Computerraum
Deutschland 2006: Kaum einer nutzt Computerräume 29.10.2006, 16:13
Die meisten Schulen in Deutschland sind mit technisch hochwertigen Computerräumen ausgestattet. Im Unterrichtsalltag werden sie allerdings kaum benutzt.
Der interessante Artikel “Zutritt nur nach Voranmeldung” bei heute.de beruft sich auf zwei aktuelle Studien zur Nutzung von Computerräumen in Deutschland. Demnach sind zwar rund 90% aller deutschen Schulen mit Computern und Internet ausgestattet, doch gerade mal 20% aller SchülerInnen arbeiten im Unterricht regelmäßig mit dem PC; die meisten kennen computergestützten Unterricht nur aus Erzählungen.
Gründe für die schwache Computernutzung im Unterricht sind den beiden Studien (TNS Infratest, Europäische Komission) zufolge unter anderem:
Langsame Leitungen
Die meisten Schulen surfen mit peinlichen Speeds. Wenn 15 oder 30 Rechner sich also einen ISDN-Zugang teilen, kommen wir auf Geschwindigkeiten von 300 Bytes/Sekunde - der Stand von 1998.
Lediglich 63 Prozent der bundesdeutschen Schulen besitzen einen DSL-Anschluss. Der Rest muss sich im analogen Schneckentempo oder per ISDN durchs Netz schleichen. Selbst eine simple Netzrecherche kann da “Ewigkeiten” dauern. In der Sparte “Schnelle Internetzugänge” liegen Deutschlands Schulen auf Platz 21 von 27 untersuchten Ländern.
LehrerInnen haben zu wenig Kenntnisse und zu wenig Selbstvertrauen
Die meisten LehrerInnen glauben, sie hätten zu wenig “Kenntnisse”. Ich vermute, dass hier recht häufig auch fehleingeschätzt wird - einfache Aktionen kann man auch durchführen, wenn man weiß, wo der Einschaltknopf am Computer ist. Das Problem sind wahrscheinlich vielmehr die didaktischen Kenntnisse und methodischen Fertigkeiten. Ich habe im Jahr 2003 für das SWR Schulfernsehen einen Aufsatz zur Thematik mit grundlegenden Hinweisen geschrieben, da ist er: Berthold Metz (2003): Die Angst des Lehrers vor dem Computerraum (pdf, 500kB)
Wo sind die Fortbildungen?
Den meisten Lehrer/innen fehlen schlicht die technischen und didaktischen Grundlagen, um sinnvollen Unterricht mit dem PC zu machen. Laut der EU-Studie gibt es drei Gruppen: Ein Teil der Lehrer/innen kann es einfach nicht; ein anderer Teil will es nicht; ein dritter Teil versteht nicht, wozu das alles gut sein soll. Die Empfehlung der EU-Studie ist eindeutig: Deutschland muss sofort sein Aus-, Weiter- und Fortbildungsangebot entsprechend anpassen.
Und das ist richtig. Es ist allerdings zu vermuten, dass weder die zuständigen Personen in den Ämtern noch die Mehrzahl der FortbilderInnen mehr Ahnung von Softwarebedienung als von Mediendidaktik und Internet haben. Wäre das Schulsystem privatwirtschaftlich organisiert, hätte man sich die kompetenten Leute schon längst über das Interface “Bloggerszene” zusammengesucht.
Ausstattungsstruktur ist suboptimal
Je mehr Klassenräume mit Computern ausgestattet sind, desto höher liegt der Nutzungsgrad. Und der ist in Deutschlands Hauptschulen am höchsten:
Kein Wunder: Mehr als 13 Prozent aller Hauptschulklassenräume sind bereits mit einem oder mehreren Computern ausgestattet. An den Gymnasien sind es bis dato magere 3,5 Prozent.