Computerraum
Die Angst des Lehrers vor dem Computerraum 16.07.2007, 10:14
Lehrpersonen nutzen Computerräume nicht, weil sie Angst haben, dort zu versagen. Und weil sie nicht wissen, was sie dort Sinnvolles tun könnten. Hilfreiche Worte und konkrete Tipps zur Lösung dieser Probleme finden sich in diesem Aufsatz.
Vorbemerkung, 16.07.2007
„Ich bin doch nicht verrückt!“[1]
Laut BMBF waren im Mai 2002 – je nach Schultyp – bis zu 98% der bundesdeutschen Schulen mit Computerarbeitsplätzen ausgestattet, mehr als die Hälfte mit dem Internet verbunden.[2] Weniger euphorisch stimmt die Tatsache, dass der Einsatz von Computern, weitaus weniger noch des Internets, in der Unterrichtspraxis eher selten zu beobachten ist.[3] Und genau das ist Fakt in den Schulen der Nation: Der überwiegende Teil aller Lehrpersonen meidet den Computerraum mehr oder weniger dezent, in der Regel mit einem etwas schlechten Gewissen. Denn die Kritik an multimedialosen, traditionellen Unterrichtsformen nimmt – seit PISA verstärkt – kontinuierlich zu. Und in der Tat: Offener, computerbasierter, multimedialer Projektunterricht ist genau das, was SchülerInnen von heute brauchen und wollen. Und LehrerInnen auch.
Andererseits: Wer kann den persönlichen Aufwand abschätzen, den die Einarbeitung in multimediale Unterrichtsmethoden bedeutet? Wer will sich ahnungslos in den EDV-Raum begeben, in dem Unmengen von Kabeln, Betriebssystemen und Lämpchen nur darauf warten, im entscheidenden Moment den Geist aufzugeben? Und dann gibt es ja noch in jeder Klasse mindestens ein, zwei „Nerds“[4], die sich wesentlich besser mit Computern auskennen als man selbst und dafür sorgen, dass man zum Gespött der multimedialen Lernwelt wird.
Diesem Zwiespalt, der die deutliche Mehrheit aller deutschen Lehrpersonen betrifft, wollen wir uns etwas nähern und Anregungen bieten, wie er überwunden werden kann. Deshalb scheint eine Orientierung an folgenden Fragen sinnvoll:
1. Warum meiden LehrerInnen den Computerraum?
2. Welchen Gewinn bringt der Einsatz von EDV-Maschinen im Unterricht?
3. Konkret: Wie nutze ich den Computerraum?
Selbstverständlich gibt es auch Argumente gegen computerbasierte Unterrichtsmethoden.[5] Ich bin jedoch überzeugt, dass eine Mehrzahl dieser Argumente nicht computergestützten Unterricht selbst, sondern nur dessen didaktisch unsachgemäße Durchführung bzw. allgemeine medienpädagogische Probleme betrifft. Da eine Diskussion auf dieser Metaebene nichts zur Lösung des angesprochenen Problems beiträgt, wollen wir uns hier mit einem Hinweis auf Clifford Stoll und sein populäres Buch „Logout“ begnügen.[6]
1. Warum meiden LehrerInnen den Computerraum?
Es sind im Wesentlichen zwei große Bereiche, die zur Ablehnung von computergestütztem Unterricht führen. Es sind einerseits – durchaus begründete und keineswegs peinliche – Versagensängste, wenn z.B. die Technik mal wieder nicht mitspielt oder die SchülerInnen alles besser können. Zum anderen sind es didaktisch-methodische Defizite: ein Großteil aller Lehrpersonen hat keine Ahnung, wie und warum man EDV und Internet didaktisch sinnvoll einsetzen und wo man sich knapp und effektiv darüber informieren kann.
1.1 „Alles kann schief gehen.“
Die größte Unsicherheit wird hervorgerufen durch das Ausgeliefertsein an die unberechenbare Technik: Das Internet funktioniert nicht, der Lehrerrechner stürzt ab oder fährt erst gar nicht hoch, das Passwort wird nicht angenommen, das Netzwerk wird plötzlich unglaublich langsam. Eine scheinbar unüberwindliche Blamage steht ins Haus – gerade, wenn man den Computerraum zum ersten Mal nutzt. Wenig hilfreich ist da die Tatsache, dass im Computerraum ganz andere Verhältnisse herrschen als zuhause.
