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Hilbert Meyer über das "Schmiermittel" des Frontalunterrichts

Warum reden Lehrer/innen so viel? 13.03.2006, 17:06

Buchstaben-Bleisatz
Bild: Pixabay / wilhei [CC0 (Public Domain)]

Lehrer/innen reden im Unterricht zu viel. Spätestens seit der DESI-Studie wissen wir es wieder. Hilbert Meyer, Flaggschiff der Erziehungswissenschaften, nimmt in einem interessanten Interview Stellung zu diesem Phänomen.

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  • (geändert: )

Wer sein Referendariat in den Achzigern begonnen hat, dem ist Hilbert Meyer ein Begriff. Seine Bestseller wie “Didaktische Modelle” oder “Unterrichtsmethoden” sind aus der Referendariatsausbildung und den Bücherschränken entwicklungsbereiter LehrerInnen nicht mehr wegzudenken.

Ob man seine Werke nun langweilig, informativ oder genial findet: Hilbert Meyer ist ein wirklicher Fachmann mit Bezug zur Praxis. Deshalb interessieren seine Aussagen zum Thema “Warum LehrerInnen so viel reden” natürlich brennend.

Reden als “Schmiermittel, um den Unterricht in Gang zu halten”

Laut Hilbert Meyer reden die allermeisten Lehrer/innen viel - das Spektrum reicht von Unsicherheit über Liebe zur Beschwallung bis hin zu Vertuschung der Tatsache, dass sie keinen Unterricht vorbereitet haben und das erst einmal überspielen müssen, während sie heimlich die Stunde planen. Ein Hauptgrund, warum Lehrer/innen viel reden, ist für Hilbert Meyer aber der: Im Frontalunterricht ist Reden

das Schmiermittel, um den Unterricht in Gang zu halten, um die vielen Organisationsfragen zu bewältigen, um zu loben und zu disziplinieren. Die Sprache ist das wichtigste Werkzeug des Lehrers. Das ändert aber nichts daran, dass ein Sprechanteil der Lehrer von zwei Dritteln nicht akzeptiert werden kann.

sueddeutsche.de 12.03.2006: Warum reden Lehrer eigentlich so viel?

Klar: Je unvorbereiteter die Lehrperson, desto höher ihr Redeanteil (es sei denn, man saugt sich spontan eine größere, nicht zwangsläufig sinnlose Gruppenarbeit aus den Fingern). Überprüfen Sie es selbst im Unterrichtsalltag.

Allerdings ist das ja nicht so schlimm. Jeder Arbeitnehmer pfuscht hier und da mal, und noch steht die Welt. Schlimm wird es nur, wenn die Lehrperson es nicht merkt, dass sie viel redet. Denn ein hoher Redeanteil ist nicht nur anstrengend, sondern auch fruchtlos.

So werden manche Lehrpersonen im Lauf der Zeit zu wahren Beschwallungsmaschinen, auch im Privatleben - denn sie sind einem teuflischen Kreislauf verfallen: Hoher Redeanteil im Unterricht stresst die Lehrperson; lädt ihren Stress im Privatleben ab (ebenfalls: hoher Redeanteil), was zu mehr Stress führt. Kein Nerv auf Unterrichtsvorbereitung oder auf Einlassen auf aufsässige SchülerInnen, die selbst reden wollen, was zu hohem Redeanteil im Unterricht führt, der die Lehrperson stresst; sie lädt ihren Stress wortreich im Privatleben ab, was zu mehr Stress führt ...........

Fazit: Eine alte Lehrerfreundregel

Geht der Stress dir auf die Hoden,
Wechsel mal die Unterrichtsmethoden.


Empfehlenswerte Bücher von Hilbert Meyer:

  • Unterrichtsmethoden, Bd. 1 (Theorieband)
  • Unterrichtsmethoden, Bd. 2 (Praxisband)
  • Didaktische Modelle
  • Was ist guter Unterricht?
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Kommentare

8

Zum Artikel "Warum reden Lehrer/innen so viel?".

  • #1

    Warum beträgt in Vorlesungen in der Uni der Redeanteil 100 Prozent? Müsste sich da nicht auch etwas ändern, oder liegt es einfach an den Rahmenbedingungen - Viel Stoff muss in zu wenig Zeit vermittelt werden?

    schrieb GriasDi am

  • #2

    @Nele Abels

    Absolut richtig!
    Das bezieht sich nicht nur auf Herrn M, sondern auf einige Facheleiter/Mentoren/Seminarlehrer (oder wie immer diese Menschen so heißen).

    Einige unterrichten - mehr schlecht als recht - ihre eigenen 3-4 Stunden und gehen mit erhobenen Zeigefinger zum Unterricht der Studienreferendare.

    Während die gesamte Welt im Siliziumzeitalter angekommen ist, unterrichten diese noch im Kreidezeitalter… Leider verderben sie ganze Generationen an neuen Lehrern. Innovation wird so unterbunden.

    Letztlich beruht unser Schulsystem immer noch auf den preussischen militaristischen Prinzipien.
    Schulleiter = A16 = Hauptmann
    Lehrer = A13 = Leutnant
    Schüler = AA (Scheiße)= Fußvolk
    Aus dem Fußvolk rekrutiert man eventuell neue Offiziere, die anderen sich nur BLACKWATER.

