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Goethes Faust als Prosa

Faust: Die Gretchen-Tragödie (Arbeitsblatt) 30.01.2021, 20:57

Kerker mit vergittertem Fenster
Bild: Jimmy Chan/Pexels [CC0 (Public Domain)]

Arbeitsblatt (4 Seiten) zu zwei Schlüsselmomenten in Goethes Faust: In der Szene Marthens Garten (»Gretchenfrage«) und in der Kerkerszene entscheidet sich Margaretes Schicksal. Die beiden Szenen als Arbeitsblätter in leicht verständlicher Prosa-»Übersetzung« mit einigen Arbeitsfragen.

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Faust-Lektürehilfe als Prosa - Buchcover 2022Faust 1 - verstanden! ist eine inhaltsgetreue Übersetzung von Goethes Faust I - und zwar von Versen in Fließtext. Die Idee ist knallig und gut, wir veröffentlichen deshalb hier mit freundlicher Genehmigung ein Arbeitsblatt, das die Gretchenfrage und die Kerkerszene thematisiert.
Die erste Auflage von Faust 1 verstanden! Lektürehilfe frei nach Goethe ist im August 2020 erschienen, erhältlich z.B. hier: lovelybooks: Faust 1 verstanden

Sich Goethes Faust am sommerlichen Strand mal so einfach reinzuziehen, das schaffen nicht Viele. Für die anderen hat Frau Latona den ganzen Faust I in Prosa übersetzt - Sätze statt Verse. Das liest sich entspannt und ist inhaltlich doch sehr eng am Original. Die genaueren Hintergründe lesen Sie in unserem Interview: Goethes »Faust I« in Prosa übersetzt - Interview mit der Autorin

Als Beispiel für die Verwendung im Unterricht gibt es hier ein weiteres Arbeitsblatt (4 Seiten) mit Arbeitsaufträgen (Die Gretchentragödie - Arbeitsblatt als PDF). Themen sind die Szene »Marthens Garten« (Gretchenfrage) und die Kerkerszene. In diesen Szenen entscheidet sich Gretchens Schicksal.

Hintergrund: Faust I besitzt zwei wesentliche Handlungstränge: Die Gelehrtentragödie und die Gretchentragödie. Fausts Handeln führt dazu, dass Margarete alles verliert: Ihre Familie, ihre Würde und ihr Leben. Dennoch bleibt zu hinterfragen, inwieweit sie moralisch letztlich über Faust erhaben ist.

Ausschnitt: Arbeitsblatt »Faust: Gretchenfrage / Kerkerszene«

Der Text als Prosa liest sich für Nicht-Germanistinnen deutlich einfacher als das Original. Deshalb kann der Text durchaus auch in Einzelarbeit (Hausaufgabe …) gelesen und vorbereitet werden.

Es werden zwei Textstellen bearbeitet:

Gretchenfrage

Diese Szene (Marthens Garten) ist so berühmt, dass der Begriff »Gretchenfrage« sogar heute noch in industrialisierten Vororten deutscher Großstädte zum aktiven Wortschatz gehört.

Die Schüler/innen erhalten eine Prosa-Übersetzung der Szene »Marthens Garten« und vier Arbeitsaufträge. Ob Sie als Lehrer/in alle Arbeitsaufträge behandeln, hängt von Ihren hermeneutischen Präferenzen und der zur Verfügung stehenden Zeit ab.

In den Arbeitsauträgen werden Belege sowohl aus dem vorgelegten Text (Faust-Prosa-Übersetzung) als auch aus dem Original erwartet. Die didaktische Finesse liegt hierbei darin, dass die Schüler/innen sich quasi durch die Hintertür an die verslastige Sprache des Faust gewöhnen. Diese Intention steht ja hinter dem ganzen Konzept dieser Prosa-Übersetzung.
Das können Sie als Lehrer/in natürlich anders handhaben (und nur aus einer der beiden Vorlagen Belege/Zitate fordern).

In der ersten Aufgabe wird die Gretchenfrage inhaltlich eingekreist; dazu sind Belegstellen sowohl aus der (einfacher lesbaren) Prosa-Übersetzung als auch aus dem Original-Faust zu nennen.

Weiterhin wird die Szene in den Gesamtkontext der Lektüre eingeordnet (Standardaufgabe). Inhaltliches Halteseil ist dabei die Frage, ob Fausts Antwort das weitere Handeln Margaretes beeinflusst.

In der dritten Aufgabe soll Fausts Einstellung zur christlichen Religion beschrieben werden. Auch hier sollen die Schüler/innen Zitate nennen.

Vierte Aufgabe: Stellungnahme - mit welchem Standpunkt identifiziere ich mich eher?

Kerkerszene

Hierzu drei Aufgaben:

Welche Gründe hat Margarete, nicht mit Faust zu gehen? Hier werden nur Stellen aus dem Originaltext gefordert, da diese recht gut auffindbar sind.

In Form des Kreativen Schreibens wird weiterhin erörtert, warum Margarete den Tod vorzieht. Sie schreibt einen Brief an Faust, wo sie sich erklärt.

