Prognose der KMK zu Einstellungschancen für Lehrer
Lehrereinstellungsbedarf 2012-2025 21.08.2013, 11:33
Im Juni 2013 stellte die KMK (Kultusministerkonferenz) eine Modellrechnung für den Bedarf an Lehrer/innen bis 2025 in Deutschland vor. Insgesamt gilt: Es wird in den nächsten Jahren zu viele Lehrer/innen geben; einige Fachbereiche sind jedoch stark gefragt (z.B. Mathematik, naturwissenschaftliche Fächer).
Die Kultusministerkonferenz publiziert regelmäßig interessante Statistiken zu Entwicklungen im Bildungssystem. Für den schulischen Sektor ist der Bereich Statistik -> Schule -> Statistische Veröffentlichungen von Belang. Im Juni 2013 hat die KMK dort ein PDF-Dokument mit der Lehrerbedarfsprognose für die nächsten zehn Jahre eingestellt: Lehrereinstellungsbedarf und -angebot in der Bundesrepublik Deutschland Modellrechnung 2012 – 2025 (PDF).
Alle folgenden Seitenzahlen beziehen sich auf dieses Dokument. Beachten Sie bitte, dass die Werte in unseren Diagrammen teilweise geringfügig von KMK-Werten abweichen, da in den Tabellen teilweise mit unterschiedlichen Darstellungs- und Rundungsvorschriften gearbeitet wird (z. B. S. 15, Lehrämter der Grundschule bzw. des Primarbereichs - Salden für Ostdeutschland). Da die Abweichung insgesamt gering ist, diskutieren wir das nicht weiter.
Grundlegende Tendenzen
Viel hat sich zur letzten Modellrechnung von 2011 (Lehrerfreund: Prognose für den Lehrerbedarf bis 2020, dort auch zahlreiche Diagramme zur Entwicklung) nicht geändert: "Im Saldo hat sich das durchschnittliche jährliche Überangebot in den westdeutschen Ländern leicht verstärkt, die mittlere jährliche Bedarfsunterdeckung in den ostdeutschen Ländern ist etwas zurückgegangen." (Seite 5 Punkt 5).
Unterschiede zwischen ostdeutschen und westdeutschen Bundesländern
Nach wie vor ist der Lehrerbedarf in Ostdeutschland deutlich höher als in Westdeutschland:
Deutschlandweit ist bei derzeit 794.300 hauptberuflichen Lehrkräften für den genannten Zeitraum mit einem durchschnittlichen jährlichen Einstellungsbedarf von rund 25.800 Lehrerinnen und Lehrern zu rechnen. Dabei übersteigt in den westdeutschen Ländern das Angebot an Lehrkräften den Lehrerbedarf durchschnittlich über alle Lehramtstypen um etwa 39 %, d.h. jährlich im Durchschnitt um rund 8.100 Personen. In den ostdeutschen Ländern hingegen besteht eine Unterdeckung von durchschnittlich 12 %, d.h. von jährlich rund 600 Personen.
Bis 2025 wird in Ostdeutschland der Bedarf an Lehrer/innen deutlich zunehmen. Wenn sich der aktuelle Trend fortsetzt, "wird in den ostdeutschen Ländern zeitnah eine Mangelsituation auf dem Lehrerarbeitsmarkt eintreten." (S. 5)
Allgemeinbildendes / berufliches Schulwesen
Gerade in der Sekundarstufe II gibt es ein flächendeckendes Überangebot an Lehrer/innen - das betrifft jedoch nur den allgemeinbildenden Bereich. An beruflichen Schulen herrscht Lehrer/innenmangel, vor allem in den berufsspezifischen Fächern (z.B. Wirtschaft, technische Fächer). Die ostdeutschen Bundesländern sind auch hier stärker betroffen. (S. 4)
Gute Chancen für alle - außer Sekundarstufe II (allgemeinbildend)
Während die Situation für das Lehramt "Sekundarbereich II (allgemeinbildende Fächer) oder für das Gymnasium" in den nächsten Jahren durchgängig ein Überangebot besteht, ist für die anderen Lehramtstypen festzustellen, dass sie "bei einer länderübergreifenden Gesamtbetrachtung im genannten Prognosezeitraum gute Einstellungschancen im Schulsystem vorfinden werden." (S. 4f)
Bedarf hängt vom Fach/Fächerkombination ab
Der tatsächliche Bedarf an Lehrer/innen hängt sehr stark mit der Fachkombination zusammen (siehe unten). Insofern sind die folgenden Diagramme mit Vorsicht zu genießen: Selbst wenn insgesamt ein starkes Überangebot herrscht, kann es sein, dass in bestimmten Fächern großer Mangel an Lehrer/innen besteht (siehe unten).
Lehrerbedarf insgesamt
Die Betrachtung über alle Lehrämter ist für die Einzelne/n nicht aufschlussreich, gibt aber einen Gesamteindruck über die Lehrerdeckung in Deutschland.
