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Realschule Plus

Abschaffung der Hauptschule: »Selektionswahn wird nicht aufhören« 26.11.2007, 17:24

Rheinland-Pfalz hat sich für die Realschule Plus entschieden, 400 Rektor/inn/en in Baden-Württemberg fordern die Abschaffung der Hauptschule. Zum Abschaffen gehört allerdings auch Umdenken - dann stehen wir vielleicht (endlich) vor wirklichen Umwälzungen. Ein Lagebericht.

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Abschaffung der Hauptschulen: Status Quo

Während die großen Bundesländer mehr oder weniger unverfroren an der Hauptschule festhalten, haben Bremen, Hamburg, Saarland, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein die Abschaffung der Hauptschule bereits beschlossen. Ab dem Schuljahr 2010/11 z.B. werden in Schleswig-Holstein alle Haupt- und Realschulen zu Regionalschulen zusammengefasst. In Hamburg werden Haupt- und Realschulen zu “Stadtteilschulen” zusammengelegt.

Im Gespräch ist zur Zeit das Bundesland Rheinland-Pfalz, wo der Hauptschulabschluss innerhalb der “Realschule plus” angeboten werden soll. Das Konzept wird vor allem deshalb kritisiert, weil an den meisten Schulen nach der siebten Klasse wieder in Hauptschüler/innen und Realschüler/innen getrennt wird. Es geht natürlich in erster Linie ums Geldsparen: Der (Haupt-)Schülerschwund ist in Rheinland-Pfalz besonders dramatisch - nur noch rund 15% aller SchülerInnen besuchen Hauptschulen.

Revolution in Baden-Württemberg

Im April 2007 unterzeichneten 100 baden-württembergische (Haupt-)SchulleiterInnen eine Petition, in der sie die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems forderten; inzwischen ist die Zahl der UnterzeichnerInnen auf 400 angewachsen, ein satter Prozentsatz bei insgesamt rund 2.650 SchulleiterInnen an den 1200 Hauptschulen in Baden-Württemberg (Schulstatistik BW 2006 (pdf)). Bisher hat Kultusminister Helmut Rau jedoch noch kein Einsehen, sondern steigert lieber die Qualität und stellt 26 Millionen Euro für neue Lehrerstellen und "pädagogische Assistenten" bereit. Das wird natürlich nicht viel ändern - der Trend zum Gymnasium ist ungebrochen, der Ruf der Hauptschule bereits vollständig ruiniert - auch wenn Rau keinen Grund sieht, vom dreigliedrigen Schulsystem zu lassen.

“Abschaffen” allein reicht nicht

Bei der Abschaffung der Hauptschule geht es nicht um die Nivellierung von Leistungsunterschieden oder um ein Schönbügeln sozialer Probleme. Es ist vielmehr die Struktur des deutschen Schulwesens (und des deutschen Denkens?), in dem Kinder frühzeitig in Dumme und Kluge eingeteilt werden - und damit schon im Alter von zehn Jahren auf die Versagerstraße geschoben werden können

Dieser Selektionswahn wird nicht aufhören, nur weil es eine Schulform weniger gibt. Im Gegenteil: In allen Bundesländern schließen sich gerade die Reihen von Lehrern, Eltern und Gebildeten. Ihr unausgesprochenes Anliegen lautet: Die Schmuddelkinder kommen nicht zu uns! Einen Vorgeschmack darauf gaben Demos von Realschülern in Kiel, Lübeck und Schleswig. “Wir wollen nicht mit den dummen Hauptschülern unterrichtet werden”, skandierten sie. Klassenkampf in der Generation Pisa.

taz 23.11.2007: Klassenkampf in der Generation Pisa

Mit “Schule für alle” wird hier eine Gesellschaft gefordert, in der die Bösen auch klug und die Netten auch blöd sein dürfen - ohne dass man sie schon von Kindesbeinen an entsprechend sortiert.