Das alles sind ernst zu nehmende Risiken, die man auf jeden Fall minimieren sollte, indem man kurz vor Stundenbeginn noch einmal alles durchcheckt. Doch selbst ein Profi ist nicht gefeit gegen einen plötzlichen Stromausfall. Im Falle einer Störung gilt es, Souveränität und Ruhe zu bewahren: Alle Maschinen werden heruntergefahren und die Stunde nimmt einen alternativen Verlauf – ohne Computer. Wer kennt nicht die Situation, in der die Hälfte aller Schüler ihr Schulbuch vergessen haben? Wenn das Medium versagt, muss ein Alternativplan her. Ob das versagende Medium dabei analog oder digital ist, spielt keine Rolle.
In unmittelbarem Zusammenhang steht die Angst vor den SchülerInnen. In ihren Reihen gibt es viele, die sich in bestimmten EDV-Bereichen wesentlich besser auskennen als die Lehrperson. Dies wird in Zukunft noch zunehmen, steigen die Kinder doch immer früher in die Bedienung von Computern ein. Doch untergräbt diese Überlegenheit der SchülerInnen tatsächlich die eigene Autorität? Ich glaube nein. Computer, Computerraum und Netzwerk sind Medien – weiter nichts. Wer hat sich noch nie von einer SchülerIn beim Anwerfen des neuen Videorekorders helfen lassen? Berufen Sie die Profis unter den SchülerInnen zu ExpertInnen und befragen Sie sie in Problemfällen. Die verantwortungsvolle Position erfüllt die ExpertInnen mit Stolz und Eifer, die Oberhoheit über Didaktik und Lerninhalte verbleibt unangetastet bei der Lehrperson.
1.2 Methodik und Didaktik neuer Medien – das unbekannte Ding
Der überwiegende Teil aller Lehrpersonen – auch derer, die mit ihren Klassen bisweilen im Computerraum sind – verfügt nicht über die notwendigen mediendidaktischen Kenntnisse, um methodisch sinnvollen Unterricht mit Computern durchzuführen. Praxisnahe Anleitungen für multimedialen Unterricht sind – auch im Internet – nur schwer zu bekommen. Meist werden spezielle Einzelfallszenarien akribisch beschrieben, oder man stößt auf pauschale, oft sehr abstrakte Verherrlichungen ohne jeglichen Praxisbezug. Dennoch erfordert der Ausgleich des angesprochenen mediendidaktischen Defizits nichts weiter als etwas Zeit und guten Willen. Ob sich diese Investition lohnt, muss jede Lehrperson für sich selbst entscheiden.
2. Welchen Gewinn bringt der Einsatz von EDV-Maschinen im Unterricht?
Sinnlos ist der Einsatz von neuen Medien im Unterricht vor allem dann, wenn Lernziele, -inhalte und -methoden sich ihnen unterordnen: Einsatz neuer Medien zum Selbstzweck. Dann geschieht nichts weiter als dass rund 30 Jugendliche 45 Minuten lang sinnlos im Internet surfen und sich bei keiner der beteiligten Parteien ein Befriedigungs- oder gar Lerneffekt einstellt. Bei didaktisch angemessener Herangehensweise hat multimedialer Unterricht jedoch unbestreitbare Vorteile:
- Motivation
- Computer und Internet prägen die Lebenswelt der SchülerInnen in rasant zunehmendem Maße (z.B. JIM-Studie 2002[7]). 93% aller SchülerInnen nutzen mindestens einmal pro Monat den Computer. Auf Platz 1 der beliebtesten Tätigkeiten steht dabei das Surfen im Internet.[8] Die Beherrschung von neuen Medien stellt inzwischen – auch aus SchülerInnenperspektive! – eine fast lebenswichtige Kompetenz dar. Eine Kompetenz, durch die das Angenehme (Spielen, Surfen) mit dem Nützlichen (Informationsgewinnung) verknüpft ist. Und deshalb ziehen die SchülerInnen gerade in der Schule mit: Sie erlernen, wie sie Techniken ihres Alltags (z.B. Surfen) sinnvoll anwenden, indem sie dem Internet oder Computerprogrammen Informationen abtrotzen und mit diesen Informationen arbeiten. Ebenfalls hoch motivierend wirkt die Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und sich damit in der Klassengemeinschaft zu profilieren.Ich habe mit zwei elften Klassen im Fach Geschichte folgendes ausprobiert: In der Arbeitsphase der Stunde war ein Text über den Vorabend der Französischen Revolution in Hinblick auf bestimmte Aspekte zu bearbeiten. Der einzige Unterschied bestand darin, dass in einer der beiden Klassen der identische Text auf einer Internetseite (statt im Buch) zu lesen war. Die Internet-Gruppe ging ungleich motivierter und disziplinierter (!) ans Werk. Dieses Phänomen habe ich in zahlreichen Unterrichtsstunden im Computerraum beobachtet.Gerade das Motiv „Motivation“ sollte zu einem Besuch im Computerraum motivieren – auch aus egoistischen Gründen: Alle Lehrpersonen wissen, wie wichtig die Motivation von SchülerInnen für die eigene berufliche Erfüllung ist.