Bis 2025 wird es insgesamt ein Überangebot an Lehrer/innen geben - deutschlandweit werden durchschnittlich 25.800 Lehrer/innen pro Jahr benötigt, es gibt jedoch 33.400, die eine Einstellung suchen. Auch hier ist der Unterschied zwischen west- und ostdeutschen Bundesländern markant: In den westdeutschen Bundesländern übersteigt das Angebot den Bedarf um 39 Prozent, in den ostdeutschen Bundesländern besteht eine Unterdeckung von 12 Prozent (S. 14).
Grundschule / Primarbereich
Bis 2015 sieht es noch gut aus für Grundschullehrer/innen - es gibt zu wenige; ein Tiefpunkt wird im Schuljahr 2014/2015 erreicht sein. Ab 2015 übersteigt das Angebot den Bedarf, wobei auch hier in Ostdeutschland der Bedarf das Angebot übersteigt. Wer in Westdeutschland keinen Job als Grundschullehrer/in bekommt, kann in den ostdeutschen Bundesländern fündig werden.
Übergreifende Lehrämter der Primarstufe + Sekundarstufe I
Gemeint sind hier Lehrämter wie bspw. Grundschule/Hauptschule.
Sekundarstufe I
Lehrämter für alle oder einzelne Schularten des Sekundarbereichs I bedeutet bspw. Lehramt der Realschule. Auch hier dürfte die Prognose wegen der zahlreichen Umstrukturierungen im Schulsystem ungenau sein. Wie bei vielen anderen Lehrämtern sieht man jedoch einen Einschnitt ab 2015/2016 - ab hier gibt es zu viele Lehrer/innen.
Sekundarstufe II / allgemein bildendes Gymnasium
Oh je - für das Lehramt an allgemein bildenden Gymnasien sieht es ganz schlecht aus:
Das mittlere Einstellungsangebot übersteigt den Bedarf am höchsten bei den Lehrämtern für den Sekundarbereich II (allgemein bildende Fächer) oder für das Gymnasium. Der durch- schnittliche Deckungsgrad über den gesamten Zeitraum hinweg beträgt 211 %. In Deutsch- land sind dies jährlich 6.300 Personen, die über Bedarf für dieses Lehramt bereit stehen.
Sogar in den ostdeutschen Bundesländern gibt es ein Überangebot.
Sekundarstufe II / berufliche Schulen
Hier sind Bedarf und Angebot ungefähr ausgeglichen, wobei in einigen Fächern der Bedarf das Angebot deutlicher überschreiten wird, als die allgemeinen Werte es nahelegen.
Sonderpädagogische Lehrämter
Der Bedarf kann bis 2025 nur zu 93% gedeckt werden; bundesweit fehlen jährlich rund 200 Lehrer/innen des sonderpädagogischen Bereichs.
Einstellungsbedarf abhängig von Fächern/Fachkombination
Wahrscheinlich noch ausschlaggebender als die Schulform dürften für die individuellen Einstellungschancen die Fächer/die Fachkombination sein. Grundsätzlich sind naturwissenschaftliche Fächer sehr gefragt. Mathematik belegt ungebrochen den Spitzenplatz - wer als Lehrer/in Mathe unterrichten kann, braucht sich keine Sorgen zu machen (S. 22):
zu wenig Lehrer/innen für diese Fächer: | zu viele Lehrer/innen für diese Fächer: | |
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Primarbereich; einzelne Schularten des Sekundarbereichs I | Mathematik, Chemie, Physik, Englisch, Musik | Geschichte, Geografie, kath. Religionslehre |
Sekundarbereich II / allgemein bildendes Gymnasium | Mathematik, Chemie, Physik | Sozialkunde / Gesellschaftslehre / Politik, Ethik / Philosophie, Geschichte |
Sekundarbereich II / berufliche Schulen und Gymnasien | Metall-, Elektro-, Fahrzeugtechnik, Sozialpädagogik, Naturwissenschaften, Fremdsprachen, Mathematik |
Fazit
Wer mit dem Studium des Lehramts beginnt, sollte ziemlich genau hinschauen. Dabei wird in der KMK-Prognose sehr deutlich auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die bei der Berechnung einer solchen Prognose bestehen. Gerade im Bereich der Sekundarstufe II / allgemein bildende Gymnasien ist die Prognose sehr unklar, was die Nachfrage nach einzelnen Fachbereichen betrifft.
In jedem Fall wird der Bedarf an beruflichen Schulen durch Absolvent/innen des Lehramts an allgemein bildenden Gymnasien gedeckt werden (müssen). Lesen Sie bei Bedarf diesen Text: Der Unterschied zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen
Wer sich auf ein sonderpädagogisches Lehramt einlässt, macht hinsichtlich der Berufsperspektive sicher nichts falsch.