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Der Streit geht weiter

Landesarbeitsgericht NRW: Es ist gerecht, dass Lehrer ihr Arbeitszimmer selbst bezahlen 23.06.2010, 15:55

Mit einer originellen quid-pro-quo-Begründung hat das LAG Düsseldorf (NRW) dargelegt, warum Lehrer/innen ihr häusliches Arbeitszimmer selbst finanzieren müssen - es sei ein Ausgleich für die Möglichkeit der freien Arbeitsgestaltung. So oder so: Das Warten auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts geht noch eine ganze Weile weiter.

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  • (geändert: )
Hinweis auf das Urteil von Julia Born von rpi-virtuell.net - danke!

Vorgeschichte

Seit 2007 können Lehrer/innen ihr Arbeitszimmer steuerlich nicht mehr absetzen, das kostet sie leicht mehr als 1000 Euro pro Jahr. Besonders die Lehrerschaft fühlt sich durch diese Regelung diskreditiert, da Lehrer/innen von mittags bis abends in ihrem Arbeitszimmer sitzen und korrigieren, Unterricht vorbereiten, Klassenlisten ausfüllen usw. usf. Die ursprüngliche Argumentation, das Arbeitszimmer bilde bei Lehrer/innen nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit, erscheint vielen als nicht nachvollziehbar.

Seither laufen verschiedene Musterklagen, wo Lehrer/innen gegen die Neuregelung klagen oder einen Arbeitsplatz in der Schule einfordern (mehr: Lehrerfreund: Alle Beiträge zu ‘Lehrerarbeitszimmer’) - mit unterschiedlichen Ergebnissen. Letztendlich sind die Entscheidungen irgendwelcher Landes(verwaltungs-, arbeits-, finanz-)gerichte für die Gesamtsituation völlig irrelevant, da der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht diskutiert werden wird. Mit einer Entscheidung des BVG ist irgendwann 2011 zu rechnen, bis dahin sollten Lehrer/innen in ihrer Einkommenssteuererklärung ihr Arbeitszimmer unbedingt steuerlich geltend machen.

LAG Düsseldorf: Arbeitszimmer gegen Freiheit

Eine neue Argumentation hat nun das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ausgesprochen. Ein Lehrer hatte eine entsprechende Klage eingereicht, die jetzt vom LAG Düsseldorf in NRW abgelehnt wurde: Lehrer/innen haben die Wahl, wo sie ihre außerunterrichtlichen Tätigkeiten (Korrigieren, Unterrichtsvorbereitung usw.) durchführen - in der Schule oder zu Hause (oder natürlich auch im Schwimmbad). Dass sich Lehrer/innen ein Arbeitszimmer zu Hause einrichten,

sei ein angemessener Ausgleich dafür, dass sie nur teilweise an den Arbeitsplatz in der Schule gebunden seien.

sueddeutsche.de 21.06.2010: Lehrer müssen Arbeitszimmer selbst bezahlen

Diese Argumentation hat zwei Haken, die am gesunden Menschenverstand zerren:

  1. Lehrer/innen haben eben nicht die Wahl, wo sie ihren Unterricht vorbereiten - denn in den Schulen gibt es keine entsprechende Infrastruktur (ausreichend Platz, EDV). Genau das war doch der Ausgangspunkt der Klage, denn der Kläger hatte ursprünglich ein Arbeitszimmer in der Schule beantragt und nach der Ablehnung dieses Antrags auf Erstattung der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer geklagt.
  2. Der “freien Wahl des Arbeitsplatzes” steht als Ausgleich ein finanzieller Nachteil gegenüber. Es besteht jedoch nicht die freie Wahl, die freie Wahl zu wählen. Denn man bietet den Lehrer/innen nicht einen Arbeitsplatz in der Schule an und bestraft sie dann in finanzieller Hinsicht dafür, dass sie diesen Arbeitsplatz verschmähen; Lehrer/innen haben vielmehr keine Wahl außer der freien Wahl. Und die gibt es nicht (s. Punkt 1).

Somit hat das Urteil des LAG Düsseldorf etwas durchaus Karnevaleskes. All diese Urteile werden jedoch mit der finalen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (wahrscheinlich im Jahr 2011) hinfällig. Deshalb sollte man das Urteil nicht zu ernst nehmen.