- Medienkompetenz
- Im Bildungsbereich zählt dieser Begriff sicher zu den meist gebrauchten der letzten beiden Jahre. Letztlich bedeutet Medienkompetenz nichts weiter als die Fähigkeit, Medien reflektiert und zielgerichtet zu benutzen.[9] Das betrifft auch konkrete Anforderungen der Berufswelt: Schon heute wäre in vielen Branchen die Unfähigkeit, eine durch Powerpoint unterstützte Präsentation abzuhalten oder ein Word-Dokument zu gestalten, ein sofortiges Ausschlusskriterium. „Wer heute Microsoft-Produkte nicht bedienen kann, gehört quasi zu den digitalen Analphabeten.“[10] Im Unterschied zu den meisten anderen Kompetenzen, deren Vermittlung der Schule obliegt, wird diese Kompetenz von fast allen SchülerInnen widerstandslos als erlernenswert akzeptiert. Denn die meisten jungen Menschen erkennen noch klarer als die Generation ihrer LehrerInnen: Im Informationszeitalter hat die Vorstellung eines enzyklopädischen Wissenskanons als Bildungsideal endgültig ausgedient. Von jedem Ort der Welt kann man heute auf fast alles Wissen der Welt zugreifen – man muss nur wissen, wieman es findet, wiees zu beurteilen ist und wieman mit diesen Informationen umgeht. Wer in der Schule Unterricht mit dem Computer betreibt, der erwirbt Schlüsselqualifikationen. Er/sie lernt mit der digitalen Informationsflut umzugehen: öffnen, speichern, bearbeiten, finden, kritisch lesen, überprüfen, vergleichen, präsentieren, bewerten usw. Die heutigen Zehntklässler werden nach ihrem Abitur die Lohnsteuerjahreserklärung online ausfüllen müssen, da die analoge Lohnsteuerkarte wird.[11] Auch darauf sollten sie in der Schule vorbereitet werden.
- Zeitgemäße Lernprozesse
- Die Medialisierung unserer Welt ist - man mag es begrüßen oder nicht – gewaltig und unaufhaltbar. Der Medienkonsum steigt von Jahr zu Jahr, am stärksten ist der Online-Bereich betroffen.[12]Dennoch ist Fernsehen für Kinder und Jugendliche – noch – Medium Nummer 1.10-13jährige verbrachten im Jahr 2002 knapp zwei Stunden/Tag vor dem TV-Gerät, die 3-5jährigen immerhin 76 Minuten (ebenfalls pro Tag).[13] Personen im Alter von 14 Jahren oder darüber konsumierten im Durchschnitt pro Tag ca. 3,5 Stunden TV.[14]Kurz: Der Kontakt zwischen Kindern und ihrer Umwelt findet zu einem großen Teil über Sekundärerfahrungen statt. Die technologische Entwicklung gestaltet diesen Kontakt zunehmend multimedial, das Buch der nächsten Dekade kann sich selbst vorlesen. Diese Entwicklung hat selbstverständlich kognitionspsychologische Implikationen. Jugendliche gewöhnen sich zunehmend an mehrkanalige Informationsaufnahme und -verarbeitung, Denkprozesse passen sich – zwangsläufig! – der hypertextuellen Struktur der medialen Umwelt an. Es ist zu vermuten, dass dieser exzessive Medienkonsum zusammenhängt mit einem Anstieg von Ablenkbarkeit und Unkonzentriertheit. Auch wenn man dieses Phänomen nicht fördern möchte, kann es dem Lehr-Lernprozess bisweilen durchaus dienlich sein, diese Unkonzentriertheit auszugleichen durch die Nutzung von Multimedien, in denen die abschweifende Konzentration in andere sensuelle Kanäle geleitet werden kann. Und natürlich reizt die ästhetische Dimension des Multimedialen gerade die „Generation @“ zur aktiven Rezeption, zum spielerisch- interaktiven Umgang mit Bild, Wort und Ton. Primär visuelle oder primär auditive Formen (wie z.B. längeres Lesen eines Textes, Anhören eines Lehrervortrags) bilden die informationstechnologischen Lebensumstände der Jugendlichen zunehmend weniger ab. Ob solche monokanaligen Formen dem Lernprozess mehr oder weniger dienlich sind als multimediale Formen, wird sich in nächster Zeit nicht eindeutig klären lassen. Dennoch ist die Tatsache unbestreitbar (und hundertfach beobachtet), dass Jugendliche routinierter und engagierter arbeiten, wenn sie sich ihrer gewohnten Informationsverarbeitungstechniken bedienen (und nicht derer, die ein Erwachsener für optimal hält). Und vergessen wir nicht: Als LehrerInnen bereiten wir die Jugend auf ein mündiges Agieren im Alltag der Zukunft vor. Diese Zukunft wird sicherlich nicht weniger multimedial sein als die Gegenwart.
