Kinder
10% der deutschen Kinder haben Schulangst. Ist das viel oder wenig? 04.12.2008, 00:00
Im Kinderwerte-Monitor 2008 (Geolino/UNICEF) wurden 6- bis 14-jährige Kinder ein weiteres Mal nach ihren Werten, Erwartungen und Ängsten gefragt. Angeblich haben mehr als 20% aller Kinder Verlustängste, 10% haben Schulangst. Allerdings sind diese Zahlen - wie bei allen Studien - mit Vorsicht zu genießen, wie Videoaufnahmen der befragten Kinder zeigen.
Für die Studie wurden 911 Kinder (6-14 Jahre) und 706 Mütter bei sich zu Hause befragt (“persönliche In-home-Interviews (Face-to-Face) mittels Mehrthemenfragebogen”). Die ausführlichere Zusammenfassung “Geborgenheit und Vertrauen sind am wichtigsten” findet sich bei der unicef. Wesentlich übersichtlicher ist jedoch das zugehörige PDF-File Kinderwertemonitor 2008 - Infografiken (pdf); dort finden sich die Ergebnisse in Diagrammform, ebenso die gestellten Fragen.
Diesen Grafiken ist z.B. zu entnehmen:
- 50% der Kinder würden sich “nicht so gerne” oder “überhaupt nicht gerne” in der Schule engagieren.
- Geld/Besitz ist für 40% der Kinder “nicht so wichtig” oder “unwichtig”. Immerhin 60% meinten, dass Geld/Besitz für sie “wichtig” oder “total wichtig” (22%) seien.
- 11% der Kinder haben Schulangst, 22% der Kinder haben Verlustängste (Verwandte), 7% haben gar keine Angst.
Diese Zahlen klingen alarmierend, allerdings klingen Zahlen immer alarmierend, wenn man sie losgelöst von der Realität betrachtet. Stellen Sie einem 10-jährigen Kind die Frage so, wie sie in der Studie gestellt wurde:
Kinderwertemonitor 2008 - Infografiken (pdf), S. 2
Dann lesen Sie nacheinander die Wörter “Mut, Respekt, Leistungsbereitschaft, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit/Treue, Geborgenheit, Freundschaft, Verantwortungsbewusstsein, Durchsetzungsfähigkeit, Toleranz, Geld/Besitz, Gute Manieren haben, Umweltschutz, Mitgefühl, Pflichtbewusstsein, Glaube” vor. Die meisten Kinder werden bei vielen der abstrakteren Begriffe zur Mitte der Skala “total wichtig” - “wichtig” - “nicht so wichtig” - “überhaupt nicht wichtig” (- “weiß nicht/keine Angabe”) tendieren und damit “wichtig” oder “nicht so wichtig” wählen. Da gerade die jüngeren Kinder nicht unbedingt eine dezidierte Meinung zur Wichtigkeit von “Toleranz” haben, werden hier viele Kinder eher zufällig antworten (“Hmmm ... nicht so wichtig.”).
Man verstehe das nicht falsch: Die Studie ist hoch interessant, die Aussagen der Kinder sind durchaus ernst zu nehmen. Statistische Daten können jedoch immer nur einen Teil der Realität fassen. Deshalb sollte man sich davor hüten, in Panik zu geraten oder jedes zweite Kind zu hassen, weil es sich nicht gerne in der Schule engagiert.
- Geolino-Video, auf dem Kinder bei der Befragung gefilmt wurden; Fragen:
- Woran erkennt man einen Freund/eine Freundin?
- Welche neuen Schulfächer wünschst du dir? (“Trampolinspringen”)
- Was heißt für dich Umweltschutz?
- Machst du selbst etwas für die Umwelt?
- Gibt es etwas, wovor du Angst hast? (“Nein” / “Wenn ich in die Schule gehe, und da lauern solchen Typies und wollen mich dann verhauen.” / “Wenn Krieg ist und wenn in der Nacht, wenn man nichts sehen kann, und dann ... keine Ahnung.”)
- UNICEF - Übersichtsseite/Zusammenfassung zum Kinderwerte-Monitor 2008
- gefunden bei News Adhoc 03.12.2008: Kinder haben Furcht vor Schule und Verlustängste