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André J. Spang packt aus

Interview mit dem iPad-Lehrer 08.05.2013, 21:52

André J. Spang
Bild: André J. Spang / Montage

André J. Spang gilt als der oberste Guru im deutschsprachigen Raum, was die Verwendung von iPads im Unterricht betrifft. Er leitet ein umfangreiches iPad-Projekt an einer Kölner Schule und arbeitet in seinen Klassen tagtäglich mit iPads.

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  • (geändert: )
André SpangAndré J. Spang, Jahrgang ‘66, studierte Musik und Theologie in Saarbrücken, Jazzklavier in Köln und Filmscoring in Boston und ist Oberstudienrat mit den Fächern Musik und Religion an einem Kölner Gymnasium, der Kaiserin Augusta Schule. Er koordiniert das iPad-Projekt der Schule, setzt kollaborative Lernumgebungen wie Wiki, Blog und Social Media im Unterricht ein und ist Mitinitiator des Schulwiki der Stadt Köln.
André Spang auf Twitter folgen: @Tastenspieler

Lehrerfreund: Stellen Sie sich vor, man würde Ihnen die iPads wegnehmen und Sie müssten wieder traditionellen Unterricht mit Buch und Overheadprojektor machen. Wäre das schlimm?

André J. Spang: Ich kann ohne iPads unterrichten, jederzeit - das war Unterrichtsroutine vergangener Jahre. Zugegeben: Overheadprojektoren mochte ich noch nie wirklich.
Aber im Ernst: Es geht ja nicht ausschließlich um das iPad - dieses ist ein Werkzeug, genau wie Buch, Heft, Tafel, Kreide. Spannend wird es, wenn das Netz und Kollaborationsmöglichkeiten auf Wikis, wie unserem SchulWiki als Lernplattform, Blogs oder in offenen Etherpads dazukommen. Und die Möglichkeit, mit einem Device vernetzt im Team z.B. ein komplettes Erklärvideo oder einen Song, einen Podcast oder gar ein eBook durch die Lernenden als Arbeitsauftrag oder Projektaufgabe produzieren zu lassen. Dann ändern sich Routinen und der "Schüler" wird zum Lernenden, der problemorientiert, selbstbestimmt und konstruktiv Webmedien, Tools, Device und Apps in seinem Lernprozess einsetzt.
Dabei werden Lernende "medienkompetent" im kritischen, analytischen und produktiven Umgang mit Medien und arbeiten partizipativ im Team.

Und ja: Das würde mir fehlen, denn es sind Kernkompetenzen einer digitalen Gesellschaft und eines in einer Medienwelt heranwachsenden Lernenden. Und als Lehrender habe ich den Bildungsauftrag, meinen Schülern dies zu vermitteln.

Lehrerfreund: Wenn Sie andere Lehrer/innen davon überzeugen wollten, verstärkt Tablets/iPads im Unterricht einzusetzen - was wären Ihre wichtigsten Argumente?

André J. Spang: 
- Probiere es einfach mal aus
- es klappt und ist ganz einfach
- beginne mit einer Recherche, dann ein Text oder ein Mindmap, vielleicht ein Bild oder Präsentation als nächstes
- ja, der Akku ist voll und hält 9 Stunden
- und das wichtigste Argument: Ich bringe dir den iPadkoffer ins Klassenzimmer

Lehrerfreund: Gibt es denn auch didaktische Argumente? Schließlich ist in großen Teilen der Lehrerschaft die Meinung verbreitet, dass es sich bei der unterrichtlichen Verwendung von Tablets lediglich um technische Spielerei handelt, die nichts bringt, außer dass die Schüler/innen lernen, mit Tablets umzugehen.

André J. Spang: Ich denke, dass die Ablehnung der Kollegen gegenüber Bildungstechnologie langsam abnimmt. Ein wirklicher Hemmschuh ist die oft nicht funktionierende oder schlichtweg nicht vorhandene, schulische Ausstattung an moderner Technologie. Viele Kollegen haben aber mittlerweile selbst Tablets oder Smartphones und wissen, dass dies keine Spielzeuge sind, sondern dass man damit schon produktiv arbeiten kann. Natürlich bietet ein Tablet nicht die Funktionen eines Desktop-PCs oder eines Laptops. Dafür ist es aber wesentlich mobiler, bildet keine Bildschirmbarrieren zwischen den Lernenden, kann mit zu externen Lernorten genommen werden und hat ausreichend lange Akkulaufzeiten. Im Unterricht selbst ist ein solches Gerät sofort ohne Startzeiten verfügbar, man spart wertvolle Unterrichtszeit. Es vereint mehrere Geräte und Anwendungen (Fotoapparat, Filmkamera, Aufnahmegerät, Videoschnittplatz, Text- und Tabellenkalkulation, etc.) in einem portablen Device. Die Lernenden können mit einem solchen Gerät Präsentationen erstellen und dann auch Ergebnisse präsentieren, Texte schreiben, z.B. per Twitter mit der "Außenwelt" in Kontakt treten, dabei lernen, Argumente kurz zu fassen und die Netiquette zu beachten und mit Feedback umzugehen. Sie erfahren klingend an einer Musikapp, welche Akkorde auf welche Weise zusammenpassen oder messen sich vernetzt über eine Lernapp, wer schneller im Kopfrechnen ist und den Level 10 als Erster erreicht. Auf YouTube können Sie im Fremdsprachenunterricht Videos von Muttersprachlern in ihrem eigenen Lerntempo und auch wiederholt wiedergeben und in Mathematik gibt es eine Taschenrechnerapp und Tabellenkalkulationen, um Rechenprozesse und deren Ergebnisse als Graph dazustellen.

