Moodle, der weltweite Platzhirsch?
Die verbreitetsten Lehr-Lernplattformen 2012 29.11.2012, 11:00
Eine aktuelle Top-20-Liste soll Aufschluss geben über die weltweite Verbreitung von Lehr-Lernplattformen (vulgo: LMS, Learning-Management-System). An Platz 1 rangiert demnach Moodle, gefolgt von Edmodo und dem kommerziellen Blackboard. Aber Vorsicht: Solchen Listen ist nur bedingt Glauben zu schenken.
Die US-amerikanische Software-Consulting-Firma Capterra hat die folgende Übersicht über die 20 weltweit verbreitetsten Lehr-Lernplattformen erzeugt: The Top 20 Most Popular LMS Software Solutions. "LMS" steht für "Learning Management System" und ist synonym zu "Lernplattform" oder "Lehr-Lernplattform" zu verstehen. In letzter Zeit hat sich der Begriff "LMS" gegenüber den deutschen Varianten durchgesetzt: Er ist kürzer, englischer und damit moderner. Außerdem impliziert er eine vollumfängliche Kontrolle der Lehr- und Lernprozesse.
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Die ersten beiden Plätze werden von kostenlosen Lösungen belegt (Moodle, Edmodo), auf Platz 3 folgt das kommerzielle System Blackboard, das schon in den Anfängen des Lernplattform-Hypes zu den zentralen Produkten zählte.
Grundsätzlich sind solche Übersichten mit äußerster Vorsicht zu genießen. Zuerst wäre zu fragen, in welchen Segmenten die LMS eingesetzt werden - in betrieblichen oder akademischen Kontexten oder beidem. Das tut Capterra nicht (s.a.: e-learning centre 30.10.2012: The Top 20 LMS). Weiterhin lässt sich die weltweite Verbreitung bzw. die tatsächliche Nutzung (gerade bei freien Lösungen) nicht zuverlässig messen. Denn es stellt sich die Frage, ob ein angemeldetes Mitglied bei Edmodo oder bei Moodle tatsächlich ein aktiver User ist oder nur ein toter Account. Wenn Moodle auf seiner seiner Statistik-Seite moodle.org/stats mehr als 63 Millionen angemeldete Benutzer/innen und mehr als 6 Millionen eingerichtete Kurse aufführt, dann ist völlig unklar, wie viele der User aktiv sind und wie viele der Kurse nur als Testkurse angelegt wurden.
Das Vorgehen bei der Entwicklung der Grafik dokumentiert Capterra hier. Zentrale Faktoren sind die Anzahl der Installationen (in der Übersicht "Customers"), die Anzahl der Benutzer ("Users") und die Präsenz im Sozialen Web ("online"). Die ersten beiden Punkte wurden mit jeweils 40% gewichtet, der dritte mit 20%.
Während - wie oben erwähnt - gerade bei freien Lösungen die Anzahl der Installationen und Benutzer ein nicht zwangsläufig aussagekräftiger Aspekt ist, ist die Berücksichtigung der Präsenz im Sozialen Web zeitgemäß:
The data points we collected to measure online presence include Compete traffic, Twitter followers, Facebook likes, LinkedIn followers and Klout score. Each one counted for 1/5 of the online presence component.
Betrachten wir diesen Punkt hinsichtlich der Twitter-Follower und der Facebook-Fans (Auszug aus der Infografik):
Die Werte sind einigermaßen aktuell, Moodle bspw. hat 11.786 Facebook-Fans und 10.076 Twitter-Follower (22.11.2012). Es mutet eigenartig an, dass von 63 Millionen Benutzer/innen gerade mal knapp 12.000 Facebook-Fans sind (wobei Moodle nie behauptet hat, dass alle Nutzer/innen auch aktive Nutzer/innen sind).
Auch wenn sich das aufgrund unterschiedlicher Intentionen nicht direkt vergleichen lässt: Der süddeutsche Radiosender SWR3 hat 151.000 Facebook-Fans, die Stadtwerke München 18.000 und der Dürkheimer Wurstmarkt mehr als 12.000.
Ganz klar: Man muss sich davor hüten, die Wichtigkeit eines Dings nur nach der Anzahl der Schafe, die blökend auf den Facebook-Knopf gedrückt haben, zu beurteilen. Sicherlich bildet die Liste die Realität in gewissen Maßen ab.
Man muss sich aber auch davor hüten, alles zu glauben, was in einer hübschen Infografik-Verpackung so daherkommt. Dazu haben wir unsere Schüler/innen schon zu oft ausgeschimpft, wenn sie als Referat einfach eine Webseite ausgedruckt haben.