Obsoleszenz: Die Lebensdauer von Produkten verkürzen 09.02.2016, 05:34

Logo Schlaglicht

Viele moderne Produkte halten nicht so lange, wie sie könnten. Wir werfen sie weg, obwohl sie noch bestens funktionieren. Weltweite Wohlstandsmüllhalden und vernichtete Grundstoffe sind die Folge.

Anzeige
Anzeige
  • (geändert: )

Obsoleszenz: Die Lebensdauer von Produkten technisch und psychologisch verkürzen 

Der tec. LEHRERFREUND ist ein Lehrerfreund, aber kein Freund der (deutschen) Fremdwortsucht. In ihm löst der Begriff »Obsoleszenz« fast schmerzhafte Gefühle aus. Aus einem Fremdwörterbuch hat er erfahren, es gehe dabei um die »kurze Gebrauchsdauer von Wegwerfgütern« (Kasten). 

 


Diese Beschreibung erfuhr wegen der wirtschaftlichen Bedeutung des Problems schon früh eine Erweiterung. So liest man in WIKIPEDIA (https://de.wikipedia.org/wiki/Obsoleszenz): »Der Begriff Obsoleszenz (von lat. obsolescere‚ sich abnutzen, alt werden, aus der Mode kommen, an Ansehen, an Wert verlieren) besagt, dass Produkte oder Wissensbestände auf natürliche oder künstlich beeinflusste Art veraltet sind oder altern. Das zugehörige Adjektiv obsolet im Sinne von nicht mehr gebräuchlich bzw. hinfällig bezeichnet generell Veraltetes, meist Normen, Therapien oder Gerätschaften.« 

Müllhalde (Bild Wikipedia, gemeinfrei)


Dort wird auch gesagt, es sei zwischen mehreren Arten der Obsoleszenz zu unterscheiden, nämlich der geplanten Obsoleszenz, dem indirekten Verschleiß, der funktionellen Obsoleszenz und der psychologischen Obsoleszenz. 
Vielleicht könnte man in einer ersten Annäherung den Begriff Obsoleszenz aus der Sicht des Verbrauchers mit einem Buchtitel1) übersetzen: Obsoleszenz ist das Kaufen für die Müllhalde. Aus der Sicht des Herstellers wäre sie folgerichtig das Produzieren für die Müllhalde
1) Kaufen für die Müllhalde von J. Reuß und C. Dannoritzer, orange press

Erst 60, 70 Jahre ist es her, dass man Güter für die Ewigkeit produzierte: fast unverwüstliche Autos wie der sagenhafte FORD Modell T, Nylonstrümpfe, mit denen man notfalls ein Auto abschleppen konnte, Glühbirnen, die 100 Jahre brannten. Heute ist unser Ärger groß, wenn das Handy oder der Drucker kurz nach Ablauf der Garantie den Geist aufgeben. Man nötigt uns zu neuen Anschaffungen, die Geldbeutel und Umwelt belasten.
Stimmt es, dass Hersteller absichtlich Schwachstellen in ihre Produkte einbauen, um die Kauffreude anzukurbeln? 

Um 1920 herum einigten sich die damals führenden Hersteller von Glühbirnen darauf, deren Lebensdauer zu verkürzen, um so den Absatz künstlich zu sichern. Sie wollten keine Glühbirnen mehr, die erst nach 2500 Stunden den Geist aufgaben, denn solche Methusaleme waren schlecht für Produktionszahlen und Gewinn. Osram, Philips, General Electric, Tungsram und weitere Firmen schlossen sich zum so genannten Phoebuskartell zusammen und ersannen die “geplante Obsoleszenz”, also eine vorgeplante, verkürzte Lebensdauer. Für die neue Glühlampe hieß dies, die Lebensdauer von 2500 auf 1000 Stunden herabzuschrauben. Dass dies eine Art Sabotage war, beweist die weltberühmte Glühbirne in einer amerikanischen Feuerwache, dem Livermore Pleasanton Fire Dept.: Dort leuchtet das gute Stück seit 1902 ununterbrochen. Mit ihren 60 Watt strahlt sie zwar nicht gerade sonnenhell, aber sie gibt seit bald 120 Jahren Licht. So gut wie diese Glühbirne waren anfangs alle. 

Empfinden wir heute den Einbau eines Chips, der unser fast noch neues Gerät nach einer bestimmten Stundenleistung blockiert, als ebenso primitiven wie kriminellen Eingriff, so spielt im Leben des modernen Konsumenten mehr und mehr die psychologische Obsoleszenz eine Rolle. Dabei betrachtet er ein Erzeugnis, das noch leistungsfähig ist, als überholt und verschlissen, weil es ihm – etwa aus Modegründen – nicht mehr besitzenswert erscheint, oder weil die neuen Geräte mehr bieten. 

Die Kehrseite unserer Wegwerfgesellschaft liegt in Afrika und Asien; den Ärmsten dort ist der Elektroschrott aus dem Westen  willkommen. Sie schmelzen Rohstoffe wie Gold oder Platin unter höchster Gefährdung ihrer Gesundheit ohne Schutzmasken mit dem Schweißbrenner aus. Die entstehenden hochtoxischen Dämpfe nehmen sie in Kauf und damit Gesundsheitsbelastungent auf Generationen hinaus. 


Das Fremdwort wirkt allgemein verschleiernd. Es hindert den Leser daran, einen Sachverhalt zu verstehen. Der tec.LEHRERFREUND stellt mögliche deutsche Ersatzbegriffe zur Diskussion:

Ob|so|les|zenz (4 Silben) = verkürzte Produktlebensdauer, künstlich beeinflusste Alterung und ähnliche

ersetzen durch

(eingebaute) Reparaturverhinderung (8 Silben)

(eingebaute) Lebensdauerverkürzung (7 Silben)  

(eingebauter) Lebensdauertod (5 Silben) 

(eingebaute) Selbstzerstörung (4 Silben)

(eingebauter) Ersatzteiltod (4 Silben)

(eingebautes) Kurzleben (3 Silben)

Pfusch ab Werk (3 Silben) 

Weitere Begriffe zumThema: Wegwerfspirale, Wegwerfwahnsinn ...

Anzeige

Ihr Kommentar

zum Artikel "Obsoleszenz: Die Lebensdauer von Produkten verkürzen".



Wir speichern Ihren Kommentar dauerhaft ab (was auch sonst?). Mehr dazu in unserer ausführlichen Datenschutzerklärung.

Andere tec.Lehrerfreund/innen lasen auch:

Anzeige
Nach oben

 >  646 Einträge, 952 Kommentare. Seite generiert in 0.3379 Sekunden bei 116 MySQL-Queries. 299 Lehrer/innen online (3 min Timeout / 1674 ) |