Der rasche Notenschlüssel

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Notenschlüsselrechner Pro

Guter Unterricht = gute Klassenarbeit

Note ‘Eins’ wird zu selten vergeben 02.10.2011, 22:18

Zeugnis mit lauter Einsen

Wenn Sie Ihren Unterricht ordentlich durchführen, sollte eigentlich in jeder Ihrer Klassenarbeiten mindestens ein/e Schüler/in die beste Note bekommen. Häufig bleibt die beste Note jedoch den 'Ausnahmetalenten' vorbehalten - was die Idee der Notengebung pervertiert.

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  • (geändert: )

Wir gehen grundsätzlich von einer Notenskala von 1 (beste Note) bis 6 (schlechteste Note) aus. Die Ausführungen sind natürlich ebenso gültig für andere Skalen (z.B. Schweizer Notenskala: 6 bis 1, österreichische Notenskala: 1 bis 5, deutsche Oberstufenskala: 15 bis 0).

Sehen Sie sich die Noten der letzten 10 Klassenarbeiten oder Klausuren an, die Sie als Lehrer/in schreiben haben lassen. Sie haben wahrscheinlich kaum eine Arbeit mit einer glatten Eins bewertet.

Sie sind nicht die/der Einzige. Dass Lehrer/innen mit der absolut besten Note (z.B. 1.0) geizen, ist ein weit verbreitetes Phänomen. Ausnahmen bilden Klassenarbeiten oder Tests, durch die vor allem erlernbares Wissen abgefragt wird (Vokabeltests, unoriginelle Biologie- oder Geschichtsarbeiten). Außerdem wird in unteren Schulstufen (Primarstufe, Anfang der Sekundarstufe I) die beste Note aus pädagogischen Gründen öfter vergeben als in den Klassen 7 aufwärts.

Was ist die "beste Note"?

In Deutschland wird die Note "sehr gut" (d.h.: eine Eins oder 15 Punkte) erteilt, "wenn die Leistung den Anforderungen im besonderen Maße entspricht", für "gut" muss "die Leistung den Anforderungen voll" entsprechen. Für Österreich lesen wir:

Mit "Sehr gut" sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in weit über das Wesentliche hinausgehendem Ausmaß erfüllt und, wo dies möglich ist, deutliche Eigenständigkeit beziehungsweise die Fähigkeit zur selbständigen Anwendung seines Wissens und Könnens auf für ihn neuartige Aufgaben zeigt.

ZUM-Wiki: Schulnoten, s.a. z.B. Wikipedia: Notenbildungsverordnung (Baden-Württemberg)

Eine "Eins" nur in Ausnahmefällen

Die meisten Lehrer/innen vergeben nicht gerne die absolut beste Note. Wer alle Anforderungen "voll" erfüllt, bekommt eine Zwei, das steht ja auch in den Notenverordnungen. Nur Genies, die den Anforderungen "in besonderem Maße" entsprechen, bekommen eine Eins.

Dabei sollte bei korrekt durchgeführtem Unterricht ein/e Schüler/in, die

  • im Unterricht aufpasst,
  • ihre Hausaufgaben macht,
  • auf die Klassenarbeit genügend lernt und
  • ein der Schulform entsprechendes Intelligenzniveau hat,

die beste Note ohne Probleme erreichen können. Denn Noten haben folgende Funktionen:

  1. Leistungsmessung
  2. Sozialisierung
  3. Rückmeldung/Bericht
  4. Anreiz/Disziplinierung

In keiner Notenverordnung und in keiner pädagogischen Schrift zur Notenvergabe ist die Rede davon, dass Notengebung auch die Funktion der "Genieidentifizierung" haben soll. Ein zentrales Prinzip der Notengebung ist dieses: Es kann nur bewertet werden, was vorher gelernt und geübt wurde. Der Gedanke, dass eine "Eins" nur an Genies oder Ausnahmetalente vergeben wird, pervertiert den Gedanken der Notengebung vollständig.

Der Umkehrschluss ist ebenfalls eindeutig: Wenn eine Eins bedeutet "Du bist ein Genie", dann bedeutet eine Sechs: "Du bist eine vollständige Null." Es versteht sich von selbst, dass eine solche Aussage in der Schule aus pädagogischen Gründen niemals getroffen werden darf und deshalb der Notenskala nicht implizit sein kann.

Eins muss sein

Wenn Sie Ihren Unterricht sehr gut (!) durchgeführt haben, müssen einige Schüler/innen in der Lage sein, eine Eins zu schreiben. Sollte das permanent nicht der Fall sein, haben Sie entweder nicht gut unterrichtet - oder der zu vermittelnde Stoff ist der Klasse nicht angemessen. In beiden Fällen besteht dringender Handlungsbedarf (Verbesserung des eigenen Unterrichts bzw. ein Appell an die Bildungsplankommission auf dem Dienstweg).

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Kommentare

20

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  • #1

    Diese Normalverteilung ist völlig überbewertet, Kein Mensch will seinen Schülern einen Durchschnitt von 3,5 zumuten. Da ist jeder Zweite schlecht. Jede Arbeit sollte in dem Bereich 2,3-2,8 liegen. Bei allem was deutlich drunter liegt (oder drüber) muss etwas gründlichst schief gelaufen sein, Das liegt entweder an der Lernstoffvermittlung oder an der Schwierigkeit des Testes/Klassenarbeit.

    schrieb Klaus_Müller am

  • #2

    Zu wenig Einser?
    Dann vergleiche man doch mal die Abiturergebnisse der letzten Jahre mit denen vor - sagen wir - dreißig Jahren.
    Zu meiner Schulzeit waren die wenigen Einser-Abiturienten namentlich bekannt, heute sind selbst jene, die ihr Abi mit 1,0 bestehen, im Plural zu nennen, die Note wird oft geradezu inflationär vergeben; hinzu kommen noch Wahlmöglichkeiten, die einfach nur traumhaft sind und den Abiturienten den Weg zur Traumnote deutlich erleichtern; davon konnten wir nur träumen.
    Wichtig wäre es, sich mal die Studienabbrecherquoten anzusehen und inwiefern jene Top-Schüler den beruflichen Anforderungen gerecht werden können und - noch wichtiger - wie konstruktiv sie mit Niederlagen umgehen können, wenn die Eltern ihre schützende Hand nicht mehr über sie halten .

    schrieb DosGardenias am

  • #3

    @ (#17) Dem kann ich mich nur anschließen. Ich würde sagen es gibt eine Tendenz zur milden Mitte. Auf Zeugnissen gibt es sehr wohl Einsen, jedoch Sechsen sind nahezu “ausgestorben”. Ab 71% erhält man z.B. in NRW schon die note gut. Man kann also alles was erwartet wird ( bis auf 29% eben). “Gut” bedeutet nämlich, dass die Anforderungen in vollem Umfang erfüllt werden.
    Außerdem kenn ich kein Bundesland, in dem der Abiturdurchschnitt bei 3,0 oder schlechter liegt, er liegt ca. zwischen 2,3 und im aller schlechtesten Fall bei 2,7.

    Manchmal denke ich, wäre es besser die Notenskala der Juristen zu verwenden. Für die Schule könnte das bedeuten: Das Vollbefriedigend würde zum Sammelbecken für sehr ordentliche, jedoch noch richtig gute Leistugen werden. Das Gut gäbe es dann nur noch für wahrlich gute Leistungen und das Sehr gut könnte etwa unseren heutigen 15 Punkten, also einer wirklich hervorragenden Leistung entsprechen. Dies würde auch den Schülern ihre “Notenzappeligkeit” etwas nehmen, da sie sich dann nicht mehr so sehr auf die Bestnote konzentrieren brächten. Eine Prädikatsnote wäre schon das Vollbefriedigend. Die Schüler könnten sich dann mehr damit beschäftigen solide Leistungen (z.B. befriedigend, ev. auch mal vollbefriedigend) zu erbringen.

    Eine Bewertungstabelle für das Abitur könnte demnach grob folgendermaßen aussehen:

    0-24,9%= ungenügend ( 0-1P.)
    25-49,9%= mangelhaft (2-4P)
    50-61,4%= ausreichend (5-7P.)
    61,5-72,9%= befriedigend (8-10P.)
    73-84,4%= vollbefriedigend (11-12P.)
    84,5-95,9%= gut (13-14P)
    ab 96,0%= sehr gut (15P.)

    Diese Punkte und Prozentangaben sollen zeigen, wie unser Punktesystem in ehrlichere Noten übersetzt werden könnte.


