Beliebt in der Schule, Teil 2
Lehrer: Beliebt bei den Schüler/innen 04.09.2010, 11:41
Es gibt verschiedene Wege, um sich bei Schüler/innen beliebt zu machen. Die Schüler/innen anzuschleimen und ihnen wenig Hausaufgaben aufzugeben funktioniert jedoch auf lange Sicht nie, sondern nur in kurzfristigen Kontexten (Lehrprobe, Unterrichtsbesuch o.ä.). Ein Programm zur Verbesserung Ihrer Beliebtheit bei Schüler/innen.
Lehrer/innen sind in sehr unterschiedlichem Maße bei Schüler/innen beliebt oder nicht beliebt. Manche Lehrer/innen sind äußerst beliebt: Die Klassen kooperieren, wünschen sich die Lehrer/in als Begleitperson bei Studienfahrten und geben bei Umfragen/Evaluationen regelmäßig Bestnoten. Andere Lehrer/innen sind einfach unbeliebt.
Beliebte Lehrer/innen haben es leichter: Ihr Arbeitsalltag gestaltet sich angenehmer, von Aggression geprägte Interaktionen sind auf ein Minimum reduziert und die Zahl der Erfolgserlebnisse im Arbeitsalltag liegt auf einer erfreulichen Höhe.
Wovon hängt die Beliebtheit bei den Schüler/innen ab? Und: Lässt sich die Beliebtheit bei Schüler/innen willentlich beeinflussen?
Kriterien für Beliebtheit bei Schüler/innen
Wir unterscheiden drei Dimensionen, die für die Beliebtheit bei Schüler/innen relevant sind:
A) Lernerfolg / Unterrichtsdurchführung
Schüler/innen verbringen einen Großteil ihrer Zeit mit schulischen Belangen und sind davon - oft auch zu Recht - genervt. Wenn sie bei einer Lehrer/in dann auch noch nichts (Sinnvolles?) lernen, empfinden sie das als Zeiträuberei. Fast alle Lehrer/innen mit dem Status “beliebt” haben ein entsprechendes Fachwissen und machen Unterricht, bei dem die Schüler/innen etwas (Sinnvolles?) lernen. In offiziellen oder inoffiziellen Evaluationen honorieren Schüler/innen das regelmäßig: “Bei dem lernt man was.”
B) Umgang mit Schüler/innen / pädagogisches Verhalten
Der pädagogische Umgang mit der Klasse und mit einzelnen Schüler/innen determiniert den Grad der Beliebtheit ebenfalls deutlich. Darunter fallen Aspekte wie Strenge, Konsequenz oder Barmherzigkeit. Gerade junge Kolleg/innen sind bisweilen der Ansicht, dass übergroße Lockerheit zu übergroßer Beliebtheit führt - was sich in den meisten Fällen als Fehlkalkulation erweist.
C) Persönlichkeit
Es gibt Lehrer/innen, die sich vor die Klasse stellen und sofort einen Draht haben und Sympathie ausstrahlen; andere Lehrer/innen erwecken bei den Schüler/innen sofort den Eindruck, verklemmt und unsympathisch zu sein. Tatsächlich hat diese persönliche Ausstrahlung nicht zwangsläufig mit der Qualifikation als Lehrer/in(-nenpersönlichkeit) zu tun; beides wird aber häufig (auch von Schüler/innen) verwechselt. Lehrer/innen mit einer Strahlemann-Persönlichkeit sind in neuen Klassen häufig schnell sehr beliebt. Ihre Beliebtheit sackt jedoch rapide ab, wenn sich herausstellt, dass die folgenden beiden Punkte nicht funktionieren.
In dieser Liste fehlen Aspekte wie “Humor” oder “Aussehen”. Ein guter Humor oder ein Michelangelo-Body können zwar zur Beliebtheit bei Schüler/innen beitragen, sind aber nicht notwendig für die totale Beliebtheit. Auch hässliche, schlecht gekleidete oder humorlose Lehrer/innen können äußerst beliebt sein, wenn sie ihre Rolle als Lehrer/in gut ausfüllen.
Wie die vorgestellten Dimensionen zusammenwirken, ist unklar. Wer in allen drei Hinsichten eine gute Figur macht, wird bei seinen Schüler/innen beliebt sein und vice versa. Bei der Befragung von Schüler/innen ergibt sich ein sehr ähnliches Bild (Lehrerfreund 09.03.2009: Wie soll eine gute Lehrer/in sein? Umfrage unter Schüler/innen). Aufschlussreich ist auch das Ergebnise der Lehrerfreund-Umfrage Lehrertyp und Lernerfolg.
Wie kann eine Lehrer/in ihre Beliebtheit steigern?
