Unterrichtskonzept
Inhaltsangabe an Witzen üben 19.10.2011, 11:33
Eine anspruchsvolle Übung, die Spaß macht: Inhaltsangaben von Witzen schreiben. Es kommen meist sämtliche Aspekte der Inhaltsangabe zur Anwendung.
Inhaltsangaben von Witzen schreiben zu lassen ist eine sinnvolle und dabei auch noch unterhaltsame Übung für sämtliche Schulstufen und Schulformen, in denen die Inhaltsangabe auf dem Plan steht. Auch in der Sekundarstufe II kann das durchaus an "schwierigeren" Witzen geübt werden. Es werden die Merkmale der Inhaltsangabe geübt (passen: Arbeitsblätter - Übungen zur Inhaltsangabe), außerdem das Weglassen von Details und die Abstraktion von konkreten Handlungen.
Witze bieten sich auch deshalb an, weil die Schüler/innen erkennen, dass die Inhaltsangabe eine zutiefst langweilige Schreibform ist. Sämtliche erzählerischen Mittel, alle Spannungselemente und die Ausarbeitung des Höhepunkts werden in der Inhaltsangabe eliminiert. Allerdings stellen die meisten Witze eine hohe Herausforderung dar, da sie von sich aus schon sehr komprimiert sind und die Pointe ihre Schärfe bei einer Umformulierung häufig vollständig verliert.
Anwendung im Unterricht
Ganz nett ist es, einen Witz zu erzählen und dann die Inhaltsangabe schreiben zu lassen. Selbstverständlich können die Witze auch auf Papier ausgeteilt werden. Das ist jedoch nicht ganz so lustig, und der Unterschied zwischen Witz = lustig vs. Inhaltsangabe = rein informativ kommt nicht so gut zur Geltung.
Beispiel 1: Papst in der Polizeikontrolle (einfach)
Der Fahrer einer gemieteten Stretchlimousine holt Papst Benedikt XVI. vom Flughafen ab. Nachdem er das Gepäck des Papstes im Kofferraum verstaut hat, merkt er, dass der Papst neben der Fahrertür steht und sehnsüchtig ins Innere des Autos schaut.
"Entschuldigen Sie, Eure Heiligkeit, würde es Ihnen was ausmachen, sich ins Auto zu setzen, damit wir losfahren können?"
Der Papst antwortet: "Um ehrlich zu sein, im Vatikan darf ich nie selbst fahren. Würden Sie mich wohl ein Stückchen fahren lassen?"
Der Fahrer: "Euer Hochwürden, das ist unmöglich. Ich würde meinen Job verlieren." Dazu denkt er: "Der Papst hat keine Fahrpraxis, wenn er einen Unfall baut, bin ich geliefert. Wäre ich heute morgen doch im Bett geblieben."
Darauf der Papst: "Ich denke, es könnte für Ihr Seelenheil sehr nützlich sein, wenn Sie mich fahren ließen."
Das sieht der Fahrer ein. Was gibt es Wichtigeres als das Seelenheil? Also steigt er hinten ein.
Der Papst setzt sich hinters Steuer und braust los. 180 Stundenkilometer in der Innenstadt. Der Chauffeur atmet schwer und tippt dem Papst auf die Schulter. "Verzeiht, euer Hochwürden, aber könntet Ihr vielleicht ein wenig langsamer fahren?"
Zu spät. Hinter ihnen taucht ein Blaulicht auf, sie hören die Sirenen heulen. Es ist ein Polizist auf einem Motorrad, die sie zum Anhalten auffordert.
"Papiere, bitte", sagt der Polizist mit grimmigem Gesicht. Als er in den Wagen blickt, wird er bleich und geht schnell zurück zu seinem Motorrad und bedient das Funkgerät.
"Chef - ich habe hier jemanden angehalten, der 180km/h in der Stadt gefahren ist."