    @ (#16) Thorsten Krebs: Wenn die Kinder also von selbst lernen mit Misserfolgen umzugehen, verstehe ich nicht ganz, warum die Kinder es Gerade im nicht-sporlichen Bereich nicht verstehen, mit Misserfolgen umzugehen. Schule ist ja vielleicht auch nichts anderes als geistiger Sport.
    Zu Frau Czerny: Hier denke ich sollten beide Seiten verstanden werden: Die Lehrerin, die sich an den außergewöhnlichen Leistungen ihrer Schüler erfreut, aber auch das KM und die Schulleitung, die die Qualität der Schule und des bayerischen Bildungssystems sicherstellen wollen. Denn auch ohne Normalverteilung sind Notenschnitte von 1,8 bzw. 1,6 alles andere als üblich. Denn dazu müsste es sich um eine ziemlich galaktische Klasse handeln. Wäre der Durchschnitt 2,8 bzw 2,6 gewesen, wäre es sicher nicht so problematisch, obwohl dies immer noch ein recht guter Durchschnitt wäre. Schließlich liegt das arithmetische Mittel bei 3,5.

    Die heißt natürlich nicht, dass ich für eine strikte Normalverteilung bin. Man sollte jedoch auch Verständnis für diejenigen haben, die sich mit einer solchen Mystik schwertun.

     

    schrieb Student am

  • #4

    Ich habe vorgestern noch in der Zeitung gelesen, dass es seit der Einführung des Zentralabiturs in NRW eine deutliche Steigerung der “TRaumnote” 1,0 gibt. Ist das erstrebenswert?

    Zu bedenken geben möchte ich auch noch, dass - mit Ausnahme von Diktaten o.ä. - die 6 in Deutscharbeiten eine ebenso theoretische Note ist wie die 1, wenn man, wie in NRW, Punktetabellen für die Notenfindung benutzt. Genauso, wie man hier und da immer mal wieder ein Pünktchen verliert, kann man mit dem Eichhörnchen-Prinzip (hier ein Punkt, da ein Punkt) eigentlich keine 6 schreiben, außer man gibt ein leeres Blatt ab.

    Diese Tendenz zur Mitte bzw. nach oben ist allerdings offensichtlich politisch gewollt.

    Eine 1 ist (soweit ich weiß) zumindest in NRW so definiert, dass die Leistung deutlich über das erwartete Maß hinausgeht.

    schrieb Das DeuLe am

  • #5

    @Student (#15): Kinder brauchen eigentlich keine Beschulung, um den Umgang mit Gefühlen zu erlernen, die ist eher hinderlich. Diese Kompetenz eigenen sie sich ganz nebenbei im sozialen Miteinander an – wenn man sie nur lässt und ihnen hinreichend Gelegenheit zur Begegnung mit anderen Kindern gibt.

    Das meiste schauen sie sich bei anderen Kindern ab, manches aber auch von den Erwachsenen. Dabei hören sie bekanntlich weniger auf unsere Worte, als dass sie unser Verhalten und unsere Erlebnisweisen nachahmen. Zum Beispiel in der Schule, wo sich zahlreiche Lehrer als abhängig und vom System getrieben erleben. Einem System, das ihnen zu viel vom Falschen abverlangt und sie ohnmächtig zurücklässt. Da ist es ein Segen, dass es auch Lehrer, Rektoren und ganze Schulen gibt, die ihren Gestaltungsspiel ausschöpfen, sich Freiheiten erkämpfen und Veränderungsprozesse initiieren. Zum Glück für den Nachwuchs gibt es auch solche Vorbilder.

    Apropos Vorbild: Sabine Czerny hat ihren Schülern exakt dieselben Tests vorgelegt, wie sie den Parallelklasse gestellt wurden (siehe den zu ergoogelnde Beitrag im Politmagazin “Monitor”). Das war ja der eigentliche Skandal.Dass sie, gemessen am objektiven Ergebnis, erheblich besser unterrichtet hat als die KollegInnen.

    Skandale dieser Art zu verhindern, das ist der eigentliche Grund dafür, warum in der Grundschule nach zwei Jahren ein Lehrerwechsel durchgeführt wird. Zwei Jahre sind in der Regel zu kurz, um das Leistungsniveau paralleler Klassenzüge so weit zu spreizen, dass unterschiedliche Ergebnisse störend auffallen. Pech oder Glück, Sabine Czerny gelang das Kunststück jedenfalls auch in diesem kurzen Zeitfenster. Von Stund an, und zum Wohle des “Schulfriedens”, unterrichtet sie deshalb nur noch (unbenotete) erste und zweite Klassen.