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Kommentare

15

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  • #1

    @Jacob P.:
    Mehrgliedrige Schulsysteme gibt es in so gut wie allen Ländern. Fakt ist jedoch, dass kein Land so früh aussiebt, wie Deutschland.
    Ich denke, wir sollten in Deutschland ein Mittelmaß finden. Noch ist es nunmal so, dass das Schulsystem auf Kosten der SchülerInnen geht, die auf Real- und Hauptschulen geschickt werden. Somit wird keine Chancengleichheit gewährleistet.
    Ich weiß nicht, aus welcher “Branche” Sie kommen: Sind Sie Lehrer oder Schüler oder haben Sie wenigstens Kinder? Ihre Anmerkungen klingen zwar sehr “gebildet”, aber eher realitätsfern. Vielleicht sollten Sie mal vom Elfenbeinturm herunterkommen.

    schrieb Julianne am

  • #2

    Leider wird beim Thema Schule an unseren Kindern immer mehr und immer öfter “rumgedoktert” und experimentiert. Die Werkrealschule hier in BaWü - mehr muß ich als Stichwort wohl nicht sagen.

    Als Nichtlehrer (aber Vater von 2 Schulkindern), der selbst in der DDR zur Schule ging, wundert mich der Zustand unseres heutigen Bildungssystems. Keine Linie, kein Plan, kein System.

    schrieb Andreas Tillmann am

  • #3

    @Julianne
    Du solltest lieber nicht den Fehler machen, mit Empirikern (wie z. B. Jürgen Baumert von der Max-Planck-Gesellschaft) zu sprechern.

    Aus der Bildungsforschung weiß man längst: Nur in sehr wenigen Ausnahmefällen lässt sich tatsächlich ein Zusammenhang zwischen einer heterogenen Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler einerseits und dem Lern- und Leistungsniveau andererseits nachweisen, und wenn doch, dann ist dieser Zusammenhang fast immer negativ.

    Sprich: Je länger leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler zusammen mit leistungsschwächeren unterrichtet werden, umso mehr hinken Erstere hinter ihren Möglichkeiten zurück und umso stärker wird das Selbstwertgefühl der Letzteren gedrückt.

    Dass nicht die Schulform entscheidend für den Bildungserfolg ist, zeigen z. B. die Niederlande, die ein dreigliedriges Schulsystem aufgebaut haben und zur Spitzengruppe der der PISA-Länder gehören. Norwegen hingegen, das eine Einheitsschule besitzt, liegt im internationalen Leistungsvergleich noch hinter Deutschland.

    Hört also endlich mit den ideologischen Glaubenskriegen auf!

    schrieb Jacob P. am

  • #4

    By the way: Die deutschen Schüler schneiden bei internationalen Tests immer durchschnittlich bis schlecht ab. -Ach so, das liegt natürlich nur an den dummen Schülern von den dummen Schulen. Die deutsche Bildungselite (Gymnasiasten) sind selbstverständlich oberstesahnespitzenmäßigsupertoll.

    By the way Nr. 2: Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) mahnt Deutschland in ihren jährlichen Bildungsanalysen immer wieder ab: Zu wenig Chancengleichheit.

    Die Lobbyisten des dreigliedrigen Schulsystems haben selbstverständlich fundierte (wissenschaftliche) Erklärungen parat, weshalb in Deutschland auch weiterhin an diesem System festgehalten werden muss.

    Auf diese – oft gar nicht so unlogisch klingenden - Erklärungen möchte ich hier nicht eingehen. Meine These lautet vielmehr: Jede Gesellschaft braucht ihre Opfer. In unserer Gesellschaft sind es die Hauptschüler, die Hartz-IV-Empfänger und all die anderen Loser, die im Kampf um einen anständigen Job keinerlei Konkurrenz darstellen.

    schrieb Julianne am

  • #5

    Wenn man die Chancengleichheit von Unterschichtskindern verbessern will, muss man in die Familien gehen, evtl. eine Kindergarten- bzw. Vorschulpflicht einführen und frühkindliche Förderung flächendeckend einführen.

    Von Schulen zu verlangen, sie sollen, neben ihrem Bildungsauftrag, auch noch Chancengleichheit herstellen, bedeutet eine völlig Überforderung des Systems Schule. Dieser Anspruch hat in den letzten dreißig Jahren jedenfalls dazu geführt, dass das deutsche Bildungsniveau von Jahr zu Jahr schlechter wurde, Haupt- und Realschulabschlüsse massiv an Wert verloren haben und ein Abitur keine Studierfähigkeit mehr garantiert.

    Sicher, das ist auch eine effektive Möglichkeit, soziale Unterschiede zu nivellieren. Aber damit nivelliert man sie “nach unten”, auf Kosten der Intelligenten und Begabten. Am Ende sind alle gleich - gleich dumm.