Werden Sie sich zuerst darüber klar, in welchem Bereich Ihre Defizite liegen. Das ist oft gar nicht so einfach - wer kann sich schon selbst als “heimtückische” oder “verklemmte” Persönlichkeit identifizieren? Wenn Sie nicht wissen, wo Sie beginnen sollen, bitten Sie eine befreundete Kolleg/in zu einer Hospitationsstunde in Ihren Unterricht. Sie wird Ihnen wichtige Hinweise geben können.
Identifizieren Sie anschließend den Bereich, wo Sie am ehesten Verbesserungsmöglichkeiten sehen:
Lernerfolg und Unterrichtsdurchführung
Schüler/innen schätzen es, wenn sie etwas bei Ihnen lernen. Das setzt voraus, dass Sie fachlich einigermaßen kompetent sind und dass Ihr Unterricht ordentlich vorbereitet ist und nach didaktisch sinnvollen Gesichtspunkten durchgeführt wird.
Viele Lehrer/innen versuchen, ihre Beliebtheit zu steigern, indem sie den Schüler/innen in inhaltlicher Hinsicht ein lockeres Leben bereiten (keine Hausaufgaben, mal ein Filmchen kucken, immer etwas früher Schluss machen). Lassen Sie das - das bringt auf Dauer nichts. Mögliche Maßnahmen:
- Immer sehr gut vorbereitet im Unterricht.
- Keine Zeitverschwendungen (“Wer hat gestern das Fußballspiel gesehen?”)
- Regelmäßige, konsequente Hausaufgabenkontrolle
Sorgen Sie also dafür, dass die Schüler/innen bei Ihnen (möglichst etwas Sinnvolles) lernen, auch wenn Sie dafür Druck machen müssen. Die Schüler/innen schätzen das mehr als den Schlendrian.
Umgang mit den Schüler/innen
Wenn Lehrer/innen in ihren Klassen Disziplin einfordern und durchsetzen fliegen zwangsläufig manchmal die Federn. Um solche Konflikte zu vermeiden lassen viele Lehrer/innen die Zügel locker und hoffen darauf, als sympathischer Kumpel wahrgenommen zu werden. Tatsächlich schätzen Schüler/innen strenge Lehrer/innen sehr - sofern die Lehrer/in dabei gerecht und berechenbar vorgeht. Zurechtweisung und Strafe haben streng nach transparenten Prinzipien zu erfolgen, wie hier und hier dargelegt:
1. Strafen Sie transparent.
2. Strafen Sie berechenbar.
3. Strafen Sie emotionslos.
4. Strafen Sie sinnvoll.
5. Strafen Sie rückstandslos.
Lehrerfreund 20.06.2009: 5 Tipps, wie man Schüler/innen richtig bestraft
Es gilt einen Mittelweg zwischen übertriebener Strenge und übertriebener Lockerheit zu finden. Hilfreich ist auch hier das Gespräch mit Kolleg/innen (“Findest du es übertrieben, dass ich der kleinen Emma vier Stunden Arrest verpasst habe, weil sie ihr Schulheft vergessen hat?”).
Persönlichkeit und Ausstrahlung
Vielleicht sind Sie ein Typ, bei dem/der nicht sofort der Funke auf Mitmenschen oder Schulklassen überspringt. Dennoch können Sie vielleicht durch bestimmte Mittel (Körpersprache, Körperhaltung, Kleidung, Wortwahl, Artikulation, Blickkontakt ...) hier ohne große Mühe Verbesserung erzielen.
Gerade im Referendariat spielt dieser Bereich eine große Rolle; die supersympatische, motivierte Referendar/in ist auch dem inkompetent menschelnden Fachleiter sofort sympathisch (“Die hat eine tolle Lehrerpersönlichkeit.”). Dass ihre Stunden regelmäßig scheitern, fällt dem guten Mann gar nicht so sehr auf.
Schaffen Sie also die schlimmsten Eigenschaften ab. Betreten Sie den Klassenraum in aufrechter Körperhaltung. Begrüßen Sie die Schüler/innen freundlich und kraftvoll. Schlurfen Sie nicht.
Kurzfristige Beliebtheit (z.B. vor Lehrproben oder Unterrichtsbesuchen)
In manchen Fällen ist es notwendig, sich in kürzester Zeit bei Schüler/innen beliebt zu machen - so z.B. im Referendariat vor Unterrichtsbesuchen oder Lehrproben in fremden Klassen. Dies kann man mit relativ einfachen Maßnahmen erreichen (wenig Hausaufgaben, keine drakonischen Strafen, in disziplinarischen Belangen mal ein Auge zukneifen usw.). Vergessen Sie jedoch nie, dass dieses Verhalten auf lange Sicht dazu führen wird, dass die Klasse Ihnen auf der Nase rumtanzen wird.