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Kommentare

7

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  • #1

    Aktuell ist das Thema ja wieder in der Diskussion…

    Liebe Lehrer,
    bitte werdet Euch des Privilegs bewusst, dass Ihr einen Teil Eurer Arbeit daheim erledigen dürft. Die Länder auf Erstattung der Kosten für ein heimisches Arbeitszimmer zu drängen, sollte aus Sicht vieler Steuerzahler dazu führen, dass den Lehrern ein Arbeitsplatz in der Schule bereitgestellt wird. Dort dürft Ihr dann zur Unterrichtsvorbereitung den Schreibtisch nutzen, im Internet surfen und könnt Euch bei Fragen zu Lehrmethoden sogar mit Kollegen austauschen. Somit habt Ihr keine Mehrkosten und seid vor dem Vorwurf des Großteils der Bevölkerung geschützt, ihr würdet daheim gar nicht arbeiten.

    schrieb ich arbeite auf der Arbeit am

  • #2

    Schon komisch… die Gerichte auf Länderebene entscheiden GEGEN die Lehrer, erst das höchste deutsche Gericht muss die Richter auf Länderebene über Recht und Unrecht BELEHREN.

    Ob das etwas damit zu tun hat, dass die Steuern auf Länderebene kassiert und erstattet werden? Ach nein, kann ja nicht sein. Gerichte sind ja unabhängig. Steht zumindest so im Grundgesetz.

    schrieb Mister M. am

  • #3

    So ein Mist aber auch. Nun muss ich wieder nach 13 Uhr arbeiten. Ohne Arbeitszimmer hatte ich viel mehr Freizeit, keinen Platz für Arbeit. Ich hoffe, dass dieses Urteil wieder zurückgenommen wird.

    schrieb anmerker am

  • #4

    Das BVG hat ein Urteil gefällt:

    Zitat: “Dürfen Lehrer und andere Berufstätige ihr Heimbüro von der Steuer absetzen? Das Bundesverfassungsgericht ist dieser Meinung - und widerspricht damit der derzeit geltenden Regelung.”

    Quelle http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,709022,00.html

    schrieb ixsi am

  • #5

    Ich bin Lehrerin mit Vollzeitstelle an einer Ganztagsschule, d.h. häufig Anwesenheit von 8:00 bis 18:00(mit Zwischenpausen/Freistunden).Unterricht vorbereiten und Arbeiten korrigieren findet vorwiegend in der Zeit nach 20:00 statt und am Wochenende und größere Projekte auch mal in den Ferien (dann ist die Schule geschlossen, selbst wenn man dort einen Arbeitsplatz hat, nützt er einem nichts, weil die Zeit, zu der man arbeiten möchte oder kann eben im Schulgebäude nicht frei wählbar ist).
    Ich finde diese ganzen Schlaumeier, die solche Urteile fällen, sollten mal eine Woche zu mir in die Schule kommen, dann wüssten sie, wie dingend notwendig ein ruhiges Arbeitszimmer mit Mac, Drucker, Scanner und Telefon sein kann - in dem nicht auch noch 6 andere Kollegen rumwuseln…

    schrieb fips am

  • #6

    was machen sich alle wegend des arbeitszimmers so verrückt? ich habe meines abgeschafft und vermiete nun dieses. meine überlegung war: der staat will nicht, dass ich zuhause arbeite und stellt mir ein arbeitszimmer in der schule zur verfügung. da mir aber in der schule kein arbeitszimmer oder arbeitsplatz zur verfügung steht, bleibt halt die arbeit liegen oder wird erst gar nicht gemacht. mir verschafft diese auffassung des gerichtes freie nachmittage und freie wochenenden. meine telefonnummer gebe ich nicht mehr an eltern, spare mir gespräche nach feierarbend, sie können ja in der schule anrufen. insgesamt finde ich die regelung begrüßenswert, da sie viel freizeit verschafft und gleichzeitig gewinnbringend ist (vermietung des arbeitszimmers). wer trotz dieser regelung noch seine arbeit zuhause macht, ist selbst dran schuld. macht doch einfach, was euch vorgeschrieben wird, arbeitet nicht zuhause! die paar euro steuervorteil sollten euch das wert sein.

    schrieb anmerker am

  • #7

    smileys kann ich für diesen Schwachsinn leider nicht vergeben. Ich weiß nicht, wer das lustig findet, aber auf jeden Fall zeigt dieses Urteil, wie weit wir in unserem sogenannten Rechtsstaat gekommen sind. Da sitzen irgendwelche Rotzlümmel auf von unseren Steuern finanzierten Richterstühlen und verunglimpfen Angehörige anderer Berufe. Klar, späte Rache für in der Schule erlittenes angebliches Unrecht. Wer aber diese Urteilsbegründung liest, der weiß, dass die einzige Ungerechtigkeit die war, dass die Burschen nicht ab und zu eine aufs Maul bekommen haben.

    schrieb schulrat am

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