"Verhaften Sie ihn und bringen Sie ihn aufs Revier. Wo liegt das Problem?"
"Das sollten wir vielleicht nicht tun. Es ist .... eine wirklich wichtige ... Person."
Der Chef antwortet: "Das ist mir vollkommen egal. 180 in der Stadt heißt 'Ab aufs Revier', Punkt Basta."
"Entschuldigung Chef, aber ich meinte, es ist jemand, der wirklich wichtig und mächtig ist."
"Der Bürgermeister?"
"Nein ... viel wichtiger."
"Die Bundeskanzlerin?"
"Nein ... viel wichtiger."
"Wer zum Teufel ist es dann?"
"Ich glaube, es ist Gott höchstpersönlich!"
"Gott?? Sind sie verrückt geworden? Wie kommen Sie denn darauf?"
"Sein Chauffeur ist der Papst!"
Dieser Witz ist ziemlich ausschweifend erzählt, es werden viele situative Details dargeboten, die für den Lacheffekt nicht unbedingt notwendig sind. In der Inhaltsangabe sollen diese Details weggelassen oder gerafft werden, ebenso die Dialoge. Da die Grundstruktur des Witzes recht einfach ist und es viele redundante Inhalte gibt, eignet sich dieser Witz auch für jüngere oder schwächere Lerngruppen.
Beispiel 2: Vom Boden aufheben
In diesem Witz ist der in Witzen sehr häufig anzutreffende Dreischritt realisiert (siehe auch unten "Breitmaulfrosch"). Dieser Witz ist deshalb einigermaßen dankbar zu bearbeiten, weil die Pointe in der Inhaltsangabe noch zumindest verständlich bleibt.
Fritzchen geht mit seiner Oma zum Einkaufen.
Da findet Fritzchen eine Banane, die auf dem Boden liegt.
Fritzchen fragt die Oma, ob er sie essen dürfe.
Die Oma antwortet: "Nein, man darf nichts vom Boden aufheben." Dann gehen sie weiter.
Fritzchen sieht einen 5-Euro-Schein auf dem Boden liegen.
Er fragt die Oma: "Darf ich ihn mit nach Hause nehmen?"
Die Oma antwortet: "Nein, man darf nichts vom Boden aufheben."
Dann gehen sie weiter. Die Oma stolpert über einen Stein und fällt hin. Da sagt die Oma:
"Fritzchen, kannst Du mir bitte beim Aufstehen helfen?"
Darauf Fritzchen: "Nein, man darf nichts vom Boden aufheben."
Beispiel 3: Klassentreffen
Etwas schwieriger für eine Inhaltsangabe ist dieser Witz:
Nach 20 Jahren wollen sich die Schüler der Schiller-Schule wieder einmal treffen. Das Jubiläum des Schulabschlusses soll in einem Gasthaus gefeiert werden.
Sie überlegen, wohin sie gehen könnten. Nach langer Diskussion beschließen sie, in den Bären zu gehen. Dort gäbe es die hübschesten Kellner und Kellnerinnen, das sei sicher für alle erfreulich.
Zum 30. Jahrestag wieder die gleiche Überlegung. Man kommt zu der Entscheidung: Wir gehen in den Bären. Dort gibt es die größten Portionen.
40. Jahrestag: In den Bären. Dort gibt es wenig Stufen.
50. Jahrestag: In den Bären. Dort gibt es die besten Seniorenteller.
60. Jahrestag: In den Bären. Dort sind die Klotüren so schön breit und man kommt mit dem Rollstuhl gut rein.
70. Jahrestag: In den Bären. Da waren wir noch nie.
Von diesem Witz eine Inhaltsangabe anzufertigen ist etwas schwieriger als das vorige Beispiel; allerdings ist sehr klar, wo gerafft werden muss: Offensichtlich dürfen nicht alle einzelnen Schritte wiedergegeben werden. Also wird etwas in der Form "Bei jedem Klassentreffen überlegen sie erneut ..." herauskommen müssen. Anspruchsvoll ist auch die Darstellung der Pointe, da hier relativ stark vom Text abstrahiert werden muss und zu überlegen ist, wie explizit die Pointe erklärt werden muss (schreibt man: "... weil sie da noch nie gewesen seien." oder "... weil sie vergessen haben, dass sie in den ganzen Jahren zuvor schon im Bären waren.").