    Ist das nun eine als “sehr gut” zu bewertende Lösung der Protagonisten? Die Gaußsche Verteilung verlangt, dass auch die Note “ungenügend” vergeben wird ...

    schrieb Thorsten Kerbs am

  • #6

    @Thorsten Krebs: Der Titel Des Buches von Frau Czerny sollte doch eher heißen:“Was die Kinder sich (selbst) in der Schule antun”. Niemand sagt den Kindern, dass sie die Motivation am Lernen verlieren sollen, nur weil sie kein guten Noten bekommen. Im Sport gibt es ja auch Gewinner und Verlierer. Das Selbe gilt für Gesellschaftsspiele. Wenn ich also Kritik an der Schule von heute üben sollte, dann doch eher folgende: Die Schule bringt den Schülern nicht richtig bei, mit Misserfolgen umzugehen. Das Verlierenlernen, was in Spiel und Sport eine vitale Rolle spielt, wird in den sonstigen Bereichen nur sehr unzureichend vermittelt.

    Anmerkung: Nur weil bei Sabine Czerny die Schüler hervorragende Noten erhielten, bedeutet das noch nicht zwingend, dass die Klasse auch entsprechende Leistungen erbracht hat. Es lässt sich nicht klar beurteilen, ob die Lehrerin tatsächlich sich weigert, die Notenskala bei entsprechenden Leistungen auszuschöpfen oder ob die Bewertungen gerechtfertigt waren. Im Zweifel für die Objektivität!

    schrieb Student am

  • #7

    Erst die obige Diskussion macht den wahren Kern des im Artikel angerissenen Problems deutlich. Und der sieht so aus, dass die heute an staatlichen Schulen praktizierte Form der Leistungsmessung prinzipiell Ungerechtigkeiten generiert. Ungerechtigkeiten, die ganz unabhängig davon auftreten, ob der einzelne Lehrer nun Einsen vergibt oder nicht. Wir machen es uns schlichtweg zu leicht, wenn wir auf die Pseudogenauigkeit der Ziffernnoten setzen und Bewertung von oben herab erfolgt, anstatt sie auf ein dialogisches Geschehen gründen zu lassen.

    Dass Lehrer zumindest in Bayern durchaus dazu verpflichtet sind, die ganze Bandbreite der Noten auszuschöpfen, macht der Fall der bayerischen Grundschullehrerin Sabine Czerny deutlich. Sie wurde von höchster Stelle dazu verdonnert, in ihrer herausragend leistungsstarken Klasse wider alle Vernunft gemäß der Gaußschen-Normalverteilung auch 5-er und 6-er zu vergeben. (Mehr dazu, und zum Thema der Notenvergabe, in dem äußerst lesenswerten Buch “Was wir unseren Kindern in der Schule antun”.)

    Aufgrund der erwähnten unvermeidlichen Gerechtigkeitslücke trägt diese Form der Leistungsmessung wesentlich dazu bei, die Lehrer-Schüler-Beziehung zu belasten. Und das, obwohl die Modalitäten gar nicht auf den unterrichtenden Pädagogen zurückgehen, sondern auf Maßgaben der Politik und Ausführungsverordnungen der Ministerialbürokratie.

    Dass es bei der gewählten Form der Leistungsmessung nicht um die Interessen der Kinder geht, wird unter anderem an deren frühem Einsetzen deutlich. Schon in der zweiten Klasse werden sie der notenbasierten Bewertungen ausgesetzt. Ein Alter, in dem sie gar nicht die intellektuelle Reife, geschweige denn die emotionale Festigkeit besitzen, um aus einer guten oder schlechten Bewertung angemessene Schlüsse ziehen zu können. Im jungen Grundschulalter sind sie damit schlichtweg überfordert, ihnen drohen im schlimmsten Fall einschneidende Entmutigungserlebnisse. Und das in einem Alter, in dem Kinder von ihrer Anlage her zu 98 Prozent aus geballter Lernmotivation und ungebremster Neugierde bestehen!

    Kein Wunder also, dass dieser Lehrerfreund-Beitrag zu den aktuell am meisten kommentierten zählt (Stand 10/2011). Er berührt in der Peripherie eines der brennenden Schulprobleme unserer Zeit, das von der (hinsichtlich der Lehr-Lern-Forschung nicht auf der Höhe der Zeit befindlichen) Bildungspolitik verbrochen, im Klassenzimmer und den Familien aber leidvoll ausgebadet werden muss.

