Gesponsort von der Pharmalobby?
»Mehr Ritalin verschreiben« - Forderung der Schweizer ADHS-Gesellschaft 24.09.2009, 15:09
Auf der "1. Nationalen ADHS-Tagung 2009" der SFG adhs forderten Mediziner und Betroffene eine massive Steigerung der Verschreibung von Ritalin (und anderen methylphenidathaltigen Medikamenten). Die Forderungen erhalten um so mehr Gewicht, als dass sie von hohen Vertretern Schweizerischer ADHS-Gesellschaften ausgesprochen werden.
Am 5. September trafen sich im Schweizerischen Nottwil “Betroffene und Fachpersonen”, um sich in Workshops und Vorträgen über Diagnostik und Behandlung von ADHS auszutauschen. Auf dem Programm der ADHS-Tagung (pdf) standen u.a. Themen wie “Schule ohne Dauerfrust”, “Neurofeedback”, “Klassische Homöopathie hilft bei hyperaktiven Kindern” oder “Medikamente”. Federführend war Prof. Dr. med. Dr. phil. Hans-Christoph Steinhausen.
Entgegen der allgemeinen Tendenz, die Verschreibung des Wirkstoffs Methylphenidat (z.B. in Ritalin) gerade bei Kindern zunehmend mit Vorsicht zu betrachten, zeichnet ein Tagungsbericht von a-z.ch ein anderes Bild: Hohe Tiere der Schweizer ADHS-Szene sprechen sich deutlich und öffentlich dafür aus, dass die Verschreibungsquote von Ritalin & Co deutlich gesteigert werden müsse. Meinrad Ryffel, Kinder- und Jugendarzt und Co-Präsident der Schweizerischen Fachgesellschaft Aufmerksamkeitsdefizit/ Hyperaktivitätsstörung, hält eine Verdreifachung der Ritalin-Verschreibung für notwendig und wird darin u.a. von der Präsidentin von der Betroffenen- und Elternorganisation Elpos Schweiz unterstützt. Große Worte wählt auch Tagungschef Hans-Christoph Steinhausen, für den es keine ernsthafte Alternative zur Gabe von Ritalin/Methylphenidat gibt:
Die Verteufelung von Ritalin sei «etwas für Scientologen», doppelt der ebenfalls anwesende Hans-Christoph Steinhausen, ehemaliger Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uni Zürich und Verfasser mehrerer Standardwerke zu ADHS, nach. [...]
Kinderarzt Ryffel fügt hinzu: «Fehlbehandlungen sind nicht so schlimm, solange es keine Patienten mit Suchtpotenzial trifft.»
Die Offenheit dieser Aussagen verblüfft, wird doch ansonsten allerortens nach Lösungen gesucht, um den Medikamentenverbrauch zu senken. Es wächst ein weiteres Mal der Verdacht, dass gerade in der Schweiz die Pharmalobby gute Arbeit geleistet hat. So ist im Positionspapier der Schweizerischen Fachgesellschaft SFG adhs zu lesen:
Die sehr individuell zu dosierende Stimulanzientherapie kann sowohl im Kindes- wie auch im Erwachsenenalter eingesetzt werden, ist in 80 - 90 % erfolgreich und verbessert im Sinne einer “chemischen Brille” die fokussierte Aufmerksamkeit und Selbststeuerung.
Auch bei den privaten Kommentatoren von a-z.ch ist man verblüfft. Leser Felix Altorfer spricht den Verdacht am klarsten aus:
Kein Wunder, dass Mr. Steinhausen so für Ritalin wirbt, genauso wie die Elpos. Sind ja beide von Novartis & Co. gesponsert.
a-z.ch 22.09.2009: ‘Mehr Ritalin, nicht weniger!’, Kommentar von Leser Felix Altorfer