Kegelradgetriebe (3): Differenzialgetriebe 21.02.2009, 16:19

Differenzialgetriebe, Vorschaubild

Im Differenzialgetriebe von Kraftfahrzeugen haben Kegelräder eine Sonderaufgabe: Sie sollen das Kurvenfahren ohne Reifenverschleiß ermöglichen. Auf weichem und glattem, vereistem Untergrund versagt diese Einrichtung aber. Dann muss man sie sperren, d. h. abschalten - falls das Getriebe überhaupt mit einer Differenzialsperre ausgestattet ist.

Anzeige
Anzeige
  • (geändert: )

Differenziale (Ausgleichsgetriebe)

Differenziale sind Kegelradgetriebe, die Drehzahlunterschiede zwischen zwei Abtriebswellen ausgleichen können. Bei Kurvenfahrt eines Kraftfahrzeugs drehen sich die Reifen unterschiedlich schnell: Die kurveninneren Räder müssen sich langsamer drehen können als die kurvenäußeren Räder.
Den Aufbau eines Differenzials zeigt das Bild. Das auf der vom Schaltgetriebe kommenden Welle sitzende Antriebsrad (Ritzel) treibt das große Kegelrad (Tellerrad) an. Dieses nimmt den Differenzialkorb 1 mit. Die im Korb gelagerten Ausgleichsräder 2 treiben die Achswellenräder 3 an und damit die Abtriebsachsen.

Differenzialgetriebe_Aufbau

Wie die Drehzahldifferenzen zustande kommen, sei mithilfe der weiteren Skizzen erläutert.

Geradeausfahrt: Beide Wellen drehen gleich schnell. Die Drehzahl des Tellerrads wird auf den Differenzialkorb übertragen. Die Ausgleichsräder und die Achswellenräder bilden in diesem Zustand ein starres System: Im Korb findet keinerlei Bewegung statt.
 
 
 
 
 

Differenzial bei Geradeausfahrt


Rechtskurve: Das Tellerrad mache 1 Umdrehung, der linke Reifen drehe sich 1 1/2 Mal. 1 1/2 Umdrehungen = 1 Umdrehung + 1/2 Umdrehung. Dreht Links 1 Mal, dann dreht Rechts ebenfalls 1 Mal. Dreht man Links um 1/2 Umdrehung weiter (um die 1 1/2 Umdrehungen zu erhalten), macht Rechts 1/2 Umdrehung rückwärts; insgesamt macht Rechts also 1 Umdrehung minus 1/2 Umdrehung rückwärts = 1/2 Umdrehung vorwärts.

Differenzialgetriebe bei Rechtskurve

Linkskurve: Das Tellerrad mache 1 Umdrehung, das rechte Rad Rechts drehe 1 1/2 Mal. 1 1/2 Umdrehungen sind wie 1 Umdrehung + 1/2 Umdrehung. Dreht Rechts 1 Mal, dann dreht Links ebenfalls 1 Mal. Dreht man Rechts um 1/2 Umdrehung weiter, macht Links 1/2 Umdrehung rückwärts; insgesamt macht Links also 1 Umdrehung minus 1/2 Umdrehung rückwärts = 1/2 Umdrehung vorwärts.

 
Differenzialgetriebe bei Linkskurve

Differenzialsperre

Einfache Differenziale (wie das ganz oben) besitzen den Nachteil, dass sie ein Rad, das in einen aufgeweichten Untergrund oder auf vereiste Stellen gerät, durchrutschen lassen. Das Durchrutschen kann man vermeiden, wenn eine Differenzialsperre wie im Bild unten vorhanden ist. Legt man sie ein, dann wird die Ausgleichswirkung des Differenzials aufgehoben.
In der Konstruktion im Bild unten wird dabei über die Lamellenbremse 3 das Wellenrad 4 gegen den Differenzialkorb 2 blockiert. Die Lamellenbremse wird hydraulisch eingerückt: Vom Versorgungsanschluss 14 gelangt Drucköl über die Leitung 15 zum Einlass 7. 6 ist ein Druckkolben. 10 und 11 sind die Lagerbolzen, auf denen sich die Ausgleichsräder drehen.
Die Differenzialsperre muss, will man unnötigen Reifenabrieb vermeiden, sofort wieder ausgeschaltet werden, wenn keine Rutschgefahr mehr besteht.