    (Blackwater= private Firma, die Söldner in den Irak schickt. Bitte im Pons oder Langenscheidt nachschauen, was BLACKWATER heißt)
    EIn Bisschen Bildung muss sein!  ;)

    schrieb Immhoff am

  • #3

    Hilbert Meyer ist ein echter Fachmann mit Bezug zur Praxis?

    Meyer versteht es in der Tat aufs prächtigste, in seinen Büchern den Eindruck hervorzurufen, er sei ein in Ehren ergrauter Volksschullehrer aus der Praxis, der nun das Ergebnis seiner jahrelangen, zum Teil schmerzhaft erworbenen Erfahrungen an die nächste Generation von Junglehrern weitergeben will.

    Die tatsächlich Berufspraxis Prof. Dr. Hilbert Meyers beschränkt sich seiner eigenen Hompeage zu Folge auf den Zeitraum vom Sommer 1964 bis zum Frühjahr 1967. Das umfasst etwas mehr, als die Zeitspanne seiner Lehrerausbildung.

    Zweidreiviertel Jahre. Ich bin ja so was von beeindruckt.

    In anderen Worten - die vermeintliche Praxisnähe in Meyers Büchern ist das Ergebnis seiner Rhetorik. Seine Ausführungen beruhen auf Erfahrungen aus zweiter Hand und auf theoretischen Überlegungen. Da unterscheidet er sich in NICHTS von seinen anderen Akademikerkollegen.

    Wer im Gegensatz zu Meyer selber Lehrer ist und den Beruf ausübt, weiß, dass Hospitation und Supervision ja schön und gut sind, aber die persönliche Erfahrung, da vorne an der Tafel zu stehen und zu machen, durch nichts zu ersetzen ist. Ich habe mich ja länger gewundert, warum sich Meyer so seltsam vague über die pragmatische Vereinbarkeit seines Didaktikmodells mit den praktischen Problemen des Berufsalltags äußert. Die Antwort liegt auf der Hand: der Mann weiß einfach nicht aus eigener Anschauung, wie es ist, im Dauerlauf in der kleinen Pause die Klassen zu wechseln und nebenbei Beratungs- und Verwaltungsgespräche zu führen. Der kennt einfach nicht das Problem, dass man in den Hochkorrekturphasen physisch keine Zeit mehr hat. Der kämpft auch niemals mit alltäglichen Problemen einer kulturell heterogenen Lerngruppe…

    Wäre ich ein Arzt und ich würde einem Kollegen begegnen, der zwar seid dem Ende seines praktischen Jahres nicht mehr praktiziert hat, aber es stattdessen ganz theoretisch auf sich nimmt, die wissenschaftliche Deutungshoheit über die richtige Diagnostik und Therapie in der Praxis zu beanspruchen, wüsste ich jedenfalls, was davon zu halten wäre.

    Aber in der Schule kommt’s wohl nicht so darauf an.

    schrieb Nele Abels am

  • #4

    hmm,ich mein,et wär manchmal bessa,wenn die lehrer ma die backen halten. denn wenn die zuviel schwallen,wat keinen kratzt oda zum thema passt hört kein mensch mehr zu… mfg,shaq

    schrieb Shaq am

  • #5

    Zitat aus der Zeit:

    Überhaupt findet Forschung nach den üblichen Standards in den Erziehungswissenschaften nur sehr punktuell statt. Die bayerische Evaluation ergab, dass ein »Großteil der Forschung keine empirische Grundlage hat«. Das gilt ebenso für andere Bundesländer. So konnte an der Hamburger Universität vor einiger Zeit noch Peter Struck, Professor für Erziehungswissenschaft, unwidersprochen verkünden, dass er Zahlen über das Verhältnis von Intelligenz und Schullaufbahn im gegliederten System »einfach mal so geschätzt« habe. Diesen freihändigen Umgang mit Zahlen, so Struck, hätte er von einem anderen Pädagogikprofessor übernommen, der seine Daten ebenso kreativ erfand.

    http://www.reinhardkahl.de/artikellesen109r_5.html
    bzw.
    http://www.forum.mpg.de/archiv/20060628/docs/erziehungswissenschaften_haben_versagt.pdf
    bzw.
    http://72.14.221.104/search?q=cache:MSUzcEBgHM0J:www.forum.mpg.de/archiv/20060628/docs/erziehungswissenschaften_haben_versagt.pdf+peter+struck+daten+geschätzt+zeit&hl=de&gl=de&ct=clnk&cd=6

    schrieb ImTal am

  • #6

    Wie soll der schüler etwas lernen, wenn der Lehrer eine eher schweigsame Persönlichkeit ist? Der Lehrer weiß sich zu repräsentieren, u.a. eben durch “reden”.

    schrieb dudu am

  • #7

    :gulp: Mich würde interessieren woher H. Meyer die Daten für seine These hat.
    Wie viel reden, welche Lehrer, wann und wo und in welchem Fach? Wie viel Redenanteil ist zu viel?
    Der Rest seines Statements - warum Lehrer so viel reden, wie sie reden - klingt mir doch eher nach Vulgärpsychologie als nach wissenschaftlicher Untersuchung/Erklärung.

    schrieb Neunmalklug am

  • #8

    %-P Tja, wo der liebe Herr Hilbert Mayer Recht hat, da hat er Recht! Seine Beobachtungen sind sicher auch von uns Lehrern nachvollziehbar. Es ist jedenfalls nicht verkehrt, sich ab und zu selbst einen Spiegel vorzuhalten.

    schrieb dodo am

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