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Soziale Mülltonne

Wozu die Hauptschulen gut sind 05.07.2011, 18:08

Mülltonnen
Bild: Pixabay [CC0 (Public Domain)]

In der öffentlichen Argumentation um die Abschaffung der Hauptschule spielt die Ausgrenzung von bildungsfernen Schichten kaum eine Rolle. Dabei könnte es sich dabei um ein zentrales Motiv des bürgerlichen Lagers handeln: die Hauptschule als soziale Mülltonne.

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  • (geändert: )

Seit Jahren diskutiert man in der Bildungspolitik die Verlängerung der gemeinsamen Grundschulzeit und ein (längeres) gemeinsames Lernen. Dafür müsste allerdings die Trennung zwischen Hauptschule, Realschule, Mittelschule, Gymnasium usw. aufgehoben werden.

Viel spricht für das gemeinsame Lernen, manches dagegen. Dabei ist unter Pädagog/innen unumstritten, dass die dreigliedrige Form mit der Trennung nach der 4. Klasse in jeder Hinsicht kontraproduktiv ist. Dennoch kann man die schleppende Entwicklung nicht nur auf reformunwillige Politiker/inenn schieben - schön formuliert hier:

Die Zurückweisung dieser Schulform [der Gemeinschaftsschule] lag ja nicht allein an der Sturheit modernisierungsresistenter Minister. Das alte Lernen à la Feuerzangenbowle steckt noch tief in den Köpfen.

taz 06.05.2011: Pädagogik für das 21. Jahrhundert

Nun ist in einem rechtsextremen Blog zu lesen:

So wird Deutschland  zum Land der
Hilfsarbeiter und immer dümmer.
Die BRD , das Land der Hilfsarbeiter.
CDU plant SED Einheitsschule, Oberschule für alle. Die Hauptschule wird abgeschafft.
Nicht lernwillige gewalttätige Rütli-Schüler gehen in Zukunft mit schlechten Schülern auf eine Oberschule.

Der Schreiber drückt hier gänzlich unzensiert (und nicht ganz stilsicher) das aus, was vielen Menschen gerade mittlerer und höherer Bildungsschichten Angst macht: Gemeinsames Lernen mit Kindern aus bildungsfernen Schichten ist nicht erwünscht. Die Lösung ist aus Sicht des deutschtümelnden Verfassers ganz einfach: Die asozialen Ausländer/innen in die Hauptschule abschieben, die anderen Kinder in Ruhe Erfolg haben lassen.

Ob es sich bei bildungsfernen Schichten nun um Menschen mit Migrationshintergrund handelt oder nicht: Diese elitäre Sichtweise dürfte für viele Menschen in der Diskussion um die Abschaffung der Hauptschule ein zentrales Argument sein. Nicht zufällig waren an der Ablehnung um die 6-jährige Primarschulzeit in Hamburg die “reformfeindlichen bürgerlichen Villen” maßgeblich beteiligt.

Der Widerstand gegen den gemeinsamen Unterricht mit den Unterschichtkindern ist massiv. Der Tenor lautet:

Die Schmuddelkinder kommen nicht zu uns! Einen Vorgeschmack darauf gaben Demos von Realschülern in Kiel, Lübeck und Schleswig. “Wir wollen nicht mit den dummen Hauptschülern unterrichtet werden”, skandierten sie. Klassenkampf in der Generation Pisa.

taz 23.11.2007: Klassenkampf in der Generation Pisa

Als Argumente für oder auch gegen die Zusammenlegung von der Hauptschule mit anderen Schulformen werden häufig Schulvergleichsstudien wie PISA und sonstige Kennzahlen herangezogen. Diese Zahlen sagen: Diese und jene Umstände führen zu besseren Abschlüssen, zu weniger Abbrecher/innen, zu mehr Zufriedenheit o.ä.
Vielleicht geht es vielen aber gar nicht in erster Linie um das gesamte Bildungsergebnis - sondern darum, ihre eigene privilegierte Position zu verteidigen. Öffentlich zugeben tut das auf jeden Fall keiner.