Differenzialsperre hydraulisch geschaltet

Selbstsperrdifferenzial
 

 

Schlepper und Baumaschinen geraten immer wieder in unterschiedliche Bodenverhältnisse hinein, die, soll ein Durchrutschen der Räder vermieden werden, ein häufiges Einlegen der Differenzialsperre verlangen. Für den Fahrer wäre es eine große Erleichterung, wenn sich das Differenzial im richtigen Moment selbst sperrte. Eine häufig angewandte Selbstsperr-Konstruktion zeigt das Bild unten.

Selbstsperrdifferenzial mit Lamellenpaket

Das Selbstsperrdifferenzial besitzt gegenüber dem einfachen Differenzial zwei zusätzliche Druckringe 2, die axial verschiebbar, gegen Verdrehen aber gesichert sind. Zwischen dem Korb und den Druckringen sitzen die Lamellenpakete 3. Benötigt eine der Wellen ein größeres Durchzugsmoment als die andere, dann wird der Bolzen 1 durch die zwischen der Ausgleichsradbohrung und dem Bolzen vergrößerte Reibung etwas verdreht. Die Flächen an den Bolzenenden üben auf die Druckringe eine axiale Kraft F aus und pressen diese gegen die Lamellen. Die Seite, die durchdrehen möchte, wird von den Lamellen gebremst und kann nicht durchrutschen.
Nachteil der Selbstsperrung: Sie wirkt immer auch bei Kurvenfahrt, so dass im Differenzial auch dann ein gewisser Verschleiß vorhanden ist, wenn gar keine Durchrutschgefahr besteht.

Anzeige

Kommentare

2

Zum Artikel "Kegelradgetriebe (3): Differenzialgetriebe".

  • #1

    Hallo Fred,

    Sie haben recht: In jeder Betriebssituation ist die Summe der Drehzahlen der beiden Abtriebswellen gleich der doppelten Drehzahl des Differenzialkorbs, d. h. die Drehzahl des Korbs ist der arithmetische Mittelwert der Abtriebswellen-Drehzahlen.

    Gruß
    tec.LF

    schrieb tec. LEHRERFREUNDc am

  • #2

    Guter Artikel, vielen Dank.

    Eine Frage bleibt aber bzgl. der Raddrehzahlen bei Kurvenfahrt. Angenommen, ich fahre in eine Kurve und habe links und rechts die entsprechenden Drehzahlen. Wie kann ich nun bestimmen, wie hoch die Drehzahl der Antriebswelle ist?

    Meine Annahme ist, dass ich den Mittelwert aus

    Raddrehzahl links
    Raddrehzahl rechts

    nehme und diesen durch die Achsübersetzung dividiere um letztlich an die Ritzeldrehzahl zu kommen? Ist das richtig?

    Ich frage deshalb, weil das obige Beispiel zu plastisch mit 0,5 Umdrehungen bzw. -0,5 Umdrehungen arbeitet.

    Freue mich auf Antwort. Vielen Dank.

    schrieb Fred am

Ihr Kommentar

zum Artikel "Kegelradgetriebe (3): Differenzialgetriebe".



Wir speichern Ihren Kommentar dauerhaft ab (was auch sonst?). Mehr dazu in unserer ausführlichen Datenschutzerklärung.
Anzeige
Nach oben

 >  646 Einträge, 952 Kommentare. Seite generiert in 0.3597 Sekunden bei 114 MySQL-Queries. 719 Lehrer/innen online (3 min Timeout / 1674 ) |