Aufstand gegen den Stumpfsinn
APPP: Die Anti-PowerPoint-Partei will Powerpoint verbieten 08.07.2011, 02:23
Die APPP (gegründet Mai 2011, 3.321 Mitglieder in 08/2014) strebt eine Volksabstimmung an, durch die die Verwendung von Powerpoint bei Präsentationen verboten werden soll. Das Parteiprogramm ist das Buch »Der Irrtum PowerPoint« des Parteigründers. Ein Marketingtrick? Vielleicht. Aber ein sympathischer.
Erste Frage: Wieso ausgerechnet PowerPoint?
Die Anti-PowerPoint-Partei bezieht sich explizit nicht nur auf PowerPoint. Der Begriff "PowerPoint" wird stets mit einem Sternchen versehen - und unten auf den Seiten erfahren wir: "Powerpoint als Repräsentant für alle Präsentationssoftware".
Ist die APPP eine echte Partei?
Die Schweizer Partei APPP wurde am 05.05.2011 in Zürich gegründet. Dabei wurden die Gesetze eingehalten, die Partei wurde formal korrekt gegründet:
Das Organ der APPP ist ihre Website unter anti-powerpoint-partei.com:
Die Statuten der APPP
Die Statuten der Anti-PowerPoint-Partei sind unorthodox:
Art. 2: Zweck
Die APPP ist eine politische Partei, deren Ziel in der Einflussnahme auf die Öffentlichkeit liegt, dem Phänomen der nutzlosen Leerlaufzeiten in der Schweizer Wirtschaft, Industrie, Forschung und Ausbildung Einhalt zu gebieten. Besonderes Augenmerk wird dabei auf den Volkswirtschaftlichen Schaden von Präsentationen unter Einsatz von PowerPoint* gelegt. Die Partei will eine Volksinitiative zum schweizweiten Verbot von PowerPoint* bei Präsentationen lancieren.
Die APPP sieht sich als Anwalt der schätzungsweise monatliche 500’000 Schweizer Bürger, die bei langweiligen Präsentationen in Unternehmen, in Universität, in Ausbildung zwangsweise anwesend sein müssen und die bisher keine politische Vertretung in der Schweizer Politik gefunden haben.[...]
Der Schweizer Wirtschaft würde durch den systematischen Flipcharteinsatz anschaulichere, wirkungsvollere Sitzungen, Meetings, Präsentationen, Reden haben und dadurch einen Innovations- und Motivationsschub auslösen, das die Schweiz als Internationales Vorbild im Ausland aufwertet.
Die APPP strebt eine Volks-Abstimmung an, um ein Verbot von PowerPoint* bei Präsentationen durchzusetzen. [...]
Der genaue Text der Volksabstimmung wird noch durch den Parteivorstand ausgearbeitet. [...]
Art. 9: Mitgliedschaft
Die Mitgliedschaft in anderen Parteien ist mit jener in der APPP ohne weiteres vereinbar.
Der Parteivorstand kann ein Mitglied ohne Begründung ausschließen.[...]
Art. 11: Parteiprogramm
Das Parteiprogramm der APPP ist das Buch “Der Irrtum PowerPoint” von Matthias Pöhm. Das Parteiprogramm wird jedem zahlendem Neumitglied (nach Zahlung des festgesetzten Mitgliedsbeitrages und der Versandgebühren) auf Wunsch zugeschickt. Nichtmitglieder können das Parteiprogramm zum gültigen Marktpreis beziehen.
Art. 12: Finanzierung
Die Finanzierung der Partei erfolgt über Mitgliedsbeiträge, Spenden, dem Verkauf des Parteiprogramms und den Einnahmen aus dem Online-Shop.[...]
Art. 17: Zweck Ende
Die Partei sieht Ihren Zweck als erfüllt an, wenn sowohl in der Schweiz als auch bei der Weltbevölkerung, ausgelöst durch genügend Medienerscheinungen, beim Dilemma PowerPoint eine sichtbare Verhaltensänderung eingesetzt hat. [...]
Volkswirtschaftlicher Schaden durch PowerPoint
Woher die Abneigung gegen PowerPoint? Langeweile, Demotivation - und natürlich die "Geldvernichtung". Die Anti-PowerPoint-Partei rechnet vor, dass durch die Verwendung von PowerPoint und ähnlichen Programmen jährlich 2,1 Milliarden Schweizer Franken vernichtet werden. Die Rechnung geht so:
In der Schweiz gibt es 4. 1 Millionen Beschäftigte (Studenten und Schüler müssten eigentlich auch noch dazu gezählt werden). Nehmen wir konservativ an, dass davon 11 % regelmässig in PowerPoint* Präsentationen sitzen müssen. Und das durchschnittlich 2 mal pro Woche mit durchschnittlich 10 Anwesenden. (In Grossbetrieben wie ABB, Novartis, Armee, Universitäten… ist das um das zigfache höher.) Nehmen wir weiter an, dass nicht alle Präsentationen von der Mehrheit als motivationstötend empfunden sondern nur 85%. Der durchschnittliche Stundenlohn in der Schweiz beträgt 56.30 CHF. Dann entspricht das einer jährlichen Geldvernichtung von:
2, 1 Milliarden Schweizer Franken!