Lehrerfreund: Ist die erhöhte Motivation nicht nur so lange vorhanden, wie die iPads "etwas Neues" sind?

André J. Spang: Die Motivation hält sich nun in unserem Projekt seit 27 Monaten. Natürlich ist der absolute "Wow-Effekt" nur ganz am Anfang da. Aber darum geht es ja nicht. Es geht um eine veränderte Lernkultur, die sich damit etablieren lässt.

Lehrerfreund: Ihre Schüler/innen wirken im Video sehr reflektiert, sehr wohlerzogen. Lässt sich iPad-Unterricht auch mit schwieriger Klientel betreiben?

André J. Spang: Bevor ich unser Projekt gestartet habe, war ich zusammen mit meinen Team-Kollegen an einer Hauptschule, die bereits mit iPads arbeitete. Heute gibt es Projekte an allen Schulformen, beginnend mit der Grundschule. Die Schüler gehen verantwortungsvoll mit solchen Geräten um.

Lehrerfreund: Ein Gegenargument für die Verwendung von iPads im Unterricht: Die Schüler/innen würden nicht mehr richtig lesen und schreiben lernen. Degeneriert durch vermehrte Verwendung von digitalen Geräten die Fähigkeit, schriftlich zu kommunizieren?

André J. Spang: Gerade das Netz bewirkt, dass wesentlich mehr gelesen werden kann. Nutzt man das Netz produktiv und nicht nur als Konsument, wird auch wesentlich mehr geschrieben. Davon abgesehen: Die Schüler schreiben heute schon 100 mal mehr Kurznachrichten als Hausaufgaben - allerdings zur privaten Kommunikation und nicht für die Schule. Könnte man nur ein Teil davon nutzen, wäre schon viel erreicht.

In Facebookgruppen z.B. kann man auf informellem Weg die Schüler schnell erreichen, die ohnehin fast alle auf dieser Plattform sind und auch in Gruppen über Fragen, die Unterricht oder Hausaufgaben betreffen, diskutieren und sich gegenseitig weiter helfen. E-Mails werden von Schülern kaum noch gelesen. Die meisten nutzen WhatsApp oder Facebook-Messages, um zu kommunizieren.

Lehrerfreund: Ihre Prognose: Werden Tablets sich in den nächsten Jahren als zentrales Unterrichtsmedium durchsetzen?

André J. Spang: Prognosen sind immer so eine Sache. Es gibt Studien von unabhängigen Expertenteams, beispielsweise den Horizon Report des New Media Consortiums, die das sagen. Aber auch die JIM-Studie zeigt, dass die Verbreitung von mobilen Endgeräten bei Jugendlichen immer mehr ansteigt. Ich denke, der Trend wird zu mobilen Geräten gehen. Und wenn die Schulbücher dann flächendeckend digital verfügbar sind, wird dem nichts mehr im Wege stehen - der Rücken der ABC-Schützen wird sich freuen.


Hier sehen Sie den iPad-Lehrer in Action (YouTube-Link):

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Kommentare

8

Zum Artikel "Interview mit dem iPad-Lehrer".

  • #1

    Wir haben uns an unserer Schule (Schweizer Gymnasium) für ein 1:1-Projekt mit dem iPad entschieden. Die SchülerInnen der neuen iPad-Klasse kaufen ihr eigenes Gerät und sind auch selbst dafür verantwortlich. Bisher klappt das ganz gut, allerdings müssen für den Fall eines Defekts Ersatzgeräte zur Verfügung gestellt werden können, sonst ist es kaum mehr möglich, produktiv am Unterricht teilzunehmen, wenn alle Unterrichtsmaterialien nur noch digital auf dem iPad vorhanden sind. Über unsere Erfahrungen mit dem Einsatz des iPad im Unterricht posten wir auf dem Blog http://ipadksbg.blogspot.ch