    schrieb Thorsten Kerbs am

  • #8

    Gerade in den Fremdsprachen benötigen wir das in den vergangenen Jahren durchgenommene Grundlagenwissen, um überhaupt arbeiten zu können. Wir können nicht vor jeder Arbeit die gesamte Grammatik plus bisherigen Wortschatz durchnehmen, nur um diese bewerten zu können, Stoff des Unterrichts sind die jeweiligen Schwerpunkte der Arbeit. Der Stoff der Vorjahre steckt da selbstverständlich mit drin.
    Alles andere wäre auch eine Geringschätzung der Arbeit, die die Kollegen in den vorangegangenen Jahren geleistet haben.
    Darüber hinaus würden wir jene Schüler bestärken, die eine unliebsame Situation einfach aussitzen wollen in der Erwartung, dass es beim anderen Lehrer dann wieder klappen wird, statt sich einer Anforderung zu stellen.
    Ohne Konsequenz und Einfordern aktiver, selbstständiger Vorbereitung bereiten wir unsere Schüler zu wenig auf die Anforderungen außerhalb der Schule vor,

    schrieb Alexandra am

  • #9

    @ Lehrerfreund: Was ist denn der Anlass dieses Artikels? Ist dieser Eindruck lediglich subjektiv oder woher kommt diese Einschätzung, dass 1er nicht oft genug erteilt werden?

    Zunächst eine kleine Anmerkung:
    a) Nicht nur die 1.0 ist eine 1, sondern auch die 1,3.
    b) 15 Punkte sind keine einfache 1 sondern eine 1+, d.h. eine Leistung, die noch besser ist als 1. Die Bestnote hat man ja schon mit 13 P. in der Tasche.

    Ich denke wir haben weniger ein Problem wegen einer Tendenz zur Mitte, sondern wegen einer zu groben Skalierung.
    Will ein Lehrer kaum 1er und kaum 6er verteilen, bleibt nur noch der Bereich 2-5. Wenn mann dann noch bei der 5 und der 2 Abstriche macht, dominieren die Noten 3 und 4. Dies wäre tatsächlich eine Tendenz zur Mitte:
    Dabei könnte man die Noten ja auch als Skalenwerte betrachten und z.B. Viertelnoten verwenden (in Klassenarbeiten sinnvoll, da oft viele Punkte zu erreichen sind). dann nämlich würde der beschriebene Lehrer statt einer Skala von 2 bis 5 eine Skala von 1,5 bis 5,5 verwenden die klaren 6er 5,75 und 6,0 wären dann wirklich für die besonders schlechten und die klaren 1er 1,25 und 1,0 für die besonders hervorragenden Leisungen.

    Ich stelle mir außerdem die Frage, was es bringen würde, wenn 1er und 6er zu nahe beieinander liegen würden: Eine 1 wäre nicht mehr richtig gut und eine 6 nicht mehr richtig schlecht?

    Natürlich würde auch ich es für fragwürdig halten, wenn der Durchschnitt einer Arbeit immer z.B. zwischen 3,0 und 4,0 liegen müsste. Insgeamt finde ich es jedoch plausibel, wenn eine 1 für den Schüler bedeutet: Du hast hast eine ausgezeichnete Arbeit abgeliefert! und eine 6: Du hast deinen Job nicht gemacht, so kann es beim besten Willen nicht weitergehen!

    Ein weiteres Beispiel: Jeder Deutsche dürfte die Stiftung Warentest kennen. Das Siegel “GUT” oder “SEHR GUT” ist ein wichtiges Aushängeschild für hohe Qualität. Warum sollte man denn hier dier die Anforderungen absenken? Wollen wir nicht alle Produkte ,die ihr Prädikat auch verdient haben statt Produkte, die nut deshalb mit “GUT” bewertet wurden, weil sie noch nicht ganz schlecht sind?
    Das selbe muss doch auch für die Schule gelten, unser Land möchte doch schließlich auch Schüler, die wirklich gut oder gar sehr gut sind und nicht lediglich so bewertet wurden, damit es halt auch viele Einser gibt.

    Noch etwas am Rande: Mit dem Skalensystem würden Schüler ja schon in sofern schneller eine (symbolische)1 bekommen, da die 1 ja schon ab 1,75 vor dem Komma stehen würde. Man muss dem Schüler also sagen, wenn er eine 1,75 oder 1,50 hat:” Mensch, so eine tolle Leistung! Sie weicht ja um grandiose 1,75/2 positiv vom arithmetischen Mittel (3,5) ab. Ich konnte dir sogar eine 1 vor dem Komma geben.”

    Würden wir also jede positive Abweichung vom arithmetischen Mittel hervorheben, gäbe es auch keine so große Notwendigkeit mehr, der glatten 1 hinterher zu jagen.

    schrieb Student am

  • #10

    Das stimmt, der Gauß sitzt uns allem im Genick. Es war eher so gemeint: Wenn man seit 10 Klausuren keine 1.0 mehr verteilt hat, sollte man seine Auffassung von der Notenskala überdenken. Die Formulierung oben “Wenn Sie Ihren Unterricht ordentlich durchführen, sollte eigentlich in jeder Ihrer Klassenarbeiten mindestens ein/e Schüler/in die beste Note bekommen” ist so tatsächlich nicht korrekt.