- Selbstständiges Lernen - Öffnung des Unterrichts
- Multimedia-CD-ROMs und das Internet sind hypertextuell aufgebaut. Das heißt, dass einzelne Informationsblöcke über Links mit anderen (übergeordneten, untergeordneten, auf gleicher Ebene ...) verknüpft sind. Diese nonlineare Struktur ermöglicht den SchülerInnen einen sehr raschen und individuellen Zugriff auf weiterführende Informationen. Sei es, dass eine SchülerIn früher fertig ist als die anderen, sei es, dass eine SchülerIn sich für die Vertiefung eines bestimmten Aspektes interessiert – mit einem Klick sind die entsprechenden Informationen auf dem Schirm. So kann jede SchülerIn sowohl ihren Interessen als auch ihrem Lerntempo gemäß vorgehen. Das Schulbuch oder ein Arbeitsblatt bergen i.d.R. keine Geheimnisse bzw. keinen Unterhaltungswert – das Internet oder multimediale CD-ROMs sehr wohl. Genau aus diesem Grunde stellt die Arbeit mit digitalen Medien auch eine wertvolle Grundlage zur Öffnung des Unterrichts dar: Der Klick auf einen weiterführenden Link kann zum Beginn eines Interesses, zum Ausgangspunkt für ein selbstständig durchgeführtes SchülerInnenprojekt oder sonstige eigene Aktivitäten außerhalb des von der LehrerIn gestellten didaktischen Rahmens werden. Das hat auch der Erziehungswissenschaftler W. Sacher von der Universität Erlangen eruiert: Kinder werden durch Lernangebote im Internet experimentierfreudiger und lernen selbstständiger.[15]
3. Konkret: Wie nutze ich den Computerraum?
Oberster Grundsatz bei der Planung multimedialen Unterrichts ist dieser: Man sollte sich immer und vollkommen im Klaren darüber sein, dass auch neue Medien in einem didaktischen Kontext in ihrer Funktion nichts weiter sind als Medien – Mittel, um den Lehr-Lernprozess zu stützen. Wahl und Einsatz der Medien haben sich dem Lerngegenstand unterzuordnen. So muss die Entscheidung für einen Lerninhalt zwangsläufig vor der Entscheidung für ein Medium fallen.
Methoden für Newbies [16]: Einzel-/Doppelstunden
Wenn Sie noch nie computergestützten Unterricht betrieben haben, sollten Sie zu Anfang kleinschrittig mit Einzel- oder Doppelstunden operieren (und nicht mit einem umfangreichen Projekt einsteigen). Bedienen Sie sich dabei einer der Methoden aus dem folgenden Abschnitt.
- Finden Sie – u.U. schon didaktisch aufbereitetes – Material (z.B. mit Hilfe einer der unten aufgeführten Linklisten) und lassen Sie die SchülerInnen auf konventionelle Weise damit arbeiten, indem Sie Leitfragen und/oder Arbeitsaufträge vergeben. Konzipieren Sie diese genau so, als würde es sich um einen Text im Buch oder auf einem Arbeitsblatt handeln, und gestalten Sie auch den Stundenverlauf entsprechend. Kalkulieren Sie für das Betreten des Raums und das Hoch- und Runterfahren der Maschinen jeweils 5 Minuten ein.
- Stützen Sie einen Lehrervortrag durch eine Powerpointpräsentation. Benutzen Sie dabei möglichst wenig Effekte und Farbspielereien. Gestalten Sie die Powerpoint-Folien genau so wie die, die Sie sonst auf den Overheadprojektor werfen, oder wie ihre Tafelbilder. Verwenden Sie lieber zu wenig Folien als zu viele.