Den Abschluss bildet eine Erörterung/Stellungnahme.

Inhalt des Arbeitsblattes

Das Arbeitsblatt (4 Seiten) zum Download finden Sie hier: Die Gretchentragödie - Arbeitsblatt als PDF

1) Die Gretchenfrage

In der Szene Marthens Garten stellt Margarete Faust eine sehr entscheidende Frage, die als "Gretchenfrage" in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen ist. Im Folgenden ist der Dialog sinngemäß übersetzt.

»Bitte sei ehrlich zu mir, Heinrich«, bat Margarete, bevor sie ihn fragte: »Bist du religiös?« Sie fürchtete sich vor seiner Antwort. Was, wenn er verneinte? Wie konnte sie einen Mann lieben, der Gott nicht ehrte, wo doch ihre Religion einen so hohen Stellenwert in ihrem Leben einnahm?

Er seufzte auf, als habe sie ihn mit ihrer Frage enttäuscht, und berührte ihren Arm. »Lass uns jetzt nicht darüber sprechen. Für die, die ich liebe, würde ich alles tun, egal woran sie glauben. Ich hindere niemanden daran, in die Kirche zu gehen.«

»Das ist keine richtige Antwort!«, sagte sie etwas energischer, als sie beabsichtigt hatte. »Jeder Mensch muss an Gott glauben!«

Er sah sie zweifelnd an und Gretchen biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte bereits geahnt, dass er ihr ausweichen würde, und verwünschte sich selbst dafür, dass sie ihn trotzdem nicht weniger liebte als zuvor. »Du bist lange nicht zur Beichte gegangen und im Gottesdienst habe ich dich noch nie gesehen. Glaubst du… gar nicht an Gott?«

»Du könntest diese Frage auch einem Priester stellen und seine Antwort würde dich nicht zufriedenstellen.«

»Also glaubst du nicht?«

»So habe ich das nicht gemeint. Es wäre anmaßend, mit voller Überzeugung von sich zu behaupten, dass man an Gott glaube. Doch ebenso wenig kann man seine Existenz abstreiten. Wenn ich mich umschaue, die gewaltige Natur und die unzähligen Sterne am Himmel betrachte, dann ist mir klar, dass jemand sie geschaffen haben muss. Ich spüre eine unsichtbare Kraft, die die ganze Welt erfüllt.« Endlich blickte er ihr direkt in die Augen und strich lächelnd über ihre Wange. »Genauso geht es mir, wenn ich dich ansehe. Wenn die Ehrfurcht vor dem Universum und meine unendliche Liebe zu dir mich ganz erfüllen, dann fühle ich das Höchste, das es gibt. Ob wir es nun Gott nennen oder ihm einen anderen Namen geben, finde ich nicht wichtig. Jede Kultur hat eine andere Bezeichnung dafür, alle sprechen davon in ihrer eigenen Sprache und meinen dennoch ein und dasselbe.«

»Das klingt zwar alles ganz richtig«, gab Gretchen zögernd zu, weil Fausts Worte für sie so ähnlich klangen wie das, was der Priester zur Messe von der Kanzel predigte. »Aber was nützt das, wenn du dich nicht zum Christentum bekennen willst?«

Faust zog seine Hand zurück. »Oh Margarete…«

»Du umgibst dich auch mit den falschen Leuten!«

»Wie meinst du das?«

»Dein Begleiter. Mephistopheles. Wenn ich ihn sehe, packt mich eine kalte Gänsehaut."

Aufgaben/Arbeitsaufräge

  • Fassen Sie den Kern der Gretchenfrage zusammen und erläutern Sie, welchen Stellenwert sie für Margarete einnimmt. Finden Sie dazu passende Belegstellen sowohl in der Textquelle als auch im Originaltext (Z. 3414-3500).
  • Ordnen Sie die Szene "Marthens Garten" in den Gesamtkontext ein. Erörtern Sie, ob und wie Fausts Antwort Margaretes weiteres Handeln bestimmt.
  • Beschreiben Sie Faust Verhältnis zur christlichen Religion. Stützen Sie Ihre Ausführungen durch Zitate wahlweise aus dem Originaltext (Z. 3414-3500) oder aus der Textquelle.
  • Identifizieren Sie sich eher mit dem religiösen Standpunkt Margaretes, Fausts oder mit keinem von beiden? Begründen Sie Ihre Meinung.

