Extrempädagogik
Darf man im Unterricht ein Kaninchen schlachten? 01.04.2011, 02:01
Während einer Projektwoche wurde vor rund 50 Schüler/innen ein Kaninchen geschlachtet, es fließt Blut, Kinder weinen. Die Eltern laufen Sturm, bundesweit wird der Fall höchst kontrovers diskutiert: Handelt es sich um den barbarischen Akt eines irren Kannibalen? Oder ist es vielleicht pädagogisch sinnvoll, den Kindern an einem entschärften Beispiel zu zeigen, wie die Steaks am Mittagstisch zustandekommen?
An der Cesar-Klein-Schule, Gemeinschaftsschule der Gemeinde Ratekau (Schleswig-Holstein), wurde während einer Projektwoche zum Thema “Steinzeit” ein Kaninchen vor den Augen der Fünftklässler/innen nach dem Streicheln geschlachtet, gebraten und gegessen. Wie in der Steinzeit eben. Die Schlachtung vollzog ein Landwirt, Vater einer Schülerin, der das Kaninchen auch gespendet hatte. Der Schlachter ist außerdem ausgebildeter Sozialpädagoge und hatte die Kinder auf das Ereignis vorbereitet. Die Teilnahme daran war freiwillig.
Den Akt selbst kann man sich so vorstellen:
Dann nahm der Landwirt den Hammer und schlug zu. Einem Kind wurde schwarz vor Augen, andere weinten. Anschließend schnitt er dem Kaninchen mit einem Messer die Kehle durch und trennte den Körper auf, nahm es aus, zog das Fell ab und hängte es zum Ausbluten auf.
Die Eltern waren über die Schlachtung nicht informiert worden. Möglicherweise war die Tatsache, dass das Kaninchen dann wie in der Steinzeit auf dem heißen Stein gegrillt und gemeinsam gegessen wurde, der allgemeinen Beruhigung nicht zuträglich.
Entsprechend aufgebracht waren einige unter ihnen und wandten sich an Schulleitung und Presse. Der Fall erregt Aufsehen, Jan-Martin Klinge spekuliert bereits darüber, ob die abgenagten Kaninchenknochen morgen die Titelseite der Bildzeitung zieren werden.
Nein, man darf im Unterricht kein Kaninchen schlachten!
Nahe am Geschehen sind die Lübecker Nachrichten, die von zornigen Eltern kontaktiert wurden. Hier werden kritische Stimmen zitiert, z.B. Irene Johns, die Vorsitzende des Kinderschutzbundes Schleswig-Holstein:
„Wir leben in einer Zeit, in der wir nicht mehr wissen, wie unser Fleisch auf den Teller kommt.“ Der Landeselternbeirat für Gemeinschaftsschulen nennt die Ratekauer Aktion „pervers“.
Ja, es kann pädagogisch sinnvoll sein, in der Schule ein Kaninchen zu schlachten
Ganz anders argumentiert Jan-Martin Klinge im Halbtagsblog:
Eltern, die sich in Zeiten von Youporn und isharegossip darüber entsetzen, ihre Kinder wären seelisch dem Tod eines Kanninchens nicht gewachsen, leben in einer merkwürdigen Parallelwelt (…sind das vielleicht die neuen Nerds?)
Es ist ja nicht so, als wäre der Landwirt mit der blutigen Axt durch die Schule gerannt. Nein! Die Kinder konnten sich von dem Tier verabschieden, hatten Zeit, das Kanninchen in den Kontext der Ernährung in der Steinzeit einzubinden und waren weder gezwungen, bei der Schlachtung, noch bei dem Braten dabeizusein. Das Problem scheint tatsächlich eher auf Seiten der Eltern zu liegen: “Jetzt habe ich noch mehr Probleme, wie ich meinen Kind erklären soll, wo das Fleisch herkommt.”
Irritiert grinst mich die Gesichter-Wurst aus dem Kühlschrank an.
[...]
Ich finde die Aktion sehr gut: So soll Schule sein: Den Kindern etwas fürs Leben mitgeben und den Wert unserer Ressourcen deutlich machen.
... ein Halbtagsblog ... 31.03.2011: SCHOCK-UNTERRICHT. BLUT. TOD. SCHLACHTUNG. KANNINCHEN.
Umfrage: Könnten Sie sich grundsätzlich vorstellen, dass jemand in Ihrem Unterricht ein Kaninchen schlachtet?
Umfrage beendet, Auswertung hier. Screenshot der Umfrage: