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Neue Freizeitkultur

Schulpause: Smartphone, sitzen, schweigen 12.01.2012, 08:28

Schüler in Schulpause am Smartphone
Bild: Kurt Jakob

Da sitzen sie wieder in der Schulpause und kommunizieren mit ihren Smartphones und schweigen. Analyse einer neuen Freizeit- und Kommunikationskultur in Wort und Bild.

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  • (geändert: )

Der Lehrer Kurt Jakob schreibt in seinem Blog unter dem Titel "Pausenbeschäftigung":

Letzte Woche während einer Pause am Morgen habe ich einige Bilder in einer Klasse gemacht. 21 am Smartphone, nur zwei sind anders beschäftigt.

Jakobs Blog 09.12.2011: Pausenbeschäftigung

Die Bilder sind diese (danke für die Genehmigung zur Veröffentlichung, Kurt Jakob!):

Schüler in der Pause mit ihren Smartphones

Im aktuellen Fall handelt es sich um 16- und 17-Jährige an einer Fachmittelschule (CH) = Vorbereitungsschule für die Fachhochschule.

Auf die Frage, was die Schüler/innen mit ihren Smartphones denn gerade machten, kamen diese Antworten:

Liste: Was machen Schüler mit Smartphones in den Schulpausen?

Dass 12 der 17 Auskunftswilligen ein iPhone besitzen, ist wesentlich uninteressanter als die ausgeübten Tätigkeiten. Grob zusammengefasst (ges. 17 Angaben, teilweise Mehrfachnennungen):

10x Kommunikation (Facebook, WhatsApp, SMS) = 59%
3x Spiele = 18%
2x Nachrichten (20min.ch) = 12%

Diese Zahlen wie auch die Fotos sind selbstverständlich in keiner Weise repräsentativ. Aber sie zeigen einen Trend: Wenn Schüler/innen "zusammen" sind, dann haben sie immer öfters ein Handy oder Smartphone in der Hand. Ähnlich verhält es sich im Computerraum: Haben die Schüler/innen mal ein paar Minuten Zeit, in denen sie sich frei betätigen können, hängt (je nach Altersstufe: deutlich) mehr als die Hälfte in Facebook, der Rest betätigt sich mit Spielen, einige (sehr) Wenige lesen irgendwelche Infos.

Erstaunlich für die Generation über 30 sind vor allem zwei Aspekte:

  1. Jugendliche kommunizieren untereinander via Smartphone, Social Web etc. - auch wenn sie direkt nebeneinanderstehen oder -sitzen. Machen Sie den Computerraumtest und lassen Sie eine Schulklasse 20 Minuten tun und lassen, was sie wollen - sie werden sich gegenseitig Nachrichten schicken oder chatten. Obwohl sie sich doch unterhalten könnten?!
  2. Direkte (mündliche, face-2-face-) Kommunikation scheint zu verschwinden. Wie Kurt Jakob schreibt: "21 am Smartphone, nur zwei sind anders beschäftigt."

Und damit ist der Generationenkonflikt vorprogrammiert. Haben sich die Jugendlichen nichts mehr zu erzählen? Befriedigt es sie, in zombieartigen Gruppen totenstill herumzusitzen und sich Smileys zuzuschicken? Haben sie eigentlich nichts Ernsthaftes zu tun?

Letztlich führen solche Fragen ins Nichts, denn es kollidieren zwei Wertesysteme, die erstaunlich inkompatibel sind. So war das schon immer im Generationenkrieg, und so wird es immer sein. Die wirkliche Antwort auf die Frage liegt verborgen in einer Forumsdiskussion von unicum.de. Dort zitiert einer namens "saus" Sokrates und Aristoteles im Generationenkonflikt:

Die Jugend von heute
"Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer. " (Sokrates, 470-399 v.Chr.) [...]

"Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen." (Aristoteles, 384-322 v. Chr.)

unicum.de, Forumsdiskussion "Generationenkonflikt", Beitrag #8 von "saus" (30.06.2006)

Und eine Person namens "sexyEmma" antwortet:

ja das hab ich schon tausend mal gelesen

aber das sind alles kommentare von erwachsenen

und nicht von jugendlichen

und ich bin selbst jugendliche

unicum.de, Forumsdiskussion "Generationenkonflikt", Beitrag #9 von "sexyEmma" (30.06.2006)

Tja. So ist das.

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Kommentare

5

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  • #1

    Compunikation ist eben “IN”.

    Handys verlangsamen die Kommunikation. Das mögen gerade solche Menschen, die wenig schlagfertig sind. Wer dauernd Angst hat, sich mit seinen Äußerungen zu blamieren, freut sich über zusätzliche “Bedenkzeit”.

