Bertelsmann-Prognose
Bis 2025 sinken Schülerzahlen um 20% 08.11.2009, 18:00
Nach einer aktuellen (Jahr 2009) Prognose der Bertelsmann-Stiftung werden die Schülerzahlen in Deutschland bis 2025 um knapp 20% sinken. Besonders betroffen sind die ostdeutschen Bundesländer. Damit ist das Ende des dreigliedrigen Schulsystems besiegelt.
Die Bertelsmann-Stiftung hat eine aktuelle Prognose zum demographischen Wandel in der BRD vorgelegt. Für die einzelnen Kommunen sind (auch ältere) detaillierte Daten in verschiedener Aufbereitung unter wegweiser-kommune.de abrufbar.
Wesentliche Erkenntnisse der aktuellen Prognose zur Entwicklung der Schülerzahlen bis 2025 sind diese:
- Bis zum Jahr 2025 wird die deutsche Bevölkerung um 2% geschrumpft sein.
- Die Zahl der über 80-Jährigen wird dabei um 70% zunehmen, die Zahl der 6- bis 18-Jährigen um knapp 20% abnehmen.
- Betroffen von dieser Vergreisung sind vor allem die Länder in Ostdeutschland, da diese neben sinkenden Geburtenraten von hohen Abwanderungsraten betroffen sind und sein werden.
Entwicklung der Schülerzahlen nach Altersgruppen
Besonders drastisch wird der Schwund bei den 16- bis 18-jährigen Jugendlichen sein: In dieser Bevölkerungsgruppe wird der Rückgang 27,4 Prozent betragen. Bei den Schülern zwischen 10 und 15 Jahren, deren Alter in den meisten Bundesländern der Sekundarstufe I entspricht, werden 15,8 Prozent der Kinder fehlen. Auch in der Primarstufe (6 bis 9 Jahre) werden mit 14,3 Prozent deutlich weniger Kinder als heute die Schulbank drücken. Insgesamt wird die Bevölkerungszahl in Deutschland bis 2025 um lediglich 2 Prozent zurückgehen. Dabei gibt es jedoch erhebliche demographische Verschiebungen. So wird die Zahl der über 80-Jährigen um 70 Prozent zunehmen.
Diese Prognosen decken sich im Wesentlichen mit den Prognosen, die die Kultusministerkonferenz 2008 veröffentlicht hat (z.B. Lehrerfreund 24.01.2008: Die ultimative Lehrerfreund-Schulstatistik).
Die Bertelsmann-Stiftung folgert, dass sich insgesamt der “Trend” zum zweigliedrigen Schulsystem fortsetzen wird. Gemeint ist damit, dass Haupt- und Realschulen zusammengelegt werden. Aufgrund bundesweit stark sinkender Schülerzahlen in Hauptschulen und der generellen Infragestellung des Konzepts “Hauptschule” dürfte diese Prognose zutreffend sein.
Mehr dazu:
- Lehrerfreund 30.10.2006: Hauptschulen als soziale Mülltonne
- Lehrerfreund 26.02.2008: Steigende Schülerzahlen an Gymnasien (2007/08) - Werden die Deutschen immer klüger?
Kartenmaterial zur Entwicklung der Schülerzahlen bis 2025
Die Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht für die einzelnen Bundesländer und den Bund Karten, auf denen die Entwicklung der Schülerzahlen bis 2025 festgehalten ist (6- bis 18-Jährige). Sie finden die Karten für die einzelnen Bundesländer rechts neben der zugehörigen Pressemeldung.
Interessant ist auch ein Blick auf die Gesamtsituation in der BRD (Klick zum Vergrößern; Direktlink zur Karte als pdf):
Die blauen Flächen zeigen nur schwach oder gar nicht sinkende Schülerzahlen bis 2025 an. Kaum vom Schwund betroffen sind viele Ballungszentren und Großstädte. In den “blauen” Gebieten werden die Einstellungschancen für Lehrer/innen in den nächsten 10-15 Jahren besser als im restlichen Bundesgebiet sein.
Die roten Flächen zeigen ein starkes Absinken der Schülerzahlen an. In den dunkelrot gefärbten Gebieten ist bis 2025 ein Sinken der Schülerzahlen um bis zu 30% und mehr zu erwarten. Anders ausgedrückt: Wenn in Frankfurt an der Oder heute 500 Schulkinder in eine Schule marschieren, werden es in 15 Jahren noch 350 sein. Gleichzeitig werden statt 50 Rentner/innen 85 auf der Parkbank sitzen (und wahrscheinlich 400 Euro weniger Rente zu verbrauchen haben).
Und nun?
Das ist herzlich interessant und auch ziemlich deprimierend. Aber wirkliche Lösungen sind nicht in Sicht. Zwar hat die Bertelsmann Stiftung viele Konzepte und “Best practice”-Beispiele veröffentlicht, die in volkswirtschaftlicher Hinsicht entweder kosmetisch oder sinnvoll sind (Stadtentwicklungspläne etc.) und deren Berücksichtigung die Lebensqualität der in Deutschland lebenden Personen sicher verbessern wird. Aufgehalten werden kann die demographische Entwicklung dadurch aber nicht. Da sind nun die (deutschen oder nicht deutschen) Bürger/innen der BRD gefragt, die nach wie vor rund 1.4 Kinder pro Frau (er-)zeugen - Mitte der 1960er lag die Geburtenziffer noch bei 2.5 Kinder pro Frau (mehr beim Statistischen Bundesamt). Damit hält Deutschland bezüglich der Geburtenrate in der EU die rote Laterne:
Bezogen auf die Bevölkerungszahl kommen in keinem anderen EU-Land so wenig Kinder zur Welt wie in Deutschland. Pro 1000 Einwohner wurden im letzten Jahr rechnerisch nur 8,2 Kinder geboren, in Irland waren es mehr als doppelt so viele.
Deutschlandpolitik 04.08.2009: Deutschland ist bei Geburten EU-Schlusslicht
Während die zusammengefasste Geburtenziffer der Frauen zwischen 30 und 40 in den letzten Jahren leicht angestiegen ist, hat die Geburtenhäufigkeit bei den Frauen unter 30 weiter abgenommen. Ein Ende der Entwicklung ist nicht in Sicht.