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Schwarzarbeit in Österreich

Lehrer/innen sind Nachhilfeanbieter Nr.1 31.07.2011, 01:02

Lehrerin gibt Nachhilfe
Bild: Shutterstock/De Visu

In Österreich sind Lehrer/innen die Nachhilfedienstleister Nummer 1. Sie geben mehr Nachhilfe als die zahlreichen Nachhilfeinstitute, nämlich 34% aller bezahlten Nachhilfestunden. Ein pikantes Detail: Fast alles läuft "privat" - ohne Steuer, ohne Sozialabgaben.

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Das österreichische IFES (Institut für empirische Sozialforschung) hat in einer Studie zum Thema "Nachhilfe" 2.760 Haushalte mit Schulkindern befragt (März/April 2011). Stark ein Viertel der österreichischen Kinder haben im letzten Jahr mindestens einmal Nachhilfe bekommen  (weitere Ergebnisse: IFES-Nachhilfestudie 2011 (PDF).

Interessant ist die Frage "Wer hat die bezahlte Nachhilfe gegeben?" - hier stehen Lehrer/innen an erster Stelle vor Nachhilfe-Instituten, Student/innen, "andere Personen" und Mitschüler/innen.

Diagramm: Wer gibt bezahlte Nachhilfe (IFES-Studie 2011)

Interessant: Die meisten Lehrer/innen geben die mittägliche Nachhilfe nicht bei der Steuer an und arbeiten schwarz. Den zuständigen Behörden ist dies wohl bekannt:

Das bestätigt auch der Wiener Stadtschulrat. Dort müssten die Lehrer der Hauptstadt ihren Nebenverdienst eigentlich anmelden. Was aber kaum passiert. Die Zahl der registrierten Lehrer ist so gering, dass sie nicht einmal ausgewertet wird.

Die Presse 01.08.2011: Immer mehr Lehrer verdienen durch Nachhilfe

Lehrer/innen sind die optimale Wahl für Nachhilfeunterricht, denn sie kennen die Anforderungen im Unterrichtsalltag und bei Klausuren und Prüfungen. Außerdem sind private Nachhilfestunden günstiger als die von Nachhilfeinstituten:

Im heurigen Jahr werden so insgesamt 127 Millionen Euro ausgegeben. Die Stundenpreise variieren stark, für Einzelunterricht zahlen Eltern bei Instituten im Schnitt 31 Euro, private Einzelstunden kosten im Schnitt 19 Euro. Der Unterricht in Kleingruppen kommt mit durchschnittlich 14Euro etwas billiger.

Die Presse 01.08.2011: Schlechte Noten als lukratives Geschäft

Beispielrechnungen: Was ein/e Lehrer/in durch Nachhilfestunden dazuverdienen kann

Anwärterin (Referendarin) Süßholz gibt eine/r Schüler/in zwei Stunden Nachhilfe pro Woche.

Herr Lustig gibt an einem Mittag die Woche vier bezahlte Nachhilfestunden.

Herr Willig hat sein Deputat reduziert und gibt an zwei Mittagen die Woche jeweils 5 bezahlte Nachhilfestunden.

Frau Willig hat ihren Lehrerjob ganz aufgegeben und arbeitet nur noch als Nachhilfelehrerin: 5 Nachmittage die Woche jeweils 5 Stunden, außerdem in Ferien- und Prüfungszeiten nach Bedarf.

Wir gehen davon aus, dass im Jahr 38 Wochen Nachhilfe stattfinden, Ausfall durch Ferien, Feiertage, Krankheit einkalkuliert. Außerdem rechnen wir statistikkonform 19 Euro netto pro Nachhilfestunde.

 Woche (netto)Jahr (netto)
Referendarin2 x 19,- = 38,- Euro1.444,-
Herr Lustig4 x 19,- = 76,- Euro2.888,-
Herr Willig10 x 19,- = 190,- Euro7.220,-
Frau Willig25 x 19,- = 475,- Euro18.050,-

 

In Österreich liegt das Gehalt für Lehrer/innen zwischen 25.000 und 35.000 Euro pro Jahr (brutto), Damit kann Frau Willig fast mithalten - bei 10 Wochen Ferien im Jahr und 5-Stunden-Tagen. Wenn sie alles richtig schwarz macht (d.h. auch ohne Sozialbeiträge etc. abzuführen), verdient sie sogar mehr als viele Lehrer/innen.

Auch bei Herrn Lustig und Herrn Willig zeigt sich: Sie könnten beide ihr Deputat reduzieren und das durch Nachhilfestunden ausgleichen. Grob gerechnet müssen pro reduzierter Deputatsstunde knapp 2 Nachhilfestunden gegeben werden. Vom zeitlichen Aufwand lohnt sich das nicht, vom energetischen jedoch sehr wohl - Nachhilfe als Einzelunterricht ist im Verhältnis zum Klassenunterricht eine Oase der Entspannung.

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Kommentare

4

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  • #1

    Als Student habe ich 15 € pro Stunde (pro Schüler) genommen, hatte aber drei Schüler gleichzeitig in der Stunde. Die haben natürlich alle auch dasselbe gemacht, bzw. waren in der selben Klasse. Und das ist schon 10 Jahre her.
    Einzelunterricht würde ich als Lehrer jetzt nicht mehr für diesen Preis geben. Das sehe ich genau so wir Tim.

    schrieb Andi am

  • #2

    19€ für eine Nachhilfestunde sind utopisch, in meiner Gegend sind 10€ wesentlich realistischer gerechnet… gut, als Student kann man auch schonmal 12-15 € nehmen, wer aber darüber geht findet einfach keine Kundschaft mehr.

    Gehen wir trotzdem von 19€ aus würde ich durchaus sagen, dass sich dies auch vom zeitlichen Aufwand her lohnt, denn beim Nachhilfeunterricht fallen wesentlich weniger “Nebenjobs” an als in der Schule: Hier trifft sich das Kollegium nicht einmal die Woche für Konferenzen, ich muss keine Gespräche mit Eltern von 30 Kindern führen, habe keinen großen Korrekturaufwand. So rechnet es sich schnell.

    schrieb Lehramtsstudentin am

  • #3

    Die aktuellen Preise für Nachhilfe liegen bei 10 Euro - die Leute nehmen lieber Studenten oder ‘erwachsene’ Schüler, die sind noch billiger. Das sagt eigentlich alles.

    schrieb Bruno am

  • #4

    Ich würde als ausgebildeter Lehrer keinen Nachhilfeunterricht für 19 Euro/Stunde geben. Ein Lehrer hat ein akademisches Studium, das erste und zweite Staatsexamen absolviert. Ein Rechtsanwalt hat das auch gemacht und ich bezweifle, dass ein RA für 19 Euro/h arbeitet.
    Wie viel kostet denn in einer Autowerkstatt eine Arbeitsstunde, z.B. bei Merzedes oder BMW? Ich bin mir sicher, dass in einer Autowerkstatt kein Ingenieur mein Auto repariert.
    Warum wird Nachhilfe also so billig angeboten? Ganz klar, Bildung ist nichts wert. Wenn Lehrer für Nachhilfeunterricht 19 Euro nehmen dürfen sie sich nicht wundern, dass das auch so bleibt.

    schrieb Tim am

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