    Das Handy liefert diese Bedenkzeit.
    Man hat Zeit, um zu antworten.
    Wenigstens ein paar Sekunden.

    Kennen wir das nicht alle?! -

    > Jemand stichelt uns mit gemeinen Spitzen, aber uns fällt kein passender Konter ein!
    > Jemand versucht einen Flirt, aber wir reagieren unbeholfen und ungeschickt!
    > Der Chef fragt uns etwas, aber unsere Antwort ist unstrukturiert und einfallslos!


    Ja, so isses leider oft: Die passende, schlagfertige Antwort fällt uns erst auf dem Weg nach Hause ein! Wie schön wäre es, in solchen Momenten mal eben die Zeit stoppen zu können, bis uns etwas Geistreiches eingefallen ist?!

    Jugendliche haben das Problem noch viel mehr als wir Erwachsene. Sie sind noch ungeübter und unsicherer als wir. Und das sie ständig von den Klassenkameraden beobachtet und schweigend beurteilt werden, macht die Sache natürlich noch entsetzlicher.


    Das kennen wir alles.
    Gerade wir Lehrer kennen das von unseren Schülern zu genüge:

    Keiner will an die Tafel.
    Keiner will seine Lösung als Erster vorstellen.
    Keiner traut sich, dem Lehrer zu widersprechen.

    Gerade Teenagern ist kaum etwas wichtiger als die Frage: “Was denken die anderen über mich?” Der Gruppenzwang der Peergroup ist fürchterlich; nichts ist schlimmer, als ein Außenseiter zu sein. Darum gibt es Markenklamotten, darum lacht man, wenn alle lachen und hört die Musik, die alle hören—egal, wie dumm der Witz bzw. wie bescheuert die Musik ist. Diese Dinge sollen Konformität und Zugehörigkeit ausdrücken; sie dienen der Angleichung und Eingliederung. Markenklamotten, Handys und die typischen Teeniesprüche sind in diesem Sinne gruppenbildende Statussymbole. Vermutlich war das auch der Grund dafür, dass jeder Schüler im o.g. Beitrag erstmal kundtun musste, dass er ein echtes iPhone besitzt. ;-)


    Warum chatten die Schüler nun so gerne am Handy?
    Das ist nach den Vorbemerkungen, denke ich, leicht zu durchschauen:

    Erstens: Das Handy schafft eine willkommene Zeitlücke zwischen Ansprache durch den Mitschüler und die eigene Antwort, sodass den wenig schlagfertigen Teenies mehr Bedenkzeit zur Verfügung steht. Sie können mehrere Antworten durchspielen, bevor sie sich entscheiden. Das beruhigt kolossal.

    Zweitens: Die Nutzung des Handys ist ein Statusanzeiger. Es ist ein sog. “Statusdisplay” (so nennen das Ethologen) für die Konformität des Individuums mit der Gruppe.

    Drittens: Die Antwort ist nicht öffentlich, sondern kann auf bestimmte Adressaten eingeschränkt werden. Man kann über die Nachbarin lästern, ohne dass die etwas davon mitbekommt. ;-)

    Viertens: Am Handy fällt es damit insgesamt leichter, sich kommunikativ - besser: compunikativ - ins rechte Licht zu setzen und sich zu “inszenieren”. Es geht um Selbstdefinition und Selbstinszenierung. Wie skurril die Blüten dieses Profilierungswahnsinns sind, kann man bspw. an den “Top100-Listen der beliebtesten Nicknames” (Google) oder sogar den Nickname-Beratern im Internet ablesen (http://tinyurl.com/pfgelzf). Es gilt, über einen statusträchtigen Avatar das eigene Ich aufzupäppeln und über ein Cyber-Alter-Ego der eigenen Persönlichkeit eine etwas glänzendere Fassade zu verleihen.

    Ja, ich weiß: Was ich hier schreibe klingt sehr abwertend und bitter.
    Es sieht ja so aus, als wolle ich hier eine ganze Generation von Menschen zu seelisch verkrüppelten Profilierungs-Epileptikern abstempeln, die am Handy eine Art sozialer Selbstbefriedigung praktizieren.

