Professor im Dienste der Pharmaindustrie
Studie: ADS/ADHS-Kinder sind mit Ritalin leistungsfähiger 27.04.2009, 11:51
Eine aktuelle US-amerikanische Studie kommt zu der Erkenntnis, dass Kinder in der Schule besser sind, wenn sie Medikamente (wie z.B. Ritalin) bekommen. Dass eine medikamentöse Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen in den wenigsten Fällen sinnvoll ist, wird nicht diskutiert.
Die am 27.04.2009 veröffentlichte Studie der Universität Kalifornien unter Leitung von Prof. Richard M. Scheffler kommt zu dem Ergebnis, dass Kinder mit ADS/ADHS unter dem Einfluss von Medikamenten in der Schule leistungsfähiger sind. Gemeint sind damit Medikamente mit dem Wirkstoff Methylphenidat; in Deutschland kennt man sie unter den Namen Ritalin, Medikinet Retard oder Equasym retard.
Es wurden Grundschüler/innen untersucht, die ADS/ADHS-Symptomatik zeigten. Ein Teil bekam Medikamente (Experimentalgruppe), ein Teil nicht (Kontrollgruppe). Die Experimentalgruppe schnitt bei der schulischen Leistungsüberprüfung signifikant besser ab als die Kontrollgruppe (wobei die Leistungen immer noch schlechter waren als bei Kindern ohne ADS/ADHS).
“Wir behaupten nicht, dass Medikamente die Lösung sind”, sagt der Untersuchungsleiter Richard Scheffler von der Universität von Kalifornien. „Aber unsere Untersuchung zeigt, dass ADS/ADHS-Kinder, die Medikamente bekommen, in Lesen und Mathenatik besser sind als diejenigen [ADS-]Kinder, die keine Medikamente bekommen.“
nu.nl 27.04.2009: ADHD-kinderen presteren beter met medicijnen, Übersetzung Lehrerfreund
Diese Erkenntnis ist genau so banal wie die Feststellung, dass man mit dem Auto schneller bei der Arbeit ist als ohne. Die spontane Wirksamkeit von Medikamenten gegen ADS/ADHS steht ja nicht in Frage. Vielmehr ist zu überprüfen, ob und unter welchen Umständen der Einsatz von Ritalin etc. sinnvoll sein kann.
Ganz richtig bemerkt Dr. Gumpert dazu, dass der Kern des Problems in den unklaren Kriterien für die Diagnose ADS/ADHS liegt; die Diagnose kann meistens nicht zweifelsfrei gestellt werden.
Kinder, die unter einem Aufmerksamkeitsdefizit leiden, haben ein Ungleichgewicht der Botenstoffe und sprechen somit in der Regel, leider auch hier nicht zu 100 %, auch auf die medikamentöse Therapie an. Dabei hat jedes Medikament seine individuellen Nebenwirkungen (z.B. Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Schlafstörungen, Depressivität, gesteigerte Kampfbereitschaft) [...]
Dabei ist folgendes wichtig zu wissen: Eine medikamentöse Therapie “heilt” das ADS nicht, es lindert lediglich die Symptome und zwar genau so lange, wie die Medikamente eingenommen werden.
Es ist unbestritten, dass vor der Verschreibung von Medikamenten andere Behandlungsformen im Vordergrund stehen müssen. Im Mittelpunkt steht das Kind - dem muss es gut gehen, alles andere ist fünftrangig.
Das Erkenntnisinteresse von Richard Scheffler ist jedoch anders gelagert: Sein Forschungsgebiet ist die Ökonomie des Gesundheitswesens (Biographie Prof. Scheffler (pdf)), somit stellen sich für ihn eher Fragen, wie man das Gesundheitssystem finanziell entlasten kann. Zwar sei medikamentöse Behandlung von ADS/ADHS nicht die zwingende Antwort, betont er; ganz klar ist aber die Präferenz der Methyphenidat-Therapie, „weil die frühe schulische Entwicklung für die weitere Laufbahn oft ausschlaggebend ist.“ (dnews.de 27.04.2009: ADHS-Kinder leisten mehr mit Medizin) Dass durch alternative Heil- und Behandlungsmethoden langfristig deutlich mehr Kosten eingespart werden können, liegt außerhalb des Horizonts des US-amerikanischen Forschers. Inwieweit er darüber hinaus gute Kontakte zur Pharmaindustrie pflegt, ist nicht bekannt.