Beispiel 4: Breitmaulfrosch
Die Inhaltsangabe eines Witzes anzufertigen ist dann nicht ganz einfach, wenn der Witz schon sehr komprimiert ist - was bei sehr vielen Witzen der Fall ist. Ausschweifende Schilderungen sind meist nicht vorhanden. Deshalb muss von konkreten Handlungen sehr stark abstrahiert werden, um die Situation zu beschreiben. Beispiel:
Ein Breitmaulfrosch hüpft über die Wiese.
Da trifft er das Pferd. "Wer bist du?", quakt er [beim Erzählen: breiten Mund machen, penetrant quakender Tonfall]. "Ich bin das Pferd", antwortet das Pferd. "Und was machst du da?", quakt er. "Ich fresse Gras", antwortet das Pferd. "Aah", quakt der Breitmaulfrosch und hüpft weiter.
Nun trifft er die Kuh. "Wer bist du?", quakt er. "Ich bin die Kuh", antwortet die Kuh. "Und was machst du da?", quakt er. "Ich stehe etwas herum", antwortet die Kuh. "Aah", quakt der Breitmaulfrosch und hüpft weiter.
Dann trifft er den Storch: "Wer bist du?", quakt er. "Ich bin der Storch", antwortet der Storch. "Und was machst du da?", quakt er. "Ich suche Breitmaulfrösche, die ich fressen kann", entgegnet der Storch. [Nun beim Erzählen Mund ganz spitz machen und mit hohem, verstellten Fistelstimmchen antworten] "Ooooooh - die gibt's hier nicht."
In der Inhaltsangabe muss vom Dreischritt abstrahiert werden ("Er trifft verschiedene Tiere und ..." oder "Er trifft zuerst ein Pferd, dann eine Kuh ..."). Wem dieser Aspekt im Unterricht wichtig ist, der kann noch ein oder zwei Tiere einbauen (Pferd, Kuh, Wolf, Fuchs). Auch die Pointe ist schwer wiederzugeben. "Der Frosch spitzt den Mund und sagt mit hoher Stimme, dass es hier keine Breitmaulfrösche gäbe" ist suboptimal, da es tatsächlich darum geht, dass der Frosch sich verstellt, um selbst nicht gefressen zu werden. Durch eine Formulierung wie "Der Frosch verstellt seine Stimme und erklärt, dass es hier keine Breitmaulfrösche gäbe" geht jedoch die Pointe zur Gänze verloren.
Beispiel 5: Matheunterricht
Schwierig oder gar unmöglich zu bearbeiten sind Witze, deren Pointe in einem Wortspiel liegt. Im folgenden Beispiel dürfte die Inhaltsangabe nur unwesentlich kürzer sein als der Witz selbst:
Matheunterricht. Die Lehrerin erklärt die Mengenlehre und sagt: "Ich mache hier drei Haufen auf den Tisch." Die Schüler fangen an zu lachen. "Was gibt es da zu lachen?", keift die Lehrerin erzürnt, "Hört sofort damit auf, oder ich setze noch einen vor die Tür!"
Fazit
Berechtigt ist die Frage, ob die Schreibform "Inhaltsangabe" nicht völlig inkompatibel zur Textsorte "Witz" ist. Dennoch lässt sich der Unterricht dadurch durchaus mal auflockern und die Schüler/innen haben einige Aha-Effekte. Die Anforderungen an eine Inhaltsangabe werden angewendet und geübt (z.B. direkte -> indirekte Rede, weglaassen von Details etc.).