- Lassen Sie eine Materialrecherche zum aktuellen Unterrichtsgegenstand durchführen. Ausgangspunkt dieser Recherche sind Linksammlungen, die man vorgibt, oder Freitextsuche. Sinnvoll ist hierbei eine knappe Einführung in die Bedienung von Suchmaschinen, die z.B. an Stelle eines Referats von einer SchülerIn durchgeführt werden kann (wichtig: Zeit zur Vorbereitung geben). Lassen Sie aus dem gesammelten Material in der Folgestunde Plakate oder Kurzpräsentationen erstellen. Oder vergleichen Sie das Ergebnis der Recherche mit den Inhalten im Schulbuch. Siehe auch: Lehrerfreund 29.01.2007: Wie Rechercheaufträge im Internet methodisch sinnvoll gestaltet werden können
- Lassen Sie die SchülerInnen eine Hausaufgabe oder ein Referat mit Word gestalten. Bei der Besprechung solcher Arbeiten sollten Sie einerseits auf den Zusammenhang zwischen Form und Inhalt achten (oft geht formale Qualität auf Kosten inhaltlicher), andererseits auf die ästhetische und rezeptionsfunktionale Dimension eingehen (z.B.: Übersichtlichkeit der Gestaltung, Qualität der Bilder/des Ausdrucks, Gesamteindruck, Professionalität, Lesbarkeit ...). Besprechen Sie eine gute Arbeit in einer Schulstunde, während die Arbeit über den Beamer zu sehen ist.
Meiden Sie in der ersten Zeit die Erstellung von Webseiten, da dies einen enormen zeitlichen, planerischen und teilweise auch technischen Aufwand bedeutet.
Methoden für Fortgeschrittene: Projektarbeit
Wirklich sinnvoll wird multimedialer Unterricht, wenn er als (u.U. sogar als fächerübergreifendes[17] Projekt durchgeführt wird. Hierzu müssen die SchülerInnen jedoch über erste technische und organisatorische Grundkenntnisse verfügen, die man im Vorlauf in Einzelstunden bereits erarbeiten sollte. Wie die SchülerInnen arbeiten (innerhalb oder außerhalb der Schule, mit Internet oder CD-ROM etc.) und wie sie ihre Ergebnisse präsentieren (Powerpoint, Webseiten, Reader in Print- oder Onlineversion), sollte man ihnen je nach Alterstufe und Qualifikationsgrad selbst überlassen. Je freier die SchülerInnen in der Auswahl der Mittel und Inhalte sind, desto mehr Motivation und Gruppendynamik kann entstehen. Dies wiederum führt oft zu außerunterrichtlichem Engagement der SchülerInnen, wie z.B. im neuen Film des SWR-Schulfernsehens „Das klickende Klassenzimmer“ dokumentiert ist. Integrieren Sie in die Planung auf jeden Fall die üblichen organisatorischen Säulen der Projektarbeit (Erstellen eines Projektplans, Zielformulierung, Evaluation etc.).
Tipps: Technische Fallen im Computerraum
Siehe hierzu auch Lehrerfreund 05.12.2006: Checkliste: Was muss ich vor Nutzung des Computerraums organisieren?
- Datensicherung: Dateien, die beim computergestützten Unterricht entstehen bzw. gesammelt werden (Bilder, Dokumente, Filme etc.), müssen oft irgendwo gesichert werden (sofern man sie nicht nach dem Ausdrucken einfach verwirft, was auch eine sinnvolle Möglichkeit darstellen kann). In den meisten Schulen sind die Computer mit einem so genannten „HD-Sheriff“ ausgestattet, der dafür sorgt, dass nach einem Neustart alle von SchülerInnen vorgenommenen Veränderungen rückgängig gemacht werden. Wenn Sie die Daten nicht auf CD-ROMs, Disketten oder über Internet sichern, sollten Sie sich im Vorfeld mit der für den Computerraum verantwortlichen Person über dieses Problem austauschen und eine Lösung generieren.
- Drucken: In der Regel lassen sich in schulischen Computerräumen über einen Netzwerkdrucker von jedem Arbeitsplatz aus die gesammelten oder generierten Dateien ausdrucken. Wie dies genau funktioniert, sollte man im Vorfeld mit einer kompetenten Person (der LehrerIn, die für den Computerraum verantwortlich ist oder einer kompetenten SchülerIn) abklären. Beachten Sie außerdem: Wenn von 15 Arbeitsplätzen aus gleichzeitig ein Druckauftrag an den Netzwerkdrucker gesendet wird, kann es zu Datenstaus oder Schlimmerem kommen (zumal ungeduldige SchülerInnen dazu tendieren, Druckaufträge mehrfach abzusenden). Klären Sie auch das im Vorfeld ab und gleichen Sie bei Bedarf Ihre Planung den Gegebenheiten an.
- Beamer: Vor dem Beamer ist oftmals großer Respekt zu beobachten – dabei bedient er sich wesentlich einfacher als ein Fernsehgerät. Lassen Sie sich von einer kompetenten Person zeigen, wie er funktioniert. Wichtig: Wenn Sie den Beamer ausschalten, lassen Sie Ihn vor erneutem Anschalten zwei Minuten aus, um die extrem teure Projektionsbirne zu schonen.
