Gymnasialempfehlung
Vom Zwang, die Kinder aufs Gymnasium zu schicken 17.11.2008, 20:14
Häufig gibt es zwischen Lehrer/innen und Eltern Streit, weil diese darauf bestehen, dass ihr Kind eine Empfehlung fürs Gymnasium bekommt (obwohl alles dafür spricht, es auf die Realschule zu schicken). Diese Unsitte ist vor allem in Großstädten verbreitet. Aktuelles Beispiel: München.
In sehr ländlichen Gebieten gibt es Eltern, die Kinder mit Gymnasialempfehlung auf die Realschule schicken, da sie nicht einsehen, warum das Kind später auf der Universität seine Arbeitskraft verschleudern soll (die man doch auf dem heimischen Hof viel besser einsetzen könnte).
In größeren Städten herrscht mehr Konkurrenzdruck als in der beschaulichen Idylle auf dem Lande. Und natürlich möchte man beim Entrecôte auch gerne erzählen, wie begabt die Kinder sind (“Er geht jetzt aufs Gymnasium. Uns persönlich ist das ja egal, aber ... naja ... sagen wir so: Er hat wirklich was im Kopf.”) - auch wenn das gar nicht unbedingt die Wahrheit trifft.
Aus München wird nun berichtet, dass 60% aller Gymnasiast/inn/en während ihrer gymnasialen Laufbahn mindestens eine Klasse wiederholen müssen; 30% der Schüler/innen verlassen das Gymnasium ohne Abitur.
“Das liegt daran, dass in München viel mehr Kinder nach der Grundschule aufs Gymnasium übertreten, als auf dem Land”, erklärt Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV). [...]
Wer sich teure Nachhilfe leisten kann, wird zum Abitur gepuscht, wer nicht, fällt durch den Rost. In München würden etwa 200 000 bis 300 000 Euro pro Woche für Nachhilfe ausgegeben, schätzt Wenzel.
sueddeutsche 17.11.2008: ‘Der Ausleseauftrag steht im Vordergrund’
Der Verlierer sind nicht nur die Kinder, die sich im Gymnasium abmühen und dann doch versagen. Die Verlierer sind - wieder mal - die Hauptschulen, die durch die Eitelkeit und Karrieregeilheit vieler Eltern noch mehr ins Abseits gedrängt werden.
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