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Geheimnisse der Unterrichtsprofis

Wie Lehrer die Zeit verbringen, während die Schüler arbeiten 30.07.2012, 01:00

Lehrer korrigiert, während die Schüler arbeiten.
Bild: flickr-User Felix Boos (Montage) [CC by-nc-sa]

Der Beruf der Lehrer/innen ist ein Knochenjob. Perverserweise gibt es im Unterricht häufig Phasen, in denen es für die Lehrer/in nichts zu tun gibt (bspw. Gruppenarbeit). Warten und Zeit totschlagen? Unterricht vorbereiten? Oder gar ein Computerspielchen auf dem Smartphone?

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  • (geändert: )

Die Auswertung der Umfrage finden Sie hier.

Je nach Unterrichtsstil der Lehrer/in verbringen Schüler/innen bis zu 50% der Unterrichtszeit in selbstständiger Arbeit: Stillarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit und Variationen (cf. Methoden). Bei Lehrer/innen, die vornehmlich Frontalunterricht praktizieren, beträgt dieser Anteil weniger als zehn Prozent.

Während die Schüler/innen selbstständig arbeiten, wird die Lehrperson bisweilen durch die Klasse gehen und helfen, inspirieren, den Fortschritt kontrollieren. Da man sich gemäß moderner didaktischer Vorstellungen nicht zu sehr in den Arbeitsprozess einmischen sollte, verbleiben bis zu 40% der Unterrichtszeit, in denen die Lehrer/in nicht mit Unterrichten beschäftigt ist, sondern nur ab und zu die Disziplin aufrecht erhalten muss. Im Diagramm:

Diagramm: Lehreraktivität während des Unterrichts (Maximalwerte)

Das sind Extremwerte, da die frontalen Anteile im Unterrichtsalltag weit höher liegen (man denke allein an die Vorstellung und Besprechung der Schülerarbeitsergebnisse) und die Lehrperson auch während der Arbeitsphasen oft spontan gefordert ist (Verständnisfragen, Hilfestellungen, Disziplinprobleme usw.).

Dennoch: Lehrer/innen verbringen einen gewissen Teil der Unterrichtszeit damit, darauf zu warten, bis die Schüler/innen eine Arbeitsphase abgeschlossen haben. Man kann nicht ständig rumlaufen und die Schüler/innen fragen, wie es steht. Was tun Lehrer/innen also in dieser Zeit?

Variante 1: Warten und die Zeit totschlagen

Die mit Abstand verbreitetste Variante: Die Lehrperson wandelt langsam durch die Reihen, sitzt ein wenig auf dem Pult, blättert im Klassenbuch, schaut aus dem Fenster, kontrolliert die Kreidevorräte ... Kurz: Man tut nichts außer warten.

Positiv: Warten ist Muße. Man kann herrlich entspannen, allerdings nie dauerhaft (da doch alle 2, 3, 4 Minuten eine Unterbrechung kommt).

Negativ: Warten ist nervig, zumal wenn man es mehrmals täglich für 15 Minuten betreibt. Viele empfinden Phasen des Wartens als tote Zeit und fühlen sich deshalb unwohl.

Variante 2: Arbeiten

Die Lehrperson nutzt die freie Zeit zum Arbeiten, indem sie Unterricht vor-/nachbereitet oder organisatorische Aufgaben erledigt (z.B. Klassenlehreraufgaben, Elternbriefe, Notenlisten; Papierkram sortieren). Ebenso kann die aktuelle Stunde optimiert werden (indem z.B. Ergebnisse des Einstiegsgesprächs ins geplante Tafelbild aufgenommen werden). Die ganz krassen Geister korrigieren Klausuren anderer Klassen.

Positiv: Man nutzt die leere Zeit optimal und verringert den Aufwand im heimischen Arbeitszimmer. Gerade ätzender Papierkram (sichten, ordnen, aussortieren) lässt sich in diesen Phasen gut abarbeiten.

Negativ: Häufige Unterbrechungen (Schülerfragen, Disziplinarisches, Ende der Stillarbeit) verhindern ein konzentriertes und damit effizientes Arbeiten. Außerdem haben viele Lehrer/innen ein schlechtes Gewissen, wenn Sie während einer Unterrichtsstunde Dinge tun, die nicht unmittelbar mit der Unterrichtsstunde zusammenhängen.

Variante 3: Privaten Kram erledigen, entspannen

Die Wahl der Freigeister: Sie gehen während der Gruppenarbeit auf dem Hof eine Zigarette rauchen und lesen im Klassenzimmer schamlos Zeitung oder ein Buch. Sofern ein Laptop vorhanden ist (Ausrede: digitales Klassenbuch), surfen sie ungehemmt oder - auch das wurde schon berichtet - treiben Computerspiele. Geht alles natürlich auch mit einem Smartphone.