Tipps: Arbeitstechniken
- Informationsauswertung: Informationen aus dem Computer sollten grundsätzlich handschriftlich zusammengefasst und bearbeitet werden, wenn man kein digitales Arbeitsergebnis anstrebt. SchülerInnen neigen dazu, gigantische Mengen an Material aus dem Internet zu kopieren, es auszudrucken und ins Heft zu kleben – ohne es je gelesen zu haben.
- Quellen aus dem Internet: Informationen, die aus nicht qualifizierten Quellen kommen, müssen von den SchülerInnen immer z.B. in Hinblick auf Wahrheitsgehalt, extremistische Tendenzen oder Vollständigkeit überprüft und diskutiert werden. Die Überprüfung erfolgt durch die Benutzung von Lexika, Schulbüchern, digitalen Nachschlagewerken, anderen Internetangeboten etc. Sinnvoll ist oft auch eine genaue Betrachtung des Impressums.
- Internetrecherche: Die meisten SchülerInnen sind nicht in der Lage, eine effektive und sinnvolle Internetrecherche durchzuführen. Lassen Sie deshalb auf Grundlage von schon bestehenden oder selbst zusam- mengestellten Linklisten recherchieren, oder geben Sie (oder eine ExpertIn aus der Klasse) eine Einführung in die Bedienung von Suchmaschinen. Haben Sie keine Scheu zu gestehen, wenn Sie selbst mit Suchmaschinen nicht so viel am Hut haben. Das lernen Sie von Ihren SchülerInnen schnell. Siehe auch: Lehrerfreund 29.01.2007: Wie Rechercheaufträge im Internet methodisch sinnvoll gestaltet werden können
- Heimarbeit: Oft ist es sinnvoll, den SchülerInnen Hausaufgaben zu geben, die auf der Nutzung von Computern/des Internets beruhen. Dabei werden sie oft durch technische Probleme von der Heimarbeit abgehalten („Unser Internetzugang hat nicht funktioniert.“ – „Die Druckerpatrone war gestern abend plötzlich leer.“ ). Meist ist unklar, ob es sich um Ausrede oder Wahrheit handelt. Verbindliche Abgabetermine sollten deshalb schon frühzeitig festgelegt werden. Ebenfalls von großem Vorteil ist es, wenn die Schüler Computer und Internet in der Schule nutzen können. Machen Sie bei der Aufgabenstellung klar, dass technische Probleme auf Grund dieser Umstände als Entschuldigung nicht in Frage kommen werden.
- Kommunikation im Internet (Foren, Chats): Kommunikation im Internet (z.B. Forenkommunikation zur Vorbereitung einer Klassenarbeit, Chat mit einer anderen Klasse im Ausland) bereitet SchülerInnen erfahrungsgemäß großen Spaß. Im Regelfall ist jedoch der zeitliche Aufwand im Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen gering.
Tipps: Planung und Organisatorisches
Siehe hierzu auch Lehrerfreund 05.12.2006: Checkliste: Was muss ich vor Nutzung des Computerraums organisieren?
- Planung: Problematisch erweist sich für Ungeübte die Planung von computergestütztem Unterricht, da die Erfahrung und das Gespür dafür fehlt, wie viel Zeit einzelne Prozesse in Anspruch nehmen (z.B. Hochfahren der Maschinen bei Stundenbeginn, einloggen ...). Dieses Gespür entwickelt sich mit zunehmender Erfahrung. Prüfen Sie, wie lange Sie selbst für die Aufgabe brauchen, und richten Sie die den SchülerInnen zur Verfügung stehende Zeit daran aus. Wenn Sie den Eindruck haben, dass der Arbeitsprozess am Ende der Zeitspanne genügend vorangeschritten ist, unterbrechen Sie mit Nachdruck. Im Gegensatz zum Unterricht mit dem Schulbuch wird Ihnen bei der Arbeit mit Computern das bekannte „Noch 3 Minuten!“ prinzipiell entgegen schlagen. Überlegen Sie sich genau, welche Arbeitsergebnisse sie haben möchten – denn eine Internetrecherche könnte durchaus mehrere Stunden dauern, aber vielleicht genügen für die Belange ihres Unterrichts auch zehn Minuten.
- Benennen Sie ExpertInnen: Binden Sie die Computerprofis in Ihrer Klasse als ExpertInnen ein. Diese ExpertInnen können Sie selbst unterstützen (bei technischen Problemen, beim Vorbereiten des Raumes etc.), MitschülerInnen helfen, für bestimmte Techniken verantwortlich sein (Suchmaschinen, Word, Internet ...) etc. Diese Einbindung hat den immensen Vorteil, dass die ExpertInnen sich nicht genötigt fühlen, der Klasse Ihre Kenntnisse durch den Aufbau einer strukturellen Opposition Ihnen oder Ihrem Unterricht gegenüber unter Beweis zu stellen. Schämen Sie sich nicht, Ihre ExpertInnen zu fragen, wo man sich mal ein Diskussionsforum ansehen könnte.