    Statt ideologische Debatten über Schulformen, über das Für und Wider des dreigliedrigen Schulsystems sowie die Abschaffung oder Beibehaltung der Hauptschule zu führen, wäre es höchste Zeit, endlich über die richtigen Fragen nachzudenken, z. B. wie Unterricht aussehen müsste, damit unsere Kinder klüger anstatt dümmer werden. Oder wie die Qualität des Unterrichts und der Lehrer(innen)ausbildung gewährleistet werden könnte.

    Hauptschulen abzuschaffen bzw. umzubenennen ist reine Symbolpolitik und wird NICHT EIN EINZIGES Problem des deutschen Bildungssystems lösen. Stattdessen werden die Probleme, mit denen sich bislang die Hauptschulen auseinandersetzen mussten, an die Realschulen delegiert - bis auch deren Abschaffung zur Debatte steht.

    schrieb Jacob P. am

  • #6

    Die USA kompensieren ihr “Einheitsschulsystem” (das dank der verbreiteten Privatschulen in Wahrheit gar keins ist) durch eine Einwanderungspolitik, welche die Hochqualifizierten der Welt bevorzugt. Etwas “Green Card”-Lotterie zum sozialen Ausgleich gibt’s natürlich auch noch dazu. Man will ja keinen unsozialen Eindruck machen.

    schrieb Mister M. am

  • #7

    >>> Erklären sie mir bitte diesen Fahrstuhleffekt und sagen mir bitte nicht das Akademiker Kinder intelligenter sind.

    Doch, in der Regel sind sie das durchaus.

    Akademikerkinder wachsen oft bereits in einem Umfeld auf, in dem Bildung einen hohen Wert einnimmt und von den Eltern auch eingefordert wird - ganz abgesehen davon, dass kluge Leute in der Regel auch intelligente Kinder zeugen.

    Unterschichtskinder hingegen wachsen oft in einem Milieu auf, das kaum Wert auf Bildung legt, in Elternhäusen, wo kaum Bücher im Regal stehen.

    Solche Kinder sind von Beginn an - durch Vererbung und Sozialisation - benachteiligt. Das bedeutet natürlich nicht, dass intelligente Unterschichtskinder keine Chance haben sollten, zu zeigen was in ihnen steckt. Das Schulsystem muss da entsprechend Durchlässigkeit schaffen. Aber bitte nicht auf Kosten der intelligenten Kinder, wie es bislang der Fall gewesen ist.

    schrieb Jacob P. am

  • #8

    Von dem amerikanischen Schulsystem wollen wir hier gar nicht erst anfangen. Ich erinnere mich an mein Auslandsjahr und möchte sagen, dass die Mehrheit der Amerikaner nicht umsonst als “ungebildet” und “ignorant” bezeichnet wird. Ich führe dies, im Kontrast zu dem vorherigen Kommentar, auf das dortherrschende Schulsystem zurück. Schließlich sind nicht alle US-Amerikaner “dumm”, nur eben ungebildet”.

    Kurz und knapp: So etwas können wir hier in Deutschland nicht gebrauchen.

    schrieb Fr. Southerd am

  • #9

    Ich bin damals auf die Realschule geschickt worden und man erzaehlte mir das ich “dumm” bin. Und “traraaa” ich habe in den USA an einer der besten Unis einen doppelten Bachelor mit einem Notendurschnitt von 1.3 absolviert. Es gibt keine dummen Schueler, es gibt nur verschiedene Lerntypen (visuell, auditiv, etc) auf die die Lehrer aber wegen ihrer Verbortheit nicht eingehen wollen, lieber Herr HUBER! Unverschaemt sind Sie!

    schrieb kann nur lachen am

  • #10

    Guten Tag,

    “Selbstverständlich glaube ich, dass Hauptschullehrer die Hauptschule abschaffen wollen. Sie möchten gerne auch mal klügere Schüler unterrichten und sie möchten vor allem auch besser bezahlt werden, am besten gleich wie die Gymnasiallehrer. Dass ein Hauptschullehrer nicht die Qualifikation besitzt, eine Oberstufe zu unterrichten, braucht hier wohl nicht betont zu werden.”

    ...wenn ich so etwas lese, weiß ich warum Lehrer als allgemein spießig und weltfremd gelten! Befinde mich derzeitig in einer Ausbildung zur Gymnasiallehrerin, möchte aber an Hauptschulen unterrichten. An Schulen, an denen meine Hilfe wirklich benötigt wird. Ich möchte mit Schülern arbeiten, die nicht aus elitären selektions- gestörten Gymnysialfamilien stammen, sondern mit solchen die wirklich eine Förderung benötigen!

