Schülern, und ihren weiblichen Pendants, die Bereitschaft weckt, in der Zielsprache kommunizieren zu wollen. Ein Freund oder eine Freundin aus dem Zielland des Fremdsprachenunterricht macht Vokabel- und Grammatiklernen zum reinen Vergnügen. Einfach deshalb, weil man die Sprache braucht, weil man sie kennenlernen und benutzen will und weil es in sibjektiv wichtigen Lebenssituationen geschieht.
    Eine Partnerin oder ein Partner, der oder die zunächst darauf bestehen würde, erst einmal die für die Beziehung notwendigen Vokabeln zu büffeln, wäre schnell Vergangenheit. Warum sollte eine solche Trennung dann in der Schule funktionieren?

    schrieb Hanspeter am

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