    Übrigens: Bei der Wette würde ich sofort mithalten. Eine 1.9 ist nach Auffassung Vieler eher dem Versagen des Lehrers als der Leistung der Schüler zuzuschreiben.

    schrieb Der Lehrerfreund am

  • #11

    Ein wenig stimme ich Ihnen schon zu Herr Lehrerfreund, die Tendenz zur Mitte und der 1er-Geiz sind zu groß, aber was Sie einfordern, ist ja geradezu eine Revolution…

    Seit Menschengedenken (okay, übertrieben), werden Lehrer vom Fachbetreuer gerügt, wenn nicht ein gewisser mittlerer Schnitt rauskommt und eine Gauß‘sche Normalverteilung erkennbar ist. Das war an allen Schulen so, an denen ich bisher war, und an allen Schulen, von denen ich jemals durch Kollegen gehört habe.
    Wobei Abweichungen nach dem Motto “okay, der Schnitt ist schon extrem schlecht, kein Wunder bei der faulen Klasse” schon eher noch toleriert werden, aber zu oft sollten sie auch nicht vorkommen.
    Hat Lehrer nicht zufällig eine besonders schlechte Klasse (wo eben die schlechten Noten trotz vieler 1er für einen mitlleren Schnitt sorgen), kann er doch gar nicht viele 1er hergeben, will er einen Schnitt erreichen, der nicht zu Ärger mit dem Fachbetreuer führt.

    Mein Aufruf hier mal an alle Leser (und Leserinnen): Sollte sich hier auch nur eine Lehrkraft finden, die wenigstens einmal im Leben bei einem Schnitt von sagen wir mal 1,9 ein aufmunterndes “Mensch, das hast Du Ihnen ja toll beigebracht” anstatt ein “Du, also bei Deinem letzten Test hast Du wohl zu wenig verlangt” vom Fachbetreuer bekommen hat, dann bitte melden, dann habe ich eine Wette verloren. ;) Aber bewiesen, dass der Druck da ist, zuviele 1er wegen des Schnittes zu vermeiden.

    Hinter dieser Tendenz steckt die Annahme, dass Klassen ja Gruppen sind, und bei Gruppen ja die Gauß‘sche Normalverteilung gilt. Leider sind halt Klassen nicht groß genug, damit dem wirklich so wäre, Herr Gauß hat meines Wissens seine Theorie für Gruppen weitaus größer als 30 aufgestellt…

    So sollte es eigentlich auch Klassen geben können, wo sehr viele 1er rauskommen, andere Klassen, wo kein einziger dabei ist, eventuell nicht mal ein 2er, und das kann die Lehrkraft dann auch nicht sooo stark beeinflußen, vielleicht ein bisschen besser machen (oder auch verschlimmern).

    Übrigens, Herr Lehrerfreund, nicht böse sein, aber mit diesem Artikel belegen Sie, dass sich der Herr Gauß wohl auch ein wenig in Ihren Gedanken verfestigt hat (was kein Vorwurf ist, der Druck ist so groß, dem kann sich auf kurz oder lang kein Lehrer entziehen): In JEDER Klasse muss ein sehr guter Unterricht auch ein paar sehr gute Noten erzielen? Warum, weil laut Gauß‘scher Normalverteilung in jeder Klasse auf alle Fälle ein paar Schüler sitzen, die Ihre vier Kriterien (Hausaufgaben, Aufpassen…) erfüllen? :D

    schrieb Peter am

  • #12

    Gerade im Schulsystem gibt es eine Menge eherner Gesetze, gegen die sich aufzulehnen ehrbar ist. Doch das eherne Gesetz der Notengebung “Bewerte nur, was du ihnen beigebracht hast” ist eindeutig eines, das in höchstem Maße konstruktiv ist, denn es befördert Gerechtigkeit und Transparenz. Leider wird es von den wenigsten Lehrer/innen konsequent angewendet, und das führt millionenfach zu Ungerechtigkeit, Streit und Leid. Deshalb ist es sinnvoll, Lehrer/innen dazu aufzurufen, sich dem ehernen Gesetz der Notengebung gänzlich zu unterwerfen. Es gibt keinen Grund, das nicht zu tun.