    schrieb blatter am

  • #2

    In einer der Antworten von Andre J. Spang weiter oben heißt es: “Natürlich bietet ein Tablet nicht die Funktionen eines Desktop-PCs oder eines Laptops”. Da kann dem Mann geholfen werden. Wie wäre es mit einer Fernsteuerungs-App, mit der man sein Notebook oder seinen PC zu Hause steuert? Ich kann dann all die dicken Programme, wie gewohnt, auf meinem Rechner zu Hause oder in der Schule installieren und mit meinem Handy oder Tablet greife ich z.B. bei einer Exkursion via Internet darauf zu.
    Besonders interessant wird es, wenn ich den Rechner steuere, der an einem Interaktiven Whiteboard in meinem Klassenraum hängt. Dann kann ich mit vollem Funktionsumfang über die Tafelsoftware das Tafelbild gestalten und das von jedem Punkt der Klasse aus. ‘Einen Schüler drannehmen’ heißt dann nur noch ihm das Steuerhandy oder -ipad in die Hand zu drücken. Ich kann also - wann immer ich will - sagen: Frontalunterricht ade!
    Diese zauberhafte App heißt “Splashtop2”. Das gibt es für ios und Android gleichermaßen (für wenig Geld). Und wenn man bedenkt, dass man auf einem Handy oder ipad keine herkömmlichen Programme installieren kann sondern nur Apps, so ist diese App DIE BRÜCKE zwischen der neuen und der alten Welt der Computernutzung.

    schrieb Peter Meffert am

  • #3

    Niemand, wir haben iPads. Man kann ja auch einfach mal positiv darüber berichten, da es eben immer noch oder immer wieder Vorbehalte gegen den Einsatz von iPads gibt. Ein klassischer Vorbehalt ist natürlich, dass der Einsatz von iPads alleine keinen guten Unterricht macht, dass die Kinder und Jugendlichen sowieso schon zu viel Zeit mit ihrem PC daheim verbringen, dass sie teuer sind,... Überzeugungsarbeit muss da sicherlich noch vielfach betrieben werden….

    schrieb Petra am

  • #4

    @Koa: Wer hindert die Möglichkeiten?

    schrieb Dirk Küpper am

  • #5

    iPads sind eine wunderbare Bereicherung für jeden Unterricht. In den Fremdsprachen kann man sie nutzen, um kurze Videos anschauen und auswerten zu lassen, Internetrecherchen zu allen möglichen Themen durchführen zu lassen, Präsentationen vorbereiten und dann auch an einem großen Bildschirm präsentieren zu lassen, Videos selber anfertigen zu lassen,...Auch als simples Wörterbuch, ob mono- oder bilingual, eignen sich die iPads, entweder Online oder als App; und das Nachschlagen geht viel schneller!...

    schrieb Petra am

  • #6

    Wenn es an meiner Schule diese Möglichkeit gäbe - ich würde sie sofort nutzen. Das Problem ist doch, dass es keinen Sinn ergibt, für eine kurze Recherche oder Anwendung immer den ganzen Computerraum blockieren, mit der Klasse dorthin umziehen und dann ewig die Rechner starten zu müssen… daher sind kleine, leicht schnell anwendbare Digitalgeräte supersinnvoll. Allerdings - das wird oben ja auch gesagt, sollten diese in ein Gesamtkonzept eingebunden sein - d.h. die Schule braucht eine online-Plattform, wikis etc. Diese ganzen neuen Routinen und Optionen stehen bisher wohl nur an den wenigsten Schulen bereit. Ich habe z.B. eine Weile versucht lo-net mit meinen Lerngruppen zu nutzen, aber das war ein Desaster: erstmal musste ich alle Namen der Sus von Hand eingeben und diese zu meinen Kursen hinzufügen (gut, kann man vielleicht noch einmal machen), dann ist die Plattform reichlich unübersichtlich, wenig flexibel und häufig hat das login meiner SuS nicht funktioniert - wenn das so ist, kann ich auch nicht zuverlässig arbeiten…
    Meiner Ansicht nach muss noch viel an der Infrastruktur geschehen und wie so häufig, passiert dann was, wenn eine/r viel Interesse daran hat und somit einen Haufen Arbeit reinsteckt.

    schrieb Koa am

  • #7

    Auch an meiner Schule scheitert das schon seit Jahren regelmäßig an zwei Punkten:
    1. Der Förderverein hat für die Anschaffung eines Klassensatzes Tablets (Kauf oder Leasing) kein Geld (ebenso die Eltern).
    2. Es gibt _immer_ ein Elternteil (egal in welcher Jahrgangsstufe), das mit der Nutzung nicht einverstanden ist, selbst wenn es Tablets von der Schule gäbe.
    Ich habe mittlerweile keine Lust und Energie mehr, Eltern und den Förderverein überzeugen zu wollen.

    schrieb Andrea am

  • #8

    Genau die selben Erfahrungen mache ich seit 2 Jahren hier in Düsseldorf auch. Wir müssen jedoch die Lehrerausbildung noch anpassen. Eltern müssten ebenfalls mit eingebunden werden. Beide Parteien müssen medienkompetent werden. Dann können wir das auch auf unsere Zukunft übertragen. Denn die ist am wichtigsten: Die Kinder!

    schrieb Dirk Küpper am

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