Leistungsmessung in der Schule
Faulheit und Unfähigkeit - Kaum zu unterscheiden 14.01.2012, 16:48
Die Unterscheidung zwischen Faulheit und Unfähigkeit ist in der klassischen Leistungsmessung kaum zu treffen. Dabei ist diese Unterscheidung zentral, um den richtigen pädagogischen Ansatz zu wählen. Das Konzept "Geld-zurück bei nicht bestandener Prüfung trotz Lernens" wäre genau richtig.
Vorbemerkung: Zum Begriff "Unfähigkeit" im pädagogischen Diskurs
"Unfähigkeit" ist wie "Dummheit" kein nettes Wort, denn es impliziert eine unkurierbare Dumpfheit. Als Pädagog/in glaubt man stets an positive Entwicklungsoptionen - ansonsten kann man den Job gleich fallenlassen. In der pädagogischen Diskussion wird deshalb eher von "Lernschwäche", "Unbegabtheit", "minderem Verständnis" o.ä. geredet.
Wir verwenden dieses Wort hier aus stilistischen Gründen, weil es im Kontext dieses Beitrags das Gegenteil des Konzeptes "Faulheit" bezeichnet. Es ist kein anderes prägnantes Wort bekannt, das dies so umfassend leisten könnte. "Unfähigkeit" bezeichnet schlicht die mangelnde Fähigkeit - im Vergleich zum mangelnden Leistungswillen bei der Faulheit.
Die "Studienwelt Laudius" ist eine Art Volkshochschule im Internet. Zu verschiedenen Themen können Fernkurse belegt werden, der erfolgreiche Abschluss wird bspw. "mit dem Laudius-Abschlusszeugnis bestätigt. Die selbstständige Bearbeitung einer schriftlichen Prüfung zu Hause wird mit dem Laudius-Abschlusszertifikat bestätigt." (z.B. beim Kurs Erfolgreich im Beruf).
Nun wirbt die Studienwelt Laudius mit einem im Bildungssektor höchst ungewöhnlichen Versprechen: Der Geld-zurück-Garantie bei Nichtbestehen.
Die Geld-zurück-Garantie bedeutet nichts weiter, als dass der Bildungsdienstleister für das Versagen seiner Schüler/innen geradesteht. Der Versagensgrund "Faulheit" wird jedoch explizit ausgeschlossen:
Lernen mit Erfolgsgarantie: Wenn Sie trotz regelmäßigen Lernens Ihre Abschlussprüfung nicht bestehen, können Sie Ihren Kurs kostenlos wiederholen
Damit gibt es nur zwei weitere denkbare Gründe für das Durchfallen bei der Prüfung:
- Der Bildungsdienstleister hat den Stoff nicht ordentlich vermittelt.
- Die Schüler/in ist aus sich heraus unfähig, den Stoff zu lernen.
Die Idee ist deshalb apart, weil sie zwischen Faulheit und Unfähigkeit differenziert. Wer faul ist, wird bestraft - wer unfähig ist, bekommt sein Geld zurück.
Im staatlichen Schulwesen gibt es diese Unterscheidung nicht: Es wird nicht zwischen Faulheit und Unfähigkeit unterschieden. Beide - die Faulen und die Unfähigen - werden genau gleich behandelt. Denn eine solche Unterscheidung kann durch Leistungsmessung nur bedingt getroffen werden. Der Faule kann seine Faulheit möglicherweise teilweise durch Intelligenz kompensieren, der Unfähigkeit seine Unfähigkeit durch vermehrte Lernanstrengungen.
Lehrer/innen unternehmen alle Anstrengungen, um zwischen Faulheit und Unfähigkeit zu unterscheiden. Dazu gehört in erster Linie die Kontrolle der Hausaufgaben. Doch ach! Der Faule schreibt die Hausaufgabe zuvor heimlich ab, weil er sie nicht gemacht hat; der Unfähige schreibt sie ab, weil er sie nicht verstanden hat.
Natürlich glauben alle Lehrer/innen intuitiv zu wissen, wer faul und wer unfähig ist. Das zeigt sich an Phrasen wie "Sie könnte ja, wenn er nur wollte ..." oder "Wenn er sich auf seinen Hosenboden setzen würde ..." Doch leider gibt es seitens der Schule kaum eine Möglichkeit halbwegs objektiv festzustellen, ob ein/e Schüler/in unfähig oder faul ist. Wer hierfür ein funktionierendes Instrument entwickelt, erhält den Nobelpreis für Bildung - denn das Schulwesen würde dadurch deutlich verbessert: Der Unfähige wird gefördert und kann seine Leistung so steigern. Der Faule wird gezielt unter Druck gesetzt und kann seine Leistung ebenfalls steigern.