Auf Europa gerechnet (296 Mio. Beschäftigte) ergibt sich eine jährliche Geldverschwendung von 110 Milliarden Euro.
Pläne der Anti-PowerPoint-Partei
Um ihre Ziele zu erreichen, verfolgt die APPP zwei Strategien:
1. Volksabstimmung gegen PowerPoint
Die APPP möchte 100.000 Stimmen sammeln, um eine Volksabstimmung über einen Gesetzesentwurf zu initiieren:
Die Volksinitiative wird ein schweizweites Verbot von PowerPoint* während Präsentationen fordern.
Einziges Ziel der Volks-Abstimmung ist es, die Problematik sowohl in das Bewusstsein der Schweizer Bevölkerung, als auch der Weltbevölkerung zu heben. Wir wollen niemanden etwas verbieten – wir wollen nur, dass die Leute dadurch einen Blick auf die existierenden Lösungen werfen.
Also doch nicht verbieten. Wie auch immer: Wenn die 100.000 Stimmen gesammelt sind, wird die große "Anti-PowerPoint-Party" mit bekannten DJs für alle Mitglieder durchgeführt.
2. Einzug in den Nationalrat
Ziel ist es, die Menschen über die wesentlich besseren Alternativen zu PowerPoint* zu informieren, denn Ppt ist wie eine Krankheit, zu der es längst Gegenmittel gibt, die aber keiner kennt.
Die APPP will an den Schweizerischen Parlamentswahlen (Nationalratswahl) am 23. Oktober 2011 teilnehmen. Langfristig will sie die SP (Sozialdemokratische Partei) gemäss Mitgliederzahlen überholen - das heisst 33’000 Mitglieder - und damit die viertstärkste Partei der Schweiz werden.
Dabei geht es auch hier nicht um konkrete Handlungsvorhaben, sondern "nur [darum], Aufmerksamkeit auf das Thema zu richten".
Mitglied werden?
Bei der Anti-PowerPoint-Partei kann man kostenlos Mitglied werden. Man unterstützt damit nicht nur die "Bewegung", sondern hat auch
das Recht den Bestseller “Der Irrtum PowerPoint” statt zum Marktpreis von 43 CHF (27 €) zum Preis von 26 CHF (17 €) als Parteiprogramm beziehen.
Doch bevor man sich einschreibt, sollte man noch einen Blick auf den Gründer werfen:
Der Gründer
Den "Irrtum PowerPoint" gibt es übrigens auch im APPP-Shop. Leider gibt es noch keine anderen Artikel ("In unserem Shop gibt es derzeit nur ein Produkt: Das Buch 'Der Irrtum PowerPoint' von Matthias Pöhm, das gleichzeitig das Parteiprogramm der Partei ist.").
Und damit ist auch der Name gefallen: Matthias Pöhm. Matthias Pöhm ist der Gründer (und Präsident) der Anti-PowerPoint-Partei. Er hat die Bibel "Irrtum PowerPoint" geschrieben. Er will die Welt retten. Seine Alternative: das Flipchart.
Matthias Pöhm ist erfolgreicher Rhetoriktrainer und Buchautor. Auf seiner Website zeigt er sich in diversen Videos: Ausschnitte aus Vorträgen, Fernsehauftritten ("der Schweizer Schlagfertigkeits-Guru") und einige Lehrvideos. Unter anderem zeigt er "die Lösung zur PowerPoint-Krankheit":
Wir erfahren von Matthias Pöhm übrigens auch, wie man eine Fliege fängt, ohne sie zu töten [sic].
Bewertung der APPP
Von außen bekommt man den Eindruck, dass die APPP ein ... sagen wir mal "Projekt" ihres Gründers Matthias Pöhm ist. Relativ schamlos versucht Matthias Pöhm uns im Rahmen der Parteiarbeit sein Buch "Irrtum PowerPoint" anzudrehen. Und natürlich ist alles vollgepflastert mit Videos und Matthias Pöhm hier und Flipchart dort.
Mag das alles nun ein Marketingtrick sein oder nicht: Der Mann hat Recht. Präsentationen mit PowerPoint* sind eine millionenfache Geißel der Menschheit - nicht zuletzt in Schulen und Universitäten. Die meisten Lehrer/innen wissen das und sind doch mitschuldig, weil sie diesem Treiben mangels besseren Wissens keinen Einhalt gebieten.
Es gibt kaum mehr Möglichkeiten, PowerPoint & Co zu stoppen. Die nächste Generation ist bereits so versaut davon, dass sie sich selbst nicht am eigenen Schopf aus dem PPT-Sumpf ziehen kann. Die meisten heutigen Jugendlichen finden nicht das Geringste schlimm an Powerpoint* Horror-Folien. "Ein bisschen zu voll", vielleicht.
Wen PowerPoint ankotzt, der kann Matthias Pöhm helfen, die notwendige Aufmerksamkeit zu generieren und dem Irrwitz ein Ende zu bereiten. Und wenn Pöhm sich nebenbei eine goldene Nase verdient und berühmt wird - soll er doch. Es ist seine Belohnung dafür, dass er die Welt ein Stückchen besser macht.