Behandlung von ADHS
Niederländische Studie: 2 von 3 ADHS-Kindern durch Diät symptomfrei 09.04.2011, 21:37
Niederländische Forscher/innen haben Kinder mit ADHS einer "Eliminationsdiät" unterzogen. Bei 64% der Kinder verschwanden durch die Diät die ADHS-Symptome vollständig; ADHS wäre damit in vielen Fällen als Nahrungsmittelunverträglichkeit einzustufen. Allerdings sind bei jedem Kind andere Lebensmittel für die ADHS-Symptomatik verantwortlich - welche das jeweils sind, lässt sich nicht so einfach herausfinden.
Die Forscher/innen vom Eindhovener “ADHS Research Centrum” (ADHS-Forschungszentrum) haben 50 (von 100) Kinder einer sog. “Eliminationsdiät” (RED-Diät, “Restricted Elimination Diet”) unterzogen.
Fünf Wochen lang wurden die Kinder nur mit einem sehr eingeschränkten Speiseplan ernährt: Wasser, Reis, Puten- und Lammfleisch, Salat, Karotten, Birnen und weitere hypoallergene Nahrungsmittel (Quelle). Bei 64% der Kinder waren am Ende der Diät nach Aussagen der Studienleiterin Lidy Pelsser die ADHS-Symptome
“[...] vollständig verschwunden und sie verhielten sich wie normale, durchschnittliche Kinder ohne ADHS.”
Auch Kinder mit komorbiden Störungen (wie ODD - Oppositional Defiant Disorder (Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten)) profitierten von der Diät: Sie waren deutlich weniger rebellisch und aggressiv - es ist von einem “sehr positiven Effekt” die Rede (“Ook op dit gedrag had het dieet een zeer gunstig effect.” - Pressemeldung zur Untersuchung).
Anschließend wurde der Speiseplan schrittweise aufgestockt um zu erkennen, welche Lebensmittel für die Symptomatik verantwortlich waren.
Die Konfrontation mit bestimmten Nahrungsmitteln in der zweiten Untersuchungsphase führte dazu, dass die Symptome von 19 der 30 getesteten Kinder und damit von 63 Prozent zurückkehrten.
Focus Online 04.02.2011: ADHS - Hypoallergene Kost hilft Zappelphilipps
Es stellte sich jedoch heraus, dass sich keine allgemein gültigen Aussagen darüber treffen lassen, welche Lebensmittel für die Symptomatik verantwortlich sind. Deshalb muss für jedes einzelne Kind eine solche Eliminationsdiät durchgeführt werden; da die Studie repräsentativ sein soll, dürfte das (durchaus anstrengende) Vorgehen bei rund zwei Dritteln der Kinder Erfolg haben. Dass eine solche Eliminationsdiät nur unter medizinischer Betreuung erfolgen darf, betonen alle beteiligten Forscher/innen.
Die niederländischen Forscher/innen haben also noch Arbeit vor sich. Allerdings scheint der Ansatz auch aus Sicht anderer Experten viel versprechend und wirkungsvoll zu sein - so z.B. Professor Manfred Döpfner, Leiter des ADHS-Zentrums der Uni Köln:
“Also das Ausmaß der Veränderungen ist extrem groß, zum Teil größer als die von Pharmakotherapie, was sehr, sehr, sehr überraschend ist.”
Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, wäre das revolutionär - in den USA leben rund 5 Millionen Kinder mit der Diagnose ADS/ADHS; in Deutschland sind es knapp 5% aller Schulkinder (Wikipedia) und damit rund 570.000 Kinder. Ein Großteil wird mit umstrittenen Medikamenten wie Ritalin & Co behandelt.
Auch aus allgemeiner Lehrer/innen-Perspektive würden die neuen Erkenntnisse zum Nachdenken anregen: Wenn eine Nahrungsumstellung zappelige Kinder konzentriert macht und aggressive höflich - könnte dann durch Nahrungsumstellung nicht die gesamte Lehr-Lernsituation positiv beeinflusst werden? Wären die Kinder aufnahmefähiger, aufmerksamer und motivierter, wenn sie sich nicht morgens mit Cola, mittags mit Pommes und abends mit Chips vollstopfen würden?
“Es steht außer Frage, dass die Ernährung sich auf Stimmung, Schlafqualität und Leistungsfähigkeit auswirkt”, sagt Dr. David Schab, Psychiater an der Columbia University in New York. Allerdings sei aktuell noch unklar, welche Effekte die einzelnen Nahrungsmittel haben und unter welchen Umständen Kinder darauf reagieren.
Los Angeles Times 14.03.2011: A Closer Look: Diet’s role in treating ADHD debated