- Regeln: Konfrontieren Sie die SchülerInnen beim erstmaligen Arbeiten mit Computern mit eindeutigen Regeln. So lassen sich – wie in klassischen Unterrichtssituationen auch – Streitereien und Verspannungen meiden. Sie sollten sich auf jeden Fall vor Benutzung des Computerraums einen kleinen Regelkanon zusammenstellen und diesen mit der Klasse besprechen. Begründen Sie die Existenz dieses Regelwerks explizit. Die SchülerInnen müssen wissen, dass man ihnen die Möglichkeit geben möchte, sich selbstständig über das aktuelle Themengebiet zu informieren, dass aber außerunterrichtliche multimediale Aktivitäten nicht erwünscht sind. Deshalb sollte auch strikt auf eine Einhaltung der Regeln geachtet werden. Da im Computerraum jede/r zeigen möchte, was er/sie kann, muss der Gefahr einer disziplinarischen Eskalation mit Vehemenz und frühzeitig begegnet werden. Sobald ein Projekt einmal angelaufen ist und die SchülerInnen Feuer gefangen haben, minimiert sich dieses Risiko deutlich. Wie Sie Verstöße ahnden, ist Ihre persönliche Entscheidung. Über die üblichen disziplinarischen Maßnahmen hinaus besteht die Möglichkeit, den multimedialen Unterricht nach Ankündigung umgehend ganz abzusetzen. Da computergestützter Unterricht bei SchülerInnen sehr beliebt ist, wird in diesem Fall meist von der Klassengemeinschaft das Gespräch mit der Lehrperson gesucht. Oftmals werden die Regeln bei einem weiteren Anlauf dann eingehalten.
Mögliche Probleme und zugehörige Regeln könnten z.B. sein: | |
Problem | Mögliche Regel |
SchülerInnen sind außerhalb der Arbeitsphasen abgelenkt, spielen am Computer herum und folgen den Ausführungen von ReferentInnen/Lehrern nicht. | Außerhalb der Arbeitsphasen, die von der Lehrperson explizit als solche gekennzeichnet werden sollten, berührt niemand Tastatur oder Maus. Die Variante für etwas undiszipliniertere Klassen: Außerhalb der Arbeitsphasen schalten alle ihre Monitore ab (kann oft auch zentral vom Lehrerarbeitsplatz aus durchgeführt werden). |
SchülerInnen surfen auf Pornoseiten, rufen Mails ab etc. | Abruf von Privatmails, Chats und Pornoangeboten ist grundsätzlich verboten. Weiterhin gibt die Lehrperson einen Rahmen vor, der nicht verlassen werden darf, z.B.: „Es dürfen nur Angebote besurft werden, die in einem erklärbaren Zusammenhang zum Stundenthema stehen.“, oder: „Ausschließlich die Benutzung der Multimedia-CD-ROM ist erlaubt (= keine Online-Angebote).“ |
Wer fertig ist, stört die anderen. | Wer die Aufgabe erfüllt hat, informiert sich schweigend im Internet/auf der CD-ROM über weitere Aspekte des Themengebiets, die ihn/sie interessieren. |
Checkliste Projektarbeit
Checkliste: Was muss ich vor der Benutzung des Computerraums beachten?
- Immer sinnvoll: Teilnahme an einer Einführungsveranstaltung
- Gespräch mit der LehrerIn, die für den Computerraum verantwortlich ist:
- Passwort für Lehrer-/Schülerrechner?
- Bedienung des Beamers?
- HD-Sheriff vorhanden? Auch für Lehrerrechner (in diesem Fall kann man die ExpertInnen auch jüngerer Jahrgänge an den Lehrerrechner lassen, da sie nichts Ärgerliches anrichten können)?
Optional
- Netzwerk zur Datensicherung vorhanden? Bedienung dieses Netzwerks?
- CD-Brenner vorhanden?
- Bedienung des Druckers?
- „Cheftaste“ (zum zentralen Abschalten aller Monitore) vorhanden?
- Im Computerraum kurz vorher überprüfen, ob die benötigte Technik funktioniert (Internet? Alle notwendige Software installiert? Beamer?)
Weiterführende Links
http://wissen.swr.de/sf
Online-Angebot des Multimedialen Schulfernsehens. Beinhaltet didaktisch aufbereitetes Material für alle Fächer.
https://www.lehrerfreund.de
Umfangreicher, kommentierter Linkkatalog. Schwerpunkt auf Deutsch/Geschichte. Im Bereich „Pädagogik“ viele Links zu multimedialer Unterrichtsführung. Empfehlenswerter Newsletter. Hoher Unterhaltungswert
http://www.schule.bayern.de/fachunterricht/
Große und qualifizierte Informations- und Materialsammlung geordnet nach Fachbereichen. Auch äußerst nützliche Sekundärinformationen (z.B. „Wie erstelle ich ein PDF-File?“ ). Newsletter.
http://www.zum.de
Zentrale für Unterrichtsmedien. Riesige Sammlung an sehr nützlichen Unterrichtsmaterialien und Links. Nur ein Teil betrifft multimedialen Unterricht.
http://lbs.hh.schule.de/handreic/h1.html
Umfangreiche, konkrete Darstellung zur Durchführung von E-Mail-Projekten (schon etwas älter (1997), aber immer noch hoch inspirativ)
http://www.ev-stift-gymn.guetersloh.de/medienprojekt/verpflichtung.html
Vorschlag für eine Verpflichtungserklärung der SchülerInnen über den Umgang mit neuen Medien an der Schule.
sport-unterricht.net
Mit Abstand das beste aller didaktischen Angebote – leider nur für Sportunterricht.
1
Lehrer an einer Grundschule in Baden-Württemberg auf die Frage hin, ob er den Computerraum nutzen würde (mündliche Äußerung gegenüber Autor, Februar 2003).
2
Bundesministerium für Bildung und Forschung: IT-Ausstattung der allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme vom Mai 2002. Bonn 2002.
Ausstattung mit Hardware: S. 6, Internetzugang: S.23f – Der Bericht ist online verfügbar unter http://www.bmbf.de/pub/it-ausstattung_der_schulen_2002.pdf
(dieser und alle hier erwähnten Links zuletzt gesehen zwischen 1.-8. April 2003)
3
ebd., S. 24ff
4
„Nerd“ (abwertend) = Person, die sich unverhältnismäßig intensiv mit EDV beschäftigt.
5
Eine umfangreiche Zitatsammlung unter http://home.t-online.de/home/eraabe/pc.htm
6
C. Stoll gehört mit zu den Erfindern des Internets. In seinem höchst kritischen Buch „Logout. Warum Computer im Klassenzimmer nichts zu suchen haben“ finden sich zahlreiche dem Titel
des Buches entsprechende Argumente, die jedoch unserer Meinung nach allesamt auf den tönernen Füßen unzureichender didaktischer Vorstellungen ruhen.
Clifford Stoll: Logout. Warum Computer im Klassenzimmer nichts zu suchen haben und andere High-Tech-Ketzereien. Frankfurt 2002
7
Mehr Informationen und Bestellmöglichkeit zur JIM-Studie 2002 unter http://www.mpfs.de/projekte/jim02.html; eine aufschlussreiche Übersicht über den alltäglichen Umgang mit Medien als
PDF unter http://www.mpfs.de/projekte/JIM02_Presse.pdf .
8
ebd.
9
Im Mainstream wird unterschieden zwischen Mediennutzung, Medienreflexion/-kritik, Medienkunde und Mediengestaltung. Diese Unterscheidung geht zurück auf Dieter Baacke:
Medienkompetenz - Begrifflichkeit und sozialer Wandel. In: Rein, Antje von (Hg.): Medienkompetenz als Schlüsselbegriff. Bad Heilbrunn 1996, S. 112-124. Eine Übersicht über verschiedene
Definitionen des Begriffs unter http://homepages.compuserve.de/EmpPraktikum/def-med.htm. Weitere Ausführungen z.B. unter http://www.gymnasium-poessneck.de/schul/medien.htm oder
http://www.tu-dresden.de/erzwiae/MP/Modul_Jugend_und_Medien/wasistmedienkompetenz.htm
10
http://sakom.port5.com/arbeitshilfen/henningchancen.pdf , S. 13
11
http://www.bundesregierung.de/Themen-A-Z/Steuern-und-Finanzen-,470.467132/Elektronische-Abgabe-der-Steuer.htm
12
z.B. Studie AWA 2002: “Entwicklung der Mediennutzung” - http://www.awa-online.de/
13
http://www.mpfs.de/publikationen/kinder_sehen.html
14
http://www.ard.de/ard_intern/mediendaten/index.phtml?5_1
15
http://www.heise.de/newsticker/data/daa-12.08.01-003/
16
„Newbie“ = Neuling, EinsteigerIn
17
zu den Vorteilen des Fächerübergriffs bei multimedialem Unterricht z.B. http://www.stangl-taller.at/STANGL/WERNER/BERUF/PUBLIKATIONEN/FOERDERLICHE/default.html