Medienerziehung
Wie man Schülern erklärt, warum sie keine Pornos schauen sollen 12.04.2011, 12:45
Wenn Sie als Lehrer/in urplötzlich in die Situation kommen, Ihrer Klasse erklären zu müssen, warum Erwachsene Pornofilme schauen dürfen, Kinder/Jugendliche aber nicht - dann hat die Stunde der Wahrheit geschlagen. Nehmen wir uns ein Beispiel am teacher, der in dieser Situation die Latte ziemlich hoch legt.
Vorbemerkung für die Unbelesenen: Der “teacher” ist ein anonym bloggender Lehrer aus Österreich. Sein Blog niemehrschule ist eines der beliebtesten Lehrerblogs im deutschsprachigen Raum.
Hier also der Prototyp eines offenen Gesprächs zwischen Lehrer und Schüler/innen. Besonders gut gefällt, wenn der teacher Zeit zu gewinnen versucht (“Also ... was denkt ihr?”) - wer kennt das nicht? Letztlich dürfte seine Erklärung aber das Optimum darstellen, was man einer Klasse diesbezüglich erläutern kann. Wie der Protagonist in Tom Sharpes “Puppenmord” ist auch der teacher durch jahrelangen Dienst am Schüler gestählt und argumentativ ungeheuer stark:
Ein Bursche fragt dann locker: “Warum sind eigentlich Pornos illegal?”
Die Reaktionen der Mitschüler zeigen, dass Experten am Wort sind.
“Ahhh, meinst Du bei uns oder in China?”
“Bei uns?”, fragt er verwundert weiter.
Bei uns scheinen sie ihm legal zu sein.
“Hast Du schon einmal versucht, in einen Sex-Shop zu gehen? Hast Du schon einmal im Internet die Zugangssperren gesehen? Eigentlich ist Pornographie unter 18 Jahren verboten.”
Das ist für viele neu, sie können es gar nicht glauben.
“Und warum?”
Aus der Hüfte schieße ich keine tollen Antworten.
“Also ... was denkt ihr?”
Keine Antwort aus der Klasse, das Thema ist heikel - das Alter auch. Ich habe Zeit zum Überlegen gewonnen.
“Ich meine ... “
Österreichische LehrerInnen haben die lehrplanmäßige Verpflichtung, das Thema Sexualität in allen Fächern anzusprechen. Ein Unterrichtsprinzip. Ehrlich gesagt, wir überlassen es lieber den Biologen und Religionskollegen. Aber jetzt muss ich wohl aufs dünne Glatteis.
“... viele von euch werden ja schon einmal herumgesurft sein, oder?”
Einige wenige outen sich durch zustimmendes Lachen. Pokerface bei den anderen.
“Daher wisst ihr ja, wie so Pornos aufgebaut sind. Das hat mit der natürlichen Sexualität der Menschen nichts zu tun. Da geht es ja um Ausbeutung von Frauen, sehr oft um Gewalt, um Missbrauch. Pornos sind reine Lügen, wenn ihr wollt.”
“Und warum dürfen das Erwachsene sehen? Aber wir nicht?”
“Gute Frage ... Erwachsene haben ja meist schon Bekanntschaft mit richtiger Sexualität gemacht, mit Liebe und so weiter. Wenn aber Kinder mit 12 Jahren diese Filme sehen, dann bekommen sie völlig falsche Vorstellungen davon ... und das prägt ihr Gehirn, ihren Charakter. Das kann die Entwicklung stören.”
(Ganzer Beitrag hier: niemehrschule 11.04.2011: Gesetze aufgehoben)
Viel besser kann man es wahrscheinlich nicht erklären. Fraglich ist allerdings, ob im vollen Saft stehende Pubertierende die zur Erkenntnis notwendige Einsicht grundsätzlich aufzubringen in der Lage sind.