    Desweiteren halte ich es für absolut notwendig so vielen Menschen wie möglich, die Chance auf eine akademische Ausbildung zu ermöglichen.
    “Ich halte es auch für Schwachsinn, möglichst vielen den Zugang zur Hochschule zu ermöglichen, dort treiben sich schon genug Leute herum, die in einem Ausbildungsberuf besser aufgehoben wären.”
    Das, lieber Herr Huber, ist zum Glück jedem Menschen in einem gewissen Rahmen selbst überlassen…
    Ein bischen mehr Vertrauen in die Gesellschaft würde ihnen wahrscheinlich ganz gut tun. Ein Lehrer mit der Aufagbe der individuellen Förderung, Qualifikation und Legitimation scheinen sie mir nämlich nicht zu sein!!!

    Mit herzlichen Grüßen

    schrieb Fr. Cherrill am

  • #11

    Sehr geehrter Herr Gerold Huber,

    Ich stimme Ihnen in einem Aspekt den Sie genannt haben zu. “Bildung kostet Geld“
    Wie Sie sicherlich schon erkannt haben, sitzen wir auf keiner großen Öl- pipeline und können nur auf die Köpfe unserer Kinder setzen.

    Ihr erstes Argument war, dass es intelligente Kinder und weniger intelligente Kinder gibt und dass Sie für eine Individuelle Förderung sind, um die besten Schüler aus diesem Land rauszuholen.

    Vielleicht sollten sich über das Thema ” 3- Gliedriges Schulsystem ” genauer informieren.

    Denn die Diskussion geht darum, dass wir mit dem Schulsystem unsere Kinder verdummen lassen.

    Nach der 4. Klasse werden die Kinder nach: intelligent, (gymnasium) durchschnittlich( realschulen) und Dumm (hauptschulen) eingeteilt.
    Und genau diese Tatsache ist ein gravierender Fehler die Hauptschüler haben keine Ideale an denen sie sich festhalten können, denn diese kommen meist aus einem sozialen- schwachen Umfeld und werden in den Hauptschulen wiederum mit sozial schwachen Kindern zusammen getan. Und dies aus Anweisung von meist inkompetenten Lehrern die keine Ahnung von der Intelligenz eines Kindes haben und mit dieser Selektion ist der Werdegang eines Kindes meist schon vorprogrammiert.

    Ein super Beispiel dafür ist die Quote der Abiturientin in Verbindung mit den Geschlechtern, denn wenn man sich mal eine Statistik anguckt die dieses Verhältnis zeigt wird deutlich das die Kurve der weiblichen Abiturienten deutlich stärker ist als die der männlichen und seit 1980 die schere stätig und extrem auseinander klafft.
    Daraus erschließt sich die Frage wie kann dass sein?
    an der Intelligenz der verschiedenen Geschlechter kann dies nicht liegen, denn dann wäre die Schere schon von vornherein weit auseinander.
    die Ursache liegt darin, dass wie sie wissen die Jungs in der Psychischen Entwicklung um 2 Jahre zurück sind, daraus folgt das die Mädchen die Schule ernster und besser anpacken als die Jungs, was das 3 Gliedrige Schulsystem nun macht ist doch logisch, die Jungs werden auf die Haupt und Realschulen getan und die Mädchen eher auf die gymnasial und Realschulen.

    Ich beglückwünsche dass sie einen Aufstieg geschafft haben, leider gehören sie damit nur zu den wenigen 20%.

    zu ihrem Argument dumme Kinder können nicht auf das Gymnasium ist desweiteren zusagen, das Studien bewiesen haben das Kinder nicht unterschiedlich dumm oder Intelligent sind, sie wurden nur unterschiedlich stark gefordert.
    Oder wie erklären sich das Kinder selbstständig ohne Probleme 2 oder 3 Sprachen lernen können.

    Desweiteren machen 80% aller Kinder aus Akademikerfamilien das Abitur und 95% aller Kinder aus Elternhäusern mit einem schlechten sozialen Umfeld einen Hauptschulabschluss.

    Erklären sie mir bitte diesen Fahrstuhleffekt und sagen mir bitte nicht das Akademiker Kinder intelligenter sind.