(Kommentare, die auch nur den Hauch von rechtsradikaler Denke versprühen, werden nicht freigeschaltet. Wir haben schon genug Müll hier zu löschen. Danke.)

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Kommentare

4

Zum Artikel "Wozu die Hauptschulen gut sind".

  • #1

    Wer G 9 nicht kann, der kann auch G 8 nicht. Das gilt analog für alle Schulexperimente. Wer ....schule nicht kann, kann auch .....schule nicht.
    In unseren “Schulen” tauchen immer mehr Krankheiten auf und mehr Fachbegriffe bezeugen, dass die Zuständigen von immer mehr immer weniger Ahnung haben. Tonnenweise wird “Wissen” produziert. Man weiß alles und kann nichts.
    In unseren päd. Religionskämpfen ist uns gar nicht aufgefallen, dass der Mensch sowieso nicht in Schulen lernt. Er lernt IN SICH. Was wir außen künstlich für ihn konstruieren ist eine DU-MUSST-Anstalt. Dort lernt man nicht lesen & schreiben - auch wenn das keinem bewusst wird - dort lernt man lesenMÜSSEN und schreibenMÜSSEN. Das ist ein EXISTENTIELLER Unterschied.
    Jeder Mensch hat seine ICH-KANN-SCHULE in sich. Wenn er nicht ständig “pädagogisch” davon abgebracht wird, lernt er nicht einfach rechnen, er lernt rechnenKÖNNEN. Auch das ist ein EXISTENTIELLER Unterschied, und das noch stärker zum RechnenMÜSSEN.
    Wenn Du kein Lehrplanvoillzugsbeamter bist sondern ein WIRKlicher LEHRER im Sinne dieses Wortes, dann ist es völlig unerheblich, in welche Gebäude Du bist oder welches Türschild das Gebäude ziert. Ja, Du brauchst überhaupt kein Gebäude um zu LEHREN. Aber bei uns wird ja nicht gelehrt, bei uns wird UNTERRICHTET.
    Wie man gut beobachten kann, ergeben sich daraus in allen Schulen hinreichend Probleme. Wenn man das nicht mehr aushält und keine Ahnung von realer Problemlösung und im Grunde auch kein Interesse dafür hat, ist es Zeit für den nächsten Etikettenschwindel. Vielleicht dauert es zwanzig Jahre, dann wird die neue Schablone von heute genauso wenig zu ertragen sein wie die alte für uns heute. Wir streichen immer nur Oberfläche neu und machen den alten Stiefel noch perfekter weiter.
    Freundlich grüßt
    Franz Josef Neffe

    schrieb Franz Josef Neffe am

  • #2

    > Diese und jene Umstände führen zu besseren Abschlüssen, zu weniger Abbrecher/innen, zu mehr Zufriedenheit o.ä.

    Au ja, siehe z.B. diesen Artikel:
    http://preview.tinyurl.com/3ed5z72

    schrieb Jochen am

  • #3

    “Dabei ist unter Pädagog/innen unumstritten, dass die dreigliedrige Form mit der Trennung nach der 4. Klasse in jeder Hinsicht kontraproduktiv ist.”

    Ab diesem Moment konnte ich den Beitrag nicht mehr ernst nehmen. Weder “unumstritten” noch “in jeder Hinsicht” stimmen. Natürlich ist an den Thesen etwas dran, ganz besonders, wenn man keine bayerischen Hauptschulen kennt - aber dieser Satz zeigt, dass der Autor ein bereits völlig geschlossenes Weltbild hat.

    (Und immer wieder denselben taz-Autor und dieselben taz-Artikel verlinkt. Ich wollte gerade googeln, wie man so einen langen Brocken wie: “Wir wollen nicht mit den dummen Hauptschülern unterrichtet werden” skandiert. Finde das aber nur in taz und Lehrerfreund, mehrfach.)

    schrieb Herr Rau am

  • #4

    Ein nachvollziehbarer Kommentar, dem ich absolut zustimme. Genau so sieht es aus.
    Danke für diesen Artikel :-)

    schrieb Jan am

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