2) Die Kerkerszene

Kerker ist die letzte Szene des Dramas und zugleich diejenige, in der sich Margaretes Schicksal endgültig entscheidet. Hier ein Auszug aus der sinngemäßen Prosaübersetzung:

»Du bist hier«, wiederholte sie, als sei ihr größter und einziger Herzenswunsch endlich in Erfüllung gegangen. »Du kommst, um mich zu befreien. Ich bin gerettet. Weißt du noch, wie wir uns zum ersten Mal begegnet sind? Ja, ich erinnere mich noch genau an den Tag, als ich dich auf der Straße sah, und daran, wie ich in Marthes Garten auf dich gewartet habe.«

»Komm, wir müssen gehen. Sonst werden wir beide dafür bezahlen.«

»Oh, warte doch.« Sie hielt ihn fest, drängte sich seinen Lippen entgegen. »Jetzt, wo ich dich wiederhabe, lasse ich dich nicht gleich wieder fort. Küss mich! Oder hast du etwa verlernt, wie man küsst?« Ungestüm warf sie sich an seinen Hals und drückte ihm einen Kuss auf den Mund, doch gleich darauf erschauderte sie. »Deine Lippen sind kalt. Was ist geschehen, wieso liebst du mich nicht mehr? [...] Hast du mich auch nicht angelogen? Bist du es wirklich?«

»Ja. Komm jetzt! Draußen geht bald die Sonne auf!«

Margarete war mit einem Mal ruhig und klar geworden. »Warum hasst du mich nicht? Wenn du meine Verbrechen kennst – warum ekelst du dich nicht vor mir? Ich habe meine Mutter umgebracht, um mit dir die Nacht verbringen zu können. Unser gemeinsames Kind habe ich ertränkt. [...] Und mein Bruder…« Entsetzt wich sie vor ihm zurück, als sie verstand. »Du warst es, nicht wahr? Du hast ihn erstochen.«

»Vergiss die Vergangenheit!«, beschwor er sie. »Die Erinnerung daran bringt mich um.«

[...] Sie lächelte traurig. »Ich kann nicht fassen, dass die Zeit, in der wir uns liebten, endgültig der Vergangenheit angehören soll. Nichts zieht mich mehr zu dir, du erscheinst mir wie ein Fremder. Ich wünschte, ich könnte mit dir gemeinsam fliehen…«

»Du kannst! Jetzt! Du musst nur aus dieser verfluchten Zelle hinausgehen und mir folgen!«

»Wozu? Sie würden mich verfolgen. Ich will nicht mehr betteln müssen, will nicht mein Leben lang auf der Flucht sein, für immer aus meiner Heimat verbannt. Das ist kein Leben. Das ist ein Fluch!« [...]

Faust musste einsehen, dass es ihm nicht gelingen würde, sie zu überzeugen. In ihrem Wahn war sie weder für Vernunft noch für sein inständiges Bitten zugänglich. »Wenn es sein muss, werde ich dich hinaustragen, um dich zu retten«, beschloss er und hob sie auf seine Arme.

»Lass mich los!« Schreiend schlug mit ihren kläglichen Fäusten auf seine Schultern ein. »Ich war immer zärtlich und verständnisvoll zu dir. Du hast kein Recht, mir Gewalt anzutun!« Sie stemmte ihre Füße gegen den schmalen Türrahmen, als er sie hinaustragen wollte und krallte sich schmerzhaft in seinen Hals, sodass er sie schließlich absetzen musste.

»Wir haben keine Zeit mehr«, fluchte er. »Entweder du gehst augenblicklich mit mir durch diese Tür oder du bist verloren. Der Tag bricht an.«

»Ja. Es sollte einmal der Tag meiner Hochzeit sein, weißt du?« Sie legte ihm den Finger auf die Lippen, als wolle sie ihm ein Geheimnis anvertrauen. »Sorge dich nicht. Wir werden uns wiedersehen, wenn auch nicht in diesem Leben. Ich bin so gut wie tot, die Leute machen sich schon auf den Weg zum Richtplatz, um mich sterben zu sehen. Es geht nicht anders.«

»Habt ihr jetzt genug geplaudert?«, unterbrach sie Mephisto. [...]

»Der!« Aufgebracht deutete Gretchen auf Mephistopheles und taumelte rückwärts, bis sie mit dem Rücken hart gegen die Wand stieß. »Schick ihn weg, Heinrich. Er will meine Seele stehlen.« [...]

Faust unternahm einen letzten verzweifelten Versuch, Gretchen gewaltsam aus dem Kerker zu zerren, aber sie bekam eine der Ketten zu fassen, die in der Mauer verankert waren, und hielt sich daran fest. »Nein!«, schrie sie. »Ich gehöre nur Gott, sonst niemandem! Oh, Herr und alle Engel im Himmel, helft mir!«

»Ich will, dass du lebst!«

»Lass mich, Heinrich, ich habe Angst vor dir!«

Aufgaben/Arbeitsaufräge

  • Markieren Sie in der Textquelle fünf Zitate, die Margaretes Handlungsmotiv repräsentieren und finden Sie die jeweils passende Stelle im Originaltext (Z. 4405ff).
  • Wieso lehnt Margarete die Rettung ab und akzeptiert ihren Tod? Verfassen Sie einen Brief aus Gretchens Perspektive an Faust, in dem Sie ihm ihre Beweggründe erklären.
  • Erörtern Sie, ob Margaretes Entscheidung Ihrer Meinung nach richtig ist. Betrachten Sie dabei auch alternative Entscheidungsmöglichkeiten und deren Konsequenzen.
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