    Aber seien wir doch mal so ehrlich und geben zu: Auch viele Erwachsenen “leiden” noch ganz offenkundig an einem unbewältigten Drang zur Selbstdarstellung - und zwar meistens umso mehr, je weniger Selbstbewusstsein und Gelassenheit diese Menschen in sich tragen. Natürlich ist es uns wichtig, was andere von uns denken. Natürlich wollen wir beliebt sein. Natürlich sind wir freundlich zu Chef, auch wenn wir ihn eigentlich nicht mögen. Wir Menschen leben in zig sozialen Räumen, und unser Verhalten wird nunmal allzu oft von den Werten und Kodizes mitgestaltet, die in diesen sozialen Räumen gelten. In der Sauna sind wir ungeniert nackt, im Klassenraum (hoffentlich) niemals. Wir sind darauf konditioniert, den Regeln und Erwartungen unserer Umwelt zu entsprechen und uns den Konventionen der verschiedenen Räume anzupassen.

    Aber genau deshalb werfe ich keinem Schüler seine Handysucht vor.
    Er ist einfach noch unreif und unsicher, und das Handy gibt ihm etwas, das ihm in der realen Welt fehlt.

    Irgendwann wird er da rauswachsen, und dann braucht er das Handy nicht mehr. So wie ein Baby irgendwann keinen Schnuller mehr braucht.

    Herzlich!

    schrieb Michael am

  • #2

    Bedenkliche Entwicklung > der Notstand folgt

    Was die Mobilfunklobby angerichtet hat ist hier nur an der Oberfläche sichtbar. Die potentielle Suchtgefahr ist unumstitten und steht erst in den Starlöchern.

    Wieviel familieninterner Ärger die aktive Geldumverteilung vom Schüler zu den überschuldeten Mobilfunkkonzernen bereitet, ist dann das tiefer gehende Problem.

    Liebe Schälerinnen, lasst die Finger von der krankmachenden Technologie. Die Kostenwahrheit wird verschwiegen. Offensichtlich ist jedoch die Verdoppelung der Krankenkassenprämien ... ich rede aus Erfahrung und muss immer wieder “flüchten”, denn die vielen Sender verändern mein Blutbild, was dann eine lästige Atemnot zur Folge hat.

    Schütz EUCH selbst - Noch Fragen?

    schrieb weiser am

  • #3

    da braucht man nicht genderneutral formulieren. auf den fotos erkenne ich nur mädchen.

    schrieb ruhl am

  • #4

    Kürzlich erlebte ich eine ähnliche Situation im privaten Bereich: Zwei Familien mit insgesamt drei Teenagern (alles Gymnasiasten) gingen gemeinsam ins Restaurant. Die Jugendlichen facebookten, simsten, zeigten sich gegenseitig Fotos und Videos auf ihren Smartphones (nur ein Iphone ;-) ! ) Ein Elternteil beginnt zu kochen, fordert die Kinder auf sich direkt zu unterhalten. Reaktion: Völlige Verständnislosigkeit. Der Vater sieht keine Chance sich durchzusetzen ohne den Abend platzen zu lassen. Eine Stunde später haben 2 der drei Smartphones keinen Strom mehr. Die Handys liegen auf dem Tisch, die Kinder unterhalten sich angeregt im direkten Gespräch, man gestikuliert, amüsiert sich. Wir Erwachsenen hatten den Übergang gar nicht bemerkt.

    schrieb abohn am

  • #5

    Immer und immer wieder dieser (nur mündlich überlieferte?) Aristoteles-Kommentar ohne fachlichen Kontext.
    So viele andere, wichtigere Gedanken von ihm wurden konserviert,
    und bei diesem meint man immer wieder, er belege schlich ewigen Meinungsunterschiede zwischen 2 Generationen.

    Vielleicht vernachlässigte die attische Demoktratie wirklich ihre Jugendlichen, weil Sie damals eben nur Oliven aßen ( statt mit I-Phones spielten). Vielleicht genossen sie die höchste aller Freiheiten ( vom sinnlosen Tadel und Befehl der Älteren), blieben aber nur Konsumenten, weil es dem Staatswesen an Kraft und echtem Interesse zur Förderung und Entwicklung von Talent, und Ideen zum Fortbestand kommender Generationen fehlte.

    Dieses Bild des schleichenden Verfalls des Gemeinwesens dürfte viel besser passen, wenn man bedenkt, dass die Makedonen die griechischen Stadtstaaten erobern und beherrschen konnten. ( soviel zur Zukunft des Landes)
    Ja vielleicht war das auch ein Grund, dass sich Aristoteles so bereitwillig dem Ruf nach Pella hingab um Alexander (den Großen) zu erziehen.

    Ich denke dieser Satz ist viel mehr eine Warnung, keine Bestätigung!

    Fragen Sie doch Ihren Geschichtslehrer vor dem Zitieren und sorgen Sie vielleicht besser dafür, dass die Kids irgendwann selbst ein I-Phone bauen können um sich in der Pause mit fb abzulenken.

    schrieb Lässig am

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