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Aus dem didaktischen Misthaufen

»Präsentieren« in der Schule - Die große Frontal-Idiotie 26.09.2022, 20:32

Schemabild: Präsentator mit Wikipedia-Folie
Bild: GraphicMama-team/Pixabay (Montage) [CC0 (Public Domain)]

Keine Kompetenz hat in Schule und Unterricht einen derartigen Siegeszug hingelegt wie das »Präsentieren« - als GFS, Referat oder Präsentation der Gruppenarbeitsergebnisse. Doch das, was die Schüler/innen dabei lernen, kommt aus dem untersten didaktischen Misthaufen.

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»Präsentieren« nimmt einen immer größeren Raum in Schule und Unterricht ein. Eine »gute Präsentation« halten zu können gehört nach Auffassung heutiger Didaktiker/innen und Bildungs-Influencer/innen zu den zentralen Skills der Schüler/innen.

Wie sieht so eine »Präsentation« aus? Ein/e Schüler/in erläutert den anderen Schüler/innen ein Thema und unterstützt ihren Vortrag durch (möglichst viele?) Medien. Die »Präsentation« dauert zwischen 5 und 30 Minuten.

Warum »präsentieren« Schüler/innen in der Schule?

Es gibt drei Gründe, warum im Unterricht »präsentiert« werden sollte:

  1. Die anderen Schüler/innen sollen etwas über das Thema lernen oder sich eine Meinung zum Thema bilden.
  2. Die präsentierende Schüler/in soll lernen/üben, eine »gute Präsentation« zu halten.
  3. Die Zuhörer/innen (Lehrer/in und/oder Schüler/innen) bewerten die »Präsentation« der Schüler/in (Leistungsfeststellung; Diskurs; Reflexionskompetenz).

Vorträge, Reden … im echten Leben

Im wirklichen Leben wird eine »Präsentation« nur gehalten, weil man eine Wirkung auf die Zuhörer/innen erzielen will (lesenswert hierzu: »Präsentieren« - Das ultimative didaktische Konzept). Im echten Leben will man mit Präsentationen und Vorträgen und Reden etwas bewirken (Information, Wissenszuwachs, Meinungsbildung/-änderung etc.).

Was ist eine "gute Präsentation"?

Ob eine »Präsentation« gut ist oder schlecht, misst sich deshalb ausschließlich an Punkt 1: Die zuhörenden Schüler/innen sollen etwas vom Thema mitbekommen. Über die Osmose, über Fracking, über die Wunder Jesu, über die Europäische Kommission, über Goethe oder über Alkoholester.
Es gibt keine "gute Präsentation", die in pädagogisch-didaktischer Hinsicht erfolgreich ist (oben: Punkt 2, 3), hinsichtlich Punkt 1 aber versagt.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Referendar/in und planen eine Lehrprobe. Würden Sie sich trauen, eine 20-minütige PowerPoint-Präsentation zu halten, bei der Sie auch noch alles von Karteikarten ablesen? Natürlich nicht. Der Prüfungsvorsitzende würde nämlich einschlafen (positiver Fall) oder die Lehrprobe wegen seelischer Grausamkeit den Schüler/innen gegenüber abbrechen (negativer Fall).

Niemals würden Sie erwarten, dass Sie mit einer 20-minütigen »Präsentation« das Thema »Goethes Dichtung im Sturm und Drang« erfolgreich in die Schüler/innen-Hirne implementieren können. Warum erstellen wir von morgens bis abends Arbeitsblätter und Quizzes, bereiten Gruppenarbeiten, Basteleien und handlungsorientierte Tricks auf dem iPad vor? Warum brauchen wir ein bis zwei Jahre im Referendariat, um das zu lernen? Die Antwort ist einfach: Bei 20 Minuten Beschwallung bleibt nichts im Zuhörerinnenhirn hängen (erst recht dann nicht, wenn es in den 3 Schulstunden vorher und nachher genau so läuft).

Erziehung zur Präsentations-Frontal-Idiotie

Aber genau das erwarten wir, wenn wir Schüler/innen 20-minütige Präsentationen halten lassen. Und wir wissen, dass es nicht funktioniert. Wir tun es trotzdem.

Das ist das Eigenleben der "Präsentation". Die Schüler/innen sollen lernen, eine »Präsentation« zu halten, und sie tun das !ausschließlich!, um eine gute Note zu bekommen. Der wahre Lebensweltbezug, durch eine "Präsentation" eine Wirkung zu erzielen, versinkt im Morast einer pervertierten Medienpädagogik, die nichts mit dem Leben zu tun hat - auf das die Schule unsere Schüler/innen schließlich vorbereiten soll. Aber die Lehrer/in kann sich dick im Stuhl räkeln und hinterher wissend über Foliengestaltung und gelungene Einstiege monologisieren.

Und dann geht es an Fachhochschule und Universität weiter. Zu Hunderttausenden langweilen sich Studierende bei den Präsentationen ihrer Kommiliton/innen, um vor der Prüfung doch alles irgendwo nachzulesen (hoffentlich wurde bei der "Präsentation" ein gutes Handout ausgeteilt).

Nächste Station: Berufsleben. Alle Birnen sind weich, die Leute sitzen in Meetings, wo sie sich gegenseitig mit ihren sinnlosen Präsentationen langweilen. Die Zuhörer/innen spielen schamlos an ihren Smartphones herum, während vorne einer Folien vorliest, das Handout besteht aus 15 Blättern mit jeweils 6 vollgestopften Folien. Ein PDF mit allen Folien ist auch nicht schlecht. Dann kann man Diagramme und Texte unkompliziert für eigene Präsentationen verwenden und die Langeweile multiplizieren.

Es wird höchste Zeit, diesen Schwachsinn zu beenden.

Wie kann man es besser machen?

Bringen Sie Ihren Schüler/innen bei, wie man durch Vorträge etwas bewirkt. Legen Sie Wert darauf, dass ein Thema interessant und motivierend vermittelt wird.

Auf Dem Lehrerfreund finden Sie zahlreiche hilfreiche Ressourcen zum Thema: Lehrerfreund: Präsentieren und Vortragen

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