    Natürlich ist Notengebung ein unvollkommenes System, das hochgradig fehleranfällig ist (wenn ihm nicht sogar die Fehleranfälligkeit zwangsläufig immanent ist). Beispiele dafür aus Theorie und Praxis sind Legion. Das hat aber mit der Gültigkeit des ehrenen Gesetzes der Notengebung erst mal nichts zu tun.

    schrieb Der Lehrerfreund am

  • #13

    Oh, eherne Gesetze, sogar EHERNE… die reizen mich immer zum Widerspruch. Ich glaube, es gibt noch mehr Ausnahmen als die genannten, aber beschränken wir uns mal auf den Normalfall: nur bewerten, was gelernt und geübt wurde.

    Wie sehr muss man üben? Bis jeder Schüler die Anforderungen in besonderem Maß erfüllt? Oder bis jeder Schüler die Anforderungen ausreichend erfüllt?

    Konkretes Beispiel: Im Zeugnis der 9. Klasse steht bei Schülern, die in Englisch ausreichende Leistungen erbraucht haben (also eine 4 oder besser), dass sie die Stufe B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (für Sprachenlerner) erreicht haben. Das ist auch das Ziel der 9. Klasse im Lehrplan: Stufe B1. Entspricht einer Note 4.

    Soll jetzt jeder, der in einer Klassenarbeit B1 demonstriert, eine 1 kriegen oder eine 4? Muss ich üben, bis jeder B1 ist (also eine Vier hat) oder bis jeder - oder zumindest einer - B2 oder C1 ist (was mit einer besseren Note honoriert wird)?

    Sicher prüft man, was geübt wurde. Nur: wie sehr geübt?

    Zum Trost: Ich bin ja auch für mehr 1er. Aber auch mehr 6er. Im Moment geht die Tendenz zur vorsichtigen Mitte.

    schrieb Herr Rau am

  • #14

    Das beinhaltet aber nicht die Transferleistungen, kann also nicht für eine Eins reichen.

    Sorry, das ist eine höchst fragwürdige Aussage. Es ist das EHERNE GESETZ der Notengebung, dass in jeglicher Hinsicht nur bewertet wird, was vorher gelernt und geübt wurde (evtl. mit Ausnahme dessen, was oben diskutiert wurde, #2-#5). Das gilt selbstverständlich auch für den Transfer. Einer Referendarin, die in einer Lehrprobe keinen Transfer einbaut, wird man das ankreiden und ihr deshalb Abzug geben.

    schrieb Der Lehrerfreund am

  • #15

    “Ein zentrales Prinzip der Notengebung ist dieses: Es kann nur bewertet werden, was vorher gelernt und geübt wurde.”

    Das beinhaltet aber nicht die Transferleistungen, kann also nicht für eine Eins reichen.

    “Wenn Sie Ihren Unterricht sehr gut (!) durchgeführt haben, müssen einige Schüler/innen in der Lage sein, eine Eins zu schreiben.”

    Selbst wenn der Unterricht grottenschlecht ist, können einige Schüler eine Eins schreiben. Es ist nur eine Frage der Nachbereitung des Unterrichts. Wenn ein Schüler Defizite hat, diese aber nicht aufarbeitet, kann es auch keine Eins geben.
    BTW, bei schlechtem Unterricht sind imho die Arbeiten auch schlecht gestellt (hier: einfach).

    schrieb Tim am

  • #16

    Das ist richtig; also kann der Physiklehrer trotz eines rechnerischen Schnitts von 3.8 dem minderjährigen Nobelpreisträger im Zeugnis eine 3 geben.
    Bei Klassenarbeiten (und darauf liegt im Beitrag der Fokus) ist der Fall jedoch anders gelagert: Im Standardfall ist der Erwartungshorizont vor der Arbeit festgelegt. Wenn der Nobelpreisträger ein weißes Blatt abgibt, bekommt er für die Arbeit eine Sechs, unabhängig von sämtlichen außerschulischen und wohltätigen Leistungen außerhalb der Schule - und möge er 10 Nobelpreise eingeheimst haben.

    Aber letztlich geht es doch (und du hast das in deinem ersten Beitrag angesprochen) darum: Das pädagogische (und nicht: rechnerische!) Handeln der Lehrperson ist die letzte Instanz der Gerechtigkeit. Wenn der Nobelpreisträger in Physik im Zeugnis eine 4 bekommt, ist das nicht gerecht. Wenn die Lehrer/in ihren pädagogischen Ermessensspielraum ausnutzt und ihm eine 1 gibt, ist das immer noch gerechter als die 4.
    (Das werden die neidischen Mitschülereltern möglicherweise nicht so sehen).

    schrieb Der Lehrerfreund am

  • #17

    Na, dann ergänze ich den gedanklichen Dreischritt halt:
    Prämisse 1: Jeder Schüler, der seine Hausaufgaben macht etc. soll die beste Note ohne Probleme erreichen können. (Lehrerfreund)
    Prämisse 2: Die beste Note kriegt man für das Erfüllen von Anforderungen in besonderem Maß. (Schulordnung)
    Schlussfolgerung: Jeder Schüler, der seine Hausaufgaben macht etc. kann die Anforderungen in besonderem Maß erfüllen. (Logik)

    Der Erfolg bei außerschulischen Wettbewerben - ich rechne den Nobelpreis mal dazu - darf laut Gymnasialer Schulordnung in die Note einfließen. (Auch wenn das nichts mit dem geübten Schulstoff zu tun hat.) Ganz folgenlos muss also der Physiknobelpreis gottseidank nicht bleiben.

    schrieb Herr Rau am

  • #18

    @Herr Rau

    Bitte korrekt zitieren: Es steht nicht da, dass die Schüler/innen, die im Unterricht aufpassen, Hausaufgaben machen etc., “den Anforderungen in besonderem Maß entsprechen”, sondern “die beste Note ohne Probleme erreichen können [sollten].”

    Wenn ein Schüler englische Bücher liest und einen größeren Wortschatz benutzt, darf ich das dann nicht positiv bewerten?

    Interessanter Gedanke. Da dieser Schüler sicherlich das in der Schule Gelernte und Geübte übertrifft, wird er die in einer Klassenarbeit gestellten Anforderungen in besonderem Maße erfüllen und die Bestnote bekommen. Vielleicht ist ein zusätzliches Beispiel hilfreich: Wenn ein Neuntklässler während seiner Schulzeit den Physiknobelpreis für außerordentliche Leistungen in der Quantenforschung erhält, in der Klassenarbeit über die schiefe Ebene aber die notwendigen Formeln nicht kennt, wird er eine schlechte Note bekommen.

    schrieb Der Lehrerfreund am

  • #19

    Was mir hier schon öfter aufgefallen ist: die Beiträge sind nie namentlich gekennzeichnet. Ist das Redaktionspolitik oder in jedem Fall die Redaktionsmeinung?

    Um den Eröffnungsabsatz für Deutschland zu paraphrasieren:

    “Wenn Sie Ihren Unterricht ordentlich durchführen, sollte eigentlich in jeder Ihrer Klassenarbeiten mindestens eine Leistung den Anforderungen in besonderem Maß entsprechen.”

    Ist für mich nicht nachvollziehbar, wird ja auch später mit dem Wort “permanent” relativiert. Und gilt dann später auch nur für Lehrer, die ihren Unterricht “sehr gut” durchgeführt haben. Lediglich gute Lehrer können wir also nicht brauchen?

    Ich halte das Niveau für ziemlich heruntergeschraubt, wenn Schüler, die:

    - im Unterricht aufpassen,
    - ihre Hausaufgaben machen,
    - auf die Klassenarbeit genügend lernen und
    - ein der Schulform entsprechendes Intelligenzniveau haben

    den Anforderungen in besonderem Maß entsprechen. Aber vielleicht ist das tatsächlich schon bei besonderer Fall.

    “Ein zentrales Prinzip der Notengebung ist dieses: Es kann nur bewertet werden, was vorher gelernt und geübt wurde.”

    Da stimme ich theoretisch zu. Praktisch ist das aber ein Problem: wie kann ich etwas nicht berücksichtigen, was die Schüler außerhalb des Unterrichts gelernt haben? Wenn ein Schüler englische Bücher liest und einen größeren Wortschatz benutzt, darf ich das dann nicht positiv bewerten?

     

    schrieb Herr Rau am

  • #20

    Hui, dann wären meine Noten ja nochmal ein Stück angezogen. Mir hat in der Oberstufe meine Deutschlehrerin nicht 13 oder 12 Punkte im Zeugnis gegeben, obwohl dies rechnerisch nötig gewesen wäre mit der Begründung, ich hätte in einer Klausur einen sehr hohen Fehlerquotienten gehabt (für den ich aber schon bestraft wurde..) und habe als mündlich sehr starker Schüler in Chemie nach 2x 15 in den Klausuren nur 14 bekommen, weil ich “für 15 mündlich den Lehrer in die Tasche stecken müsse”... Naja, olle Kamellen: ich finde Noten generell nicht sehr aussagekräftig. 6 Schubladen, um individuelle Leistungen zu bewerten? Ich finde das zu indifferent.

    schrieb Alex am

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