    Nun komme ich zu ihrem zweiten Argument, ich stimme 100% zu, das wir Schüler Individuell Fördern müssen, und genau diese Förderung unterstützen Gesamtschulen denn man unterteilt die stärken nach den jeweiligen Fächern.
    Die Förderung an Schulen kann ich aber leider nicht sehe oder erkennen.
    Beispielsweise kann mittlerweile fast jedes 8 Jahre alte Kind mit einem Computer umgehen und viele 13 jährige kennen sich mit dem Computer aus und können vollständige Programme Programmieren. Da ist es mir schleierhaft wie man dieses große Interesse an Technologie in den Schulen vernachlässigen kann, wobei dies die Große Zukunft ist.

    Mit freundlichen Grüßen

    schrieb Frau Gronjäger am

  • #12

    Sorry, werter Kollege,

    das sind alles Argumente, die man allzuoft hört. Leider ändert dies nichts an der Tatsache, dass ein Gymnasiast nicht zu einem Hauptschüler in die Klasse gehört. Ich betone nochmals: Wenn wir wirklich an der Förderung der besten Schüler interessiert sind, wenn diese Schüler wirklich auf die Universität vorbereitet werden sollen, dann kann eine Schule gar nicht anspruchsvoll genug sein, und diesen Anspruch erfüllen Gesamtschulen nicht. Oder warum, glauben Sie, erwägt Frankreich gerade die Abschaffung der Quasi-Gesamtschule, die dort vorherrscht? Und man vergleiche bitte nicht ständig die Finnen mit den Deutschen. Wer genau hinschaut, weiß woran die eklatanten Unterschiede bei der - übrigens völlig überschätzten -PISA-Studie festzumachen sind. Ich schlage vor, Sie gehen demnächst in eine Realschule, oder besser, in eine Hauptschule, unterrichten dort ein, zwei Monate, und dann versuchen Sie sich vorzustellen, Ihr jetziges Niveau, Ihren jetzigen Schwierigkeitsgrad unter den jetzigen Anforderungen des Lehrplans,  dem jetzigen Zeitdruck adäquat mit diesen Schülern durchzuhalten. Dafür gibt es ein Wort: DIE QUADRATUR DES KREISES!!!
    Außerdem verstehe ich nicht, was am dreigliedrigen Schulsystem falsch sein soll, wenn die Kinder dann eh “individuell gefördert” werden sollen. Das hieße doch wieder nichts anderes, als nach Begabung, Lerntempo und Schwierigkeitsgrad getrennter Unterricht. Und diesen Anforderungen kommt ein dreigliedriges System doch jetzt schon besser nach, als alle künstliche Gleichmacherei einer Gesamtschule. Und kommen Sie mir nicht mit der “mangelnden Durchlässigkeit”. Ich selbst bin das beste Beispiel: Arbeiterkind, also nach Ihren Maßstäben schon mal auf der “Verliererstraße”. Nach der Grundschule besuchte ich die fünfte Klasse der Hauptschule, eine gute Schule übrigens, an der ich mich sehr wohl fühlte. Und dann machte ich die Aufnahmeprüfung aufs Gymnasium, das ich erfolgreich absolvierte (mit Latein und Griechisch übrigens). Jeder Hauptschüler hat diese Chance, vorausgesetzt er ist und will etwas erreichen. Und wenn die Beibehaltung des dreigliedrigen Schulsystems angeblich den Untergang des Abendlandes bedeuten soll, dann erkläre mir mal bitte jemand, warum Deutschland zu den höchstentwickelten Ländern mit den bestausgebildeten Arbeitnehmern gehört - alles erreicht mit einem ach so untauglichen Schulsystem, seltsam!!!!

    Freundliche Grüße
    Huber

    schrieb Gerold Huber am

  • #13

    “Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man eine Schulform wie die Hauptschule fördert und nicht systematisch kaputtspart.”
    Den Argumenten Gerold Hubers kann ich nur zustimmen. Auch die beste, von “betroffenen” Eltern hochgelobte Arbeit an unseren zum Teil hochspezialisierten und engagierten Hauptschulen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Schulen über Jahre systematisch -auch politisch gewollt- schlechtgeredet und im Stich gelassen wurden. Wen interessieren denn die Kinder?