Positiv: Man gewinnt Abstand zu den Anstrengungen des Unterrichtens. Ist die Arbeitsphase der Schüler/innen vorbei, kann man mit frischem Elan zur Sache gehen.

Negativ: Es ist offensichtlich, dass man mit Dingen beschäftigt ist, die überhaupt nichts mit dem Unterricht zu tun haben. Wer sich dabei gut fühlt, riskiert immer noch seinen Ruf: "Unterricht bei Müller? Der surft an seinem Laptop, während wir Physikhausaufgaben abschreiben."

Umfrage

Die Umfrage ist abgeschlossen. Die Auswertung der Umfrage finden Sie hier.

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Kommentare

4

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  • #1

    Schon die Fragen zeigen, dass unsere Schulen gar keine Schulen sind und dass dort auch nicht gelrnt wird. Es sind Unterrichtsvollzugsanstalten mit Unterrichtsvollzugsbeamten und es wird dort unterrichtet.
    Das macht den menschen zum Objekt des Unterrichtsvollzugs. Und da als Objekt behandelte Menschen ja ein enormes Defizit als Subjekt haben, muss man nach dem Lehrplanvollzug aufpassen, dass sie sich nicht geistig, seelisch oder gar körperlich der Unterrichtung entziehen.
    Als Ich-kann-Schule-Lehrer weiß ich, dass Lehren und Lernen nur zwei Seiten derselben Medaille sind. Folglich bin ich immer als Lehrer und Lerner dabei und nehme natürlich auch meine Schüler als Lerner und Lehrer wahr und gebe ihnen über beides Rückmeldungen.
    Ich nötige Kinder nicht in Statistenrollen für den Unterrichtsablauf sondern mich interessiert, wie sie in der Schule die Hauptrolle ihres Lebens spielen. Stell Dir vor: Die Hauprolle seines Lebens spielen ist die wichtigste Lebensaufgabe des Menschen und bedeutet, dass er der König seines Königreiches ist! Ich kann also mit meinen Schülern sozusagen von Majestät zu Majestät sprechen. Vielleicht muss sich dann der Chef daran gewöhnen, dass ich ihn nicht als Untertan anspreche, aber von wem sonst noch wird er wie ein König von einem König behandelt?
    Ich hoffe, mit diesen Ich-kann-Schule-Perspektiven da und dort ein kleines Türchen geöffnet zu haben, und grüße freundlich.
    Franz Josef Neffe

    schrieb Franz Josef Neffe am

  • #2

    @Mister M
    Bei allem, was recht ist, nein.

    Gruppenarbeit, die so gut funktioniert, dass man weder zur Erläuterung von Arbeitsaufgaben noch zur Sicherstellung von Disziplin gebraucht wird, braucht in der Regel deutlich mehr Vorbereitungszeit als Frontalunterricht.

    Wenn die Stunden allzu gut gelungen sind, hat man übrigens auch noch Referendare in den Stunden sitzen, mit denen man vor, nach und in der Stunde noch allerlei zu besprechen hat. Es sei den, sie können alles schon besser als man selbst. (In diesem Fall sind sie manchmal bereit, es einem zu erläutern.)

    schrieb Fontanefan am

  • #3

    Ja, herrlich!

    Als Lehrer hat man also keinen Halbtagsjob, sondern nur einen Vierteltagsjob, da man die Hälfte der Unterrichtszet offensichtlich beschäftigungslos herumsitzt, und das bei vollem Gehalt!

    Wenn diese Tatsache erst einmal dem gemeinen Volk oder den Politikern bekannt wird…

    Ich hoffe, der Beitrag ist als Satire gemeint!

    schrieb Mister M. am

  • #4

    Meist wird eine Mixtur entstehen.

    Ein wichtige Möglichkeit fehlt aber noch:
    Einzelne SchülerInnen gezielt beobachten und über sie nachdenken und dazu Notizen machen (Arbeitsverhalten, Sozialverhalten, aber wichtiger: Was spricht sie meiner Meinung nach an? Wie könnte ich sie erreichen? Wie könnte ich sie besser fördern?)

    Natürlich sollte man nicht einfach jede Schülerin / jeden Schüler nacheinander durchgehen, sondern sich gezielt auf einzelne konzentrieren, die einem sonst weniger im Blick sind.

    Fruchtbar wird das freilich nicht unbedingt gleich beim ersten Mal und auch nicht in jeder Stunde. Aber es bietet die Chance der Aufmerksamkeit auf einzelne, für die sonst fast stets die Gelegenheit fehlt.

    schrieb Fontanefan am

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