    schrieb U.Neumann am

  • #14

    lieber kollege Huber,
      anscheinend gehen Sie davon aus, dass durch die “begabungsunterschiede” eine gliederung der schülerschaft in hauptschüler, realschüler und gymnasiasten gewissermaßen von der natur vorgegeben ist. da stellt sich doch die frage, wie das bildungssystem in staaten beschaffen sein mag, in denen gesamtschulen den regelfall darstellen - sind diese systeme widernatürlich?
      bildung kostet tatsächlich viel geld - da haben Sie völlig recht. dieses viele geld sollte jedoch in ein humaneres und effizienteres schulsystem “investiert” werden und NICHT zur stabilisierung unseres althergebrachten selektierenden systems verwendet werden. wenn eine schule eine wirksame, begabungsgerechte binnendifferenzierung möglich machen soll und wenn sie in der lage sein soll, schülerinnen und schüler je nach ihrer begabung und nach ihren fähigkeiten wirklich zu FÖRDERN, dann muss sie natürlich personell und materiell entsprechend ausgestattet werden. an einer solchen schule müsste sich ein leistungsfähigeres kind keineswegs neben einem weniger leistungsfähigen ständig zu langweilen!
    ich glaube, es wird höchste zeit, über grundsätzliche alternativen zu unserem traditionwellen system nachzudenken!

    mit freundlichem gruß   
    Winfried Schumacher

    nota bene (...damit Sie mich nicht vorschnell “wegkategorisieren”): ich bin gymnasiallehrer mit den fächern latein und griechisch.

    schrieb Winfried Schumacher am

  • #15

    Nun denn,

    es handelt sich um Nivellierungswut, nicht mehr und nicht weniger! Eine Sache wird nicht dadurch richtiger, dass sie von immer mehr Leuten pausenlos wiederholt wird. Selbstverständlich glaube ich, dass Hauptschullehrer die Hauptschule abschaffen wollen. Sie möchten gerne auch mal klügere Schüler unterrichten und sie möchten vor allem auch besser bezahlt werden, am besten gleich wie die Gymnasiallehrer. Dass ein Hauptschullehrer nicht die Qualifikation besitzt, eine Oberstufe zu unterrichten, braucht hier wohl nicht betont zu werden. Dass die Gesamtschulexperimente der siebziger Jahre kläglich gescheitert sind, ist eine Binse, die nur leider keiner zur Kenntnis nehmen will, außer Roland Koch in Hessen, der gerade mit Vehemenz die Gesamtschulen wieder abschafft und der übrigens auch beim “Bologna-Irrsinn” an den Unis nicht mitmachen will. Bravo, kann man da nur rufen. Dass bayerische Realschüler “Gesamtschüler” im nördlichen Teil unseres Landes locker in die Tasche stecken, interessiert keinen. Dass die Leistungen der Schüler nicht besser werden, nur weil man sie gemeinsam unterrichtet, liegt auf der Hand. Ich weiß nicht, an welchen Schulformen der werte Kollege unterrichtet. Ich habe als Gymnasiallehrer in Bayern auch jahrelang an der Realschule unterrichtet. Man höre und staune: ES GIBT BEGABUNGSUNTERSCHIEDE!!!!!
    Es gibt klügere und weniger kluge Schüler. Es gab und gibt Kinder, die gehören schlicht nicht an ein Gymnasium, weil es ihnen an der nötigen Auffassungsgabe fehlt. Kein einziger meiner Realschüler, auch nicht die besten, käme mit dem G8 zurecht. Das Niveau kann gar nicht hoch genug sein, wenn man in diesem Lande die besten Köpfe fördern will. Wie das gehen soll, wenn sich ein Gymnasiast bis zur zehnten Klasse neben einem Hauptschüler langweilt, ist mir schleierhaft. Und auf den Latein- und Griechischunterricht wäre ich dann auch sehr gespannt. Ich halte es auch für Schwachsinn, möglichst vielen den Zugang zur Hochschule zu ermöglichen, dort treiben sich schon genug Leute herum, die in einem Ausbildungsberuf besser aufgehoben wären. Und was nutzt diesem Land eine “Bildungselite”, die diesen Namen nicht verdient.
    Das dreigliedrige Schulsystem bietet immer noch die besten Voraussetzungen dafür, dass Kinder individuell gefördert werden. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man eine Schulform wie die Hauptschule fördert und nicht systematisch kaputtspart. BILDUNG KOSTET GELD, GELD UND NOCHMALS GELD!!!!!!!! Wer sich diese schlichte Tatsache vergegenwärtigt, weiß, woran es in diesem Lande fehlt.

    schrieb Gerold Huber am

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